Beiträge von FreakLikeMe

    Ich habe mich wieder weitgehend abgeregt ...

    Ich verstehe es immer noch nicht, und es tut mir auch nicht leid, das nicht zu verstehen. Wollen die Leute hier einen Neuanfang oder nicht? Wollen sie sich hier irgendwann integrieren oder nicht? Gehört zur Integration die bewusste Wahrnehmung der anderen, die diese Gesellschaft bisher konstituieren, mitsamt deren Gepflogenheiten und Sitten und der Beachtung der hier gültigen Gesetze dann nicht eindeutig dazu? Oder wollen sie sich lieber noch monate- und jahrelang bedauern und alles schlecht finden und immer nur darauf achten, dass andere mehr haben als sie selbst?

    Selbstverständlich ist Integration keine einseitige Sache, dazu gehört auch die Bereitschaft und der Wille, sich eingliedern zu wollen, ein Teil dieser Gesellschaft sein zu wollen.
    Aber auch nach Jahren hier fällt es mir noch schwer, einige in dieser Gesellschaft vorhandenen Sorgen und Nöte nachzuvollziehen, da sie für mich, aus meiner ganz subjektiven Erfahrung heraus, keine existenzielle Not darstellen.


    Was die Forderungen nach Sprachkursen, Arbeit, Wohnung, usw. angeht:
    Die wichtigsten Bausteine für Integration sind nun mal Sprache und Arbeit. Und im besten Falle auch Wohnraum, der so verteilt ist, dass keine Banlieues-mäßige Viertel entstehen - wobei es ähnliches ja auch in Deutschland schon gibt, da muss man nichts beschönigen. Mit dem letzten Punkt sind wir aber wirklich beim Wunschkonzert.
    Wenn sich aber Flüchtlinge hier integrieren und Teil dieser Gesellschaft werden sollen, führt für mich kein Weg an verpflichtenden (!) Sprachkursen vorbei. Und das möglichst schnell, nicht erst nach Monaten. Natürlich müssen diese Angebote dann auch wahrgenommen werden, diese Bereitschaft/ Selbstverpflichtung erwarte ich auch von jedem, der hier Hilfe in Anspruch nehmen möchte.



    Von den Medienvertretern erwarte ich allerdings ein differenzierteres und objektiveres Bild, das ich in weiten Bereichen leider vermisse. [...]
    Auch in der Politik (dort sogar noch viel mehr) kann ich fast nur Schwarz/Weiß Malerei erkennen, anstatt die Probleme konstruktiv, überparteilich und zielorientiert anzugehen. Damit tut man letztlich der Sache keinen Gefallen und spielt oben genanntem rechten Gesocks in die Karten.

    Ja, zu beiden Punkten.
    Ich denke immer noch mit Schrecken daran, wie die "Öffentlichkeitsarbeit" (oder wie man das nennen will) nach Silvester in Köln gelaufen ist. Wie dieses Herumlavieren und Verschweigen wollen ein ohnehin schon unfassbar schlimmes Ereignis noch schlimmer gemacht haben. Wenn Menschen spätestens nach diesem Ereignis kein Vertrauen in die Presse, in die Entscheidungsträger bei Polizei und Justiz und in die Politik mehr haben, kann ich das durchaus verstehen.

    Nein, ich entschuldige das nicht. Warum schließt Du Dein "ich glaube, Du hast keine Ahnung ..." mit so einem verkniffenen "Also bitte!"?!

    Nein, dein Leben geht mich nichts an, und ja, ich kann nur mutmaßen - ausgehend von der Erwartung, dass Flüchtlinge - Kriegsflüchtlinge, vielfach, wenn auch nicht ausschließlich - sich für die Sorgen und Nöte der "einfachen deutschen Bürger" interessieren.
    Klar, die eigenen Probleme sind immer die schlimmsten, für alle.
    Aber hier stehen die Sorgen, Probleme und Erlebnisse in keinerlei Verhältnis zueinander (meistens, in den jüngeren Generationen zumindest). Daher mein "verkniffenes" - tatsächlich angesichts so einer Forderung ziemlich schockiertes - "Also bitte!"

    @Marie hat es besser ausgedrückt. Für mich ist das Thema vermutlich zu emotional belastet, als dass ich darüber tatsächlich sinnvoll im Internet diskutieren könnte, da ich selbst - vor Jahren, als die Situation zugebenermaßen noch eine andere war - auf diese Weise in dieses Land gekommen bin. Dass ich in Deutschland hängengeblieben bin, habe ich mir dabei nicht ausgesucht. Das konnte ich nicht mal wirklich beeinflussen.


    Aber ich arbeite hier. Ich zahle meine Steuern, ich leiste meinen Beitrag zum deutschen Sozialsystem.
    Das kann ich machen, weil der deutsche Staat in meinen Deutschunterricht, in meine Ausbildung, in meine Integration investiert hat. Dafür bin ich auch dankbar. Die Leiden der deutschen Kassiererin sind mir aber immer noch relativ gleichgültig.


    Natürlich verstehe ich die Ängste und Sorgen angesichts der schieren Masse von Menschen, die zurzeit hier stranden. Das macht mir auch Sorgen. Ich hab keine Ahnung, wie genau die Herausforderung, all diese Menschen zu integrieren, zu stemmen ist. Ich hab keine Ahnung, ob sie zu stemmen ist. Ich hab keine Ahnung, ich hab keine Antworten und ich fühle mich hilflos.
    Aber was gibt es denn für eine Alternative? Grenzen dicht macht, drei Affen spielen, blind, taub, stumm, Deutschland über alles, egal was im Rest der Welt passiert, Hauptsache, uns geht es gut? Selbstverständlich kann man das so machen. Wird nur in einer globalisierten Welt nicht auf Dauer funktionieren.

    Verlange ich zuviel?

    Du hast gefragt. Wer fragt, muss mit Antworten rechnen: Ja. Ja, du verlangst zu viel.
    Wer gerade alles verloren hat, alles, was Heimat ausmacht, alles, was die eigene Identität ausmacht, der macht sich über die sogenannten einfachen Leute in einem so verdammt reichen Land wie Deutschland keine Gedanken. Entschuldige, wenn ich mutmaße, aber ich glaube, du hast keine Ahnung, was es heißt, wirklich alles zurücklassen zu müssen, um sein Leben zu fürchten, und dann hier in Baracken zu hausen. Dann sollst du dir Gedanken über die Kassiererin in 'nem deutschen Supermarkt machen? Also bitte!


    Sorry, das soll kein persönlicher Angriff sein. Aber ich bin es langsam leid, zu solchen Themen die Klappe zu halten und mir immer nur die Wohlstandsmeinung von Leuten anzuhören, die keinen blassen Schimmer haben, was Heimats- und Identitätsverlust eigentlich bedeutet.

    Mein Hauptberuf ist derart theoretisch, dass niemand darüber Romane schreibt (was nicht ganz stimmt, aber selbst, wenn Autoren das Thema aufgreifen, kommt der Beruf nicht drin vor). Ich habe mir daher von Amazon helfen lassen und dieses ganz interessant klingende Buch gefunden, was auch gleich auf meiner Wunschliste gelandet ist. Der Protagonist und ich haben zwar nicht dasselbe Fachgebiet, aber es kommt nahe.

    Momentan: Wie wär's auf dem Mars? :roll:
    Die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland macht mir derzeit zu viel Angst, als dass ich guten Gewissens sagen könnte, ich lebe gerne hier. Von der Nationalstaaterei unserer lieben Nachbarländer will ich gar nicht erst reden. Alles außerhalb Europas ist auch nicht gerade eine wünschenswerte Alternative. Außer vielleicht Tokio... :-k aber ich glaube, das wäre mir zu groß.

    Ich schaffe mein aktuelles Buch diesen Monat auch nicht mehr. Der Februar war gut, bis auf einen Totalausfall.


    Samuel R. DelanyDark Reflections (Dunkle Reflexionen) - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    In gewissem Sinne ist dieses Buch die Antithese zu Hogg, das ich letzten Monat gelesen habe: Ein sehr ruhiges, zurückgenommenes, intimes Buch über einen alternden schwarzen Dichter in New York, über verpasste Gelegenheiten und die Angst, das Leben wirklich zu leben.


    C.S. Pacat - Captive Prince #3: Kings Rising - abgebrochen
    Das war wohl nix. Es ist schwer, eine Geschichte mit vielen Wendungen zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Pacat gelingt es leider nicht. Wo zuvor Planung und Kalkül die Story vorantrieben, sind es jetzt Zufall und Glück, die Protagonisten verhalten sich außerdem out of character. Ich war zu enttäuscht, um weiterzulesen.


    Samuel R. DelanyTales from Nevèryon – Return to Nevèryon #1 (Geschichten aus Nimmerya) - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: - :pray:
    Tja, wenn es schon ein Fantasy-Slave-fic mit Männerliebe sein soll, das versucht, subversiv mit Genre-Klischees umzugehen, dann nehme ich doch lieber einen Klassiker. Und falls sich jemals jemand gefragt hat, ob Flummies unheimlich sein können: Ja! Ernsthaft: Post-moderne Fantasy, die Verbindung von Pulp und philosophisch-semiotischen Überlegungen ist manchmal etwas plump und wenig subtil – aber das Drumherum ist so gut, dass mir das irgendwann sch**ßegal war. Das war genau das, was ich jetzt lesen wollte, lesen musste!


    Amy Rae DurresonA Frost of Cares - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Eigentlich hätte diese kleine Novelle besser in den verschneiten Januar als zu einem sonnigen Februar-Wochenende gepasst. Aber Durreson findet eine so ausgewogene Balance zwischen (sehr britischer) Geister- und Liebesgeschichte, zwischen tragischen und lichten Momenten, dass ihre Story das ganze Jahr über Spaß macht.


    Scott Lynch - Red Seas under Red Skies (Sturm über roten Wassern) - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Piraten! Casino-Raubzüge! Piraten! Niedliche kleine Katzen! Und Piraten! (Erwähnte ich eigentlich schon Piraten?) Der zweite Teil der Gentleman Bastard Serie ist abermals ein unterhaltsames Abenteuer mit großartigen Charakteren, wenn auch etwas zu konstruiert und melodramatisch.


    Arshad Asnahuddin - Azimuth. Part 2 of the Interscission-Project - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Komplexer Mix aus Space Opera, Zeitreisegeschichte und Romance, bei dem es fast anstrengender ist, die verschiedenen Beziehungsgeschichten zu entwirren, als die unterschiedlichen Zeitebenen zu verfolgen.


    Kai Ashante Wilson - The Sorcerer of the Wildeeps - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Oh Captain, mein Captain. Interessante, aber letztlich zu sehr um stilistische Außergewöhnlichkeit bemühte Sword & Sorcery-Story über Halbgötter, die als Söldner eine Handelskarawane durch gefährliches Gebiet begleiten.


    Kai Ashante Wilson - The Devil in America - :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Für den Nebula Award nominierte Kurzgeschichte. Ich fand sie strukturell interessant und ich denke, ich verstehe, was der Autor wollte: den Kulturverlust zeigen, der folgt, wenn Menschen ihrer Heimat, ihrer Freiheit und ihrer Identität beraubt werden. Für meinen Geschmack ist die Verbindung von magischem Realismus und „deal with the Devil“-Geschichte aber nicht ganz gelungen.

    Und was Neues von Thea Dorn.


    Was Neues von Nick Cave, in zweisprachiger Ausgabe.



    Zitat von Amazon

    Auf Spucktüten notierte Nick Cave erste Ideen zu diesem außergewöhnlichen Poem, während er mit seiner Band The Bad Seeds auf Konzerttournee kreuz und quer durch Nordamerika flog. In seinem mitreißenden Song schreibt er in starken Metaphern von archaischer Schönheit über das Dasein als Künstler, über Begegnungen mit anderen Künstlern, über Kreativität, Angst, Verlust, Tod und Liebe.

    Der neue Glavinic.
    Und die Kritik im LiteraturSpiegel klingt so gut, dass ich das Buch am liebsten gleich lesen würde. Erscheint aber erst am 10.03. Und ist mir als Hardcover auch zu teuer.
    (Nur: Warum immer die Tarantino-Vergleiche? Warum?)


    Zitat von Amazon


    Die Summe eines Jahres, der Querschnitt eines Lebens, das Abenteuer der Liebe.
    Ein Jahr im Leben eines Wiener Schriftstellers, zwischen Drogen, Alkohol und Frauen. Ein Abenteuer, das Jonas und seine große Liebe Marie bis zum Südpol führen soll. Und ein dreizehnjähriger Junge, der leidenschaftlich Schach spielt, um seinem Alltag zu entfliehen. Dazu Nebenfiguren wie aus einem Tarantino-Film: Ein Anwalt der Hells Angels, ein WingTsun-Großmeister und eine Mörderin, die die Leichen ihrer Liebhaber mit einer Kettensäge zerlegt. Die wirkliche Welt trifft auf die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Und Thomas Glavinic gelingt das große Kunststück, all das in einen mitreißenden Roman über die entscheidenden Fragen zu verwandeln: Wer will ich sein? Und habe ich den Mut, die richtigen Entscheidungen dafür zu treffen?

    Um ehrlich zu sein, empfinde ich das hier gerade schon als starkes Stück ... Ich spreche auch Hochdeutsch, würde mich aber nie über einen Dialekt lustig machen oder Ähnliches ... Diese Aussage ist eine ziemlich harte Unterstellung, über die ich persönlich, ehrlich gesagt, nur den Kopf schütteln kann. :-s
    Übrigens ist Dialekt für mich immer noch etwas anderes, als wenn jemand aus Desinteresse, Bequemlichkeit oder sonst irgendeinem Grund die deutsche Sprache verschandelt, weil eben auf Rechtschreibung und Co. nichts gegeben wird. Das finde ich dann schon daneben, und das hat in meinen Augen auch überhaupt nichts mit Toleranz zu tun. Wenn jemand aber Dialekt spricht, weil er aus einer Gegend kommt, in der es üblich ist, in einer bestimmten Art zu reden - wer bin ich, ihm zu sagen, wie er zu sprechen hat oder gar, was "richtig" ist und was nicht? Allerdings wäre mir sowas hier im Forum auch noch nie aufgefallen, ich lasse mich aber auch eines Besseren belehren, wenn es anders ist.


    Die Sprache ist etwas, das immer im Wandel sein wird, nie gleich bleibt und das ist gut so. Trotzdem darf man doch erwarten, dass Texte so geschrieben werden, dass man sie versteht, oder etwa nicht?


    Mensch, eigentlich wollte ich gar nichts dazu schreiben, aber egal. Es wird mein erster und letzter Post zu diesem Thema sein. :)

    Danke Missy1988 :)
    Du hast meine Gedanken zu den angesprochenen Punkten gut zusammengefasst.


    Ich möchte dazu auch nicht viel schreiben, sonst rege ich mich morgen noch auf.
    Nur so viel: Ich spreche selbst Dialekt, bin noch dazu keine Muttersprachlerin, mein Deutsch ist manchmal etwas unbeholfen, das weiß ich. Dennoch hab ich es nie erlebt, dass ich hier im Forum belächelt oder gar angegangen worden bin.
    Ich erwarte aber von allen, mit denen ich schriftlich kommuniziere, dass sie sich zumindest die Mühe machen, verständlich (und das heißt in den meisten Fällen eben auch: fehlerfrei, so fehlerfrei wie möglich) zu schreiben. Die Mühe mache ich mir täglich, diesen Respekt erwarte ich auch von anderen!

    Demane ist ein Halbgott. Eigentlich ein Heiler, hat er sich mit einer Handvoll anderer Söldner auf den Weg gemacht, um eine Handelskarawane zu beschützen. Und Schutz braucht die Karawane dringend, müssen sie doch die mysteriösen Wildeeps durchqueren und dürfen dabei keinesfalls vom Weg abkommen. Leiter der Söldner ist der charismatische Captain, ebenfalls ein Halbgott, der nicht sprechen, sondern nur singen kann und dessen Haare das Sonnenlicht trinken. In den Wildeeps lauert derweil ein gefährlicher Gegner...


    Kai Ashante Wilsons The Sorcerer of the Wildeeps steht in einer langen Tradition von Geschichten, die zeigen, dass Sword & Sorcery mehr mit Science Fiction zu tun hat als mit Fantasy. Oder wie es Arthur C. Clarke sagte: „Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“
    Es passiert nicht viel in dieser Geschichte: Die meiste Zeit verbringen Demane und seine „Brüder“ (die anderen Söldner) in einer Oase, bevor sie sich auf ihren gefährlichen Treck machen. Im letzten Kapitel passiert dann sehr viel auf einmal – und Wilson hat keine Angst davor, den Leser zum Schluss reichlich frustriert zurückzulassen. Ebenso wenig Angst hat er davor, Erwartungen zu enttäuschen. Mehr zu verraten, wäre gespoilert.


    Die große Stärke des Autors liegt ohne Zweifel im Kreieren von Atmosphäre: Er zeigt einen greifbaren, eindringlichen Ausschnitt aus seiner Welt und bringt den Lesern die Charaktere sehr nahe. Die Charakterisierung von Demane gelingt für meine Begriffe ausgezeichnet, auch die anderen „Brüder“ werden mit wenigen Sätzen zum Leben erweckt. Captain, den Captain, Captain Isa, sehen wir nur durch Demanes Augen; er bleibt ein wenig ein Mysterium, fast eine Märchengestalt (aber sind sie das nicht immer, die Menschen, die wir lieben?)


    Das Ungewöhnlichste, aber auch das Frustrierendste an dieser Novella (oder diesem kurzen Roman, es sind knapp 200 Seiten) ist die Sprache. Wilson verbindet altertümlich anmutendes Englisch mit modernem Slang und (pseudo-)wissenschaftlicher Fachsprache, die für die Personen dieser Fantasy-Welt wie magische Formeln klingt. Der komplexe Satzbau erfordert viel Konzentration und so manches bleibt obskur.
    Es gibt äußerst brillante Momente hier. Die Stellen, an denen Demanes Gefühle für seinen Captain zum Ausdruck kommen, gehen tief – da sie so echt sind, so unglaublich da. Allerdings stehen Stil und Sprache der Geschichte auch oft im Weg. Wilson will viel und versucht, seine kleine Geschichte zu mehr zu machen, als sie ist. Das ist schade; weniger – weniger stilistische Spielerei, weniger pompöse Prosa, weniger Wörter - wäre hier wirklich mehr gewesen. Andererseits: Irgendjemand muss es ja mal spielerisch, pompös, verschwenderisch versuchen, oder? Selbst wenn's schiefgeht.


    Da ist auch noch etwas anderes, das mich gestört hat:
    Ich vertrete ja die These, dass gute Autoren vor allem drei Dinge brauchen: Begeisterung, Rhythmus, Furchtlosigkeit. Begeisterung für ihre Sache, den richtigen sprachlichen Rhythmus, um ihre Geschichte zu erzählen, und ausreichend Furchtlosigkeit, um niemandem gefallen zu wollen. Rhythmus bringt Wilson ohne Zweifel mit. Furchtlos ist er in gewissem Sinne auch, wie oben beschrieben. Und doch scheint er sich noch an einer Art Rettungsleine entlangzuhangeln, an Ratschlägen, die ihm andere gegeben haben (ich kann es zum Teil nachvollziehen, da ich ähnliche Dinge über das Schreiben gelernt habe). Das ist auch gar nicht weiter schlimm, das ist vielleicht das Beste, was noch am Anfang stehende Autoren machen können. Ich würde mir nur für Wilson und für seine Leser wünschen, dass er diese Rettungsleine irgendwann loslassen kann und alleine läuft, mit Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, und noch mehr zu seiner eigenen Stimme findet. So, wie es ist, ging die Begeisterung für mein Empfinden in dem Bemühen verloren, etwas stilistisch Ungewöhnliches zu schaffen.


    Es tut mit ein bisschen leid, hier nur :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne zu geben. Ich jammere hier nämlich auf dem hohen Niveau, das verlangt, dass etwas Ambitioniertes und bereits Gutes noch besser zu machen ist. Es sind gute drei Sterne, drei Sterne die sagen: Es gab hier viel Interessantes, ich beobachte den Autor auf jeden Fall weiter.


    Der Grund, warum ich die Geschichte so mag, wie ich sie mag, ist leider auch der größte Spoiler. Aber irgendwo muss ich damit hin, und wozu gibt es hier schließlich die Spoilerfunktion:


    Und warum werden meine Rezensionen eigentlich immer so verdammt lang?


    Über den Autor
    Über Kai Ashante Wilson gibt es so gut wie nichts Persönliches in Erfahrung zu bringen. Er ist so etwa Anfang 40, lebt in New York. 2010 erhielt er das Octavia Butler Stipendium zur Teilnahme am Clarion Creative Writing Workshop für SciFi und Fantasy-Autoren, der in den USA wohl recht renommiert ist. Seine Kurzgeschichte The Devil in America war für den Nebula Award nominiert und es gibt sie, genau wie die Kurzgeschichte Super Bass, kostenlos online bei Tor.com zu lesen.
    Und hier gibts ein Interview. (Netter Kerl. Wir haben ähnliche Lieblingsbücher.)