Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • Aber: diese Micawbers reden nur und tun nichts (außer andere Leute anschnorren).
    Ich bin sicher, dass Dickens irgendwann einen
    Platz findet, an dem Herr Micawber sein Redetalent gut anwenden kann -
    aber in der Zwischenzeit sollte er arbeiten, schlicht und einfach sich eine Anstellung als Diener suchen oder
    was weiß ich, niedere Dienste leisten - und es ärgert mich direkt, dass er sich dazu zu gut ist.

    hihi - Du hast die beiden echt gefressen :twisted:

    Manchmal fühle ich mich wirklich wie in einer viktorianischen Soap, in der die Figuren immer mal wieder hervorgezaubert werden. War ja seinerzeit auch eine Fortsetzungsgeschichte :loool:

    gewisse Ähnlichkeit sind nicht zu leugnen 8)

    Die Szenen am Gericht und die Einblicke in das Kirchenrecht mag ich sehr. Zum Beispiel wurde kurz ein Verfahren gegen einen Bäcker geschildert, das mit einer temporären Exkommunikation endet, weil der Bäcker die Zahlung einer Steuer verweigerte. Diese zeittypischen Elemente machen die Roman für mich lesenswert auch in den Szenen, in denen ich zu den Figuren weniger Zugang habe.

    Da sind immer so bezeichnende Einblicke in die damalige Geschichte, den banalen Alltag - sowas mag ich auch total gerne. Und es kommt ja auch direkt aus dieser Zeit, ist nicht nachträglich von Historikern beschrieben, sondern direkt von einem Zeitzeugen mit Insiderwissen hier niedergeschrieben. Spannend :lechz:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Also es braucht halt einfach noch so seine Zeit, bis er wirklich anfängt alles bzw. jeden zu durchschauen

    Ich werde heuer 57 und durchschaue bei weitem nicht alles und jeden - da sollten wir mit unserem David und seinen 20 Jahren doch etwas nachsichtiger sein.

    er ist mit seinen Gefühlen doch ziemlich schnell bei der Sache

    Alsooooo, bei mir war das auch so. Ich war andauernd äußerst heftig in irgendeinen verliebt ... Und wie war das bei Euch?

    Ich dachte, wir wären die Murdstones los.

    Mittlerweile habe ich den Verdacht, dass wir keinen, den wir kennengelernt haben, je verlieren werden. Das lässt Mr. Dickens nicht zu.

    Trotzdem passiert es mir bei David zu oft.

    Aber liebe Tine, der ist doch jung und begeisterungsfähig. Ich hab Verständnis für ihn, weil ich auch nicht zu denen gehörte, die sich ein einziges Mal verliebten und es dabei bewenden ließen. Das muss doch furchtbar langweilig sein. Wo es doch so viele nette Männer gibt. :love:

    und seine Verlobte mit den neun weiteren Schwestern wird wahrscheinlich irgendwann ganz pragmatisch die nächstliegende und absehbare Heiratslösung wählen.

    Oder überhaupt zu Hause bleiben, wo sie doch so gebraucht wird.

    Veranstalten einen lustigen Abend mit vielen beruflicen Ideen, während der KArren eigentlich schon wieder total im Dreck versunken ist.

    Ich glaub, dieser Karren war schon immer im Dreck versunken, und dort wird er womöglich auch bleiben. Das scheint die Lebensphilosophie der Micawbers zu sein.

    aber in der Zwischenzeit sollte er arbeiten, schlicht und einfach sich eine Anstellung als Diener suchen oder
    was weiß ich, niedere Dienste leisten

    Geht ja nicht. Du hast doch gelesen, für welches Genie ihn Mrs. Micawber hält, einen Mann mit ganz besonderen Talenten, der für weiß Gott welches Amt auserwählt zu sein scheint. Bloß erkennen das die dummen Mitglieder der Gesellschaft nicht.

    als Thekenkraft bei McDonalds wieder. Der Sohn ist entsetzt über diesen
    sozialen Niedergang.

    Die haben aber auch ganz miese Arbeitsbedingungen. Eine Freundin von mir hat da mal vorübergehend gearbeitet und die reinsten Schauergeschichten erzählt. Betrete ich schon längst nicht mehr, diesen Laden, schon aus Prinzip.

    Seine verklärte Schwärmerei für immer-mal-wieder-wen-anders geht mir ziemlich auf den Keks

    Da hat er mein vollstes Verständnis.
    Und die jungen Frauen heutzutage wissen sofort, dass sie nun den Mann fürs Leben gefunden haben, und gar keinen anderen mehr anschauen? Na, Ihr seid doch treue Weibchen, das war in meiner Jugend ganz anders. :uups:

    Steerforth dagegen ist für mich der vielleicht spannendste Charakter

    Ja, für mich auch! So ein richtiger Hallodri.
    Mein Mann war in seiner Jugend auch so einer, vielleicht mag ich den James deshalb - obwohl ich mich das jetzt fast nicht zu schreiben traute, 8-[ aber ich kann mit diesen Typen umgehen. 8)

    Manchmal fühle ich mich wirklich wie in einer viktorianischen Soap

    Ja, das ist ein herrlicher Ausdruck. Genauso fühle ich mich auch, ich hätt's nur nicht so treffend sagen können.

    war das nicht andersrum?

    Das war auch mein Gedanke und es war andersrum.

    Jaaa, ok, Ihr werdet schon recht haben, aber ich schau jetzt nicht nach. :P
    Ihr seid doch so was von pingelig, aber auch sehr brav, weil Ihr alles lest, was ich so daherschreibe. :friends:

    Finde insgesamt interessant zu beobachten wie viel "aktuelle" Probleme und Kritiken er in diesem Buch verpackt.

    Auch das stimmt! Mir kommt dieser Mr. Dickens zeitweise überhaupt so modern vor, dass ich mir die zeitliche Distanz erst wieder in Erinnerung rufen muss.

  • Da hat er mein vollstes Verständnis.Und die jungen Frauen heutzutage wissen sofort, dass sie nun den Mann fürs Leben gefunden haben, und gar keinen anderen mehr anschauen? Na, Ihr seid doch treue Weibchen, das war in meiner Jugend ganz anders. :uups:

    Wer hat denn von Treue gesprochen? :loool: Von mir aus könnte sich der liebe David auch mit einem Dutzend Damen herumtreiben, wenn er dabei nur nicht immer so schwülstig werden würde :-, Aber damit würde "Daisy" wohl etwas aus der (viktorianischen) Rolle fallen.

  • wenn er dabei nur nicht immer so schwülstig werden würde

    Das ist halt der Stil der Zeit, aber ich finde, es geht noch. Jane Austen soll schlimmer sein, habe ich mir sagen lassen.

  • Ich werde heuer 57 und durchschaue bei weitem nicht alles und jeden

    geht mir ganz genauso wie Dir :)

    Und wie war das bei Euch?

    Nicht so wie bei Dir - hab mich irgendwie immer in die falschen verguckt und nix ist draus geworden. Bin ich halt ein spinnerter Single geblieben :mrgreen:

    Mein Mann war in seiner Jugend auch so einer, vielleicht mag ich den James deshalb - obwohl ich mich das jetzt fast nicht zu schreiben traute, aber ich kann mit diesen Typen umgehen.

    jetzt wird's spannend - erzähl ruhig weiter :loool:

    Mir kommt dieser Mr. Dickens zeitweise überhaupt so modern vor, dass ich mir die zeitliche Distanz erst wieder in Erinnerung rufen muss.

    Das ist alles total modern - aber irgendwie ist das auch erschreckend, dass sich in vielen Bereichen irgendwie gar nichts verändert zu haben scheint. 8-[

    Wer hat denn von Treue gesprochen? :loool: Von mir aus könnte sich der liebe David auch mit einem Dutzend Damen herumtreiben, wenn er dabei nur nicht immer so schwülstig werden würde :-, Aber damit würde "Daisy" wohl etwas aus der (viktorianischen) Rolle fallen.

    :totlach:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich bin sicher, dass Dickens irgendwann einen
    Platz findet, an dem Herr Micawber sein Redetalent gut anwenden kann -

    :totlach: Stimmt, quatschen kann der Mr. Micawber wirklich :applause:

    Aber liebe Tine, der ist doch jung und begeisterungsfähig. Ich hab Verständnis für ihn, weil ich auch nicht zu denen gehörte, die sich ein einziges Mal verliebten und es dabei bewenden ließen. Das muss doch furchtbar langweilig sein. Wo es doch so viele nette Männer gibt. :love:

    Jaaaaaaaaaaaa....du hast ja Recht...was war ich damals...vor gefühlten Ewigkeiten (na aber noch nicht ganz so ewig wie du :loool::friends: ) erst in den und eine Woche später in den und gleichzeitig noch in den verknallt - muss ja nur mal in mein Tagebuch aus Schulzeiten reinschauen. :roll::uups: Ich sollte mir bei Davids Beurteilung einfach sein junges, frisches und

    Alter vor Augen führen. :lol:

    Ich glaub, dieser Karren war schon immer im Dreck versunken, und dort wird er womöglich auch bleiben. Das scheint die Lebensphilosophie der Micawbers zu sein.

    Aber ehrlich! Die scheinen wirklich danach zu leben und damit glücklich zu sein. War es nicht einige Kapitel vorher, als die Familie von Mrs. Micawber ihren Mann aus dem Schuldturm geholt hat, dass die beiden plötzlich total unglücklich über die von der Familie geordneten Verhältnisse waren. :-k

    Ja, das ist ein herrlicher Ausdruck. Genauso fühle ich mich auch, ich hätt's nur nicht so treffend sagen können.

    :totlach: Der Ausdruck trifft es wirklich. :applause:

    Das ist halt der Stil der Zeit, aber ich finde, es geht noch. Jane Austen soll schlimmer sein, habe ich mir sagen lassen.

    Ach nein, so schlimm ist Jane Austen gar nicht. Ich finde sie auch herrlich bissig und zynisch. :applause::pray:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Die haben aber auch ganz miese Arbeitsbedingungen.

    Ja, das mag ja alles sein - aber wenn ich Geld brauche?
    Ich wäre mir für keine Arbeit zu schade.
    Es geht mir um diese Art, sich für etwas zu gut zu sein.
    Da fehlt mir echt das Verständnis.

    das war in meiner Jugend ganz anders.

    Mein Mann war in seiner Jugend auch so einer

    hab mich irgendwie immer in die falschen verguckt


    Erzählt ruhig! Ich sehe schon, das wahre Leben spielt sich nicht zwischen Buchdeckeln ab - und von Euch
    kann man ja noch was lernen!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Noch zum Kapitel 28
    Ich bin mit den Micawbers noch nicht fertig.
    Ich sagte schon mal: sie sind wie Seifenblasen. Viel warme Luft, aber keine Substanz.
    Inzwischen kommen sie mir vor wie die Parodie einer viktorianisch-bürgerlichen Familie. Diese Muster-Familie verfügte über private Einkünfte,
    hatte Zeit + Geld für Bildung und Kultur übrig, und ihr Oberhaupt arbeitete - wenn überhaupt - quasi mit weißen Handschuhen, er schuftete nicht
    körperlich. Dafür gab es die Underdogs.
    Die Micawbers beanspruchen dieses Muster für sich. Mrs Micawber mimt die höhere Tochter, indem sie Balladen singt - leider aber nur blechern, das Imitat
    klappt nicht. Sie verweist auf ihre "Familie" - auch eine Seifenblase. Die Träume vom Haus mit Erker, die Träume von Gastzimmern und dergleichen - sie
    beschwören hier eine bürgerliche Lebensweise, die sie sich aber einfach nicht leisten können.
    Insofern können sie einem leid tun, und man sieht die große Angst vor dem sozialen Abstieg.
    (Dennoch könnte ich sie sch-ü-t-t-e-l-n, und ich werde darüber nachdenken, was es in mir ist, dass sie mich so ärgern.)

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ach nein, so schlimm ist Jane Austen gar nicht. Ich finde sie auch herrlich bissig und zynisch. :applause::pray:

    Ich kenne bisher nur zwei ihrer Romane, würde aber auch sagen, dass Austen eine spitze Zunge hat. Da bleiben eher die Wortgefechte als die Schwärmereien im Gedächtnis :lol: Mir jedenfalls.


    Ganz schlimm schwülstig sind mir dagegen einige deutsche Romantiker in Erinnerung, bei den "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" habe ich im Studium dann gestreikt 8-[ Auch wenn das kein Roman ist.

  • Ab und zu lese ich ja bei Euch noch mit und muss mich mal schnell einklinken :)


    Das ist halt der Stil der Zeit, aber ich finde, es geht noch. Jane Austen soll schlimmer sein, habe ich mir sagen lassen.

    Ja, von mir :loool: Ich finde ihren Schreibstil echt naja :-#


    Ach nein, so schlimm ist Jane Austen gar nicht. Ich finde sie auch herrlich bissig und zynisch.

    Echt ? :shock: Also bissig und zynisch ist bei mir definitiv was Anderes :loool:

    Ich kenne bisher nur zwei ihrer Romane, würde aber auch sagen, dass Austen eine spitze Zunge hat. Da bleiben eher die Wortgefechte als die Schwärmereien im Gedächtnis Mir jedenfalls.

    Wie unterschiedlich das wahrgenommen wird.


    @Sylli
    Du weisst ja, ich bin immer der Verfechter der eigenen Meinungsbildung :wink: Lies doch einfach mal ein Buch von ihr und ich bin gespannt was Du berichten wirst :D


    So, bin schon wieder weg :winken:

  • Wie unterschiedlich das wahrgenommen wird.

    Klar, jeder liest anders. Aber vielleicht hast du auch Pech mit einer Übersetzung gehabt?
    Mir ging das so - ich habe vor Ewigkeiten "Stolz und Vorurteil" gelesen, aus der Bibliothek in eben irgendeiner vorhandenen Ausgabe und war ganz schön enttäuscht; in Erinnerung blieb mir in erster Linie jede Menge anstrengende Plapperei. "Northanger Abbey" habe ich auf Englisch gelesen und erst vor ein paar Jahren, und das wird zwar sicherlich nicht mein ewiges Lieblingsbuch, aber ich konnte doch Austens Schreibkunst genießen, ebenso wie den Humor in vielen Szenen.

  • Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders"

    Oh ja, da verstehe ich Dich :winken: !Den habe ich mir auch nur in Auszügen zur Renaissance-Kunst zu Gemüte geführt
    und dann nie wieder angerührt. Und bin trotzdem groß und stark geworden :wink:

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • und war ganz schön enttäuscht; in Erinnerung blieb mir in erster Linie jede Menge anstrengende Plapperei.

    :thumleft: Besser kann man es nicht ausdrücken, genauso ging es mir auch. Kann schon sein, dass das an den Übersetzungen lag.
    Aber pst. ich habe dafür ein schönes Malbuch aus dem Austen-Universum das mir gefällt :wink:

  • Kann schon sein, dass das an den Übersetzungen lag.

    Könnte ich mir auch vorstellen. ich habe mir gerade "Northanger Abbey" als Hörbuch (Eva Mattes) angehört und
    habe keine Plapperei in Erinnerung, sondern Witz und auch Boshaftigkeit. Und Menschenkenntnis.
    Aber nicht so messerscharf wie unser Dickens!


    Schön, dass Du ab und an hereinschaust!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 29


    Während Steerforth mit seiner Mutter spazeiren geht, nutzt Rosa Dartle die Gelegenheit David auszufragen. Offensichtlich wissen beide Damen nicht was
    Steerforth in letzter Zeit so getrieben hat. Jetzt will Rosa wissen, was Steerforth so treibt und die Art und Weise wie sie David förmlich verhört lässt ahnen,
    dass Rosa ein sehr spezielles Interesse daran hat.

    Zitat

    I don`t ask you to betray your friend . I ask you only to tell me, is it anger, is it hatred, , is it pride, is it restlessness, is it some wild fancy, ist it love,
    what is it, that is leading him.

    Ich denke, dass ihr Hauptinteresse auf den beiden letztgenannten Antrieben liegt. Dickens beschreibt die Szene in der Rosa Harfe spielt und singt sehr gefühlvoll
    und eindringlich. Bezeichnend ist dann die Szene in der Steerforth diesen völlig unpassenden Spruch sagt und sie ihn wegstößt und das Zimmer verlässt.
    Also Leute, ich verspeise meinen Hut, wenn zwischen Rosa und Steerforth nicht eine Verbindung bestanden hat. Wahrscheinlich hat er auf seine übliche Art und
    Weise gehandelt, sie benutzt und als er ihrer müde wurde einfach fallen gelassen. Gut, das ist auch im Bereich der Spekulation, aber klar ist, dass sie Gefühle
    für ihn hat.
    Steerforth gelingt es zwar sie später wieder zu beruhigen, aber es bleibt ein ungutes Gefühl zurück. Nicht zuletzt durch Steerforth Worte.

    Zitat

    She is an edge-tool, and requires great care in dealing with. She is always dangerous.

    Dann eine Szene, die schon ein deutlicher Hinweis auf die Zukunft ist. Die Freundschaft der beiden scheint kein gutes Ende zu finden.

    Zitat

    - Never more, oh God forgive you Steerforth! to touch that passive hand in love and friendship. Never, never more!

    Dickens verschafft dem Leser durch seine Andeutungen und Hinweise, durch den Aufbau von Rätseln und Geheimnissen den Antrieb sich selbst Gedanken über die weiteren
    Ereignisse zu machen, zu rätseln und nicht zuletzt zu spekulieren. Was steckt hinter Rosas Gefühlsausbrüchen? Wie endet die Freundschaft von David und Steerforth und vor
    allem, warum endet sie?
    Mir gefällt diese Erzähltechnik sehr gut, denn sie sorgt auch immer wieder für Überraschungen. So eine Art viktorianischer Cliffhanger............. :wink:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Bin ich halt ein spinnerter Single geblieben

    Besser ein solcher als ein vergrämtes Eheweib (obwohl ich mir das bei Dir auch wieder nicht vorstellen kann) und ein bisserl spinnert sind wir Bücherwürmer ja sowieso, sagt mein lieber Mr. Sylli, aber nur mehr sehr selten. :loool:

    jetzt wird's spannend - erzähl ruhig weiter

    Ist ganz schnell erzählt: mit der Zeit wurden sie alle zu Wachs, formbar nach meinem Willen ... :twisted:

    aber irgendwie ist das auch erschreckend, dass sich in vielen Bereichen irgendwie gar nichts verändert zu haben scheint.

    Vielleicht liegt vieles davon in der Natur des Menschen, evolutionär verankert, meine ich. Mit zu viel Freundlichkeit hätten wir als Art in einer feindlichen Umwelt wohl nicht überlebt. Und davon ist sicher noch so manches in unseren Genen geblieben.

    muss ja nur mal in mein Tagebuch aus Schulzeiten reinschauen.

    Ja, das vergisst man halt so leicht wie man selber war, wenn sich erst die Jahre mehren ...

    Die scheinen wirklich danach zu leben und damit glücklich zu sein.

    Kommt mir auch so vor. Irgendwie kommen sie durch und fühlen sich als verkannte Genies und Opfer der Gesellschaft.

    so schlimm ist Jane Austen gar nicht. Ich finde sie auch herrlich bissig und zynisch.

    dass Austen eine spitze Zunge hat. Da bleiben eher die Wortgefechte als die Schwärmereien im Gedächtnis

    Das tröstet mich einstweilen, weil sie zuhauf in meinen Regalen steht, die liebe Jane.

    ich bin immer der Verfechter der eigenen Meinungsbildung Lies doch einfach mal ein Buch von ihr und ich bin gespannt was Du berichten wirst

    Mach ich unbedingt, an Material mangelt es ja nicht. :)

    Es geht mir um diese Art, sich für etwas zu gut zu sein.
    Da fehlt mir echt das Verständnis.

    Ja, mir auch.
    Meine Freundin ist ebenfalls Radiologietechnologin, hat aber in ihrer Nähe keine Arbeit gefunden. Mit zwei ganz kleinen Kindern konnte sie nicht pendeln, also nahm sie die Arbeit bei McDonald's an. Seither beklage ich mich nie mehr über meinen Arbeitgeber, der einfach der beste im Lande ist.

    ... von Euch
    kann man ja noch was lernen!

    Und wie war das bei Dir? Große Liebe auf den ersten Blick, viele große und kleine Lieben oder spinnerter Single wie unsere liebe @Squirrel?

    Inzwischen kommen sie mir vor wie die Parodie einer viktorianisch-bürgerlichen Familie.

    Aber die stelle ich mir auch wieder anders vor. Solche Familien haben doch meist Vermögen, das ein Leben als Privatier ermöglicht (im 19. Jahrhundert ging das ja noch).
    Die Micawbers dürften eines solchen Hintergrunds entbehren. Mir ist aber immer noch nicht klar geworden, wovon die eigentlich leben.

    und ich werde darüber nachdenken, was es in mir ist, dass sie mich so ärgern.)

    Vielleicht ärgert Dich, dass sie, auch ohne sich groß anzustrengen, ganz gut leben.
    Mich ärgert das nämlich auch, aber in der Gegenwart, bei Leuten, die alle Schlupflöcher bei den Ämtern kennen, vom Staat alles rausholen was nur geht, ohne selber einen Finger krumm zu machen. Und nicht mal ein schlechtes Gewissen bei dieser Lebensplanung haben.
    Ein Beispiel dafür ist die Freundin meines Stiefsohnes: das Mägdlein hat es im zarten Alter von 23 Jahren noch immer zu keiner Ausbildung gebracht, und erzählt auch noch ganz frech, dass sie immer alles abgebrochen habe, weil ihr nichts Spaß gemacht hat - so was aber auch.
    Danach fiel ihr nur noch ein, sich mit 19 Jahren ein Kind anzuschaffen, damit sie weiterhin einen Grund hat, um bequem daheim zu hocken und die Mindestsicherung zu kassieren. Zumindest ist das ihr Argument, ich hab ein Kind - ich kann nichts tun.
    Meine Theorie lautet da aber ganz gegenteilig, nämlich, ich hab ein Kind, muss mich also besonders anstrengen, dass ich ihm ein gutes Leben ermöglichen kann, aber nicht auf Kosten der Allgemeinheit.
    Na, der guten Frau hab ich aber heimgeleuchtet, die kommt mir nicht mehr über die Schwelle. :evil:
    Vielleicht sind sich unsere beiden Ärgernisse (Deines über die Micawbers, meines über diese "Lebenskünstlerin") im Grunde doch ziemlich ähnlich.

    dagegen einige deutsche Romantiker in Erinnerung, bei den "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" habe ich im Studium dann gestreikt

    Den habe ich mir auch nur in Auszügen zur Renaissance-Kunst zu Gemüte geführt

    Oje, das klingt nicht gut, aber vielleicht ist er in kleinen Dosen doch genießbar, der kunstliebende Klosterbruder.


    So, bin schon wieder weg

    Kannst ruhig da bleiben. Ich freu mich über Deine Gesellschaft ... :friends:

    Klar, jeder liest anders.

    Ja, jeder setzt andere Schwerpunkte. Ebenso kommt es aber auch auf die Stimmung und die Konzentrationsfähigkeit an. Wenn es irgendwo und irgendwie gerade nicht passt, kann einem ein Buch, das man zu einem anderen Zeitpunkt gerne und mit Gewinn gelesen hätte, ziemlich vermiest werden.

    ich habe dafür ein schönes Malbuch aus dem Austen-Universum das mir gefällt

    Ja, sehr schön und auch ein schöner Begriff: "Austen-Universum". :)

    Schön, dass Du ab und an hereinschaust!

    Finde ich auch, mach das ruhig öfter und misch Dich bei uns ein. :D

  • die Art und Weise wie sie David förmlich verhört lässt ahnen,
    dass Rosa ein sehr spezielles Interesse daran hat.

    Ja, sehr seltsam, wie sich die gute Rosa benimmt, fast sarkastisch, und Mrs. Steerforth bezeichnet sie sogar als verbittert. Das lädt natürlich zum Nachdenken ein ... :-k

    Also Leute, ich verspeise meinen Hut, wenn zwischen Rosa und Steerforth nicht eine Verbindung bestanden hat.

    :totlach: ... da schließe ich mich gerne an. Irgendein düsteres Geheimnis birgt die gute Seele wohl in ihrem Busen.

    Die Freundschaft der beiden scheint kein gutes Ende zu finden.

    Das ist jetzt ziemlich eindeutig. Und die Gedanken bewegen sich automatisch in Richtung der armen Em'ly ...

    Mir gefällt diese Erzähltechnik sehr gut, denn sie sorgt auch immer wieder für Überraschungen. So eine Art viktorianischer Cliffhanger.............

    Ja, ganz prima kann er das, unser verehrter Charles. :pray:

  • ber die stelle ich mir auch wieder anders vor. Solche Familien haben doch meist Vermögen, das ein Leben als Privatier ermöglicht (im 19. Jahrhundert ging das ja noch).
    Die Micawbers dürften eines solchen Hintergrunds entbehren. Mir ist aber immer noch nicht klar geworden, wovon die eigentlich leben.

    ... und drum meinte ich ja: das ist eine Parodie auf diese bürgerliche Lebensform.
    Wovon sie leben? Na, von anderen Leuten und deren Gutmütigkeit. Und das auch noch unverblümt und mit großem Anspruch.

    Vielleicht sind sich unsere beiden Ärgernisse (Deines über die Micawbers, meines über diese "Lebenskünstlerin") im Grunde doch ziemlich ähnlich.


    Ich kenne Dein Schwiegermädchen ja nicht - aber mit 19 Jahren ein Kind zu bekommen, das ist nicht der einfache Weg, meine ich.
    Und ich wusste mit 23 Jahren auch noch nicht richtig, was ich will; ich habe mal so vor mich hin studiert.
    Ärgere Dich mal nicht, manche Lebensentwürfe sind so ganz anders als unsere!


    Kapitel 29

    Also Leute, ich verspeise meinen Hut, wenn zwischen Rosa und Steerforth nicht eine Verbindung bestanden hat.

    Danke, dass Du weitermachst!
    Der Eklat zwischen Steerforth und Miss Dartle ist merkwürdig, und in einem der Folgekapitel
    wird ihr Verhalten nochmals merkwürdig, auch in Bezug auf Steerforth.
    Welche Verbindung soll denn bestanden haben? Schließlich lebt sie ja bei seiner Mutter, ist ihm also ständig nahe? Überhaupt wird sie
    immer rätselhafter; ihre stechend schwarzen Augen, der "hungrige Glanz" darin, sie wird verschlossener - eine merkwürdige Person.


    Dickens Erzähltechnik mit den vielen schnell auftretenden Figuren, seinem Spannungsaufbau etc. liegt wohl darin begründet, dass der Roman
    zunächst in Fortsetzungen erschien, @Kiya oder @Studentine haben darauf hingewiesen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • das ist eine Parodie auf diese bürgerliche Lebensform.

    Aber es gab ja auch solche Bürger, die sich Vermögen erwarben, von dessen Zinsen sogar die Erben noch gut lebten. Mir scheint, Charles Darwin gehörte zu jenen Glücklichen, die immer ihrer Neigung nachgehen konnten und nicht an den Broterwerb denken mussten.

    aber mit 19 Jahren ein Kind zu bekommen, das ist nicht der einfache Weg, meine ich.

    Mehr als 50 Jahre nach Erfindung der Pille müsste dieser Weg ja freiwillig nicht beschritten werden.

    Und ich wusste mit 23 Jahren auch noch nicht richtig, was ich will; ich habe mal so vor mich hin studiert.

    Was macht eine 15-jährige, die nicht weiter zur Schule gehen möchte? Sehr richtig, sie erlernt einen Beruf. Das kann ja selbst für wenig Hellsichtige keine sooo große Überraschung sein.
    Und bis 19 sollte man auch imstande sein, sich für einen Lehrberuf entschieden und diesen zu einem Abschluss gebracht zu haben.

    Ärgere Dich mal nicht, manche Lebensentwürfe sind so ganz anders als unsere!

    Wenn Du mich fragst, hat sie keinen Entwurf. Vielleicht den, sich zeitlebens von irgendwelchen dämlich-gutmütigen Männern aushalten zu lassen. Zur Zeit ist das gerade mein Stiefsohn ... :wuetend:

    ihre stechend schwarzen Augen, der "hungrige Glanz" darin

    Vielleicht ist die Rosa ja einmal ganz verrückt gewesen nach dem James - oder ist es immer noch.

  • Kapitel 27 habe ich heute gelesen - mal schauen, ob ich noch mit dem nächsten Kapitel beginne. Ihr seid ja alle schon damit fertig :uups:

    Kapitel 27


    ist ja eher kurz, und wir begegnen dem lieben Traddles wieder. Er ist bemitleidenswert, finde ich.

    Ich habe mich auch über Traddles gefreut. Er dürfte als fleißiger und treuer junger Mann auch für die zeitgenössischen Leser ein Sympathieträger gewesen sein. Und ich empfinde ihn gar nicht als so bemitleidenswert - er hatte keinen leichten Start, aber es scheint ihm doch langsam, aber stetig zu gelingen, sich einen Platz in der Welt zu erobern. Immerhin hat er es schon fast bis zur Advokatur gebracht :)

    Aber pst. ich habe dafür ein schönes Malbuch aus dem Austen-Universum das mir gefällt :wink:

    *pst* Ich hab auch eins (oder, etwas weiter ausgelegt, sogar zwei :-, )