Kapitel 1 - 17 (Seite 122)

  • Also ist es tatsächlich so, dass man als Autor irgendwann das Zepter aus der Hand gibt und die Protagonisten ihren eigenen Weg gehen, ihre eigenen Entscheidungen treffen und man als Autor gar nicht weiß, was man selbst damit zu tun hat?

    Das ist vielleicht ein wenig übertrieben. Aber ich glaube schon, irgendwann sind handelnden Personen so eigenständig, so stark oder schwach, dass man ihnen nicht mehr alles in den Mund legen kann. Du kannst aus dem verwöhnten und für seine Verhältnisse vom Schicksal gebeutelten Jonathan Schotter (Job verloren, Herzoperation, Scheidung) nicht plötzlich einen nachdenklichen Menschen machen, dem am Schicksal der Welt gelegen ist. Schotter leidet an seinem eigenen Schicksal. Das hat ihn zum Zyniker gemacht, ob dir das gefällt oder nicht. Du kannst ihn als Autor nicht plötzlich umdrehen. Dafür sind andere zuständig. Roula Rouge zum Beispiel. Auch sie ist so, wie sie ist - durchgeknallt, frech, nicht aufs Maul gefallen. Du kannst sie nicht plötzlich zur Charity-Lady für den Deutschen Opernballball machen, die den Knigge auswendig kennt. Da der Roman nicht am Reißbrett entstanden ist, sondern aus dem Bauch heraus, muss ich mit den Personen leben, wie sie sind. Daraus entsteht Spannung - beim Schreiben, und hoffentlich später auch beim Leser. Ich hatte keinen Plan beim Schreiben, ich wusste nur: Schnösel klaut iBook in der S-Bahn.

  • Hattest du bei der Entwicklung deiner Protagonisten bestimmte "Vorbilder", Menschen, die dir vielleicht schon mal in Berlin aufgefallen sind und deren Leben du dir als interessant vorstellen könntest? Ich denke da zum Beispiel an Menschen, die mit dir zusammen im Zug sitzen, du fragst dich, wohin sie wohl gerade unterwegs sind und warum, und schon fängst du an, dir eine Geschichte zusammenzuspinnen, die du irgendwann aufschreibst und die dich immer an diese eine Person denken lässt, die der Anlass dazu war?

    Die hatte ich, ja. Irgendwann kam meine Friseurin zu mir. Sie schneidet mir immer bei mir zu Hause die Haare. Sie trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck Roula Rouge. Ich fragte sie, was das bedeutet, Roula Rouge. Gar nichts, antwortete sie, ihr gefielen die Worte einfach, deshalb habe sie sich das Shirt machen lassen. Nachdem meine Haare kurz waren und meine Friseurin gegangen, habe ich wie im Roman beschrieben "Roula Rouge" gegoogelt und bin auf den Liedtext von Renaud gestoßen. Er war damals wirklich der einzige Eintrag unter "Roula Rouge" im Netz. Später habe ich sogar herausgefunden, dass Roula ein Tippfehler war und das Wort im Lied eigentlich Coula hieß. Aber da war der Roman schon fertig. Wahrscheinlich hätte ich das Buch ohne den Tippfehler in der Zeile gar nicht geschrieben. Aber das Vorbild für Roula Rouge war meine tätowierte Friseurin, die damals gerade ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht hat.


    Ansonsten glaube ich, dass jeder Mensch, der dir begegnet, potentielles Opfer für einen Roman oder eine Erzählung ist. Nur langweilen sollte er dich nicht.

  • Mein erster Eindruck von Jonathan ist eher negativ, ich hatte im Klappentext überlesen, das er schon fast fünzig ist und war daher erstmal sehr überrascht über den "alten Kerl". Er verkörpert für mich so einen richtigen Snob, wohlhabend, lässt das auch raushängen und macht sich keinen großen Kopf darüber, dass er arbeitslos ist. Er lebt sein Leben im vorbeigehen und guckt nicht rechts und links von sich.

    Also ich sehe Jonathan bisher überhaupt nicht so. Vielmehr finde ich seine "Mir-ist-alles-egal"-Einstellung toll. Er nennt sich selbst einen "Stadtstreicher" und tut das, wo nach ihm ist. Er hatte so viele negative Erfahrungen, die jeden aus der Bahn werfen würden und er hat beschlossen ein ganz neues Leben anzufangen. Und schert sich dabei nicht um die Meinungen der anderen.


    Ob er


    Ich hätte auch noch eine Frage an den Autor. In deinem Buch spielst du an einigen Stellen mit Intertextualität, so legst du Susannes Freundin den "Charakterzug" nahe, sich jeden Abend "Madame Bovary" von Flaubert unters Kopfkissen zu legen (S.70/71) und mich interessiert, warum ausgerechnet dieses Werk und kein anderes, gibt es da eine Verbindung zu dir selbst, z.B. weil du das Buch ganz toll findest? Kommen solche kleinen Details wie Blitze aufs Papier oder bedürfen die reiflicher Überlegung? Oder hängt das dann wieder mit dem "Eigenleben" der Figuren zusammen?

  • WOW!!!!! Ich wollte nach anfänglicher Skepsis erst mal 50 Seiten zum eingewöhnen lesen und schwupps habe ich heute Morgen den ersten Teil beendet....fragt mich nicht wie das passieren konnte, aber ich war einfach nur gefangen in dieser tollen Geschichte.
    Jonathan wirkte auf mich am Anfang etwas unsympathisch, das hat sich mittlerweile aber geändert. Das einzige "störende" ist sein Hang zu exklusiven Marken. Die meisten Geschäfte die hier aufgezählt sind kenne ich noch nicht mal, trotz unzähliger Modehefte. :wink:
    Und dann wäre ich auch gleich bei meiner Frage an Manollo:
    "Bist Du Markenfetischist?" (Sorry für die Ausdrucksweise :uups: ) und "Bevorzugst Du Apple?" (Das mit Apple erinnert mich sehr an Stieg Larssons Bücher. Da gehts auch dauernd um Apple. Find ich aber spitze! Ich bin bekennender Apple - Fan. :mrgreen: )
    Das Du dir Berlin als Ort ausgesucht hast finde ich übrigens besonders toll von dir, da meine nächste Reise nach berlin geht und ich mich durch Dein Buch noch mehr darauf freue.
    Ach ja, ich muss mich schon sehr daran halten jetzt nicht das ganze Buch auf einen Satz auszulesen.... ich bin wirklich sehr begeistert und das Buch könnte bald zu meinen Lieblingsbüchern gehören. :cheers:
    Ich freue mich auch schon auf die Begegnung von Roula Rouge und unserem kleinen "Stalker" Jonathan Schotter! lg :winken:

  • In deinem Buch spielst du an einigen Stellen mit Intertextualität, so legst du Susannes Freundin den "Charakterzug" nahe, sich jeden Abend "Madame Bovary" von Flaubert unters Kopfkissen zu legen (S.70/71) und mich interessiert, warum ausgerechnet dieses Werk und kein anderes, gibt es da eine Verbindung zu dir selbst, z.B. weil du das Buch ganz toll findest? Kommen solche kleinen Details wie Blitze aufs Papier oder bedürfen die reiflicher Überlegung? Oder hängt das dann wieder mit dem "Eigenleben" der Figuren zusammen?

    Da habe ich nicht viel nachgedacht, wahrscheinlich war's ein Blitz. Ich habe Madame Bovary geliebt, es war das erste Buch, das ich ganz auf Französisch gelesen haben, danach kam Rot und Schwarz von Stendhal. Susannes Freundin war eben so, sie hatte einen Spleen. Solche Menschen gibt es. Susanne selbst verbietet Jonathan ja auch Jeffrey Deaver zu lesen. Sie droht ihm ja sogar mit dem Entzug körperlicher Liebe, wenn er sich nicht daran hält. (So wie die Frauen es in Philoktet von Heiner Müller machen, wenn die Männer weiter in den Krieg ziehen.) Schotter muss statt Deaver Monsieur Teste von Paul Valery lesen. Aber die Szene kommt, glaube ich später.

  • Das einzige "störende" ist sein Hang zu exklusiven Marken. Die meisten Geschäfte die hier aufgezählt sind kenne ich noch nicht mal, trotz unzähliger Modehefte. :wink:
    Und dann wäre ich auch gleich bei meiner Frage an Manollo:
    "Bist Du Markenfetischist?" (Sorry für die Ausdrucksweise :uups: ) und "Bevorzugst Du Apple?" (Das mit Apple erinnert mich sehr an Stieg Larssons Bücher. Da gehts auch dauernd um Apple. Find ich aber spitze! Ich bin bekennender Apple - Fan. :mrgreen: )

    Ja, Hasewue, mit den Marken habe ich vielleicht ein wenig übertrieben. Aber wenn einer Alden-Schuhe aus echtem Pferdeleder für 900 Euro trägt, sagt das ja auch einiges über ihn aus, zumal er diese Schuhe ja auch noch alternierend mit brauner und schwarzer Schuhwichse putzen muss. Ich selbst bin kein Markenfetischist, aber ich bin auch nicht Jonathan Schotter, obwohl man's manchmal glauben könnte. Schotter ist eine der beiden Hauptfiguren in dem Roman Roula Rouge. - Für einen Apple hingegen würde ich persönlich den kleinen Finger meiner rechten Hand hergeben.

  • Jetzt ärgere ich mich fast, dass ich erst die ersten vier Kapitel gelesen habe, weil ich dachte, ihr lest das Buch nicht so schnell... :roll: Und das ist mir soooo schwergefallen! :drunken: Aber nun gut. Ich gehe trotzdem mal auf meine Eindrücke ein und lese dann einfach nachher noch ein bisschen. ;)


    Jonathan finde ich schwer einzuschätzen. Ich mag ihn, finde es leicht, sich von ihm die Geschichte erzählen zu lassen, er ist glaubwürdig und irgendwie sehr authentisch. Dennoch ist er weit davon entfernt, perfekt zu sein. Sehr lustig fand ich an einer Stelle die Anmerkung, seine Exfrau werde sicher über ihn sagen, dass er immer korrekt und ehrenhaft sei (sinngemäß). Nicht gerade das, was die meisten Exfrauen über ihre Exmänner sagen würde, vermute ich mal. ;)
    Jedenfalls erzählt Jonathan einem die Geschichte so nett, dass es schwer fällt, ihn nicht zu mögen, auch wenn sein Verhalten nicht immer in Ordnung ist. Ich meine, den Laptop mitzunehmen, dann auch noch einzuschalten und als erste Handlung erstmal den Desktop aufzuräumen - das ist schon heftig. (Ich habe übrigens auch mal meinen Laptop in der S-Bahn vergessen und bin tausend Tode gestorben! Zum Glück hatte ihn aber ein Fahrgast beim Fahrer abgegeben!)


    Als Detail hat mir übrigens die Namensgebung Jonathans für die beiden Frauen gefallen. Und natürlich, wie aus "Fuck Berlin" dann Roula Rouge wird. Ich frage mich auch, ob das wirklich ihr richtiger Name ist...

    Außerdem glaube ich wirklich, dass der Gescheiterte, selbst wenn er auf hohem Niveau gescheitert ist, es in Berlin am einfachsten hat. Die Stadt lässt einen in Ruhe, wenn man Ruhe haben will, und sie unterhält, wenn man Unterhaltung will.

    Ich bin im Gegensatz zu vielen anderen Menschen jemand, dem Berlin schwerfällt. Ich finde mich dort irgendwie nicht gut zurecht und die Stadt überwältigt mich schnell - ich weiß leider nicht, wie ich es anders sagen soll. Gleichzeitig ist Berlin eine Stadt, die unheimlich faszinierend und besonders ist und deswegen finde ich sie als Schauplatz für den Roman perfekt. Durch Berlin zu fahren und zu gehen, macht mir in Jonathans Begleitung Spáß! ;)

  • So, nun melde ich mich also auch mal...aus Riga in der Ferne. Meinen Reisepartner hat es gesundheitstechnisch heute leider auf die Bohlen geworfen und so habe ich etwas Zeit zum Posten. Leider habe ich gestern frueh im Eife des Gefechts Roula Rouge auf meinem Nachttisch gelassen und muss deshalb erstmal ein bisschen aus der Erinnerung schreiben, aber was solls....


    Also, die Hauptperson war mir ja gleich sehr sympathisch. Auch etwas orientierungslos und planlos- so etwas wie ich mich gerade fuehle. Dass ich Donnerstag auch in Berlin (Bewerbung) war und mit dem Gedanken spielte, vielleicht mal dort zu leben, passte auch ganz gut (allerdings muesste ich dann dort arbeiten, auf genuegend Ersparnisse kann ich leider nicht zurueckgreifen :mrgreen: ).


    Die vielen Marken sagten mir allerdings auch nix und erinnerten mich auch stark an die Stieg Larsson Buecher (mir als eingefleischten IKEA-Hasser kam ja bei der gefuhlten kapitellangen IKEA-Produktaufzaehlung das Wuergen). Bis auf Apple. So einen habe ich mir auch vor ein paar Wochen zugelegt- weil ein Freund ganz begeistert davon sprach und da ich keinen Schimmer von Computern habe und seinem Urteil vertraute. Nett ist schon, so mit Riesenbildschirm, wo alles drin ist. Und suechtig macht sowas glaub ich auch- als ich letzte Woche einen neuen MP3-Player wollte, griff ich ohne jegliche Infos zu diesem Apple-shuffle. Abgesehen vom wirklich netten Design ist der uebrigens Schrott, aber das ist natuerlich nur meine Meinung.


    Was mich mal interessieren wuerde- ich habe mich ja gefragt, was ich tun wuerde, wenn ich einen Laptop finden wuerde- wuerdet ihr wirklich anfangen, in den Dateien zu lesen? Ich koennte mir vorstellen, dass ich sofort den Besitzer ausfindig machen wuerde und auf gar keinen Fall rumlesen wuerde. Ich hab mal vor wirklich vielen, vielen Jahren ein bisschen im Tagebuch einer Freundin rumgeschaut. Wirklich nicht viel und es lag auch offen auf dem Bett und ihre Schwester sass daneben. Aber ich bereue das bis heute :pale: Ich glaube, ich moechte einfach nicht zuviele persoenliche Dinge ueber Menschen wissen, die sie mir nicht freiwillig anvertrauen. Ich hab auch schon mal eine Arbeitsstelle geschmissen, weil ich dort zuviele Details ueber fuer mich Fremde erfahren habe. Ich mag sowas einfach nicht.


    Ich geh mir jetzt noch einen Kaffee suchen und verzieh mich dann in die Leseecke- mit Hakan Nessers Das falsche Urteil, welcher mir nun mangels Alternativen Gesellschaft leisten muss :D

  • Was mich mal interessieren wuerde- ich habe mich ja gefragt, was ich tun wuerde, wenn ich einen Laptop finden wuerde- wuerdet ihr wirklich anfangen, in den Dateien zu lesen? Ich koennte mir vorstellen, dass ich sofort den Besitzer ausfindig machen wuerde und auf gar keinen Fall rumlesen wuerde. Ich hab mal vor wirklich vielen, vielen Jahren ein bisschen im Tagebuch einer Freundin rumgeschaut. Wirklich nicht viel und es lag auch offen auf dem Bett und ihre Schwester sass daneben. Aber ich bereue das bis heute :pale: Ich glaube, ich moechte einfach nicht zuviele persoenliche Dinge ueber Menschen wissen, die sie mir nicht freiwillig anvertrauen. Ich hab auch schon mal eine Arbeitsstelle geschmissen, weil ich dort zuviele Details ueber fuer mich Fremde erfahren habe. Ich mag sowas einfach nicht.

    Also wenn ich einen Laptop finden würde, der nicht Passwortgeschützt ist, dann wäre - denk ich - meine Neugierde schon zu groß, als dass ich nicht das ein oder andere nachschauen würde. Dennoch hätte ich dabei sicher immer auch ein schlechtes Gewissen, aber es ist nochmal ein großer Unterschied zwischen einem Freund und einem Unbekannten. Gegenüber dem Unbekannten hätte ich wohl weniger Sorgen, da ich denjenigen ja nicht kenne. Aber sobald ich Adresse/Telefonnummer herausgefunden hätte, würde ich das Notebook schon zurückgeben und denjenigen nicht heimlich beobachten. :thumright:
    Bei einem Freund wäre das etwas anderes, da der mir ja so viel Vertrauen entgegenbringt, dass er glaubt, dass ich nicht in seinen privaten Sachen herumschnüffeln würde - was ich selbst nicht mache, wenn ich die Gelegenheit dazu habe.

  • Also wenn ich einen Laptop finden würde, der nicht Passwortgeschützt ist, dann wäre - denk ich - meine Neugierde schon zu groß, als dass ich nicht das ein oder andere nachschauen würde. Dennoch hätte ich dabei sicher immer auch ein schlechtes Gewissen, aber es ist nochmal ein großer Unterschied zwischen einem Freund und einem Unbekannten. Gegenüber dem Unbekannten hätte ich wohl weniger Sorgen, da ich denjenigen ja nicht kenne. Aber sobald ich Adresse/Telefonnummer herausgefunden hätte, würde ich das Notebook schon zurückgeben und denjenigen nicht heimlich beobachten. :thumright:
    Bei einem Freund wäre das etwas anderes, da der mir ja so viel Vertrauen entgegenbringt, dass er glaubt, dass ich nicht in seinen privaten Sachen herumschnüffeln würde - was ich selbst nicht mache, wenn ich die Gelegenheit dazu habe.

    Sehe ich genau so. :thumleft:

  • Also wenn ich einen Laptop finden würde, der nicht Passwortgeschützt ist, dann wäre - denk ich - meine Neugierde schon zu groß, als dass ich nicht das ein oder andere nachschauen würde. Dennoch hätte ich dabei sicher immer auch ein schlechtes Gewissen, aber es ist nochmal ein großer Unterschied zwischen einem Freund und einem Unbekannten. Gegenüber dem Unbekannten hätte ich wohl weniger Sorgen, da ich denjenigen ja nicht kenne. Aber sobald ich Adresse/Telefonnummer herausgefunden hätte, würde ich das Notebook schon zurückgeben und denjenigen nicht heimlich beobachten. :thumright:
    Bei einem Freund wäre das etwas anderes, da der mir ja so viel Vertrauen entgegenbringt, dass er glaubt, dass ich nicht in seinen privaten Sachen herumschnüffeln würde - was ich selbst nicht mache, wenn ich die Gelegenheit dazu habe.

    Genau so hätte ich das auch ausgedrückt, denn der Trieb Neugier ist nun mal doch stärker als die Vernunft...

  • Ich würde nicht in den Dateien eines Fremden herumstalken, glaube ich. Wie gesagt, ich habe meinen Laptop schon mal verloren und bin tausend Tode gestorben. Man hat ja doch sehr viel Persönliches auf seinem Computer und ich finde, Roulas Wut ist sehr gut beschrieben, als sich der iChat das erste Mal öffnet und sie Jonathan einen Einblick in ihre Gefühlswelt gewährt, um es mal so zu sagen. ;) Sehr lustig finde ich seine Reaktion darauf: was hat sie denn, wenn sie nett gefragt hätte, hätte ich ihr den Computer doch zurückgegeben... :loool: Aber ich kann mir vorstellen, dass man das in so einer Situation wirklich denkt.


    Die Aufzählung der Marken empfinde ich nicht als störend. Mich amüsiert das eher, weil es einen Teil der Persönlichkeit von Jonathan ausmacht. Vor dem Treffen mit Susanne betont er dann ja auch, dass er nicht wie ein Verlierer aussieht. Ihm scheint es einfach wichtig zu sein, nach außen zu tragen, was er hat, damit man einen guten ersten Eindruck von ihm hat. Sein Verhalten zeugt ja eher nicht davon, dass er so ein selbstbewusster Mensch ist, wie er sich gibt. Er verschenkt ja sogar die Krawatte, weil er sich vor Roulas Rache fürchtet. ;)


    Mich würde mal interessieren, was ihr für Assoziationen mit dem Namen "Roula Rouge" habt oder hattet. Nur vom Namen her (oder vielleicht auch durch das Cover beeinflusst), hatte ich mir Roula sehr empfindsam und "lieb" vorgestellt. Sie weicht nun doch sehr von diesem Bild ab, muss ich sagen. ;) Aber gerade das macht es so spannend. Jonathan und Roula sind so gegensätzlich, dass es kaum noch krasser ginge. Gerade deswegen übt sie wahrscheinlich so eine Faszination auf ihn aus. Dass er sich extra einen iPod kauft, um sie immer bei sich zu haben, fand ich irgendwie nett. Ich weiß zwar, dass Jonathan eigentlich ein gemeiner Stalker ist, was Roula betrifft, aber ich mag ihn einfach trotzdem. So. ;)
    Vielleicht hat die Faszination an Roula auch etwas mit der Exfrau Jonathans zu tun. Susanne ist ja ein ganz anderer Typ Mensch und (auch wenn sie bislang nur in Jonathans Erinnerung und am Telefon aufgetreten ist) ich mag sie nicht. Ihre Art zu sprechen empfinde ich als sehr dominant und ihre Aussage zu Büchern von Deaver, Grisham und Baldacci fand ich sehr anmaßend. Allerdings kenne ich selbst auch Leute, die alles, was kein Klassiker ist, als Trivialliteratur abtun und es im Regal am liebsten verstecken würden. Susanne scheint nur insofern anders zu sein, als dass sie solche Bücher gar nicht erst liest.


    Ich habe ja in meinem letzten Beitrag gesagt, dass ich mit Berlin irgendwie wenig anfangen kann. Beim Lesen bekomme ich irgendwie Lust, mal wieder hinzufahren und mir die Schauplätze einmal anzusehen. Gibt es sie eigentlich alle wirklich oder sind sie zum Teil erfunden? (Tut mir leid, wenn das eine blöde Frage ist, aber ich kenne mich nicht wirklich in Berlin aus.)
    Folgender Satz bringt die Stadt übrigens für mich auf den Punkt:

    Zitat

    Ich hatte mindestens ein Dutzend verschiedene Städte in einer Stadt gefunden [...] (S. 53)

    Die Fortsetzung dieses Satzes:

    Zitat

    und davon war mir jede lieber als die manikürten Orte, in denen ich vorher gelebt hatte. (S. 53)

    finde ich sehr bezeichnend für Jonathan. Er selbst ist ja von Kopf bis Fuß gepflegt und eben auch "manikürt", was er ja immer wieder betont. Wie ihm dann gerade das raue Berlin gefallen kann, ist spannend, aber ebenso wie Berlin ist ja auch Roula rau. Sie ist für mich wirklich die typische Berlinerin oder zumindest jemand, der gut in diese Stadt passt. Wirklich ein kompletter Neuanfang für Jonathan. :thumleft:


    Eigentlich ist dies ein Buch, das man in einem Zug auslesen möchte, weil es einen packt und einfach alles stimmt: Plot, Figuren, Setting. Es liest sich toll. Und dann denkt man immer wieder: halt, nicht so schnell... Gnah! ;) Auf der anderen Seite haben wir so natürlich länger etwas davon. Aber schwer ist es! 8) Die Leserunde macht jedenfalls schon jetzt viel Spaß! :cheers:

  • Hallo liebe Mitleser! ;)
    Erstmal ein herzliches Willkommen an Mathias! Freut mich sehr, dass Du die LR begleitest!


    Sorry, dass ich mich erst jetzt melde, hab momentan eine riesige Leseflaute, daher fällt es mir schwer, ein Buch zur Hand zu nehmen.
    Gestern hab ich mit diesem Buch angefangen, bin erst auf Seite 24.
    Was mir bisher sehr gut gefällt, ist der Schreibstil. Sehr gut zu lesen, ohne zu "einfach" zu sein. Der Protagonist ist mir schonmal recht sympathisch, scheint ein Durchschnittsmensch zu sein, ich mag es, wenn in Büchern nicht die Helden stilisiert werden. Der erste Kontakt mit der zweiten Hauptperson ist ja relativ unauffällig vonstatten gegangen, da bin ich mal gespannt, wie sich sein Verhältnis zu ihr entwickeln wird.


    Aber eine Kritik hab ich leider auch schon. Auf S. 13 wird geschrieben, dass Jonathan "Macromar" nehmen muss.
    Das Medikament heißt "Marcumar". ;) So etwas ist einfach zu recherchieren.

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Ich habe das Gefühl, die Handlung spielt in Berlin, weil es hier noch richtig was zu entdecken gibt, nämlich die Überbleibsel von Ost und West zu Zeiten der DDR und die damit geprägten Menschen.


    Das scheint ja auch bei der Geschichte um Roula eine Rolle zu spielen, wir wissen ja inzwischen, dass ihr Vater in den Westen abgehauen ist und sie zurückgelassen hat. Bin mal gespannt, was sich da ncoh für Sachen aufdecken.


    Mathias, bist du denn in Ost- oder Westdeutschland aufgewachsen?


    Aber das Vorbild für Roula Rouge war meine tätowierte Friseurin, die damals gerade ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht hat.


    Das merkt man, dass du sie als Vorbild hattest, an einer Stelle findet Jonathan ja heraus, dass Roula gerade ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht hat. Komisch, dass du dann deine Friseurin in der Widmung gar nicht erwähnst, wo sie dich doch auf die Idee gebracht hat. :wink:


    Ich bin im Gegensatz zu vielen anderen Menschen jemand, dem Berlin schwerfällt. Ich finde mich dort irgendwie nicht gut zurecht und die Stadt überwältigt mich schnell - ich weiß leider nicht, wie ich es anders sagen soll.


    Strandläuferin, ich würde in Berlin auch nicht wohnen wollen, Großstädte sind nichts für mich. Aber faszinierend und aufregend stell ich mir das Leben dort doch vor.


    Durch Berlin zu fahren und zu gehen, macht mir in Jonathans Begleitung Spáß!


    Mathias, bist du denn die Wege, die Jonathan im Laufe des Buches nimmt, selbst noch einmal nachgelaufen oder kennst du dich so gut in Berlin aus, dass du praktisch schon eine Straßenkarte im Kopf hast und die Aneinanderreihung der Läden oder Kreuzungen verschiedener Straßen auch so vor Augen hattest?


    Also wenn ich einen Laptop finden würde, der nicht Passwortgeschützt ist, dann wäre - denk ich - meine Neugierde schon zu groß, als dass ich nicht das ein oder andere nachschauen würde. Dennoch hätte ich dabei sicher immer auch ein schlechtes Gewissen, aber es ist nochmal ein großer Unterschied zwischen einem Freund und einem Unbekannten. Gegenüber dem Unbekannten hätte ich wohl weniger Sorgen, da ich denjenigen ja nicht kenne.


    Also ich weiß nicht, spionieren würde ich wahrscheinlich weder bei einem Freund noch bei einem Unbekannten. Bei einem Unbekannten würde ich mir die Mühe aber wahrscheinlich gar nicht erst machen, da ich sein Leben nicht kenne und mich so auch nicht weiter dafür interessiere. Ich glaube, ich hätte den Laptop beim Fundbüro abgegeben ohne weiter darüber nachzudenken.


    Was mir bisher sehr gut gefällt, ist der Schreibstil. Sehr gut zu lesen, ohne zu "einfach" zu sein.


    Stimmt, das sehe ich auch so. :thumright:


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Gibt es sie eigentlich alle wirklich oder sind sie zum Teil erfunden?

    Die meisten Orte gibt es wirklich. Und sie sehen auch zum Großteil so aus wie beschrieben. Das Keyif ist allerdings ein erfundener Name, Keyif ist türkisch und heisst auf Deutsch Lebensfreude. In Wirklichkeit heißt das Restaurant in Schlüterstraße / Ecke Mommsen Adnan, so wie sein Besitzer, ein Türke aus Kapadokien.

  • Mathias, bist du denn in Ost- oder Westdeutschland aufgewachsen?

    Ich bin in Hamburg aufgewachsen, habe dort die ersten zwanzig gelebt - danach bin ich so ziemlich überall herumgekommen. In Berlin habe ich seit 15 Jahren eine kleine Wohnung, also kein Loft wie Schotter, ich sage das nur um, der nächsten Frage vorzugreifen.