Kapitel 1 - Kapitel 8

  • Moment, das möchte ich gerne detailliert mit Quellenangabe lesen können; denn das klingt ja als wären Kinder wie "Vieh" abgeschlachtet worden damit das Königskind in deren Blute baden konnte :!:

    SZ-Ausgabe Seite 42/43:

    Zitat

    Ein solch armer König weckt an seinem Hofe mehr Mitleid als Ehrfurcht, im Volke dagegen gehen bald böse Mären um, er sei leprakrank und bade im Blute frischgeschlachteter Kinder, um zu genesen; [...]

  • Ich glaube, das war damals generell so - und würde bei ähnlichen Regierungsverhältnissen auch heute bestimmt noch so sein - denn auch die Männer, die Regierungspositionen inne hatten, waren so. Vermutlich hätte man anders auch gar nicht regieren können.

    Woraus schliesst du das? Gab es nie einen Regenten, der nicht so hinterlistig und verlogen war? Vielleicht Victoria?


    serjena: Danke für die Infos zu Kapitel 8. Da ist ja wirklich einiges unterschlagen worden.

    Aber wieso überrascht Euch das so? Nicht nur schottische und englische Königinnen der Vergangenheit haben doch in der Regel sowohl gute als auch schlechte Eigenschaften. Das geht uns doch heute ganz genauso. Diesen Charakterzug mag man an dem einen, dafür findet man eine andere Eigenschaft ganz abscheulich.

    Das Problem ist, dass Zweig ständig mit Adjektiven und schön klingenden Sätzen um sich wirft, seine Aussagen aber nicht an Beispielen verifiziert. Er müsste oberflächlich gegensätzliche Eigenschaften mit Geschehnissen bzw. konkreten Taten auflösen.

    Maria scheint jetzt endlich das wahre Gesicht ihres Gatten gesehen zu haben.

    Scheint??? ;)

    Den Satz finde ich zum einen sprachlich-stilistisch interessant. Die vielen Alliterationen kann man sicherlich zwiespältig auffassen.. vielleicht ist es ja doch ein bisschen zuviel des Guten? Ich persönlich mag Zweigs Sprache bis jetzt aber.

    Seit du das geschrieben hast sehe ich ständig Alliterationen! Es geht mir schon richtig auf die Nerven.

    Ein bisschen reduziert das "die Frau" ja schon auf ihre Gefühlswelt, als wäre da sonst nicht viel interessantes, wenn man es ein bisschen überspitzt formulieren möchte.. Der Gegenpol "Mann" ist hier nicht explizit ausformuliert, ein bisschen habe ich aber schon das Gefühl, dass Zweig "Frau-Mann" mit der klassischen Antithese "Gefühl-Verstand" verbindet.

    Zitat

    Aber von der Leidenschaft einer jungen verliebten Frau Logik verlangen zu wollen, hiesse die Sonne suchen um Mitternacht. [S.109, SZ]

    Soviel dazu...

  • SZ-Ausgabe Seite 42/43:
    Zitat Ein solch armer König weckt an seinem Hofe mehr Mitleid als Ehrfurcht, im Volke dagegen gehen bald böse Mären um, er sei leprakrank und bade im Blute frischgeschlachteter Kinder, um zu genesen; [...]

    Danke Athiloris, habe ich zwar auch gelesen; da es sich allerdings wie schon gesagt um "böse Mären" handelt, diesem keine wesentliche Bedeutung zugemessen, darum war ich nun etwas verwirrt als "minea "dieses Thema nochmals Aufgriff; und dachte an eine weitere Quelle aus der sie dies entnommen hatte.
    Ich habe nun eine Quelle gefunden die besagt.

    Zitat

    Die Katholiken warfen den Protestanten vor, sie hätten diese schreckliche Verleumdung in die Welt gesetzt; und die Protestanden machten die Guisen dafür verantwortlich.

    Nun weiss man hinlänglich was von solchen Verleumdungen zu halten ist.
    Denn wäre er tatsächlich "leprakrank" gewesen, hätte man diesen Knaben isoliert, denn die Angst vor Krankheit war sehr gross

    Zitat

    Die Kinder lebten selbstverständlich am Rande des Hofes: zu einem aus hygienischen Gründen - man hatte Angst vor ansteckenden Krankheiten, die den Säuglingen und Kleinkindern leicht zum Verhängnis werden konnten

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

    Einmal editiert, zuletzt von serjena ()

  • Hallo Serjena,


    natürlich handelt es sich um Verleumdungen, ich habe ja auch nur von Gerüchten gesprochen, aber das einfache Volk hat diesen


    Verleumdungen wohl Glauben geschenkt, zu jener Zeit gab es noch unter dem einfachen Volk viele Analphabeten.


    Liebe Grüße,


    Minea :study:

  • Ja, ich glaube auch, dass es ziemlich übel sein muss, wenn das eigene Volk solche Dinge glaubt. Er war ja sowieso schon gestraft und dann das noch...

  • Woraus schliesst du das? Gab es nie einen Regenten, der nicht so hinterlistig und verlogen war? Vielleicht Victoria?

    Ich schließe das aus verschiedenen anderen Texten über Königshäuser im Mittelalter. Natürlich weiß man nie, in wie fern die Texte die Wahrheit sagen, aber die Herrscher und die Leute drumrum müssen meist hinterlistig, tückisch oder gar falsch gewesen sein, denn das sind die Kriteria, die immer wieder vorkommen.

  • Spät aber doch noch habe ich heute endlich nach einem Neustart vor ein paar Tagen Kapitel 8 zuende gelesen.
    Auch wenn diese Leserunde ja eigentlich schon vorbei ist, will ich noch kurz meinen Leseeindruck zu diesem ersten Abschnitt festhalten:


    Ich habe mittlerweile ein sehr zwiegespaltenes Verhältnis zu Zweigs Schreibstil.


    Was mir sehr unangenehm aufstößt sind die Herabsetzungen des weiblichen Geschlechts, die sich wie ein roter Faden durch die bisherigen Kapitel zogen.


    Beispiele gefällig?

    Zitat
    • Selbst ein energischer, entschlossener Mann, die Faust mit Eisen bewehrt, könnte auf die Dauer hier nicht Ruhe erzwingen, und wie erst eine neunzehnjährige, dem eigenen Lande entfremdete und im Herrschen so ungeübte Frau!(SZ 61)
    • Denn als reifer Mann gehorcht er nicht wie seine Schwester heftigen, nervösen romantischen Impulsen (SZ 64 f.)
    • ... in ihrer Klugheit nur oft durch weibliche Launen und Leidenschaften gehemmt... (SZ 88 )
    • Denn trotz ihrem überragenden Format bleiben diese beiden Frauen immerhin Frauen, sie können die Schwäche ihres Geschlechts nicht überwinden... (SZ 97)

    Irgendwann habe ich aufgehört mir diesbezüglich Notizen zu machen, weil es mich nur noch geärgert hat.


    Desweiteren gefällt mir das oft Sentenzenartige in Zweigs Sprache nicht besonders. Er wirkt auf mich wie auf einem Podest stehend und begütigend auf den kleinen Leser herabsehend.. Diese Sentenzen erzeugen meiner Meinung nach auch die Distanz zwischen Leser und Figuren, die Zweig nur teilweise überwinden kann. (Vielleicht war es aber auch nie seine Absicht, aber das ist eine andere Frage)


    Eine der Fragen, die hier vertieft diskutiert wurde, war ja, ob Zweig wertet oder nicht. Für meinen Geschmack tut er dies klar und deutlich und leider auch zu sehr.


    Positiv hervorheben will ich die Charakterisierungen Morays und Knox' in Kapitel 4, die ich beeindruckend und plastisch fand.
    Auch sehr lesenswert finde ich Kapitel 6, in dem Zweig Maria und Elisabeth gegenüberstellend charakterisiert. Ich habe dadurch eine klare Vorstellung dieser beiden Frauen erhalten.
    Außerdem gefallen mir seine Anmerkungen zum geistes- und zeitgeschichtlichen Hintergrund, die das Geschehen oft in ein anderes Blicklicht rücken als das unseres modernen Standpunktes (z.B. die Bemerkung zur noch nicht erwachten Nationalismus-Bewegung, die Marias Verhältnis gegenüber Schottland erklärt).
    Achja, auch Kapitel 8 fand ich erzählerisch sehr überzeugend.. ich konnte Marias Ohnmachtgefühl so gut nachvollziehen und konnte anhand der Schilderung dieser Szene auch endlich das Zitat Thomas Manns nachvollziehen, welches auf der Rückseite des Einbands der SZ-Ausgabe gedruckt ist:

    Zitat

    Was ich am meisten an ihm bewunderte, war die Gabe, historische Epochen und Gestalten psychologisch und künstlerisch lebendig zu machen.