Anmerkung: Der Text enthält Spoiler zu den ersten beiden Büchern der Reihe (Der Wüstenplanet & Der Herr des Wüstenplaneten)
Zitat von KlappentextDas atemberaubende Panorama unserer Zivilisation in ferner Zukunft - und eine Welt, die man nie vergisst: Arrakis, der Wüstenplanet. Nach dem Tod seines Vaters Leto und dem Sieg über die Harkonnen ist Paul Atreides, genannt Muad'Dib, zum neuen Herrscher über diesen und unzählige andere Planeten aufgestiegen. Doch Paul hat erbitterte Gegner, die sich gegen ihn verschworen haben und sein Imperium zu Fall bringen wollen...
Der erste Band der Dune-Reihe ("Der Wüstenplanet") zählt zu den Klassikern der Science Fiction. Er behandelt den Aufstieg des jungen Paul Atreides, nachdem sein Vater bei dem Versuch, den Wüstenplaneten Arrakis zu übernehmen, einer Intrige des Hauses Harkonnen zum Opfer fällt. Mit Hilfe der einheimischen Fremen, die in ihm ihren vorhergesagten Propheten sehen, erlangt Paul Kontrolle über Arrakis und letztendlich über das galaktische Imperium. Dabei spielt die Gabe der Vorhersage, mit der Paul verschiedene Pfade der Zukunft sehen kann, eine entscheidende Rolle.
Bereits im ersten Band wird deutlich, dass Paul zwar gute Absichten hat, sein Handeln aber durchaus kritisch zu betrachten ist. So etabliert er sich etwa als falscher Prophet der Fremen, wohlwissend, dass es sich bei der Prophezeiung um eine aufwändig konstruierte Lüge handelt, die den Fremen vor langer Zeit eingeflüstert wurde. Dennoch handelt es sich bei dem ersten Band der Reihe im Wesentlichen um die Geschichte seines erfolgreichen Aufstieges, bei dem er sich an den Feinden seines Vaters rächt, die Harkonnen besiegt und triumphierend den Platz als rechtmäßiger Herrscher einnimmt.
Im Gegensatz (oder besser: ergänzend) dazu schlägt "Der Herr des Wüstenplaneten" düstere Töne an. Zwölf Jahre nach seinem Sieg über die Harkonnen hat Paul sein Reich vergrößert. Die bereits im ersten Band vorhergesehene Katastrophe des Jihads, bei dem die Fremen in religiösem Eifer das Imperium mit Krieg überziehen, ist eingetreten. Paul, zunehmend verbittert über sein Reich, sieht sich mit dem Blutbad konfrontiert, welches in seinem Namen angerichtet wird, und wird geplagt von weiteren Visionen, die ihm ein schreckliches Schicksal offenbaren. Eingerahmt wird dies in eine Geschichte über eine Verschwörung, die das Ziel hat, Paul zu stürzen und sein Reich zu Fall zu bringen.
"Der Herr des Wüstenplaneten" ist bedrückender, dichter und verwirrender als "Der Wüstenplanet". Zum Teil liegt das sicher in der Natur der erzählten Geschichte: In die Verschwörung gegen Paul sind verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Zielen eingebunden. Konflikte zwischen den Parteien werden nicht offen ausgetragen, sondern erschließen sich dem Leser zwischen den Zeilen oder in Form von Monologen. Beim Lesen den Überblick zu behalten, wer gerade mit welcher Absicht mit wem spricht, ist daher nicht immer einfach. Dazu kommt, dass im zweiten Band der Reihe, anders als in "Der Wüstenplanet", actionreiche Szenen fast völlig fehlen. Eine (sehr effektive) Ausnahme ist die Beschreibung eines sogenannten Steinbrenners, der einen Wendepunkt der Geschichte markiert. Abgesehen davon ergibt sich die Spannung durch die permanent im Hintergrund brodelnde Verschwörung und die Frage, wer welche Informationen besitzt und am Ende die Gesamtsituation schneller durchschauen kann.
Pauls Gedankenwelt, die häufig in Form von inneren Monologen erläutert wird, macht den Text nicht gerade zugänglicher. Auf der einen Seite sind diese Abschnitte sehr gelungen, denn sie vermitteln Pauls Überwältigung durch die Visionen, die ihn plagen, und die daraus resultierende Last, die er trägt. Sie sind ebenfalls sehr effektiv darin, Pauls zunehmende Isolation darzustellen, denn auch ihm nahestehende Charaktere sind nicht mehr in der Lage, seinen Gedanken zu folgen und sein Handeln nachzuvollziehen. Dennoch lesen sich diese Abschnitte oft sehr träge und sorgen, zusammen mit den teilweise ausufernden Beschreibungen der Umgebung, dafür, dass sich das Buch, trotz der geringen Seitenzahl, stellenweise ziemlich zieht.
"Der Herr des Wüstenplaneten" führt einige Konzepte und Charaktere ein, die das Dune-Universum auf uns noch fremder wirken lassen, als es in "Der Wüstenplanet" bereits der Fall war. Wie weit man als Leser mitgehen kann, bevor es "zu schräg" wird, ist sehr subjektiv. Für mich haben sich die Tleilaxu, ihre gentechnisch veränderten Gestaltwandler, die aus toten Körpern nachgezüchteten Ghola und die bizarren Navigatoren, die in gasförmigem Gewürz leben, gut in die Geschichte eingebunden und das Dune-Universum um einige faszinierende Faktionen erweitert.
Während im ersten Band der Aufstieg von Paul zum Imperator beschrieben wird, beleuchtet der zweite Band die Folgen seines Handelns, seine zunehmende Isolation und seinen Untergang. "Der Herr des Wüstenplaneten" ist nicht perfekt, aber ein zufriedenstellendes Ende vieler Handlungsstränge, die durch das relativ abrupte Ende von "Der Wüstenplanet" offen geblieben sind. Beide Bücher sollten daher unbedingt zusammen betrachtet werden: "Der Herr des Wüstenplaneten" könnte durchaus auch als ausführlicher Epilog zu "Der Wüstenplanet" begriffen werden.
von