Ismail Kadare - Chronik in Stein
(Original: Kronikë në gur, erschien 1971)
Kurzbeschreibung (Amazon)
Kandare setzt seiner Heimatstadt ein liebevolles Denkmal. Die Historie des Weltkrieggeschehens verknüpft sich mit der Politik, dem Mystischen und dem Aberglauben des albanischen Volkes.
Meine Meinung
Zitat„Es war dies eine steile Stadt, vielleicht die steilste auf der ganzen Welt; alle Gesetze der Architektur und des Städtebaus waren von ihr über den Haufen geworfen worden. Weil sie derart steil war, konnte es vorkommen, dass sich die Fundamente des einen Hauses auf der Höhe des Daches eines anderen befanden, und gewiss war dies der einzige Ort der Welt, wo jemand, der am Straßenrand ausglitt, nicht in den Graben stürzte, sondern womöglich auf das Dach eines hohen Hauses. Es war dies wirklich eine sehr seltsame Stadt.“ (Seite 5)
Aus der Sicht eines kleines Jungen erzählt Kadare vom Leben in dieser Stadt. Der ganz normale Alltag wird erzählt, das Zusammenleben mit der Großfamilie. Die Stadt spielt eine große Rolle. Gjirokastra liegt im Süden Albaniens. Die Stadt liegt an einem Hang mit steilen Straßen - ganz oben thront die Burg.
Während der Ereignisse in dem Buch ist die Stadt von den Italienern unter Mussolini besetzt. Der kleine Junge kann sich ein freies Albanien gar nicht vorstellen - er kennt es nicht anders.
Doch die politischen Ereignisse sind am Anfang des Buches noch nicht wichtig. Stattdessen werden die Menschen der Stadt geschildert. Da sind die Jugendlichen Isa und Javer, die geheimnisvolle Gespräche in einer fremden Sprache führen.
Da ist die junge Frau, die von allen nur "die schöne Schwiegertochter" genannt wird. Mutter Pino, eine alte Frau, die die Bräute für ihre Hochzeit schmückt. Es gibt weise Frauen und Tuschelweiber. Es gibt Zauberei und Hexerei.
Langsam wird auch die Politik immer wichtiger. Griechen und Italiener wechseln sich bei der Besatzung der Stadt ab. Dazu kommen noch die Partisanen, die für die Befreiung des Landes kämpfen - und schließlich die Deutschen.
Das Buch ist zwar ein Roman, trägt aber biografische Züge - Kadare ist 1936 in Gjirokastra geboren und aufgewachsen.
Ich habe dieses Buch auf einer Reise durch Albanien gelesen - vielleicht hatte es deshalb nochmal eine ganz Wirkung auf mich, als wenn ich es zu Hause gelesen hätte. So fand ich das Buch einfach großartig. Während am Anfang noch das Kind von seinem alltäglichen Leben erzählt, kommt langsam immer mehr das Grauen in das Buch. Nie wird irgendwas direkt geschildert, eher nebenbei werden von Folterungen erzählt, von denen der Junge nur zufällig etwas hört. Gerade das machte das Buch für mich aber so eindringlich.
Autorenporträt (Amazon)
Ismail Kadare wurde 1936 in Albanien geboren und studierte in Tirana und in Moskau Literaturwissenschaft. Seine Romane wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.