Justine: ein Weltklassiker!
In meinen Augen ist Justine von Marquis de Sade ein Weltklassiker. De Sade zeigt in seinem Werk auf, dass die Tugend in dieser Welt/Gesellschaft keine Chance hat, wenn es die anderen nicht zulassen. Jeder der de Sade kennt, weiß, dass er zur damaligen Zeit noch lange nicht so "sadistisch veranlagt" war, wie es ihm die Menschen aus heutiger Zeit aber nacheifern wollen und den großen Meister 'de Sade' immer als Vorbild nennen. Wenn man de Sade kennt, dann weiß man, dass es die Anfänge des Sadismus waren, denn de Sade war zwar zu seiner Zeit mutig, aber wohl auch nicht mutig genug, falls in ihm weitaus mehr Gewalt steckte, was er uns geschickt zu verbergen versuchte. In meinen Augen wurde das Wort Sadismus nur durch ihn bzw. von seinem Namen abgeleitet, aber das, was dahinter verborgen steckt, existierte meines Erachtens schon seit 'Urzeiten'. Nur niemand hat sich getraut, über diese Art von Sexpraktiken bzw. Empfindungen zu schreiben oder laut in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen. Nicht umsonst war z. B. der Analverkehr strafbar, der heute zum Beispiel niemanden mehr hinter Gitter bringt oder ihm sein Leben kostet und zur damaligen Zeit als beliebtes Wundermittel zur Verhütung verwendet wurde. (Und dass hierbei nicht die Verhütung im Vordergrund stand, ist uns doch wohl allen klar.) De Sade war mit seinen Werken nur der Anlass sozusagen die Ursache dafür, dieses Wort von seinem Namen einfach abzuleiten, das aber schon immer existiert hatte. De Sade war keinesfalls der Begründer des Sadismus. Und wer das glauben mag, glaubt wohl heute noch an den Weihnachtsmann.
Wenn man Justine gelesen hat, dann weiß man, dass de Sade nicht nur süchtig nach extremen Sexpraktiken (... abartige und von der Gesellschaft nicht anerkannte Sexneigungen/-praktiken: siehe hierzu auch die Worterklärung Paraphilie bzw. Schriften von Erich Fromm...) war, nein, er war eigentlich auch ein richtiger Philosoph. Manchmal musste man Seitenweise seine philosophischen Ansichten und Betrachtungsweisen der Dinge lesen und ich muss zugeben, wenn man beim Lesen schon von vornherein etwas ermüdet ist, dann ermüden einen diese ellenlangen Phrasen ebenfalls. Schließlich will man ja nicht über Gott und die Welt lesen, wenn man sich de Sade gekauft hat, sollte man meinen. Da wäre man wohl mit Rousseau besser bedient gewesen oder hätte gewusst, auf was man sich da eingelassen hat. Also mir persönlich haben diese Passagen nicht so viel gebracht, wenn ich mir erlauben darf, dieses Meisterwerk zu kritisieren. Was ich auch etwas zu hart gefunden habe, weil's nun mal halt nicht die Schiene ist, die ich sonst so fahre, war zum Beispiel auch die Beschreibung mit den Hunden, die die Mutter 'zerfetzt' haben. Diejenigen, die das Werk Justine kennen, wissen, worüber ich spreche, und diejenigen, die das noch nicht gelesen haben, sollten sich an diesen Passagen einfach mit dem Lesen ein bisschen beeilen und sich nicht allzu lange damit aufhalten.
Ich stimme nicht mit allem überein, was Marquis de Sade geschrieben hat, aber ich bewundere seinen Mut, dass er es gewagt hat, in seiner Zeit über solche Dinge in der Öffentlichkeit zu schreiben bzw. seine geheimen, sexuellen Wünsche den anderen damit öffentlich kundzutun. Und dass es ihm am Ende mehr geschadet als genützt hat, wissen wir alle.
Nun, um abschließend zum Ende zu kommen: Justine ist, wie bereits erwähnt, in meinen Augen ein Meisterwerk und ich kann es jedem nur empfehlen. Um Justine lesen zu müssen, muss man nicht sadistisch veranlagt sein. Justine gibt aber ein wenig Einblick über das Lustempfinden sadistisch veranlagter Menschen. Und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, dann steckt doch in jedem von uns, ganz im Verborgenen, ein kleiner Marquis de Sade.;-)
Wie dem auch sei, ich gebe diesem Meisterwerk fünf Sterne mit Sternchen*****!
Es ist in meinen Augen ein Weltklassiker, der es verdient, nicht nur von Menschen gelesen zu werden, die de Sades Neigung teilen. Immerhin hat er, wenn man das so sagen kann, die Welt bewegt. Welchen Schriftsteller würde das nicht erfreuen? Also ich kenne keinen, mich eingeschlossen. Davon träumt doch jeder Schriftsteller. Ich auch. Und ich habe kein Problem damit, das auch zuzugeben.
Darja Behnsch
P. S.: