Inzwischen habe ich endlich den 4. Teil beendet und werde gleich mit dem 5. Teil fortfahren. Die letzten Tage waren etwas hektisch, ich konnte immer nur grad einzelne Seiten lesen.
Mittlerweile wird ganz deutlich, wie sehr sich Aimery mit Schuldgefühlen plagt, („Ein Totmacher bist du, ein Fluch aus Fleisch“), die Mutter, Helewise und Agnes ins Unglück gestürzt zu haben. Doch er gefällt sich ja auch in der Rolle des sündigen Außenseiters, über den alle Tuscheln. Mit unbedachten Äußerungen wie „Ich habe vor siebzehn Jahren meine Frau getötet“ besiegelt er sein Schicksal nur noch mehr. Anscheinend fühlt er sich indirekt schuldig am Tod seiner Frau, auch wenn er sie nicht selbst getötet hat. Langsam sollte er aber die Kurve kriegen, sonst nutzt sich das kantige Image des wortkargen Eigenbrödlers ab und zurück bleibt ein ewig selbstmitleidiger Schiffbauer, der sich nicht zu verteidigen weiß und alles mit sich machen lässt. Die dramatischen Geschehnisse am Ende des dritten Teils lassen aber schon darauf schließen, dass sich einiges verändern wird – auch im Verhältnis zwischen Aimery und Dorothy.
Ziemlich gleich schätze ich Aimery ein, am liebsten würde ich ihn zwischendurch schütteln und ihm klar machen, dass er die Vergangenheit sein lassen soll und sich auf die Gegenwart und Zukunft konzentrieren soll. Ansonsten hilft er mit, dass noch mehr Frauen aus seinem Umfeld ins Unglück stürzen. Aimery ist aus meiner Sicht wohl noch der Einzige der nebst Dorothy fähig ist für die Familie zu sorgen.
Niedertracht und fanatischer Hass lassen Gilbert zum intriganten Super-Bösewicht mutieren. Seine Rolle ist eher einseitig angelegt, aber als Gegenspieler sorgt er für die nötige Spannung. Hetfends Attacke gegen Aimery fand ich ziemlich überzogen – ich frage mich, ob seine hysterische Reaktion am Ende nicht daher herrührt, dass er selber Neigungen zu dieser „säuischen Sünde“ hegt und diese aber mit aller Macht verdrängen will
Zu Gilbert habe ich ein gespaltenes Verhältnis, er ist ein richtiges Ekel. Auch er kann die Vergangenheit nicht ruhen lassen und macht Aimery das Leben schwer. Er gibt ihm die Schuld, dass sein eigener Vater den Aimery vorgezogen hat und dass Aimery sein Handwerk besser versteht als Gilbert selbst, das ist natürlich auch unfair. Andererseits verstehe ich auch, dass das Verhalten seines Vaters ihn heute noch plagt.
Ob Hetfend selber zu dieser "säuischen Sünde" neigt oder einfach homophob ist mag ich (noch) nicht erkennen. Ein unangenehmer Typ ist er in jedem Fall, und ob die Zusammenarbeit mit Aimery auf dem Schiff gut kommen kann steht für mich in den Sternen. Ich denke das gibt noch einige Probleme, Zänkereien und ev. auch Kämpfe.
Wow! Habe dieses grauenhafte Inferno gerade hinter mir!
Es hat mich absolut gefesselt, zum Teil haben sich mir echt die Nackenhaare aufgestellt!
Überwältigend, Charlie, Hut ab!
Gruß, Frauke
Hier schliesse ich mich den Vorrednerinnen an, sehr gut gelungene Szene
Schön fand ich auf jeden Fall die Beschreibungen von Agnes, auch wenn das jetzt komisch klingt. Ich fand sie ja genauso widerlich wie ihren Bruder, aber die paar Seiten, die ich bis jetzt gelesen habe, haben mich ein kleines bisschen (zumindest zeitweise) mit ihr versöhnt. Schön fand cih auch die Beschreibung, dass Clement sie trotzdem geliebt und geküsst hat, was seine Reinherzigkeit absolut beweist.
Ich hätte Clement am liebsten geschüttelt, ich kann mir nicht vorstellen dass Agnes einem Mann treu sein kann.
Zitat von »CharlieLyne« ...er ist auch ein Weggestossener, Alleingelassener, unsaeglich Enttaeuschter.
Diese Begriffe assoziiere ich viel eher mit Aimery, obwohl das Leben beider mehr Parallelen aufzeigt, als ihnen lieb sein dürfte. Beiden fühlen sich einsam, keiner bekam von Vater die Liebe und Anerkennung, die er sich gewünscht hätte.
Es ist nicht so, als würde ich Gilberts Beweggründe gar nicht nachvollziehen können, doch er ist in seinem Denken und Tun unheimlich auf Aimery fixiert, sodass bei all dem Neid und Hass andere, vielleicht auch positive Aspekte seines Wesens wenig zur Geltung kommen. Wenn man bedenkt, dass Helewises Tod schon so viele Jahre zurück liegt, kommt mir sein Schmerz noch sehr frisch vor.
Aimerys Liebe zu seiner Arbeit, die Erfüllung durch das Handwerk, die ihn so sympathisch macht, geht Gilbert beispielsweise völlig ab. Er hat weder Talent noch das Herzblut für den Bau eines Schiffes, seine Motivation entspringt lediglich dem Wunsch, Aimery eins auszuwischen. Gilbert gibt vor jemand zu sein, der er nicht ist. Ein Schauspieler, der sich gut verkaufen kann.
Genauso kommen mir die Beiden vor, dazu ist Gilbert durch und durch eifersüchtig auf Aimery.
Zitat von »€nigma« Sehr unsympathisch finde ich übrigens Isemay, über die hier noch niemand ein Wort verloren hat. Ich stimme Dorothy in ihrer Schuldzuweisung für den Tod des kleinen Clement zu. Der Kleine könnte noch leben, wenn die dumme Gans auf ihn aufgepasst hätte, statt mit Ronald durch die Stadt zu ziehen.
Isemay hat die Kleinen ja in Symonds Obhut gelassen,.. ich kann sie verstehen.. jung.. verliebt – wie hätte sie ahnen können, dass ihre Nachlässigkeit grad an diesem Tag zu solch einem Unglück führt. Hier ist Dorothy allerdings nicht konsequent, soll sie die beiden doch rausschmeißen, wenn sie sie so sehr hasst, genauso Symond, dessen Anwesenheit ich als richtig unangenehm empfinde – aber dazu gefällt sie sich wohl zu sehr in der Rolle der Mutter Teresa.
Ich kann Dorothy sehr gut verstehen, zumal sie mit der Situation dass Isemay sich einen Liebhaber zugelegt hat überhaupt nicht klar kommt. Dotty hat die Verantwortung für Isemay und kann ihr Verhalten überhaupt nicht gutheissen.
Überlässt man einer Jugendlichen, fast selbst noch ein Kind die Verantwortung für andere Kinder? Ein sehr aktuelles Thema bei uns in der Schweiz. Am Freitag hat eine Mutter ihre 11-jährige Tochter mit zwei Kinder (6 Monate und 4 Jahre alt) einer Bekanten selbst mit dem Zug nach Hause geschickt. Nach der Zugfahrt stand ihnen noch ein ziemlich langer Fussweg ins Dorf bevor. Die Kinder sind dem Pfad dem Bach entlang gegangen und nicht der Strasse, warum weiss keiner. Jedenfalls mussten sie eine Furt überqueren, der Regen hat den Bach stark anschwellen lassen. Stunden später klopft die 4-jährige an die Tür eines Bauernhauses, die andern zwei Kinder werden vermisst, höchstwahrscheinlich hat das Wasser sie mitgerissen. Die Mutter hat die Kinder erst bei ihrer Heimkehr weit nach Mitternacht vermisst.
@all:
Ich habe heute den vierten Teil angefangen und bin erschüttert
von der Zerstörung in Portsmouth, dem Tod des Kleinen und Großen Clement, sowie Agnes. Klar mochte ich sie immer noch nicht 100%ig, aber sie hatte definitiv einen größeren Platz in meinem Herzen als ihr dämlicher Bruder, der ja unbedingt davonkommen musste! Keine Kritik an dich, Charlie, im echten Leben ist es auch so. Und die Art, wie Agnes gestorben ist, vergönnt man natürlich keinem Menschen, auch einer wie Agnes nicht.
Aufregen tu ich mich immer noch über Gilbert und seine Machenschaften. Da kann man sagen, was man will: Wenn er nicht im Buch stirbt, dann steig ich zwischen die Zeilen und helfe demnächst nach!
Zu den Überlebenden: Irgendwie finde ich es gut, dass Dorothy auch den Verlust erleben musste und nicht gänzlich unverschont blieb. Dass es dabei den kränklichen, heißgeliebten Sohn getroffen hat, fand ich sogar "gut", denn 1. finde ich Richilda eh viel besser und 2. hätte der kleine Clement später vermutlich ein genauso jämmerliches Bild abgegeben wie sein Vater. Nein, mein Herz war und ist bei seiner Schwester.
Bei Gilbert helfe ich dir gerne nach, ich hätte aber noch weitere Kandidaten die man gleich mit abhandeln könnte.
Dass Richilda überlebt und nicht ihr Bruder hat mich irgendwie auch gefreut, ich denke Richilda hatte grundsätzlich die besseren Konditionen zum überleben.