Also ist es tatsächlich so, dass man als Autor irgendwann das Zepter aus der Hand gibt und die Protagonisten ihren eigenen Weg gehen, ihre eigenen Entscheidungen treffen und man als Autor gar nicht weiß, was man selbst damit zu tun hat?
Das ist vielleicht ein wenig übertrieben. Aber ich glaube schon, irgendwann sind handelnden Personen so eigenständig, so stark oder schwach, dass man ihnen nicht mehr alles in den Mund legen kann. Du kannst aus dem verwöhnten und für seine Verhältnisse vom Schicksal gebeutelten Jonathan Schotter (Job verloren, Herzoperation, Scheidung) nicht plötzlich einen nachdenklichen Menschen machen, dem am Schicksal der Welt gelegen ist. Schotter leidet an seinem eigenen Schicksal. Das hat ihn zum Zyniker gemacht, ob dir das gefällt oder nicht. Du kannst ihn als Autor nicht plötzlich umdrehen. Dafür sind andere zuständig. Roula Rouge zum Beispiel. Auch sie ist so, wie sie ist - durchgeknallt, frech, nicht aufs Maul gefallen. Du kannst sie nicht plötzlich zur Charity-Lady für den Deutschen Opernballball machen, die den Knigge auswendig kennt. Da der Roman nicht am Reißbrett entstanden ist, sondern aus dem Bauch heraus, muss ich mit den Personen leben, wie sie sind. Daraus entsteht Spannung - beim Schreiben, und hoffentlich später auch beim Leser. Ich hatte keinen Plan beim Schreiben, ich wusste nur: Schnösel klaut iBook in der S-Bahn.