Dieser Teil ist durchaus von Nöten gewesen, sehr sogar - für mich gibt es nichts Öderes, als eine fantastische Welt ohne Tiefgang oder Details.
Wenn ich mich auf einen Fantasyroman wirklich einlassen möchte, dann brauche ich diese Details und was diese angeht, kenne ich keine andere Buchreihe, die eine auch nur annähernd zu vergleichende, homogene und liebevoll ausgearbeitete und durchdachte Welt erschaffen hat. Das macht den Herrn der Ringe, sowie die weiteren Romane Tolkiens zu diesem Szenario für mich so besonders.
Mir geht es wie dir, Eol. Auch ich erwarte einfach, dass gerade in der Fantastik die Welt mit den nötigen Details ausgeschmückt wird. Ich gehe sogar so weit, zu behaupten, dass eine gute Fantasy-Geschichte nicht auskommt ohne Realismus. Die meisten schlechten Geschichten leiden doch arg darunter, dass stets Zauber und Hexerei über das Geschehen einherbrechen, ohne dass der Leser hier versteht, warum. Es geht nicht um physikalische Abhandlungen, es geht um eine schlüssig dargelegte Andeutung der Möglichkeit dessen.
Gerade diesen Umstand finde ich bei Tolkien schier atemberaubend. Es wimmelt zwar vor den komischsten Kreaturen, aber keine fällt einfach vom Himmel. Man nehme hier stellvertretend Gollum; die Beschreibung, wie er wurde, was er ist. Eine solch gründlich vorgestellte Figur beginnt im Kopfkino des Lesers zu leben. Wer eine Fabelwelt erfindet, muss sie beschreiben, da der Leser sonst die Lücken mit seinen Erfahrungen aus seiner realen Welt füllt.
Was den leidlichen Anfang der "Gefährten" betrifft:
Es ist eine kleine, heile Hobbitwelt. Mit Pfeiffenkraut, Festen und nervigen Verwandten. Es macht nicht "peng, Sauron steht vor der Tür". Nein, die Hobbits gehen vergnügt los, mit Abenteuerlust beginnen sie ihre Reise. Erst nach und nach wird ihnen gewahr, dass sie immer tiefer in eine Sache geraten, die die Geschicke der ganzen Welt ändern werden. Das ist literarisch meisterlich. Hier durfte Tolkien nicht anders, als langsam zu beginnen. Man nehme nur die Hatz der Filme: Fest, Ring, Bree, Wetterspitze, Bruchtal, Moria usw. Ein atemloses Tappern von Gefahr zu Gefahr. Die Filme bauen auf fulminante Bilder. Das Buch will eine Geschichte erzählen - das ist ein großer Unterschied!
Beachten muss man beim HdR auch, dass Tolkien mit seiner Mittelerde keine echten literarischen Vorbilder hatte; sieht man von Alice im Wunderland und ein paar anderen mal ab. Aber einen völlig neuen Kosmos zu schaffen, fern jeglicher realen Erfahrung, ihm ein historisches Korsett der Jahrtausende zu schnüren, ihn mit neuen Sprachen zu füllen...
...das alles mag der Grund sein, warum Tolkien so gründlich sein wollte/musste. Es gab viele Nachahmer, aber allesamt bekommen nicht diese Detaildichte hin. Das Erstwerk eines neuen Genres, und immernoch das Standardwerk: Der Herr der Ringe!
Nebenbei: Die Filme finde ich auch großartig. Wenn ich große Bilder sehen will, schaue ich sie mir wieder an. Aber wenn ich in den dunklen Tagen ganz abtauchen will in eine andere Welt, dann sind die Bücher mit all ihrem Detailreichtum unverzichtbar
Es kommt halt darauf an, was man gerade will.
Lieben Gruß