Beiträge von buchregal

    Die Menschen, die regelmäßig ins Schwimmbad unter der Erde kommen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch hier ist es unwichtig, wer sie sind. Wichtig ist, dass sie ihre Sorgen und Probleme hinter sich lassen können. Zu den Schwimmern gehört auch die demente Alice. Doch dann erscheint ein Riss im Becken. Da man die Ursache nicht finden kann, wird das Bad geschlossen. Damit verschlechtert sich auch der Zustand von Alice.


    Die Autorin Julie Otsuka erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven und in sehr verschiedenen Erzählweisen. Ich fand es anstrengend, diese Art des Erzählens zu lesen.


    Das Leben ist nicht berechenbar und es kann vorkommen, dass uns etwas aus der Bahn wirft, das für sich betrachtet kein großes Problem ist. Für Alice bedeutet das, dass ein Stück Verlässlichkeit weggebrochen ist und ihr damit Halt fehlt. Auch in ihrem Zustand entsteht ein Riss und sie muss in ein Pflegeheim ziehen. Alices Tochter hat ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht weiß, ob sie im Kontakt zu ihrer Mutter wirklich alles richtig gemacht hat. Sie versucht zu ergründen, warum ihre Mutter mit der Krankheit geschlagen wurde.


    Das Leben in dem Heim ist strengen Regeln unterworfen. Die Pflegebedürftigen mit ihren individuellen Bedürfnissen können nicht adäquat betreut werden. Es ist deprimierend, das mitzuerleben, aber in Zeiten des Pflegenotstandes wohl nicht ungewöhnlich.


    Es ist eine emotionale und bedrückende Geschichte, die mich aber aufgrund der distanzierten Erzählweise nicht wirklich abgeholt hat.


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    Die neunjährige Frida Nordström nutzt auf dem Nachhauseweg von der Schule eine Abkürzung durch den verschneiten Wald. Dort entdeckt sie die Leiche eines Mannes. Da die Polizei von Östersund personell gerade nicht gut besetzt ist, werden Kriminalinspektorin Maya Topelius und ihr Partner Pär Stenqvist von Stockholm in den Norden geschickt, um den Fall aufzuklären. Bei dem Toten handelt es sich um den bekannten Umweltaktivisten Mats Anderberg. In Östersund ist man nicht besonders erfreut über die Ermittler aus der Hauptstadt. Verdächtige gibt es besonders bei den Forstwirten, aber niemand will reden.


    Dies ist der Auftaktband der dreiteiligen Reihe „Ein Fall für Maya Topelius“. Ich mag die etwas düstere Atmosphäre von Skandinavien-Krimis sehr gerne und auch dieses Buch hat mir gefallen.


    Maya Topelius ist eine gute Polizistin, die bei ihren Fällen aber ihre Emotionen nicht immer unterdrücken kann. Zum Glück hat sie gute Freundinnen. Aber ihre Freundin Sanna hat eigene Probleme.


    Maya ergänzt sich sehr gut mit ihrem Partner Pär Stenqvist. Er hat viel Erfahrung und geht die Ermittlungen abgeklärter an, während Maya schon mal auf eigene Faust recht unkonventionell ermittelt. Der Tote war ein charismatischer Umweltaktivist, der aber auch eine andere Seite hatte. Mit seiner Überzeugung kam er bei den Forstwirten nicht gut an. Doch hat sich einer von denen die Finger schmutzig gemacht?


    Frida lebt mit ihrer Mutter Annika sehr zurückgezogen im Wald. Der Fund des Toten beschäftigt sie sehr, so sehr, dass sie versucht mit ihrer Freundin eigene Nachforschungen anzustellen. Doch das bleibt nicht unbemerkt und dann ist Frida verschwunden.


    Polizeihauptmeister Hilding Elofsson und Sonny Lindberg aus Östersund sind anfangs skeptisch, dass ihnen Stockholmer Kollegen vor die Nase gesetzt werden, doch dann arbeiten sie gut zusammen.


    In diesem Krimi kommt auch einiges Private aus dem Leben von Maya zum Tragen, dennoch ist es ein spannender Roman mit viel skandinavischer Winter-Atmosphäre und sympathischen Ermittlern.


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    Als die Nazis in Deutschland an die Macht kommen, dreht G. W. Pabst gerade in Frankreich. Da an eine Rückkehr nicht zu denken ist, macht er sich auf nach Hollywood, wo er auch eine Chance bekommt. Aber er kann seine Vorstellungen nicht durchsetzen und so wird der Film ein Flop. Damit ist er in dem Filmparadies gescheitert und kann auf keine Hilfe hoffen. Als er ein Telegramm von seiner kranken Mutter erhält, reist er nach Österreich, jetzt Ostmark genannt. Die Machthaber wollen ihn für neue Filme gewinnen. Zunächst lässt er sich auf die Angebote nicht ein, doch dann ist Krieg de und die Grenzen sind geschlossen. So kommt es, dass er sich doch auf die Anfragen einlässt. Für Propagandafilme steht er zwar nicht zur Verfügung, aber für ihn ist wichtig, dass er wieder drehen kann.


    Eingerahmt wird die Geschichte des berühmten Regisseurs G. W. Pabst durch die fiktive Figur des Franz Wilzek, der mit Pabst beim verschollenen Film "Der Fall Molander" zusammengearbeitet hat.


    Erzählt wird diese Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven und so lernte ich Georg Wilhelm Pabst kennen, der mir aber dennoch immer ein bisschen fremd blieb. Er hat schon früh erkannt, wie er Menschen dazu bringt, das Beste vor der Kamera aus sich herauszuholen. Obwohl er in der Weimarer Republik sehr berühmt war, so blieb er beim Filmen selbst stets im Dunkeln. Mir kam Pabst oft ein wenig naiv vor. Das ging los mit seinen Verhandlungen in Hollywood, wo er aufgrund fehlender Sprachkenntnisse sich nicht durchsetzen kann. Dann reist er zurück, weil seine kranke Mutter einen Hilferuf losgeschickt hat, was ihn ehrt. Doch er hätte erkennen müssen, dass er wahrscheinlich nicht mehr ohne Weiteres ausreisen kann. Aber ganz besonders hätte er sehen müssen, dass man nicht für die Nazis Filme drehen kann ohne sich zu korrumpieren. Man spürt, wie zerrrissen er ist, aber für ihn geht das Filmemachen über alles. Seine Familie tat mir oft leid. Trude hat es nicht leicht mit ihm und seiner Besessenheit. Sie sieht, dass er in Gedanken ständig bei einer anderen - Louise Brooks – ist. Aber auch für seinen Sohn Jakob ist es nicht leicht und so wird er ein begeisterter Anhänger des Regimes und zieht sogar in den Krieg.


    Daniel Kehlmann ist ein meisterhafter Erzähler, der kein Urteil über seine Figuren fällt. Er überlässt es dem Leser, sich selbst seine Gedanken darüber zu machen, was Pabst für ein Mensch war und was man im Namen der Kunst tun darf.


    Ein tiefgründiger und lesenswerter Roman.


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    Bernadette von Plesow hat schon einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Nun aber sorgt sie sich um ihren Sohn Constantin, der wegen Mordes, den er nicht begangen hat, im Gefängnis sitzt und dem die Todesstrafe drohen könnte. Constantin hat sich in Berlin mit den falschen Leuten angelegt. Natürlich versucht Bernadette alles Menschenmögliche, um ihren Sohn zu retten. Dabei geht sie ein großes Risiko ein.


    Ich begleite die Familie Plesow vom Grand Hotel in Binz von Anfang an und musste natürlich wissen, wie es weitergeht. Der Schreibstil ist lebendig und angenehm flüssig zu lesen. Durch unterschiedliche Perspektiven erhält man einen umfassenden Einblick und ist nah an den Personen. Auch die Handlungsorte sind bildhaft beschrieben, dass ich sie mir genau vorstellen konnte.


    Bernadette von Plesow wusste immer genau, was sie wollte. Sie ist eine starke und kämpferische Frau. Wenn das Schicksal es nicht immer gut mit ihr meinte, so ließ sie sich doch nicht unterkriegen und kämpfe für ihre Familie und für das Hotel. In Berlin versucht sie nun gemeinsam mit Marie und Gerd Nolte, der Constantins rechte Hand ist, einen Freispruch zu erreichen. Ihre Tochter Josephine hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und führt nun die Geschäfte.


    Die Geschichte ist spannend, denn immer wieder gibt es neue Wendungen. Es werden Intrigen gesponnen, die das Leben der von Plesows kompliziert machen. Doch mit eisernem Willen versucht Bernadette immer wieder die Geschicke der Familie in geordnete Bahnen zu lenken.


    Auch dieser finale Band der dramatischen und spannenden Familiengeschichte hat mich wieder gefesselt.


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    Greta Vogelsang ist Oberstaatsanwältin für Umweltverbrechen und Artenschutzdelikte in Frankfurt. Während ihres Bereitschaftsdienstes wird sie zum Main gerufen, wo ein Toter mit einer Kopfwunde gefunden wurde. Es handelt sich um Lars Mathissen, Zollfahnder am Frankfurter Flughafen. Mathissen war ein hartnäckiger Zollfahnder, der sich schon mit Hinweisen zum Schmuggel mit Glasaalen bei ihr gemeldet hatte. Zu einem Treffen war es jedoch nicht gekommen. Hätte sie anderes reagieren sollen? Der Fall lässt sie jedenfalls nicht los und sie ermittelt auf eigene Faust, auch gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen. Dann erhält sie eine Drohung und es wird eine weitere Leiche gefunden.


    Dies ist der erste Fall der Oberstaatsanwältin Greta Vogelsang aus Frankfurt.


    Dieser Krimi ist spannend und lässt sich gut lesen. Allerdings ist da auch noch Luft nach oben, den manchmal ließ die Spannung nach.


    Die Personen sind gut und glaubhaft dargestellt. Greta Vogelsang hat eine Vorgeschichte, die aber noch im Dunkeln bleibt. Es ist auf jeden Fall etwas passiert, das ihr Albträume beschert. Zu ihrem Team gehören noch der erfahrene Kollegen Martin Abel, die jungen Staatsanwältin Sonja Wilms und der Referendar Rafik Atashi. Gemeinsam bearbeiten sie alles was zum Thema Umweltstrafsachen anfällt. Für die Täter ist es ein lukratives Geschäft und sie agieren rücksichtslos, damit es auch so bleibt.


    Dieser Krimi beschäftigt sich mit dem Schmuggel; hier geht es um Glasaale und damit sind auch Arten- und Umweltschutz Themen.


    Wir hat dieser Krimi gefallen und ich bin gespannt, was beim nächsten Mal auf Greta Vogelsang zukommt.

    Norwegen, 1893: Auf Veiholmen, im Norden der Inselgruppe Smøla, werden zwei Säuglinge vor unterschiedlichen Türen abgelegt. Das eine Kind liegt vor Frias Gästehaus und das andere vor der Tür von Pfarrer Fenris und seiner Frau Runi. Alle im Ort gehen davon aus, dass es Zwillinge sein müssen, denn es ist ja unwahrscheinlich, dass zwei Mütter ihre Kinder gleichzeitig weggeben. Außerdem deuten die Fußspuren zum Strand darauf hin, dass es ein Paar war.


    Mir diesem Roman hat mich die Autorin Ines Thorn wieder packen können. Der Schreibstil ist angenehm und sehr flüssig zu lesen. Die Handlungsorte sind sehr bildhaft beschrieben, so dass ich mir alles gut vorstellen konnte.


    Auch die Charaktere sind lebendig und authentisch dargestellt. Liv und Lucia sind zwei starke und sympathische junge Frauen. Die naturliebende, wissbegierige und ehrgeizige Liv ist mir dabei aber näher gewesen als ihr Schwester Lucia, die sich nach einer Familie sehnt. Toll fand ich es auch, wie Fria sich um ihre Ziehtochter kümmert. Sie unterstützt Liv, auch wenn sie manchmal Bedenken hat. Aber auch der geheimnisvolle Same, der in Frias Gästehaus die Küche führt, kümmert sich rührend um Liv. Lucia muss die Liebe ihrer Zieheltern mit ihren Brüdern teilen und hat es daher nicht so leicht wie Liv. Als Liv sich entschließt das Examen zu machen und bei Fridtjof Nansen zu studieren, kann sie sich auf die Hilfe von vielen – wie den Bürgermeister Bjarni, den Lehrer Arni, Fischer Chrisander und natürlich ihrer Schwester – verlassen. Dennoch wird es nicht leicht für sie, denn sie muss gegen viele Widerstände kämpfen. Aber sie lernt sich durchzusetzen. Auch Lucia muss Enttäuschungen wegstecken, zum Glück aber kann sie auf Livs Unterstützung bauen.


    Die Männer jener Zeit tun sich schwer mit Frauen, die mehr wollen als nur Hausfrau und Mutter sein. Auch Liv sehnt sich nach einer Beziehung, aber sie will auch ihren Weg gehen und forschen. Ob es ihr gelingt, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten?


    Mir hat dieser interessante und spannende historische Roman sehr gut gefallen und ich bin gespannt, wie es weitergeht auf Smøla.

    Englische Siedler sind wohl hoffnungsvoll in ein neues, unbekanntes Land aufgebrochen. Doch das Leben ist hart. Hunger und Krankheit begleiten diese Menschen und Egoismus und Rücksichtslosigkeit macht sich breit. Unter ihnen ist auch ein Mädchen, welches von einer Frau aus dem Armenhaus geholt wurde. Es kümmerte sich um deren Tochter, die wohl behindert war. Doch nun ist die Tochter der Frau gestorben. Aber das Mädchen wurde nicht als gleichwertig behandelt, sondern wie eine Sklavin gehalten, gedemütigt und missbraucht. Nun flieht das Mädchen mit wenigen Habseligkeiten. Die weite Wildnis scheint weniger bedrohlich als die Menschen, mit denen es zuletzt gelebt hat. Das Mädchen muss ums Überleben kämpfen und lernt dabei, vieles in Frage zu stellen, was es zuvor erfahren hat.


    Dies ist mein erster Roman der Autorin Lauren Geoff. Ihre Erzählweise hat mich gefangen genommen, auch wenn ich eine Weile gebraucht habe, um mich einzulesen. Doch dann war ich gefesselt. Die Sprache ist poetisch, oft aber auch direkt und grob.


    Die Natur ist auf der einen Seite schön, aber auf der anderen brutal und erbarmungslos. Sie liefert aber auch das Nötige zum Überleben. Intuitiv weiß das Mädchen, was es tun muss. Es muss sich vor den Verfolgern verstecken, aber auch die anderen Gefahren umgehen. Die Gedanken kreisen um das, was ihm bisher bekannt war und was erforderlich ist zum Überleben in der weiten Wildnis. Dabei stellt es immer mehr in Frage. Obwohl dieses Mädchen doch ungebildet ist, ergeht es sich in überraschend philosophischen Überlegungen. Auch wenn es unterwegs Menschen begegnen, meidet es doch den Kontakt. Daher wiederholen sich auch Flucht, Grausamkeiten, Krankheit und Hunger. Doch die Natur ist weitaus weniger gefährlich als die Menschen.


    In Rückblenden erfahren wir vom bisherigen Schicksal des Mädchens.


    Das Ende hätte ich mir hoffnungsfroher gewünscht. Doch es bleibt düster bis zum Schluss, wie auch die ganze Geschichte düster und bedrückend ist.


    Es ist eine Geschichte, die noch lange nachhallt.

    Maria hatte immer Entschuldigungen für das Verhalten ihres Mannes Hanns Borchardt, der wenig Rücksicht auf seine Familie genommen hat. Doch dann stand Weihnachten 1976 die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür. So hat Maria erfahren, in welch betrügerische Machenschaften ihr Mann verwickelt war. Für Selbstmitleid ist keine Zeit, sie muss sehen, wie sie zurechtkommt und entwickelt dabei ungeahnte Stärke. Zum Glück steht ihr der Familienanwalt Klaus Schröder zur Seite.


    Schon der Vorgängerband „Club Paradies - Im Glanz der Macht“ hat mich begeistert und natürlich wollte ich wissen, wie es weitergeht. Der lebendige Schreibstil der Autorin Caren Benedikt liest sich sehr angenehm und flüssig.


    Die Charaktere sind interessant und authentisch dargestellt. Hanns Borchardt war ein dominanter Mann, der rücksichtslos im Geschäftsleben wie im Privatleben war. Als seine Machenschaften aufgeflogen sind, entzieht er sich der Verantwortung und lässt seine Frau und Kinder zurück, die mit den Folgen seiner Betrügereien fertig werden müssen. Maria hat die bestimmende Art immer ertragen und entschuldigt, doch nun muss sie erkennen, was für ein Mensch Hanns wirklich war. Seine jahrelangen schändlichen Lügen sind wirklich unfassbar. Es wird nicht leicht für sie, denn die Gesellschaft, welche die Borchardt früher hofiert haben, wendet sich ab. Nur Klaus Schröder unterstützt sie weiterhin. Mir hat es gefallen, wie Maria ihre Probleme angeht und daran wächst. Dafür ist ein Stück weit auch Hanns‘ ehemalige Geliebte Lea verantwortlich, die Maria helfen will. Das Verhältnis zu ihrer Tochter Hanna wird auch immer inniger. Hanna muss nach Übergriffen ihres Chefs ihren eigenen Weg finden und Sohn Holger verstrickt sich aus Liebe immer mehr in die Aktivitäten der RAF.


    Das Nachwort der Autorin ist informativ und interessant.


    Auch dieser Roman ist unterhaltsam und fesselnd und hat mir sehr gut gefallen.

    Wien, 1895: Während sich der technische Fortschritt ausbreitet, ist in Wien der Aberglaube noch weitverbreitet. Spiritismus und Séancen sind beliebt und dabei wird allerlei Schwindel betrieben. Dem wollte der Naturwissenschaftler Dr. Lichtenstein entgegenwirken. Doch dann machen Touristen bei einer Führung durch die Gruft des Stephansdom einen grausigen Fund. Zwischen den alten Knochen liegt eine männliche Leiche. Das Gesicht ist verzerrt. Was hat den Mann so entsetzt? Der Tote ist Lichtenstein und ein Freund des Oberpolizeirat Stukart. Der beauftragt Inspektor Leopold von Herzfeldt die Sache zu untersuchen.


    Anna, dem Mündel des Totengräbers Augustin Rothmayer, ist aufgefallen, dass aus dem Waisenhaus im 5. Bezirk in Wien immer wieder Kinder verschwinden. Ein ermordeter Junge hatte Anna noch vor dem Nachtkrapp gewarnt. Doch Leos Kollege Leinkirchner zeigt sich nicht besonders interessiert, handelt es sich doch meist um Straßen- oder Waisenkinder, die angeblich weggelaufen sind. Aber dann verschwindet ein Junge aus einer gutsituierten Familie.


    Dies ist nun bereits der dritte Band um das ungewöhnlicher Ermittlerteam. Auch dieses Mal konnte mich der Autor Oliver Pötzsch wieder fesseln. Er entführt mich mit seiner Geschichte in ein Wien, das sehr atmosphärisch dargestellt ist. Dabei gibt es nicht nur die schönen Seiten der Stadt, sondern auch viel Not und Hoffnungslosigkeit.


    Die Charaktere sind gut und sehr individuell beschrieben. Leopold von Herzfeldt hat in Graz Kriminalistik studiert, kommt aber mit seinen modernen Methoden nicht gut bei den Kollegen an. Auch dass er Jude ist, wird ihm angekreidet. Der Totengräber Augustin ist kauzig, aber ein kluger Kopf. Dieses Mal verfasst er ein Buch zum Thema Spuk- und Geisterscheinungen. Auch die Tatortfotografin Julia Wolf ist wieder mit von der Partie. Sie hat eine kleine Tochter, für die sie nur das Beste will. Inzwischen verbindet sie mit Leo mehr als nur das berufliche Interesse, doch das darf niemand wissen. Es gibt also alle Hände voll zu tun für unsere Ermittler. Doch dann taucht Leos Mutter auf, weil sie Zeit mit ihrem Sohn verbringen möchte, bis sie im Hotel dem Schriftsteller Arthur Conan Doyle begegnet.


    Es gibt immer wieder Wendungen, welche die Spannung hochhalten. Lange habe ich im Dunkeln herumgetappt, wer wohl hinter allem steckt.


    Es ist ein informativer und sehr spannender historischer Krimi, der mir wieder gut gefallen hat.

    In Stockholm ist nicht alles gelaufen, wie es sollte. Daher kehrt die junge Ermittlerin Fredrika Storm in ihren Heimatort Harlösa zurück. An ihrem ersten Tag wird sie zusammen mit dem Kollegen Henry Calment auf den Fall einer ertrunkenen Frau angesetzt, die über den zugefrorenen See gerannt und eingebrochen ist. Ausgerechnet Frederikas Großmutter hat den Vorgang beobachtet. Die Frau konnte nur tot geborgen werden und niemand scheint sie zu kennen. Warum aber ist die Frau so gerannt? Wurde sie verfolgt?


    Ich mag die düstere Atmosphäre von Skandinavien-Krimis. Daher hat mich auch dieses Buch der Autorin Frida Skybäck angezogen. Allerdings hätte es ruhig etwas spannender zugehen dürfen. Der Schreibstil hat mir aber zugesagt.


    Die Charaktere finde ich gut gezeichnet. Fredrika Storm ist keine ganz einfache Person. Als Ermittlerin verlässt sie sich oft auf ihr Bauchgefühl und handelt ziemlich impulsiv ohne die Regeln zu beachten. Dieser Fall erinnert sie an das plötzlich Verschwinden ihrer Mutter, als Frederika noch ein kleines Mädchen war. Hat der Fall etwas mit der Vergangenheit zu tun? Frederika lässt nicht locker und ermittelt sogar in ihrer Verwandtschaft. Dabei geht sie recht rücksichtslos vor, was das angespannte Verhältnis zu ihrer Familie nicht einfacher macht. Ihr Kollege Henry Calment stammt aus einer reichen Familie und ist etwas speziell, aber sympathisch. Dass er bei der Polizei gelandet ist, gefällt seiner Familie nicht. Er bildet mit Frederika zusammen ein tolles Team.


    Es gibt eine ganze Reihe von Wendungen, die dafür sorgen, dass es bis zum Schluss undurchsichtig bleibt. Während es anfangs noch recht ruhig zuging, wurde es zum Ende hin dann doch immer spannender.


    Mir hat dieser atmosphärische Krimi aus Skandinavien gut gefallen und ich bin schon auf den nächsten Band gespannt.

    Southie ist ein Viertel von Boston, in dem Hoffnungslosigkeit und Kriminalität herrschen, aber auch Zusammenhalt und Unterstützung. Allerdings muss man sich an die Regeln des Viertels halten. Als ein Bezirksrichter feststellt, dass schwarze Schüler systematisch benachteiligt werden, soll das Dilemma aus der Welt geschafft werden, indem weiße Schüler per Bus in ein schwarzes Viertel gebracht werden und umgekehrt. Aber Mary Pat hat andere Sorgen. Ihre siebzehnjährige Tochter Jules ist nicht nach Hause gekommen und Mary Pat macht sich auf die Suche. Doch ihre Fragen stoßen entweder auf Schweigen und Beschwichtigungen oder aber es gibt Widersprüche in den Aussagen. Doch Mary Pat lässt sich nicht einlullen. Sie macht sich auf, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen – ganz gleich, was es sie selbst kostet.


    Es ist eine spannende, aber auch sehr bedrückende Geschichte. Das Leben im Viertel ist hart. Auch wenn man arbeitet, ist es oft nicht möglich, seine Rechnungen zu bezahlen. So geht es auch Mary Pat. Sie ist ausgelaugt und hat nicht genügend Zeit für ihre Tochter. Aber sie liebt sie.


    Es gibt aber auch massiven Rassismus. Wenn etwas schiefläuft im Viertel, können nur die Schwarzen daran schuld sein. Auch die Drogen haben sie nach Southie gebracht und daher sind sie schuld, dass Mary Pats Sohn Noel an einer Überdosis Heroin starb, weil er das in Vietnam Erlebte nicht verkraftet hat.


    Auch wenn ich Mary Pats Vorgehen nicht gut finden kann, so kann ich sie dennoch verstehen. Sie hat alles verloren, was ihr wichtig war, daher ist es ihr auch egal, was aus ihr selbst wird. In ihr sind Hass und Gewalt und so manch einer bekommt zu spüren, wie stark sie sein kann.


    Doch am meisten hat mir der Detective Bobby gefallen. Er weiß um die Schwächen des Systems und doch setzt er alles daran, Schuldige zu überführen. Er führt einen aussichtslosen Kampf, denn überall gibt es Menschen, welche die Hand aufhalten.


    Das Finale ist drastisch, aber leider auch glaubhaft.


    Ein erschreckend aktuelles Thema und eine spannende Geschichte, die absolut lesenswert ist.

    Die Geografin Britta Stoever hat mit ihrer Familie in Hamburg gelebt und der Kinder wegen beruflich zurückgesteckt. Doch nun zieht sie ihrem Mann zuliebe ins Marschland. Das Energieeffizienzhaus, für das er sich ohne Britta entschieden hat, gefällt ihr nicht und auch sonst kommt sie nicht an. Als sie die Gegend erkunden will, fällt ihr ein Straßenschild „Abelke-Bleken-Ring“ ins Auge. Sie will wissen, wer diese Frau war und stößt bei ihren Recherchen auf eine Hexenverbrennung im 16. Jahrhundert.


    Abelke war eine selbstbewusste und selbständige Frau, die sich von niemanden sagen lassen wollte, wie sie ihr Leben zu führen hat. Als Tochter eines reichen Bauern übernimmt sie den Hof nach seinem Tod und bewirtschaftet ihn ohne Ehemann. Das ist in jener Zeit ungewöhnlich und sie hat auch Neider, weil sie das erfolgreich macht. Doch dann schlägt die Natur zu und schnell ist eine Schuldige ausgemacht. Ein Scheiterhaufen wird aufgebaut und Abelke als Hexe verbrannt.


    Je mehr Britta in die Geschichte von Abelke eintaucht, umso mehr erkennt sie, was in ihrem Leben nicht richtig läuft. Die Differenzen zwischen den Ehepartnern werden immer offensichtlicher und schon bald läuft alles auf eine Trennung hinaus.


    Die Autorin Jarka Kubsova hat einen wunderbaren Roman geschrieben über zwei Frauen, die in unterschiedlichen Zeiten leben und beide ein selbstbestimmtes Leben führen möchten. Der Handlungsstrang um Abelke Bleken hat mir dabei viel besser gefallen als der um Britta Stoever. Abelke widersetzt sich den Gepflogenheiten ihrer Zeit und so kommt es, wie es damals kommen musste. Britta dagegen wollte Familie und Beruf unter einen Hut bringen, auch weil ihr Mann sie bedrängt hat, und hat sich dabei selbst vergessen. Beruflich hat sie durch ihre Auszeit keine Chance mehr in ihrem Job.


    Dieser Roman lässt sich sehr angenehm lesen und hat mir gut gefallen.

    Köln, 1823: Im Rhein wird eine Leiche gefunden. Der Tote namens Jean Kämmerer wurde übel zugerichtet. Später findet Kriminalkommissar Gustav Zabel bei ihm ein wertvolles Vortragekreuz, das aus der Schatzkammer des Kölner Doms entwendet wurde. Alles deutet darauf hin, dass der der Polizei gut bekannte Arthur Schmoor die Taten begangen hat. Die Karnevalisten sind froh, als sich alles so schnell aufklärt, fürchteten sie doch, dass der erste Karnevalsumzug in Köln von den Preußen verboten würde. Aber Gustav Zabel ist nicht überzeugt. Als ehemaliger preußischer Soldat ist er Gründlichkeit gewohnt und so ermittelt er weiter, auch wenn er damit so Manchem auf die Füße tritt.


    Mir hat dieser historische Krimi sehr gut gefallen. Da ich aus dem Rheinland stamme, hatte ich auch keine Probleme mit der kölschen Sproch, die bei den Dialogen Verwendung findet und die Geschichte sehr authentisch macht.


    Gustav Zabel ist ein sympathischer Ermittler, der aber in Köln ein wenig fehl am Platze wirkt. Er wurde an den Rhein versetzt und ist auch nach zwei Jahren noch nicht so ganz angekommen, sehr zum Leidwesen seiner Frau, die ihn dazu drängt, sich mehr in der Gesellschaft zu zeigen. So gerät er auch in die Vorbereitungen für den Rosenmontagsumzug. Überall stellt er seine Fragen, was ihm übelgenommen wird. Im Festordnenden Komitee wird man nicht gerne verdächtigt und seine Frau mag es nicht, dass er von einer Dirne fasziniert ist. Doch er hat die Rückendeckung seiner Königliche Hoheit Prinz Friedrich von Preußen. Auch die anderen Charaktere sind lebendig und authentisch dargestellt. Jeder hat so seine speziellen Macken, aber wie sagt man so schön: Jeder Jeck is anders.


    Bunt mischen sich reale Personen mit fiktiven in dieser Geschichte. Die ganze Zeit versucht man mit Zabel herauszufinden, wer der Täter ist, der so brutal gemordet hat. Am Ende ist es dann ein kleines Detail, welches Zabel auf die richtige Spur bringt. Der Karnevalsumzug durch Köln kann starten und Zabel datt kölsche Lebensjeföhl genießen.


    Ein unterhaltsamer und spannender historischer Krimi mit viel Lokalkolorit und interessanten Charakteren.

    In Palermo wird vor den Augen von David Keller ein Priester erschossen. Dann können Ermittler in Antwerpen drei Tonnen Kokain sicherstellen und in Zürich begeht ein Pilot Selbstmord. Man sollte meinen, dass diese sehr unterschiedlichen Taten nichts miteinander zu tun haben. Doch weit gefehlt. Alles hängt mit dem Ex-Banker Walter Baumann zusammen, der überall seine Finger im Spiel hat, wo es um das große Geld geht. Doch Bundesermittler und Mafia-Experte David Keller ermittelt in der Sache und nach einigen bösen Überraschungen wird klar, dass eine internationale Verschwörung zu einer massiven Bedrohung wird.


    Dieser Thriller von Matt Basanisi und Gerd Schneider wurde durch reale Ereignisse inspiriert. Die hohe Anzahl von Person, der Wechsel zwischen den Zeiten und Handlungsorten erfordern Aufmerksamkeit beim Lesen. Der Schreibstil lässt sich gut und flüssig lesen und die Geschichte ist spannend.


    David Keller ist ein interessanter und sympathischer Charakter, der sich gerne in seine Fälle verbeißt. Doch dieser Fall ist schwierig, denn sowohl die Mafia als auch die südamerikanischen Narcos scheinen im Spiel zu sein. Walter Baumann ist ein gewiefter Gegenspieler, dem es egal ist, für wen er arbeitet, Hauptsache der Job ist lukrativ. Die Datenlage in der Schweiz über ihn ist unvollständig. Die unterschiedlichsten Organisationen wollen Baumann in die Finger kriegen. Aber auch David ist clever. Er hat internationale Kontakte, die er gerne beim Ermitteln nutzt. Doch dann wird er von jemandem verraten, von dem er es am wenigsten erwartet hätte. Die Verletzungen wiegen schwer, dennoch gönnt er sich nur eine kurze Verschnaufpause bis er den Kampf gegen das Verbrechen wieder aufnimmt. Die Rückendeckung seines Vorgesetzten Moser hat er und auf den italienischen Kollegen Monti kann sich David auch verlassen, denn seine Gegner sind macht- und geldgierig und darüber hinaus auch skrupellos.


    Mich hat dieser spannende Thriller wirklich gepackt und ich bin schon sehr auf den Folgeband gespannt.

    Ich muss gestehen, dass mir der Name „Loulou de la Falaise“ nichts sagte, obwohl ich die sechziger und siebziger Jahre als Jugendliche erlebt habe. Dafür sagte mir der Name „Yves Saint Laurent“ natürlich umso mehr. Im Wesentlichen ging es in diesem Roman um Loulou, die auf der Suche nach ihrem Weg ist.


    Von ihren Eltern wurde Louise herumgereicht und auch bei ihrer Großmutter Lady Rhoda Birley fühlt sie sich nicht zu Hause. Um der Enge bei ihrer Großmutter zu entkommen heiratet sie Desmond FitzGerald, The Knight of Glin. Doch sie ist unkonventionell und lebenshungrig, interessiert sich für Mode, auch wenn sie sich selbst auf den Londoner Flohmärkten einkleidet. Sie trennt sich von ihrem Mann, denn dieser Ehe soll sie sich wieder den Konventionen beugen. In Paris lernt sie Ives Saint Laurent kennen und damit verändert sich ihr Leben von Grund auf. Sie wird ihm eine gute Freundin und später seine Muse und Assistentin. Loulou ist kreativ und hat Geschmack. Yves ermöglicht es ihr, Modeschmuck zu kreieren und später überträgt er ihr die Verantwortung für die Rive-Gauche-Modelinie. Es war interessant zu beobachten, wie sie von einer flatterhaften jungen Frau zu einer hart arbeitenden Modedesignerin wird. Yves ist ein schüchterner und sensibler Mann, der besessen ist von seiner Arbeit. Neben der vielen Arbeit wird aber auch ausgiebig gefeiert und Alkohol und Drogen konsumiert – eine wilde Zeit also.


    Der Schreibstil von Michelle Marly ist wie immer unvergleichlich und fesselnd. Wir erleben Schauplätze in New York, London, Paris, Marrakesch und Tanger. Dabei begegnen wir auch vielen interessanten Menschen wie John Paul Getty II., Paloma Picasso, Mick Jagger, Karl Lagerfeld, Camilla Shant, Rudolf Nurejew, Andy Warhol und vielen anderen mehr.


    Es hat mir viel Spaß bereitet, in die Welt der Mode einzutauchen.

    Sallie Kincaid hat als Fünfjährige ihre Mutter verloren. Ihr Vater, der Duke, hat schnell wieder geheiratet. Sallies ist ihrer Stiefmutter ein Dorn im Auge, ganz besonders als Sallie mit ihrem Stiefbruder Eddie verunglückt. Dabei hat sie es nur gut gemeint und trotzdem muss sie das Anwesen in Caywood verlassen. Erst als sie siebzehn ist, darf sie nach dem Tod der Stiefmutter zurückkommen. Sie ist fest entschlossen, sich ihren Platz in der Familie zurückzuerobern. Doch dann stirbt der Duke und Sallie muss seinen Posten übernehmen und sich in einer Männerwelt durchsetzen.


    Dieser Roman der Autorin Jeannette Walls hat mich von Anfang an gepackt.


    Die Personen sind alle interessant und authentische dargestellt. Sallie ist ein starkes Mädchen, das ihren Vater vergöttert. Aber sie ist nur ein Mädchen und obwohl ihr Stiefbruder Eddie dem Duke zu schwach ist, soll er einmal in die Fußstapfen seines Vaters treten. Der Duke selbst ist ein Mann der im Claiborne County wie ein König herrscht. Wenn es Probleme gibt, kommt man zu ihm und er löst sie, dafür braucht er kein Gericht. Seine Geschäfte sind nicht ganz legal, aber so ist das in der Zeit der Prohibition nun einmal. Als er stirbt, muss Sallie Hals über Kopf Verantwortung übernehme. Dabei machen ihr nicht nur alte Fehden zu schaffen, auch in ihrer Familie ist nicht jeder erfreut darüber, dass Sallie an die Stelle des Dukes tritt. Eine Frau soll halt heiraten und die Geschäfte den Männern überlassen. Doch Sallie ist stark, hat ihren eigenen Kopf und erträgt auch Rückschläge. Es geht um das Überleben von vielen Menschen im County und so tut sie, was getan werden muss. So nach und nach erfährt sie einige Familiengeheimnisse, die manche ihrer Einstellungen verändern.


    Es ist ein spannender Roman über eine starke junge Frau, der mich gut unterhalten hat. Empfehlenswert!

    Der Geiger Simon Abrameit hat Probleme mit seiner linken Hand. Er sorgt sich, aber erst als es bei einem Solokonzert Probleme gibt, muss er sich der Realität stellen. Auf einer einsamen Schäreninsel versucht er herauszufinden, wer er ist und was sein Handikap für ihn bedeutet. Doch auch hier auf der Insel vermeidet er, sich mit seinem Problem auseinanderzusetzen. Lieber beobachtet er das Meer und die Vögel, hackt Holz und repariert ein Baumhaus. Darüber hinaus vergleicht er sich mit Künstlern, die ein ähnliches Schicksal getroffen hat. Besonders das Schicksal von Bela Bártok beschäftigt Simon. Er schreibt Briefe an Darja, die er als Jugendlicher bei einem Vorspiel kennenlernte und mit der er sich immer wieder vergleicht. Diese Briefe wird er nie absenden. Bei allem was er auf der Insel tut, ist auch stets die Musik in und um ihn.


    Es ist ein ruhiger, etwas melancholischer Roman, der mich trotzdem gepackt hat. Immer wieder habe ich zwischendurch die Musikstücke angehört, die im Buch erwähnt wurden. Die Beschreibung der Natur, vor allem der Vögel, hat mich beeindruckt. Ich habe beim Lesen das Meer rauschen hören und das Konzert der Vögel.


    Auch den inneren Konflikt von Simon konnte ich gut nachvollziehen, denn was bleibt, wenn das Wichtigste im Leben plötzlich nicht mehr möglich ist. Simon hat zwar Schwierigkeiten Geige zu spielen, doch die Musik ist in ihm und wird ihm auch nicht verloren gehen. Doch bis Simon das erkennt und sich seinen Problemen stellt, benötigt er eine ganze Weile.


    Mir hat dieser leise, aber dennoch intensive Roman mit seiner bildhaften, poetischen Sprache gut gefallen.

    Walja wurde in der Sowjetunion geboren und kam mit acht Jahren nach Deutschland. Nun kommt sie nach Jahrzehnten zurück in das Haus ihrer verstorbenen Großmutter Nina, um zu ihren Wurzeln zu finden. Wir begleiten sie dabei und lernen Nina und andere Familienmitglieder kennen.


    Alle Frauen der Familie waren unterschiedlich und doch in ihrer Stärke und dem Bestreben, von niemandem abhängig zu sein, sich sehr ähnlich. Hauptsächlich geht es um Nina, in der sich Walja wiederfindet. Walja mit ihrem Kirschmund und den kleinen spitzen Zähnen legte Wert auf ihr Aussehen. Sie war eine harte Frau und eine notorische Lügnerin und wusste sich durchzusetzen. Obwohl sie nicht besonders groß war, schienen alle kleiner zu werden, sobald sie den Raum betrat. Anderen Kindern und Tieren gegenüber kann sie Zuneigung zeigen, ihre eigenen Kinder werden versorgt und müssen ohne Zärtlichkeit auskommen. Erst spät erfährt Walja von Ninas hartem Schicksal, über das sie nie gesprochen hat. Aber auch für ihre Urgroßmutter Tanja und Waljas Mutter Nina ist das Leben kein Zuckerschlecken.


    Die Autorin Valery Tscheplanowa erzählt in klarer Sprache, nicht chronologisch und in kleinen Episoden, die sich erst mit der Zeit zusammenfügen. Vieles wird nur angedeutet, manches lässt sich nur erahnen. Das Leben ist hart und die jeweiligen politischen Systeme zwingen die Menschen dazu, immer wieder mit veränderten Umständen zurechtzukommen.


    Ein beeindruckender Roman über starke Frauen, die ein schweres Leben in Russland haben.

    Dieser Roman erzählt die Geschichte einer ganz besonderen Kamera, nämlich der Leica. Im Jahr 1914 entwickelt der Feinmechaniker Oskar Barnack eine Kamera, die handlich ist und nicht in einem großen Holzkasten steckt. Ernst Leitz erkennt die Möglichkeiten, die in dieser Entwicklung stecken und beginnt die Produktion, auch wenn er sich gegen Widerstände durchsetzen muss. Seine Tochter Elsie wäre eine fähige Nachfolgerin, doch sie muss zurückstehen, denn ihre Brüder sollen die Nachfolge antreten. Aber dann droht die Enteignung durch die Nazis und Elsie kämpft dagegen an. Dana und Milan Gabriel leiden auch unter den Repressalien und haben dank der Leica neue Möglichkeiten.


    Mir gefällt die Art, in der uns die Autorin Sandra Lüpkes von einer Revolution in der Fotografie erzählt und sie mit dem Zeitgeschehen verknüpft. Viele der Personen in dieser Geschichte sind real, einige fiktiv. Im Nachwort erfahren wir zusätzlich viel Wissenswertes.


    Diese Personen sind alle sehr gut und lebendig ausgearbeitet, so dass ich mich gut in sie hineinversetzen konnte.


    Mir hat diese interessante und fesselnde Familien- und Firmengeschichte rund um die Leica gut gefallen, daher kann ich den Roman nur empfehlen.

    Die Erzählerin in diesem Roman ist nicht mehr ganz jung. Ihre Zwillinge Mila und Max haben gerade die Matura bestanden und damit nähert sich der Zeitpunkt, da sie die elterliche Wohnung verlassen werden. Damit aber stehen auch für die Erzählerin selbst Veränderungen an, denn sie wird die Miete für die Wohnung nicht mehr tragen können. Doch eine kleinere Wohnung bedeutet auch, dass sie sich von vielen Dingen trennen muss. Aber sie mag keine Veränderungen und doch ihr bleibt keine Wahl – und so können wir sie bei ihren Erinnerungen und Entscheidungsprozessen begleiten.


    Erinnerungen sind immer subjektiv. Der Erzählerin, die keinen Namen hat, ist dies bewusst. Sie versucht sicher Wahrheit zu nähern und ahnt doch, dass sie diese Wahrheit über sich nicht finden wird. Dabei kreisen ihre Gedanken oft um Nebensächlichkeiten, während wir über sie und ihre Familie nicht besonders viel erfahren. Außerdem springen ihre Gedanken zwischen den Zeiten hin und her.


    Oft hatte die Erzählerin einen jammernden Ton. Sicherlich war ihre Kindheit in dieser Familienkonstellation nicht leicht, aber ich hatte den Eindruck, als hätte sie auch nie um Beachtung gekämpft. Sie hat ihre Familie sehr früh verlassen, um Freiheit zu erlangen. Auch wenn nicht alles ganz gerade verlaufen ist, so hat sie doch ein geregeltes gutes Leben. Sie braucht Nähe, ist aber auch sehr gerne mit sich allein. Vielleicht ist das der Grund, dass sie ihren Kindern gegenüber doch recht kühl ist, wie ich finde. Wirklich warm geworden bin ich mit dieser Frau nicht.


    Was mir allerdings gut gefallen hat, ist der wunderbare und humorvolle Schreibstil der Autorin Doris Knecht, der sich gut und leicht liest.