Kurzinformation zum Autor (aus dem Klappentext):
Felix Mitterer, geboren 1948 in Achenkirch/Tirol, zählt zu den erfolgreichsten Theater- und Drehbuchautoren Österreichs: Die mehrteiligen Filme Verkaufte Heimat und Piefke-Saga sind seine bekanntesten Fernseharbeiten, Kein Platz für Idioten, Besuchszeit, Sibirien die am meisten aufgeführten Theaterstücke.
Inhalt (Klappentext):
Das Drama eines geistig behinderten Bauernsohnes: für die Eltern nur eine Belastung und ein Nichtsnutz im harten Arbeitsalltag, ausgestoßen aus der Dorfgemeinschaft, verspottet und an den Rand gedrängt.
Kein Platz für Idioten ist ein literarisches Ereignis: eindringlich, authentisch und aufrüttelnd.
Eigentliche Rezension:
Die vorliegende Ausgabe ist gegliedert in Stück und Drehbuch (Fernsehfassung). Diesen beiden Hauptteilen geht jeweils ein kurzer Kommentar des Autors mit Vorwort-Charakter, das heißt mit knappen Erläuterungen zu Hintergrund und Entstehungsgeschichte voraus. Als schönen Bonus empfinde ich die dem Stück beigefügten Szenenzeichnungen, die von der Adoptivmutter des Autors stammen, sowie die den Drehbuchtext ergänzenden Szenenfotos. Leider fehlen, von den dürftigen Angaben im Klappentext abgesehen, jegliche Informationen über (bisheriges) Leben und Werk des Autors.
Da Stück und Fernsehfassung sowohl inhaltlich als auch in der Darstellung voneinander abweichen, das Stück aber als das Hauptwerk angesehen werden kann, beziehe ich mich im Folgenden auf dieses.
Zentrales Thema des Stückes ist die Diskriminierung eines geistig behinderten Jungen, der sowohl von seinen eigenen Eltern als auch vom Großteil der Dorfgemeinschaft als Nichtsnutz und Belastung, ja sogar als Missgeburt, die besser nicht geboren worden wäre, angesehen wird. Einzig dem alten Plattl-Hans erscheint die Situation grotesk. Er nimmt sich der Betreuung und Erziehung des Jungen an und bringt ihm, was keiner für möglich gehalten hätte, das Lesen und Schreiben sowie das Spielen auf einer Flöte bei. Dennoch: Der Inhaber des dörflichen Wirtshauses, der gleichzeitig die Position des Bürgermeisters bekleidet, sieht im Auftreten des Jungen in der Öffentlichkeit eine Gefährdung der Außenwirkung seines Wirtshauses und des ganzen Dorfes, kurzum: eine Gefährdung des Fremdenverkehrs. Der Junge erhält Hausverbot, was im Betreuer und Erzieher Plattl-Hans heftigen, aber fruchtlosen Widerstand auslöst. Wenig später, als ein unglücklicher Zufall hinzutritt, eskaliert die Situation …
Die Wirkung, die Mitterer erzielen will, liegt auf der Hand: er will zum Nachdenken anregen und dadurch im Idealfalle positive Veränderungen in der Gesellschaft hervorrufen. In diesem Zusammenhang erwähnt der Autor im Kommentar, sein Stück solle in erster Linie nicht Intellektuelle, die sowieso seiner Meinung seien, sondern ganz normale Menschen mit ganz normalen Vorurteilen ansprechen.
Er wählt hierfür den Weg der Authentizität. Das Stück und die handelnden Personen wirken ungemein echt; der Leser wird bei seiner emotionalen Ader gepackt. Zudem sind die Dialoge in Mundart verfasst, wodurch sich der Leser mitten ins kleine österreichische Bergdorf, in dem die Handlung spielt, versetzt fühlt.
Hier aber muss die Frage erlaubt sein, ob ein paar "brechtsche Tricks" (beispielsweise offene Fragen an den Leser bzw. Zuschauer), die den Leser bzw. Zuschauer in eine distanziertere und objektivere Lage versetzten, die Wirkung nicht noch verstärkten. Darüber hinaus hätte ich mir im Hinblick auf die Wirkung, die das Stück erzielen soll, ein tragischeres und damit schockierenderes, aufrüttelnderes Ende gewünscht.
Doch das sind Marginalien. Das Stück erzwingt zweifelsohne einen "Hallo-Wach-Effekt" beim Leser bzw. Zuschauer und verfehlt seine aufklärerische Wirkung keinesfalls.
Fazit:
Obwohl in den 1970ern verfasst, hat das Stück - gerade in Zeiten, in denen der Ausdruck "Menschenrest" im Zusammenhang mit Schwerbehinderten fällt - nichts an seiner Aktualität und Brisanz eingebüßt. Uneingeschränkt lesenswert!