"Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe“
Hunderttausende von Verliebten haben seit dem ersten Erscheinen von Erich Frieds „Liebesgedichten“ im Jahr 1979 dieses Gedicht ihrem Geliebten geschrieben, gesagt oder ins Ohr geflüstert, zum Zeichen, dass trotz aller Schwierigkeiten man an dieser Liebe festhalten und sie gegen alle Widerstände verteidigen wolle.
Seine letzte Frau Catherine hat 2008 in ihren Erinnerungen an Erich Fried mit dem Titel „Über kurz oder lang“ (Wagenbach) in einem Buch voller revolutionärer Romantik ihr Leben mit dem Dichter beschrieben.
Doch es bleibt für den, der sowohl die politischen Gedichte als auch die „Liebesgedichte" Erich Frieds geliebt hat, wie keine anderen zuvor, ein sehr bitterer Nachgeschmack. Denn es stellt sich heraus, dass jene Liebesgedichte, die Zehntausende von Liebespaaren auf sich und für sich interpretiert haben, nicht an seine Frau geschrieben sind. Erich Fried hat die schönste Lyrik, die er schrieb, nicht mit Catherine geteilt, sondern mit einer seiner zahlreichen Liebesaffären. Seine Witwe ist ihm nicht gram darum. Aber seltsamerweise der irgendwie enttäuschte Rezensent. Aber: Wie sagte Fried in jenem bekanntesten aller Liebesgedichte: "Es ist was es ist, sagt die Liebe".
Wie es auch sei: „Es ist was es ist“ ist eines der schönsten Liebesgedichte, das ich kenne. Die Edition Büchergilde hat es in einer kleinen Reihe „Petits Fours“ mit Illustrationen von Mehrdad Zehri neu aufgelegt. Eindrucksvolle Bilder interpretieren auf ihre Weise ein Gedicht, das vielleicht auch mein Sohn eines Tages noch einer Frau aufschreiben wird, in einem altmodischen Brief, in dem er ihr seine Liebe gesteht.