Irgendwo im Gebiet dessen, was einmal die USA waren, hat sich ein Gottesstaat namens Gilead etabliert, in dem das Leben nach strikten Regeln verläuft. Die Menschen sind in fixe Kategorien eingeteilt, Frauen sind dabei alleine zum Dienen und zum Kinderkriegen da und dürfen nur unter bestimmten Umständen heiraten. Fruchtbarkeit ist das höchste Gut, und wer als Ehefrau keine Kinder bekommen kann, holt sich eine Magd ins Haus, die den Nachwuchs vom Herrn im Haus empfängt und austrägt. Wer als Magd zu lange nicht liefert, wird aufs Abstellgleis geschoben und ausgetauscht.
Individualität, Freude, Kultur, all das spielt in Gilead keine Rolle und gilt gar als sündig. Frauen ist sogar das Lesen untersagt und die Mägde haben nicht einmal mehr einen Namen, sondern werden nach ihren Gebietern benannt. So auch Desfred, die im Haus des Kommandanten ihren traurigen Pflichten nachkommt und sich zwischendurch in ihrem tristen Zimmer schier zu Tode langweilt, weil es nichts gibt, womit sie ihre Zeit sinnvoll füllen könnte. Kein Wunder, dass sie immer wieder Gedanken an die Vergangenheit nachhängt, als sie noch berufstätig war, einen Partner und eine Tochter hatte sowie eine Mutter, die gelegentlich als Alt-68erin etwas nerven konnte, und Freundinnen wie Moira, die sie später noch einmal unter den neuen Umständen wiedergetroffen hat.
Manchmal scheint der einzige Ausweg der zu sein, den ihre Vorgängerin gewählt hat, die sich in dem Zimmer, das Desfred nun bewohnt, an einem Deckenhaken erhängt hat, doch so weit geht sie dann doch nie und versucht, sich an kleinste Lichtblicke zu klammern wie einen kurzen Kontakt zu einer anderen Magd oder ein freundliches Lächeln des Chauffeurs.
"Der Report der Magd" dürfte mittlerweile zu den bekanntesten Dystopien gehören und hat auch fast 40 Jahre nach Erscheinen kaum an Aktualität und Eindrücklichkeit eingebüßt. Im Gegenteil, manche der aktuellen politischen Entwicklungen in den USA wie das gekippte Abtreibungsgesetz lassen Margaret Atwoods düstere Zukunftsvision fast schon prophetisch wirken. Das Bild von einer Theokratie, die in alle noch so kleinen Lebensbereiche eingreift, alles zu Tode reguliert und den Bewohnern (und besonders den Bewohnerinnen) schier die Luft zum Atmen nimmt, liest sich sehr beklemmend, aber auch fesselnd, dank der kurzen Kapitel und Desfreds passenderweise etwas atemlos wirkender Erzählweise.
Die deutsche Übersetzung wirkt allerdings manchmal etwas altbacken und ich vermute, dass es vorwiegend daran liegt, wenn der Text manchmal etwas sehr bedeutungsschwanger rüberkommt und etwas überdeutlich die Moral des Romans hervortritt. Da würde mich der Vergleich mit dem Original interessieren.
Das schmälert jedoch nicht die Wucht und Aussagekraft des Buches, das man gerne allen in die Hand drücken möchte, die mit bestimmten politischen Strömungen liebäugeln.