Marlo Morgan - Traumfänger

  • Ich stelle hier ein Buch vor, dass immer wieder in anderen Threads angesprochen wird (z.B. "Bücher, die in Australien spielen gesucht") und über das es sich - meiner Meinung nach - hervorragend diskutieren lässt.


    Vor kurzem habe ich "Traumfänger" auf einem Flohmarkt erstanden und war absolut fasziniert von diesem Buch!


    Aus der Amazon.de-Redaktion
    Für die Amerikanerin Marlo Morgan beginnt alles ganz harmlos. Eines Tages erhält sie eine Einladung zu einem Treffen mit einem Aborigines-Stamm. Dieses ist als Auszeichnung für ihre erfolgreiche Arbeit mit jungen Halbblut-Aborigines in Australien gedacht. Gespannt macht sie sich für die Einladung zurecht: Ein neues Seidenkostüm, eine dazu passende Seidenbluse und elegante Pumps. Wenige Stunden später, nachdem sie vor ihrem Hotel mit einem Jeep abgeholt worden ist und eine stundenlange Fahrt durch den australischen Busch hinter sich hat, wird sie von einer kleinen Gruppe von Menschen eingeladen, an einem Walkabout teilzunehmen. Noch nie zuvor wurde einer Weißen, einer in den Augen der Aborigines "Veränderten", eine solche Ehre zuteil.
    Marlo Morgan lernt in den nächsten Monaten die Unwichtigkeit des Zeitbegriffes kennen, ernährt sich von Maden, Krokodilen, Nüssen, Kräutern und Früchten und hätte niemals geglaubt, daß sie gebratene Ameisen als Delikatesse schätzen lernt. Sie wird in das erd- und naturverbundene Leben der Aborigines eingeweiht und erkennt, daß es hier Menschen gibt, die die Erde nicht ausbeuten, die in der Lage sind, sich telepathisch zu unterhalten und über medizinische Kenntnisse verfügen, die sie staunen lassen.


    Traumfänger ist ein faszinierendes und -- für "Veränderte" -- oft auch ein beschämendes Buch. Zeigen uns die Aborigines doch, wie unwichtig unser Alltag für unser persönliches Wachsen und Reifen ist. So feiern sie keinen Geburtstag, sondern sie feiern dann ein Fest, wenn einer von ihnen denkt, daß er eine höhere Stufe in seiner persönlichen Entwicklung erklommen hat. Marlo Morgan hat es sich zur Aufgabe gemacht, über das Leben der Aborigines zu berichten, ohne sie an unsere Zivilisation mit ihrem zerstörenden Tourismus zu verraten -- ein fesselnder Bericht. --Manuela Haselberger


    Meine Meinung
    Die Autorin beschreibt in einfacher Art das Leben von und mit den Ureinwohnern Australiens. Die Geschichte ist durchaus nachvollziehbar, wenn auch an manchen Stellen SEHR unglaubwürdig. So wird etwa ein offener Beinbruch über Nacht mit div. Kräutern geheilt, der Kranke kann am nächsten Tag weitermarschieren und wenige Tage später ist vom Bruch fast nichts mehr zu sehen.
    Faszinierend fand ich die Vorstellung, dass es gelingen könnte sich mit Telepathie zu unterhalten. Ehrlichweise glaube ich: "Warum nicht??" Es gibt vermutlich viele Dinge, die wir uns nicht vorstellen können, die aber durchaus im Bereich des Möglichen sind. Doch auch hier ein Kritikpunkt: die Amerikanerin Marlo Morgan konnte die Sprache der Aborigines nicht, trotzdem konnte sie sich per Telepathie verständigen?? (Bei "gespochenen" Worten musste immer übersetzt werden.)


    Erst nachdem ich das Buch gelesen hatte begann ich ein bißchen zu recherchieren und entdeckte die Informationen, dass alles nur frei erfunden wurde. Dieses Wissen ändert aber nichts an meiner - zu Beginn geschriebenen - Meinung, dass ich dieses Buch besonders toll und faszinierend finde =D>


    Bin wirklich gespannt auf Eure Meinungen, anscheinend habe schon mehrere dieses Buch gelesen.


    Liebe Grüße aus Wien
    Gabi

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Gabi5:
    Habe das Buch mal von einer Freundin meiner Mutter ausgeliehen bekommen, die Bücher über Australien, die Aborigines etc. geradezu verschlingt und trotz meiner Skepsis, war ich begeistert! Ja, dieses Buch ist, trotzdem es frei erfunden wurde, wirklich wunderschön. :cheers:
    Auch mir ging es oftmals so, dass ich dachte "Wieso sollte das nicht funktionieren?".
    Was die Telepathie anbelangt, so habe ich sogar eine Theorie: Viele sagen, dass Telepathie nichts anderes als eine Bildersprache ist, die sich im Kopf abspielt - wie Kino. Man denkt keine Worte, sondern die Dinge selbst - darum hätte sie also auch keine Übersetzung gebraucht! :wink:

  • Gabi5
    Ich habe den Roman schon vor einigen Jahren gelesen und fand ihn recht spannend, aber wie gesagt es handelt sich um einen Roman und deshalb sollte man nicht alles wortwörtlich nehmen.
    Ansonsten gebe ich FallenAngel recht. Telepathie ist eine Kopfsprache. Sie vermittelt auch Empfindungen.
    Wahr ist die Aborigines verfügten über Wissen, das uns "Zivilisierten" oft als mystisch erscheint und überlebten wo wir keine Chance gehabt hätten.
    Unsere moderne Welt hat ihnen viel von diesen Kenntnissen genommen und erst in den letzten Jahren gibt es Bemühungen mehr darüber zu erfahren. Ich war mal in einem Vortrag, der sehr aufschlußreich war und noch heute in mir nachwirkt.


    Gruß Wirbelwind


    :study: Anne Tyler, Damals als wir erwachsen waren (LR)

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ja, ich finde es auch furchtbar und traurig, dass so viel von dem enormen Wissen der Aborigines verloren gegangnen ist! :cry:
    Ich meine, es nicht zu verstehen oder als primitiv anzusehen ist eine Sache, die Kultur deshalb zu zerstören aber eine ganz andere! :thumbdown:
    Klar, einige Dinge im Buch waren wirklich übertrieben (wie z.B. das mit dem Beinbruch, was ja schon erwähnt wurde), aber 1. sag ich mir immer, dass wir nicht wissen, ob ein Aborigine nicht in der Lage sein würde, die Schmerzen zu ignorieren und tatsächlich zu laufen bzw. 2. sind es ja auch nur Metaphern dafür, was die Aborigines alles können, was wir ihnen nicht zutrauen würden.
    Wie Wirbelwind gesagt hat: ein Roman. Aber ein sehr guter und mitreißender. :thumleft:

  • Zitat

    Original von FallenAngel
    Was die Telepathie anbelangt, so habe ich sogar eine Theorie: Viele sagen, dass Telepathie nichts anderes als eine Bildersprache ist, die sich im Kopf abspielt - wie Kino. Man denkt keine Worte, sondern die Dinge selbst - darum hätte sie also auch keine Übersetzung gebraucht! :wink:


    Ja, das könnte - zumindestens Teilweise - eine Erklärung sein. Ich habe mich mit dem Thema Telepathie noch nicht genauer auseinandergesetzt, werde mal ein bißchen recherchieren :study:


    Ich finde es auch sehr schade, dass die "Zivilisierten" alles verändern wollen, was nicht einzuordnen ist. Warum mussten sämtliche Naturvölker missioniert werden?


    Lg. Gabi

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Zitat

    Original von Gabi5
    Ich finde es auch sehr schade, dass die "Zivilisierten" alles verändern wollen, was nicht einzuordnen ist. Warum mussten sämtliche Naturvölker missioniert werden?


    Lg. Gabi


    Weil die Menschheit (besonders ein ganz gewisser Kreis davon) sich noch nie dadurch ausgezeichnet hat, tolerant zu sein - schon gar nicht, was andere Glaubensformen anbelangt.
    *seufz*

  • Ja genau: TOLERANZ ist das "Zauberwort", das leider bei den zivilisierten Menschen unterentwickelt ist. Leider versuchen viele die anderen zu beherrschen und Fanatismus, gepaart mit Intoleranz führt(e) zum ausrotten aller "Naturmenschen".
    Traurig :puker:


    Lg. Gabi

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Mmmh, ich habe mich studienbedingt viel mit den Aborigines beschäftigt und muss sagen, dieses BUch ist ein geriebener Schwachsinn, der auch von vielen aboriginalen Gruppen in Australien als solches abgelehnt wird. Ich kann es nicht guten Gewissens empfehlen.

  • @K.-G.:
    :shock: Im Ernst?!
    Ich meine, es ist schließlich nur ein Roman. Und die mitklingende Anklage, dass viele Traditionen und viel Wissen der Aborigines verloren gegangen sind, stimmt ja wohl. Was genau ist denn daran dann so schwachsinnig und nicht weiterzuempfehlen? :?:

  • Nun, das die beschriebenen Dinge eine erdachte Mystifizierung ist, die so an den Haaren herbeigezogen sind, dass sich viele aboriginale Interessengruppen nach dem Herauskommen des Buches bewusst und lautstark von Morgan und den von ihr beschrieben Ritualen distanziert haben.


    Die mitklingende Anklage hat das Buch gut verkauft, weswegen die gleichen Gruppen Morgan eine Kommerzialisierung ihrer Situation im Eigeninteresse vorgeworfen haben, wofür sie noch nicht einmal anständig recherchiert habe. Über die Songlines und andere Übertragunswege haben sich die Traditionen der Aborigines zumindest als Wissenshintergrund in den meisten Gebieten durchaus erhalten und sie werden mittlerweile auch von aboriginalen Akademikern ziemlich umfänglich an australischen und amerikanischen Universitäten gelehrt. Die Probleme, die die Aborigines heute haben sind wesentlich andere und sehr handfest und diese Form der Mystifizierung ist etwas, das unnötig - und mit falschen Inhalten - von den realen Problemen ablenkt.

  • Davon abgesehen ist die Darstellung der besseren "edlen Wilden", an die sich Morgan hier drangehängt hat in der Anthropologie mittlerweile so etwas von zerschossen durch ernsthafte Untersuchungen, das es wirklich mehr in den Bereich der modernen Märchen gehört.

  • Das mag ja sein (mit den realen Problemen, an denen der Roman vorbeiführt), aber man kann nicht immer nur über die aktuellen Situationen schreiben!
    Außerdem hat die Autorin - soweit ich weiß zumindest - nicht behauptet, dass das im Buch beschriebene den echten Ritualen entspricht, oder?
    Ich meine, nicht jeder Autor, der über z.B. dieses Thema schreibt, muss gleich zu einem Rächer oder Vertreter werden - sowas finde ich nämlich viel schlimmer! =;
    Was ich meine ist, ein Buch, das von Engeln handelt, Drachen oder einem untergegangenen Volk (den Maya z.B.) stellt doch auch nicht unbedingt den Anspruch korrekt zu sein. Und keiner klagt das Buch dafür an; oder sollte es zumindest nicht.
    Sicher, das meiste ist mystifiziert, aber es ist eben ein Roman und kein Sachbuch. Wenn ich über die tatsächlichen Rituale Bescheid wissen möchte, kaufe ich mir ein spezielles Buch, das von jemandem, der sich eingehend mit den Aborigines beschäftigt hat, geschrieben wurde. :idea:

  • Oh, OK, wenn sie das behauptet hat, ist es wirklich doof. :-? Ich frage mich manchmal, was Autoren sich dabei denken. Naja, eigentlich weiß ich es, viele Menschen sind nunmal wie Dagobert Duck, mit den Dollarzeichen in den Augen, aber manchmal wäre es wirklich eine erleichternde und angenehme Überraschung, wenn jemand nicht aus kommerziellen Gründen lügt! :thumbdown:

  • Nun, die Autorin hat schon gelegentlich in Interviews behauptet, dass dieser Roman auf eigenen Erlebenissen beruht. Aber wenn man dies außen vorlässt und den Roman nur als Roman betrachtet, dann ist er ganz nett.

    Das war wohl einer der Gründe, warum ich so lange davor zurückgeschreckt bin, dieses Buch zu lesen, das schon seit Jahren in meinem Bücherregal stand und langsam aber sich einstaubte. Jetzt, nachdem ich Traumfänger gelesen habe, muss ich sagen, dass es, als rein fiktive Lektüre – zumindest was meinen Geschmack angeht – gelungen ist, aber eine gewisse Skepsis ist natürlich geblieben, denn ich weiß einfach nicht, wie ich das Buch einordnen soll. Als Leseerlebnis war es nicht schlecht, aber ich darf mir keine allzu großen Gedanken machen, was wohl dahinter steht, denn das würde mich wohl so sehr ins Grübeln bringen ohne dass dabei etwas herauskommt, dass es das wohl eher nicht wert ist…


    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Ich habe das Buch soeben zu Ende gelesen.
    Vorab hatte ich kurz hier gestöbert und mich ganz bewusst dafür entschieden das Buch unter dem Aspekt eines Romans zu lesen.
    Ich kenne mich mit den Ritualen und Besonderheiten der Aborigines (noch) nicht aus, daher war das Buch ansich für mich sehr interessant zu lesen - natürlich immer mit dem Hintergedanken, dass wohl nicht alles davon der Wahrheit entspricht.


    Nun, egal ob Wahrheit oder nicht, ich finde die Autorin bringt es trotzallem auf den Punkt uns "Veränderten" einmal vorzuhalten wie wir leben und wie wir denken.
    Materialistisch, Egoistisch, Geldgeil, Machtgeil usw. Gerade in der heutigen Zeit in der das Thema "Managergehälter" und diverse andere Themen groß geschrieben werden, finde ich, dass die Autorin mit ihren "Anschuldigungen" den Nagel auf den Kopf getroffen hat.


    Man sollte bzw. man wird, nach dem lesen dieses Buch zumindest mal kurz über die eigene Lebensweise nachdenken :idea:


    Auch ich habe für mich einige Schlüsse gezogen. :-,
    Außerdem durfte ich mein Sprüchleinbuch mit einigen sinnvollen und zum nachdenken anregenden Zitaten erweitern :thumleft:


    Von mir bekommt das Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Die Geschichte ist gut, die Lehre die man daraus ziehen kann auch. Da ich Menschen die sich mit Aborigines verstärkt beschäftigt haben und auch noch K.-G. B.-E. heißen, viel Glauben schenke, bekommt es einen :bewertung1von5: Abzug für die "Unwahrheiten" die teilweise als mögliche "Wahrheiten" angepriesen werden.

  • Man sollte bzw. man wird, nach dem lesen dieses Buch zumindest mal kurz über die eigene Lebensweise nachdenken


    Auch ich habe für mich einige Schlüsse gezogen.

    Ich muss zugeben, dass es auch mir nach der Lektüre dieses Buches so ergangen ist, denn auch ich hatte das Gefühl, dass, selbst wenn die in diesem Roman geschilderten Begebenheiten nicht wirklich der Realität entsprechen, so ist die Aussage, wenn man einmal darüber nachdenkt, bis heute eigentlich ziemlich aktuell geblieben. Dieser Aspekt ist ja eigentlich schon wieder traurig...

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Ich meinte ja auch eher, dass es traurig ist, dass wir – also alle zusammen – allem Anschein nach nicht wirklich etwas dazugelernt haben, obwohl die Probleme, mit denen wir uns aktuell herumschlagen, anscheinend ja alles andere als neu sind... :-?

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde