Beiträge von Jean van der Vlugt

    Für die heutige Frage muss ich wieder auf diesen seltsamen Südstaatenroman zurückgreifen. Die deutsche Umschlaggestaltung weist in eine völlig verkehrte Richtung. Der Roman ist keine Boyz-n-da-Hood-Geschichte, bevölkert von bunt herausgeputzten Jungmännern. Die Hauptfigur ist ein neunmalkluger, zwölfjähriger Weißer, der mit seiner Mutter und den Resten der Dienerschaft auf einer alten Plantage lebt, mit dem schwarzen Chauffeur abhängt und in Kneipen herumsitzt, umgeben von eher ländlichen Typen. Dies Umschlagbild kommt viel zu urban daher. Dabei hätte ein passendes Coverbild eine gute Hilfe sein können, um zum Beispiel schon mal klar zu machen, dass Edisto ein Ort und nicht etwa der Name eines der abgebildeten Typen ist.


    Der Roman ist allerdings dennoch lesenswert. Man darf aber kein Leser sein, der gleich hinschmeißt, wenn etwas neben der Spur passiert...

    Der Autor (nach Wikipedia, einem Porträt von James Sallis und dem Nachwort von André Simonoviescz): Der am 2. März 1917 in Philadelphia geborene David Loeb Goodis war ein US-amerikanischer Schriftsteller und Drehbuchautor.
    Goodis wuchs in Philadelphia auf und studierte Journalismus. 1938 siedelte er nach New York über und schrieb, auch unter verschiedenen Pseudonymen, für Zeitschriftenmagazine. In dieser Zeit erschien sein erster Roman Retreat from Oblivion. In den folgenden Jahren schrieb Goodis vor allem Hörspielserien für das Radio. Nachdem anfangs einige seiner Kurzgeschichten auf kein Interesse bei Filmproduzenten stießen, wurde sein zunächst als Fortsetzungsroman veröffentlichtes Werk "Dark Passage" ein großer Erfolg und 1947 mit Humphrey Bogart und Laureen Bacall in den Hauptrollen verfilmt. Etliche seiner Romane wurden zu Filmen verarbeitet. Goodis gilt als einer der wichtigsten Autoren des Film noir. Nach seinem Tod wurden seine Werke in den USA kaum noch gedruckt, dafür stieß seine Literatur vor allem in Frankreich auf Interesse. Sein Leben lang war Goodis seinen Eltern und seiner Heimatstadt sehr verbunden. Nachdem sein Vater 1963 starb, ging es mit Goodis, der den Ruf eines starken Trinkers und Schlägers hatte, mental rapide bergab. Nach dem Tod seiner Mutter ließ er sich in eine psychiatrische Anstalt einweisen. Goodis starb im Alter von 49 Jahren am 7. Januar 1967 in Philadephia an einem Schlaganfall.


    Werke (mit deutscher Übersetzung):

    • Dark Passage (1946, dt. Die schwarze Natter)
    • Nightfall (1947, dt. Die Nacht bricht an)
    • Of Missing Persons (1947, dt. Die Täuschung)
    • Behold This Woman (1950, dt. Messer im Blick)
    • Cassidy's Girl (1951, dt. Cassidys Mädchen)
    • Street of the Lost (1952, dt. Straße der Barbaren)
    • The Burglar (1953, dt. Am Ende der Nacht)
    • The Moon in the Gutter (1953, dt. Der Mond in der Gosse
    • Black Friday (1954, dt. Schwarzer Freitag / Begräbnis auf besonderen Wunsch)
    • Street of No Return (1954, dt. Straße ohne Wiederkehr)
    • Down There (1956, dt. Schießen Sie auf den Pianisten / Schüsse auf den Pianisten)
    • Fire in the Flesh (1957, dt. Feuer in der Nacht)
    • Night Squad (1961, dt. Wenn die Nacht vergeht)



    Klappentext: Ein Leben voller Schmutz und Schatten – und doch kann sich Nat Harbin kein anderes Dasein vorstellen. Seit achtzehn Jahren schlägt er sich als Einbrecher durch, und nie wurde er gefasst. Die Coups mit seiner Bande sind Maßarbeit, selbst bei größter Gefagr. Doch von einem Moment auf den anderen steigt Nat aus: Er ist Della begegnet, der betörend schönen, rätselhaften Frau, die wie ein grelles Licht in sein dunkles Leben fällt. Die haltlose Liebe zu ihr bringt ihn fast um den Verstand, Doch bald beginnt er zu ahnen, dass Della ihn verraten wird … oder sogar töten. David Goodis, der Poet der Verlorenen, hat den lakonischen Kriminalroman geprägt wie kein anderer. "Am Ende der Nacht" (Originaltitel: "The Burgler") wurde gleich zweimal verfilmt: zunächst in den USA mit Jayne Mansfield und Dan Duryea, später in Frankreich von Henri Verneuil mit Jean-Paul Belmondo.


    Der Roman erschien 1953 unter dem englischen Titel „The Burglar“ bei Lion Books und als Paperback Original in der Reihe Gold Medal Books der Fawcett Publications und wurde unter anderem 1991 von Black Lizard nachgedruckt. Die deutsche Übersetzung von Reinhard Rohn erschien unter dem Titel „Am Ende der Nacht“ 1990 in der „Schwarzen Serie“ im Bastei-Lübbe-Verlag mit einem Nachwort und einer ausgewählten Filmografie von André Simonoviescz. Diese Ausgabe umfasst 207 Seiten. Die französische Ausgabe erschien dagegen schon 1954 bei Gallimard in Paris unter dem Titel „Le casse“, übersetzt von Laurette Brunius. Auf Spanisch kann man den Roman unter dem Titel „El ladron“ dank der Übersetzung von Eduardo Lizalde schon seit 1957 lesen.



    „Der leere Raum schaute auf ihn zurück.“ Danke dem kurzen Nachwort der deutschen Ausgabe, dass es mir dieses Goodis-Zitat mitgegeben hat. Das Nichts blickt auf Menschen, die ihre Identität und ihren Antrieb verloren haben. Totale Vereinzelung, irgendwo am Rande des Gesichtsfeldes rudern andere Menschen hilflos mit den Armen im Nebel. Verschlossene Menschen, deren Inneres unter Dampf zu stehen scheint. An der Seite der Frau zu sterben, die zu lieben man sich mit Mühen einreden kann, erscheint solchen Menschen fast wie eine glückliche Fügung.


    Eine Ansammlung trauriger Menschen wird von einem erbarmungslosen Autor auf dem dramaturgischen Schachbrett herumgeschoben. Figuren, die darunter leiden, dass sie nichts haben, wohin sie zurückkehren können und nichts, worauf sie sich freuen können, außer einfach immer wieder und noch einmal das zu tun, was sie so gut können: Einbrechen und stehlen – und dabei rechtschaffen bleiben. Ihnen bleibt nur, eine mit Schuld und Trauer belastete Vergangenheit durch eine Gegenwart ohne Zukunft tragen. Doch alles nützt nichts, je mehr man sich müht, desto stärker reitet man sich und andere ins Verderben - dadurch dass man sich nicht eingesteht, was man fühlt, aber auch gerade dadurch, dass man es sich eingesteht. Die Katze beißt sich in den Schwanz. Figuren, die es müde sind, ebendas in sich zurückzuhalten, was sie fühlen.


    Au Backe, ist dieser Roman gut – unglaublich treffsichere, erstaunlich klischeefreie Dialoge, in denen sich die Figuren nichts schenken, und eine sehr dichte Handlung, deren böse Fallstricke sich um die Figuren und um den Leser unerbittlich zusammenziehen. Gerade der Hyperrealismus des Geschehens und der Schilderungen des Geschehens scheint die Außenseiterfiguren der Geschichte immer weiter fort von der Wirklichkeit zu tragen, so dass ihr enttäuschter Blick keinen Grund mehr wahrnimmt, die schon fast traumartige Halbwelt, in der sie leben, zu verlassen. Aus Weltekel wird Selbstekel und Selbstzerstörung. Ein Verbrecherroman über Loyalität und Pflichtbewusstsein, aber auch über uneingestandene Gefühle, Trauer und eine übergroße Lebensunlust, vielleicht auch: die Unfähigkeit zu fühlen oder sich selbst zu begreifen. Eine eisige Kälte durchweht diesen Roman, unter dessen Oberfläche das Elend des menschlichen Daseins laut, aber ungehört aufschreit. Eine dünne Schicht aus Antriebslosigkeit trennt das Grauen von der Erkenntnis. Nach so depressiver Hard-Boiled-Literatur muss man lange suchen und braucht überzeugte Verleger. David Goodis, der große Runterzieher, hat es wieder getan: Höchstwertung – auch und gerade für das hochgradig bittere, aber überaus stimmige Ende! :applause:
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Als Einführung in Leben und Werk von David Goodis empfehle ich den Essay "David Goodis: Leben in Schwarz und Weiß" von Krimiautor James Sallis, der übersetzt von Olaf Möller enthalten ist in: Martin Compart (Hg.) Noir 2000 - Ein Reader, Köln 2000 (=DuMont Noir 22). Im Original erschien "David Goodis: A Life in Black and White" im Krimimagazin "The Armchair Detective" im Frühjahr 1993 im Verlag Mysterious Press.

    Mitten in Berlin gibt es seit 1985 im nördlichen Grunewald am Ufer des Teufelssees ein Naturschutzzentrum auf dem Gelände des unter Denkmalschutz stehenden Wasserwerks Grunewald. Der Journalist Udo Schwarzer, der von Anfang an beim Aufbau des Ökowerkes dabei war, erzählt in diesem Jugendbuch von dem zwölfjährigen Oliver, der seit kurzem jeden Tag nach der Schule ins Naturschutzzentrum kommen soll, wo seine Mutter Arbeit als Biologin gefunden hat, damit er nicht so lange allein zu Hause rumhängt. Zuerst ist das Stadtkind Oliver noch ein wenig unwillig, da er es dort langweilig findet. Aber bald beginnt er, die Schönheiten der Natur zu entdecken, während der den Lauf des Jahres draußen in Mutter Natur erlebt und Freunde trifft. Der Roman ist jetzt nicht weltbewegend, aber wer die Ecke Berlins und das Ökowerk kennt, wird doch einigen Spaß mit dem unaufgeregten Buch haben. :)

    Mein erster Gedanke war auch Cormac McCarthys "Blood Meridian", weil man da die Brutalität nicht einfach gemütlich weglächeln kann und jedem Leser, der gewohnt ist, literarische Gewalt quasi als Mutprobe auszuhalten, jeder Spaß an Gewalt vergeht. Was mir im Grunde gut gefällt! :wink: Aber dann nehme ich stattdessen diesen frühen Serienkilleroman, der eigentlich so manches spätere Werk dieses ausgelutschten Subgenres überflüssig machte. Eine übergroßes Suhlen in Grauslichkeit, Ekel und Monstrositäten. Der Serienmörder als größtmöglich denkbarer Freigeist ohne jeden sozialen Zwang. Im Grunde der Traum der Mehrheit der Bevölkerung, was das zynische Buch so interessant macht! :shock:

    Ich machs mir einfach: Auf diesem Sachbuch über "Straßennamen im Spiegel der Zeit", das wir Schüler im Juni 1993 von einem Bezirksvertreter geschenkt bekamen, da wir für einen Bezirkswettbewerb ein Brettspiel entworfen hatten, als der größte Teil der Abiprüfungen schon durch war, ist unter anderem unten mittig die Deutsche Oper Berlin in der Bismarckstraße abgebildet, die von 1957 bis 1961 nach Entwürfen Fritz Bornemanns, des bedeutenden Architekten der Nachkriegsmoderne, errichtet wurde (Stichwort: streng funktionale Waschbeton-Eleganz). Am 24. September 1961 wurde sie mit Mozarts "Don Giovanni" eröffnet.

    Aus Anlass der baldigen Präsidentschaftswahl in den USA habe ich mir diesen Roman vorgenommen - über den Untergang Nordamerikas und eine Zukunftsexpedition durch verlassene Geisterstädte von New York bis nach Las Vegas, wo ein verrückter Wissenschaftler namens Charles Manson etliche US-Präsidenten sowie Frank Sinatra und Dean Martin als Roboter wiedererweckt haben soll. :)

    OKTOBER


    Ich habe viel gelesen in diesem Monat, auch weil ich mir mal wieder einige schnell verschlungene Jugendkrimis vorgenommen habe. Auch ansonsten war viel Genrekost dabei, dazu noch zwei Literaturnobelpreisträger, die aber von Thomas M. Disch, James Tiptree jr. und Charles Willeford locker abgehängt wurden! :P


    138. Pénélope Bagieu: California Dreamin' … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Die Graphic Novel erzählt die Lebensgeschichte von Mama Cass bis zu dem ersten großen Erfolg der Mamas and Papas mit California Dreamin'. Vergnüglich, aber nicht tiefgründig, so dass ich etwas unbefriedigt zurückbleibe, nicht involviert. Das hinter sarkastischen Sprüchen, lautstarken Witzen und drogenunterstützen Ausschweifungen verborgene Leiden der Hauptfigur an der Welt war nicht spürbar. Schön krakeliger Zeichenstil, ganz interessant von unterschiedlichen Erzählerblickwinkeln erzählt, aber alles in allem auch etwas belanglos.

    139. Ingvar Ambjörnsen: Der Mann im Schrank … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Ein schmaler Band mit frühen Außenseiter-Erzählungen des in Hamburg lebenden Norwegers, dessen Roman “Weiße Nigger“ ich einst sehr mochte. Manche Geschichten oder Szenen sind famos herausgearbeitet, gut beobachtet, menschlich interessant oder schlichtweg verblüffend. Manche leider auch schnell vergessen.


    140. Chris Wright: Blacklung … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Ein düsterer, brutal skurriler Piraten-Comicroman über einen schnöseligen Lehrer, der die Memoiren eines Piratenkapitäns aufschreiben soll. Eine Geschichte voller Gewalt, Schmutz und Verderben. Die Geschichte ist bei weitem nicht so kraftvoll, wie sie sein könnte. So dass nur die beeindruckenden Zeichnungen und die Figurengestaltung das Buch im Drei-Sterne-Bereich halten. Schade! :arrow: REZENSION

    141. James Tiptree jr.: 10000 Lichtjahre von zu Haus … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb::love:
    Kurzgeschichtensammlung der amerikanischen Psychologin Alice B. Sherldon, die in der Mitte ihres Lebens anfing, unter Männerpseudonym die Science-Fiction-Literatur auf den Kopf zu stellen. :thumleft: Total abwechslungsreich, mal Hochgeschwindigkeitsfarce, mal Space Opera, mal atmosphärisches Stück, mal derart originell, dass es einem die Schuhe auszieht. Lauter Unikate, was ich selbst den Geschichten zugutehalten muss, die mir nicht so gut gefallen haben! In den Geschichten des Bandes geht es fast immer um kulturelle Unterschiede, die Schwierigkeiten der Kommunikation und die großen Kulturwissenschaftsbrocken Gender, Rasse, Klasse! Lieblingstexte in diesem Band: „Der Mann, der sich auf den Heimweg machte“, „Ich bin zu groß, aber ich spiele gern“, „Ein Leben für eine Decke der Hudson Bay Company“ und auch „Treu dir, Terra, auf unsere Art“. Und und und! Aber sowas von haarscharf an 5 Sternen vorbeigeschrammt! :applause:


    142. H. P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar und andere Erzählungen [Reread] … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Durch meinen Reread abgewerteter Kurzgeschichtenband mit den Fantasy-Erzählungen Lovecrafts rund um das geheimnisvolle Traumland und Randolph Carters Traumreise – mit einigen Seitenverweisen auf den Cthulhu-Mythos. Die kurzen Geschichten sind ziemlich gut (die Titelgeschichte und "Das weiße Schiff" haben mindestens 4 Sterne verdient). Die lange Novelle „Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath“, die fast das ganze Buch ausmacht, ist allerdings nur eine Aneinanderreihung bizarrer Szenerien, die ohne großes Interesse an mir vorbeigerauscht ist. Warum, auf welche Weise und wie intensiv die Hauptfigur nach ihrem Ziel sucht und Dinge erlebt, wurde mir nicht klar. Etliche Szenen ohne großen Erlebnischarakter, dafür mit verschwurbelten Adjektivketten langweilten mich sogar.


    143. Stefan Wolf: Hexenjagd in Lerchenbach (TKKG #16) … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Sommerliche Hinterwäldner-Dorfatmosphäre mit diversen widerlichen Typen und einigem Wissenswertem über Hexen, Spinnen und Phantombilder. Giftanschlag, Totschläger, Fahrerflucht mit Todesfolge und pädophile Sittlichkeitsverbrecher – was Verbrechen angeht wird, wird ordentlich aufgefahren. Die Zeichnung der Hauptfiguren ist treffend, ausgewogen und angenehm freundschaftlich. Unterhaltsam.


    144. Stefan Wolf: Das Paket mit dem Totenkopf (TKKG #4) … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Da war mir ein wenig zu viel an Handlung, so dass man kaum bei den Figuren verweilte, sich kaum Entwicklungen abzeichneten. Aber zum Glück keine albernen Verbrecherdialoge und auch nicht überkonstruiert. Mit etlichen schönen Szenen, zum Beispiel auch die in der Hörspielfassung fehlende Begegnung mit einem Junkie-Schüler.


    145. Brian W. Aldiss: Der Malacia-Gobelin ... :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Spekulative Fiction, die in einer alternativen Frühen Neuzeit spielt. Im Grunde ein bunter, abenteuerlicher Fantasyroman über eine Gesellschaft, die stolz darauf ist, sich nicht zu verändern, über Hierarchien und Machtstrukturen, aber auch über Loyalität und das Werden eines sozialen Bewusstseins. Etwas zu uneindeutig für meinen Geschmack, daher nur 3,5 Sterne. Aber unterhaltsam zu lesen wie ein frivoler Liebesreigen. :arrow: REZENSION


    146. Stefan Wolf: Gold und Dynamit (Tom & Locke Mini-Tramp-Buch #1) … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Das erste Mini-Tramp-Buch der Reihe bringt eine kriminelle Geschichte aus England, wo Locke und Tom über einen vermeintlich Toten, zwei Bankräuber, versteckte 40 Kilo Goldbarren, verbrecherische Gefängnisaufseher und eine ehemalige Geisel stolpern. Etwas gehetzt bei aller Kürze, aber leidlich unterhaltsam.


    147. Jules Feiffer: Der Mann an der Decke … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Das erste Kinderbuch des famosen Comiczeichners, Cartoonisten und Illustratoren über einen jugendlichen Comiczeichner, der einen eigenen Kopf hat, aber wenig Selbstvertrauen. Der Plot ist nicht weltbewegend, aber die ungekünstelte, unkitschige Beiläufigkeit, mit der kindliche (und erwachsene) Befindlichkeiten erzählt werden, ist bemerkenswert. Es geht um den Glauben, nicht zu genügen, um nicht geschätzte Kreativität, um Eigensinn, Kummer und das Scheitern auf ganzer Linie. Ist jedes Scheitern im Grunde nur ein kleiner Teil zukünftigen Erfolges? Oder ist Scheitern einfach nur ein großes Versagen – und wer es nicht auf Anhieb schafft, sollte es besser gleich bleiben lassen? Der herzerwärmende Schluss ist so unpeinlich und liebenswert, dass es eine wahre Freude ist. Und er sichert die (etwas wackeligen) vier Sterne!

    148. Thomas M. Disch: Camp Concentration … :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Faustischer New-Wave-Science-Fiction-Roman über Menschenversuche an Gefangenen. Ein dichtes Gemenge schwieriger Fragen über Religion und Forschergeist, das Aufopfern für eine Idee, sei es für Gott, Satan oder den Menschen. Niemals langweilig, wenn auch nicht immer spannend. Außergewöhnlicher Lesestoff. :arrow: REZENSION


    149. Charles Willeford: Ketzerei in Orange … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: :love:
    Meisterlicher Noir-Roman, der eine düstere Charakterstudie mit bissigen Kommentaren über den Kunstbetrieb und das parasitäte Wechselspiel von Kritiker und Künstler verbindet. Pulp Fiction mit hohem Erkenntisgewinn: Rabenschwarzer Thriller, Caper-Roman und Kunstwelt-Satire in einem. Für Menschen, die wissen, dass Thriller etwas mit Spannungsmache und nicht mit Blut und Gemetzel zu tun hat. :arrow: REZENSION


    150. Max Goldt & Stephan Katz: Adieu Sweet Bahnhof … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
    Ja, ich finde das lustig! :loool: Die ersten Cartoons und Mini-Comics sind zwar doof, aber spätestens bei der Geschichte mit dem Kongress für Frauen, die Björk hassen, war ich mit dabei! :totlach:


    151. Thomas M. Disch & John T. Sladek: Alice im Negerland … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :love:
    Das hätte ich nicht gedacht! Der Roman schlägt dermaßen über die Stränge, dass es die reinste Freude ist. Solche Geschichten auf diese Art so stimmig und bei aller vordergründigen Kolportage so vielschichtig zu erzählen, schafft heute eigentlich nur Joe R. Lansdale. Ein Strudel aus Bösartigkeit, Rassismus, Mordlust, Verderbtheit, Dummheit, Wahnsinn und Schmutz. Der beste Thriller meines bisherigen Lesejahres. Sowas von fünf Sterne! :applause: :arrow: REZENSION


    152. Michail A. Scholochow: Ernte am Don … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:
    Ein ausufernder, zweiteiliger Roman im Stil des sozialistischen Realismus über die Enteignung und Kollektivierung der Landwirtschaft in den 1920er- und 1930er-Jahren am Don im Süden der Sowjetunion. Erster Teil ist ideologisch erstaunlich ausgewogen und interessant. Im zweiten Teil, der den Dorfalltag in der Kolchose in den Vordergrund schiebt, mehren sich mitunter recht platte, offensichtliche Propaganda-Tricks. Manche Stränge versanden, die Figuren sind eher eindimensional – und alles ist von unerträglichem, männlichen Chauvinismus geprägt. :arrow: REZENSION


    153. William Faulkner: Als ich im Sterben lag … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
    Melancholischer Roman über Dickköpfigkeit, Sündhaftigkeit und die menschliche Dummheit. Wird immer mehr zur fast sensationslüsternen Farce, was mir den Roman einigermaßen vergällt hat. Alles in allem dennoch lesenswerte vier Sterne, da der positive Eindruck der ersten Zweidrittel des Buches auch am Ende noch klar überwiegt. :arrow: REZENSION


    154. Christopher Knock: Edgar Wallace und der Fall Queen's Dance (#6) … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
    Sechster Roman der Jugendkrimireihe, die beliebte England-Klischees und Gangster- und Gruselkrimistandards für junge Leser aufbereitet. Hinter dem Pseudonym steckt wahrscheinlich der versierte Felix Huby. Konventionell, aber sehr temporeich und spannend. Es wird scharf geschossen! Ich mag den etwas ruppigen, urbanen Style. :arrow: REZENSION


    155. Christopher Knock: Edgar Wallace und der Fall Software (#7) … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
    Eine erstaunlich vielschichtige Agentengeschichte aus der Welt der wissenschaftlichen und militärischen Spionage aus der Zeit des Kalten Krieges. Wer sich von dem lahmen Titel abschrecken lässt, verpasst etwas. Sehr spannend! Die Motivation eines der feindlichen Spione wirft ein sehr interessantes Licht auf die Geschichte. :arrow: REZENSION


    156. Christopher Fowler: Über den Dächern von London … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
    Spekulative Fiktion aus einem alternativweltlichen London der 1980er-Jahre, im Grunde dem Horror-Genre zuzuschlagen, da sich die Handlung um Okkultismus und Geheimbünde dreht. Der Splatter-Anteil ist erstaunlich hoch. Der Aufhänger ist verdammt vielversprechend und wird erstaunlich glaubhaft vorbereitet: Über den Dächern von London existiert seit Jahrzehnten unbemerkt eine Parallelgesellschaft von Aussteigern, die den Zwängen der Markt- und Konsumgesellschaft entsagen und ihr sogar den Kampf ansagen wollen. Zwischen vielen Hochhäusern sind Kabel gespannt, über die sich die Aussteiger der „Dachwelt“ fortbewegen. Doch hoch oben findet eine Art Bürgerkrieg statt: Eine im Grunde faschistische Abspaltung der Aussteiger kämpft um die Vorherrschaft und schreckt nicht vor schrecklichen Bluttaten zurück, die auch auf der Erde nicht unbemerkt bleiben. Zwei Unbeteiligte aus der normalen Sphäre können die Dinge nicht ruhen lassen und erkunden die gefährliche Dachwelt … Leider sind die Charaktere alle so unendlich hohl und lahm. Auch wurde mir während der – ja, schon – spannenden Handlung einfach nicht glaubhaft gemacht, warum ich mich für die Geschichte eigentlich interessieren soll. Was wollen die Aussteiger der Dachwelt, was machen sie den ganzen Tag, warum soll ich mit ihnen mitfühlen? Spannend, brutal, aber auch ziemlich hohl. Viele verschenkte Möglichkeiten, eine wirklich interessante Revoluzzergeschichte zu erzählen. :|


    157. H. G. Francis: Ein Koffer voller Geld (Detektiv Clipper #1) … :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
    Nach zwei Original-Hörspielen mit dem an Columbo angelehnten Privatdetektiv James Clipper aus London schrieb Hans Gerhard Franciskowski noch zwei Jugendkriminalromane mit Detektiv Clipper und den beiden jugendlichen Hobbydetektivbrüdern Ronny und Ed Fox. Eine sehr schön auf die Ermittlungen konzentrierte Geschichte über einen vertauschten Geldkoffer, einen gemieteten Rolls-Royce, einen Bankraub und einen armen Jungen, der wohl keinen Finderlohn bekommen wird. Dass der Arm-Reich-Gegensatz mehr als nötig in die Geschichte eingebaut wird, hat mir sehr gut gefallen. :thumleft: Und wie der sich harmlos gebende Detektiv Clipper immer verblüffend ruhig und durchsetzungstark bleibt, ist sehr beeindruckend und vergnüglich. Für den trockenen Tonfall und die routinierte Erzählung gebe ich gerne 4 Sterne.