Tom Rob Smith - Kolyma

  • Inhalt:


    Buecher.de


    Moskau 1956. Leo Demidow ist nicht zu beneiden. Die Existenz seines Morddezernats wird von offizieller Stelle geleugnet; er darf bestenfalls verdeckt ermitteln. Für seine alten Kollegen vom KGB ist er ein Verräter. Und seine Adoptivtochter Soja hasst ihn so sehr, dass sie ihn am liebsten töten würde. Vergeblich kämpft Leo um ihre Zuneigung. Für sie bleibt er der Mann, der ihre Eltern auf dem Gewissen hat... Doch es kommt noch schlimmer: Soja wird gekidnappt. Wieder ist es Leos Vergangenheit, die sich bitter rächt. Will er das Mädchen wiedersehen, muss er einen Gefangenen aus Kolyma befreien, dem berüchtigtsten aller sibirischen Lager. Leben gegen Leben - das ist die simple Logik der Entführer. Leo hat den Mann vor sieben Jahren dorthin gebracht, Leo soll ihn auch wieder herausholen. In seiner Verzweiflung lässt er sich als Gefangener nach Kolyma einschleusen. Doch schon am ersten Abend wird er erkannt, und die Häftlinge beschließen, sich grausam zu rächen...



    Meine Meinung:


    Nachdem es aufgrund von einer eigentlich geheimen Rede des aktuellen Staatsoberhaupts der Sowjetunion Chruschtschow zu Unruhen und Racheakten kommt, wird der ehemalige KGB – Agent Leo Stepanowitsch Demidow damit beauftragt den Tod von zwei Geheimdienstlern aufzuklären.
    Scheint dies schon ein schwieriges Unterfangen zu sein, kommt es für Leo noch härter als seine kleine Familie in Gefahr gerät und er daraufhin merkt, dass ein Zusammenhang zu seiner Vergangenheit besteht, als er selbst noch treuer Anhänger des kommunistischen Systems war.
    Leos zweites Abenteuer „Kolyma“ beginnt zunächst sehr schleppend und unspektakulär. Im Gegensatz zu Tom Rob Smiths Vorgänger „Kind44“ wurde ich überhaupt nicht von der Geschichte gefangen genommen. Es fehlt hier sowohl Nervenkitzel als auch Tiefgang.
    Das Einzige, das einem beim Lesen an den Nerven zerrte war die Ungeduld über den zähen Plot und das Unverständnis über so viel Naivität der Figuren.
    „Kind44“ war vom Thema her viel besser gewählt und dadurch auch viel interessanter. Die Handlung war viel realer und schockierender, um einiges intensiver und glaubwürdiger als die von „Kolyma“.
    Hier sind sowohl Handlung als auch Protagonisten sehr oberflächlich gehalten. Man findet keinen richtigen Zugang zur Geschichte und das bisschen Spannung, das kurz aufflackerte und auf besseres hoffen ließ, ging auch wieder schnell verloren.
    Einzig der Schluss und eben diese Hoffnung auf Besserung konnten etwas retten.
    Dennoch war „Kolyma“ nach dem wirklich phänomenalen Debüt „Kind44“ die reinste Enttäuschung.
    Ich hoffe, dass die weiteren Fälle von Leo Demidow wieder besser werden, wenn es denn noch welche gibt. Dass Smith es besser kann, hat er mit „Kind44“ bewiesen.
    Deswegen wohlwollende :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: !

  • Da ich "Kind 44" schon nicht so toll fand, lasse ich von "Kolyma"doch lieber die Finger, obwohl ich dem Autor noch eine Chance geben wollte. :wink:
    Trotzdem, vielen Dank für die tolle Rezi hasewue :thumleft:

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • "Kind 44" hat mir ja nun wieder recht gut gefallen. Ist eben alles Geschmackssache. :wink: Bald wird "Kolyma" bei mir auf der Durchreise sein. Ich bin gespannt. Vielen Dank für die Rezi, hasewue, ich habe meine Erwartungen nun ein wenig runtergefahren. Meine Eindrücke werde ich hier vermelden.

  • "Kind 44" hat mir ja nun wieder recht gut gefallen. Ist eben alles Geschmackssache. :wink: Bald wird "Kolyma" bei mir auf der Durchreise sein.


    Mir hat "Kind 44" auch sehr gut gefallen, deshalb würde mich dann auch Deine Meinung zu "Kolyma" interessieren.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Bei meinem letzten Besuch in Deutschland fand ich in einer Buchhandlung sehr viel Reklame für dieses Buch. Der Titel zog mich an, da Kolyma für die bekannten Lager der Sowjetunion steht und ich diesem Namen in mehreren Büchern schon begegnet bin. Ich blätterte ein wenig rum und ohne es also gelesen zu haben, habe ich es dann auch wieder schön zurückgelegt. Hasewue bestätigt nun eher mein Urteil, bzw. meine ähnliche Reaktion:



    ...und ich werde es wohl dann auch nicht lesen. Danke für die Rezi!

  • Kind 44 fand ich schon sehr spannend und so bin ich mit hohen Erwartungen auch an diesen Roman rangegangen.


    Ich wurde nicht enttäuscht.
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, vielleicht auch deswegen weil ich diese kommunistischen Zeiten als Kind erlebt habe und mir alles ziemlich bekannt vorgekommen ist. Da ist meine Neugierde doch groß, wenn es heißt - was spielt sich in den Köpfen der sogen. Staatsleuten / Parteimitgliedern ab.


    Die Handlung fand ich nicht konstruiert, eher sehr realistisch, da sich solche Schicksalsschläge in der Tat ereignet haben. Denunzieren war an der Tagesordnung und ich kann mich auch erinnern wie über Nacht Leute einfach "verschwunden" sind.


    Naja, es ist in der Tat Geschmacksache, doch für diejenigen die sich für solche Zeiten interessieren (ist gar nicht so lange her, dass der Ostblock noch in voller Pracht regiert hat), find ich das Buch empfehlenswert.


    Eine Sache hat mich auch hier gestört und zwar, dass Leo als Superheld /Rambo und Schwarzenegger in einem dargestellt wurde.
    Und aus diesem Grunde geht ein Stern verloren.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • "Kolyma – das ist der Vorhof der Hölle. Am äußersten Rand von Sibirien
    gelegen, tausende Kilometer von Moskau entfernt, gibt es hier nur
    Steine, Schnee, Permafrost – und Lager. Die schlimmsten Gulags der
    Sowjetunion. In diese eisige Wüste lässt Leo Demidow sich einschmuggeln,
    denn seine Tochter wurde entführt, und ihr Leben steht auf dem Spiel.
    Doch als einer der Mithäftlinge ihn als ehemaligen KGB-Agenten enttarnt,
    sitzt Leo plötzlich in einer tödlichen Falle ..." (Text: amazon)


    Mit "Kolyma" hat Tom Rob Smith die Geschichte um Leo Demidow fortgesetzt. Trotz der zum Teil schlechten Kritiken hab ich mir das Buch geholt - und bin froh, dass ich mich nicht von den negativen Bewertungen habe abschrecken lassen.
    Kolyma ist ein würdiger Nachfolger von "Kind 44", allerdings würde ich den Roman nicht unter Thriller/ Krimi einsortieren... meines Erachtens passt er eher unter politischer Historienroman o.ä. In Kolyma steht die politische Entwicklung und das Leben in der Sowjetunion im Vordergrund. Die Gefahren, die das Leben dort mit sich brachte, die Angst, von Freunden denunziert zu werden und die Folgen, wenn man einmal in die Fänge des Geheimdienstes fiel - mit unerbittlicher Härte zeigt Tom Rob Smith hier einen Teil der Weltgeschichte, der vielen nur in Grundzügen bekannt ist. Auch wenn es hier nicht um einen Serienmörder oder wirklichen Kriminalfall geht - das Buch ist wieder phänomenal.
    Wem die Geschichten rund um die Serienmorde in Kind 44 gefallen haben, der sollte auf jeden Fall einen Blick auf Kolyma werfen und sich nicht allzusehr von den Kritiken bei amazon & Co. abschrecken lassen!

  • Dazu gibt es hier schon einen Thread. Vielleicht kann eine(r) der Moderatoren diese Rezi anhängen.


    Zitat

    Wem die Geschichten rund um die Serienmorde in Kind 44 gefallen haben,
    der sollte auf jeden Fall einen Blick auf Kolyma werfen und sich nicht
    allzusehr von den Kritiken bei amazon & Co. abschrecken lassen!

    Ich fand "Kind 44" trotz der Brutalität absolut faszinierend. Deshalb möchte ich "Kolyma" auch noch lesen, auch wenn es vermutlich genauso ein Schocker ist.

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    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Leider hat mir das Buch nicht besonders gut gefallen. Die Geschichte hat mich nicht gefangen genommen, entwickelte sich schleppend und wirkte auf mich recht oberflächlich und mehr oder weniger unrealistisch.


    Da hat mir sein erstes Buch "Kind 44" viel mehr Lesevergnügen bereitet. Vielleicht waren auch die Erwartungen deswegen höher. Ich hoffe, dass weitere Romane des Autors doch etwas spannender werden.

    2024: Bücher: 87/Seiten: 38 703

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Ich hatte ja schon "Kind 44" verschlungen und hatte auch sehr hohe Ansprüche an dieses Buch. Als ich es entdeckte, musste ich es sofort kaufen und hatte es innerhalb von zwei Tagen ausgelesen. Unglaublich spannend!!! Sowohl das Thema, wie auch die Charaktere, sowie die Erzählart, die mich echt total fasziniert und alles noch spannender machen lässt.
    Habe mir dann gleich heute "Agent 6" gekauft und hoffe, dass es ebenso spannend und total toll zu lesen ist, wie die anderen zwei.

    „Die Kindheit misst
    sich in Geräuschen und Anblicken, bevor das Dunkel der Vernunft heranwächst.“

    John Betzeman

  • Sehr interessant Eure unterschiedlichen Meinungen zu "Kolyma".


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, sowohl die Charaktere als auch die Handlung fand ich überhaupt nicht langweilig, sondern gut gezeichnet.
    Besonders schlimm (genau wie bei "Kind 44") und beängstigend sind die historischen Hintergründe, die politischen Machenschaften in der Sowjetunion, die wahrscheinlich sehr realistisch dargestellt werden. Jeder versucht nur seine eigene Haut zu retten, jeder könnte ein Denunziant sein und Menschen werden wie Marionetten bewegt.


    Leo wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, seine Adoptivtochter entführt und er versucht gemeinsam mit seiner Frau die Familie zu retten. Neben dieser sehr persönlichen Handlung geht es aber auch um Machenschaften die den ganzen Staat betreffen, sogar in andere Osteuropäische Länder übergreifen.


    Dieses Buch ist sehr traurig, ja beängstigend - ich musste mich immer wieder daran erinnern, das es sich um einen Roman handelt - aber auch spannend und fesselnd.
    Ich werde auch den dritten Teil "Agent 6" lesen.

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Autsch!


    Der Erstling KIND 44 hatte mir ja vorzüglich gefallen, so dass ich beschlossen habe, die ganze Leo Demidow Reihe zu schmökern.
    Aber jetzt kann ich das sehr geteilte Echo auf KOLYMA bestens nachvollziehen: was für ein unglaublicher Schund!


    Lebte KIND 44 schon wenig vom vermeintlichen Krimiplot sondern fast ausschliesslich von der grossartig geschilderten Atmosphäre der 2. Stalinistischen Terrorwelle, so fühlte sich Rob Smith in KOLYMA wohl offenbar zum noch viel grösseren Schlag auf die Sowjetrepubliken berufen. Hier wird dann auf Grundlage von Chruschtschows Tauwetter eine Mélange aus den russischen Gangsterbanden, den Wory , den Gulags und dem Ungarnaufstand zusammengerührt, dasses nur so kracht. Mittendrin ein Held (eben jener Leo Demidow), der mit übernatürlicher Kraftanstrengung und unkaputtbarer Beharrlichkeit versucht eine Familie zusammenzuhalten, die es gar nicht will. Dafür geht der Mann ebenso über Leichen wie seine Mitstreiter/innen und Gegenspieler/innen, aber ach, was leidet er doch trotzdem so arg unter seiner Vergangenheit als Geheimdienstler...


    Überhaupt: ich habe noch nie einen Roman gelesen, in den quasi alle Hauptpersonen Superhelden, Rambos und Hannibal Lecters in einem sind. Um sie herum sterben Menschen wie die Fliegen, zischen die Kugeln, donnern die Granaten, spitzeln die Spitzel und foltern die Geheimdienste, aber unsere "Helden" wandeln ungerührt mit ihren (konstruiert) ureigensten Problemchen locker und unversehrt durch die Szenarien als wären es Sonntagsausflüge.
    Wenn ich solchen Quark lesen möchte, greife ich zu Superman, Batman oder den Fantastischen 4.


    Macht mir wenig, sehr wenig Vorfreude auf AGENT 6, den 3. Teil der Trilogie.
    **schade**

    Es gibt keine grössere Einsamkeit als die des Samurai. Es sei denn die des Tigers im Dschungel

  • Wie viele andere hier bin ich leider auch ein wenig enttäuscht von "Kolyma". Der Vorgänger "Kind 44" gehört immer noch zu meinen absoluten Jahreshighlights, hat er doch ein so interessantes und gleichzeitig schockierendes Bild von den Zuständen in der Sowjetunion nach dem 2. Weltkrieg abgegeben und war dazu noch hochspannend.
    Ich will nicht sagen, dass "Kolyma" ein schlechtes Buch ist, aber leider gab es doch einiges, was mir missfallen ist. Zwar hat Tom Rob Smith wieder hervorragend tatsächliche politische Entwicklungen und geschichtliche Ereignisse in den Roman eingebracht, z.B. die Rede von Chruschtschow, in der er Stalin stark kritisiert und den Volksaufstand in Ungarn. Auch Leo Demidow halte ich nach wie vor für einen hervorragenden Charakter, der zwar Sympathieträger ist, aber sehr mit den Greueltaten, die er einst begangen hat, hadert.
    Allen voran, dass schon fast ein bisschen zu viel Action in die Geschichte eingebracht worden ist und Leo schon fast wie die russische Version der vielen amerikanischen Alleskönner-Unverwundbar-Superagenten wirken ließ, hat mich etwas genervt. Manches wie z.B. die Flucht durch Budapest oder der Flug zurück nach Moskau waren schon ziemlich abenteuerlich und stehen im starken Kontrast zu der sonst so realistisch anmutenden Atmosphäre. Auch hätte ich mir etwas mehr Zeit im Gulag Kolyma erhofft, nach dem das Buch ja benannt worden ist. Stattdessen waren die beklemmenden Szenen dort überraschend schnell wieder vorbei. Auch mit vielen der Nebencharaktere bin ich dieses Mal nicht so recht warm geworden. Frajera war zwar ein richtig fieser Bösewicht, aber einen Bezug konnte ich weder zu ihr noch zu ihrem Ziehsohn Malysch herstellen.


    Fazit: Für "Kolyma" vergebe ich leider nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: und hoffe darauf, dass die Serie um Leo Demidow sich mit dem dritten Teil "Agent 6" wieder steigert.