Beiträge von Sternenstauner

    Hallo,


    auch ich durfte das Buch vorab lesen und möchte euch meine Meinung nicht vorenthalten. Leider wurden meine Erwartungen allerdings etwas enttäuscht.


    Rezension
    Die Geschichte von Firmin, tragischer Held des Romans, beginnt im Keller einer Bostoner Buchhandlung. Als Schwächster des Wurfes kommt er bei der Nahrungsaufnahme stets zu kurz und entgeht dem Hungertod nur knapp, indem er beginnt, die Bücher in den Regalen anzuknabbern und Papier zu fressen. Bald jedoch entdeckt er, dass Bücher auch geistige Nahrung sind und liest sich durch die gesamte Weltliteratur…


    Für Menschen, die gerne und viel lesen, dürften allein schon das Setting in der Buchhandlung und die vielen Anspielungen auf bekannte Romane Anreiz sein, dieses Buch zu kaufen. Hinzu kommt die originelle Idee, eine Ratte ihre Lebensgeschichte erzählen zu lassen. Firmin ist aber nicht nur eine - im wahrsten Sinne des Wortes - Leseratte. Das gewitzte Kerlchen betrachtet sich selbst als „äußerst zynisches, einigermaßen niederträchtiges und melancholisches Genie“. Schon früh wird deutlich, dass er sich von seinen Artgenossen abhebt und später auch bewusst distanziert. Weil sein eigenes Leben ihm naturgegeben nicht viel bietet, flüchtet er sich immer mehr in die Welt der Literatur, verliert sich in Tagträumen und unternimmt verzweifelte Versuche, Kontakt zu Menschen aufzunehmen, denen er sich aber tragischerweise einfach nicht verständlich machen kann.


    Aufgrund des flüssigen, selbstironischen Schreibstils lässt sich das Buch angenehm und zügig lesen und obwohl die Erzählung zu Beginn nicht gerade stringent ist und Firmin einige kleinere Exkurse unternimmt, hat man sich schnell in die Geschichte eingefunden.
    Leider ist das Buch jedoch sehr handlungsarm. Die wenigen Wendungen sind voraussehbar und auch das Ende vermag kaum zu überraschen. Auch philosophische und gesellschaftskritische Ansätze bleiben leider nur sehr oberflächlich, sodass das Buch insgesamt – nicht nur vom Umfang her- reichlich dünn wirkt.
    Außerdem fand ich sehr schade, dass Firmin sich weniger aus Liebe den Büchern zuwendet, sondern vielmehr aus der Not heraus. Sein Schicksal ist zwar sehr traurig, hat mich aber nur selten wirklich berühren können.


    Dafür ist die Aufmachung des Romans sehr gelungen. Der Schutzumschlag wirkt alt und rissig, die Seiten sind etwas dunkler als gewohnt und der Seitenschnitt ist dank Rough Cuts ungleichmäßig gefasst, sodass es beinahe so aussieht, als hätte Firmin
    daran geknabbert.


    FAZIT: Leider können die ausgefallene Idee und die niveauvolle Sprache das Fehlen einer ordentlichen Spannungskurve nicht völlig ausgleichen, sodass ich insgesamt eher enttäuscht bin.