Klappentext:
Berlin zu unserer Zeit. Paul Schneider ist ein junger erfolgreicher Lobbyist des Gesundheitskonzerns UMC. Bedingungslos ordnet er sein ganzes Leben der Vision unter, zusammen mit seinem Chef Norman Bruckheimer die Gesundheitspolitik des Landes zu revolutionieren. Die Politik wird zu seinem Spielball. Gnadenlos spinnt er Intrigen, vernichtet Karrieren und kürt Kanzler. Sein Plan ist perfekt. Doch plötzlich wird das Land von einem geheimnisvollen Virus heimgesucht. Die Menschen stehen am Abgrund. Das Volk ist zerrissen. Berlin verfällt dem Chaos. Plötzlich wird Paul selber zum Gejagten. Hat er sich das erste Mal in seinem Leben geirrt?
In einem atemberaubenden Tempo beschreibt Kai Lüdders ein Gesellschaftsdrama vollter Lügen und persönlicher Schicksale.
Eigene Beurteilung:
Nur das weder die Lügen noch die persönlichen Schicksale wirklich überzeugen können. Kei-ner der Charaktere wird wirklich so gezeichnet, dass man ihn wirklich als eigenständig wahr-nimmt und erst recht nicht mit einem von ihnen klar mitfühlt - obwohl ihnen zum Teil sehr dramatische Dinge geschehen.
Pauls Vision einer Gesellschaft, in der alles dem Primat der Gesundheitserhaltung und -vorsorge unterworfen wird, ist nicht neu - und wurde eigentlich schon immer als dystopisch dargestellt, wie etwa in "Martha Washington" oder in "Köln 2068." Ein unter die Haut implantierter Kontrollchip, wie in diesem Roman entspricht dabei "Köln 2068"s Zwangjang.
Die Idee, dass zwei Individuen aus vergleichsweise zweifelhafter Motivation ein Land mit über 80 Millionen Einwohnern, einer föderalen Struktur und engen Verbindungen und sehr etablierten Einbettungen in internationale Systeme in der beschriebenen Form kontrollieren könnten ist aus mehrerlei Hinsicht absurd. Wo bleiben das Internationale Rote Kreuz, der Rote Halbmond, Ärzte ohne Grenzen, die WHO und andere Organisationen, als in Deutschland - einem Land mit mehreren, durch das Schengen-Abkommen sehr offenen - Grenzen etliche Millionen Menschen an einem mutierten Zweig des Lassa-Fiebers erkranken? Und wieso hört man bei der rapiden Ausbreitungsgeschwindigkeit nichts von Erkrankungen in den Nachbar-ländern - denn eine schlagartige Abschottung aller Grenzen ist nicht realistisch nachvollziehbar. All diese Prämissen sind schon sehr fragwürdig.
Wenn dann auch noch mal eben in einem Nebensatz quasi etwa auf Seite 200 postuliert wird, dass durch einen Parlamentsbeschluss der deutsche Kanzler auf einmal etwas hat, das den "executive powers" des amerikanischen Präsidenten entspricht und das bei ihrer Einführung in Russland und der Türkei für sehr viel Diskussion, Unruhen und internationale Proteste geführt hat, dann ist das schon ein ziemlicher Hammer. Besonders, wenn man die föderale Struktur mit den unterschiedlichen Landesverfassungen bedenkt - und dem klaren Interesse vieler an-derer Politiker (und auch der Lobbyisten) nicht allzu viel Macht in einer Hand zu konzentrieren.
Neben diesen Logikproblemen fällt dann noch ein sehr mangelhaftes Lektorat auf. Kontinui-tätsprobleme wurden nicht behoben, Sätze sind unvollständig, haben teils Phrasendopplungen und es gibt sehr oft irritierende Wortwahlfehler. Und obwohl oft versucht wird eine personale Erzählsituation zu erzeugen, scheinen sich die narrativen Stimmen von Person zu Person nicht wirklich zu unterscheiden. Ein Buch, das man nicht gelesen haben muss.