Ich finde die Antworten bisher sehr interessant. Und absolut diskussionswürdig.
Daher möchte ich mal meine Meinung preisgeben und ein paar angesprochene Dinge nochmals aufgreifen.
Es gibt Bücher, die das ganze Leben einer Person erzählen wie auch solche, die "nur" eine besonders eindrückliche Erinnerung / ein gewichtiges Ereignis im Leben einer Person schildern. Zählt ihr beides zu den Biografien?
Da bisher noch keine gegenteiligen Argumente vorgebracht worden sind, bin ich (immer noch) der Meinung, dass Biografien möglichst die gesamte Lebensspanne des Porträtierten umfassen sollten.
Es stellt sich dann jedoch die Frage, in welches Genre ein Buch gehört, das nur ein einzelnes Ereignis bzw. einen Lebensabschnitt im Leben einer Person beschreibt?
Welche Kriterien muss ein Buch erfüllen, dass es als Biografie gelten kann?
Für mich muss eine Biografie in der Art Informationen über die porträtierte Person vermitteln, dass ich diese Person nach der Lektüre verstanden habe. Das heisst, ich will wissen, was sie gemacht hat und vor allem auch: warum. Welche Motivationen hatte diese Person, welches Umfeld, welche Probleme, welche Möglichkeiten; welche (und da stimme ich mit LilliBelle überein) sozialen und politischen Zusammenhänge bestehen zu dieser Zeit. Aber dies sollte meiner Meinung nach nur soweit erläutert werden, solange es zum besseren Verstehen des Lebens der Person beiträgt.
Gleichzeitig möchte ich aber eine möglichst nicht-wertende Haltung des Autors der Person gegenüber. Nach dem Lesen möchte ich mir selber eine Meinung bilden können und nicht eine vom Autor aufgedrängt bekommen. Das bedeutet auch, dass Quellen und deren Qualitäten erläutert werden müssen.
Die Frage, ob eine Biografie (primär) unterhaltend sein darf, finde ich noch recht schwierig. Ich würde sagen ja, solange die beiden oben genannten Kriterien (neutrale und ganze Lebensspanne umfassende Beschreibung des Lebens mit allen notwendigen Informationen, dieses auch verstehen zu können), erfüllt sind. Ein Buch, in dem Dialoge vorkommen, die nicht genauso abgelaufen sind, wären nach meiner Definition also keine Biografie. Ich würde dies, wie Enigma, als Roman-Biografie oder biografischen Roman bezeichnen.
Aber gegen einen guten, persönlichen Schreibstil spricht natürlich nichts.
Kommt es lediglich auf den Menschen an, der porträtiert wird? Muss er zwingend berühmt sein? Oder kommt es mehr darauf an, dass dieser Mensch etwas Spezielles geleistet oder erlebt hat? Darf er eurer Meinung nach auch gänzlich unbekannt sein, ein ganz "normaler" Mensch?
Ich finde, dass absolut jeder für eine Biografie in Frage käme. Ob jeder interessant ist, ist dann eine andere Frage. Bzw. auch eine Frage der Art, wie das Buch aufgezogen wird.
Das Gesicht des Porträtierten muss nicht unbedingt auf dem Cover sein, aber es wäre natürlich von Vorteil, da es Aufmerksamkeit weckt.
Auf dem Cover sollte aber schon das Bild des Porträtierten abgebildet sein.
Hmm... Aber wenn ich von einer Person gar nichts weiss, nützt es mir ja nichts, wenn ein Bild von ihr auf dem Cover ist. Hätte ich da nicht mehr Informationen, wenn dargestellt wird, was die Person gemacht hat? Oder ein Ort, wo sie viel war?
Mir persönlich wäre wohl eine Biographie in Romanform am liebsten. Der Autor sollte mir das Gefühl vermitteln, er säße mir gegenüber und erzähle mir anschaulich das Leben der bestimmten Person. Dabei sollten aber die Fakten wahrheitsgetreu untergebracht werden und nicht etwas dazuerfunden werden, dass die Wahrheit verzerrt, nur um einen guten Roman schreiben zu können.
Ob man Biografien in Romanform oder anderer Form bevorzugt, hat wahrscheinlich darin die Ursache, ob man unterhalten oder informiert werden will.
Aber es dürfte schwierig werden, eine Biografie in Romanform zu schreiben, ohne etwas dazuzuerfinden. Dazu müsste man sehr viel über die Person wissen und das ist ja eben leider meistens nicht der Fall.
Da kann ich mich Enigma eigentlich nur anschließen, es sollten Menschen sein, die etwas "geleistet" haben, das können z.B. auch Schriftsteller sein.
Aber warum? Wir (also zumindest ich) lesen so viele Romane, in denen Figuren vorkommen, die nicht unbedingt was Spezielles geleistet haben, und trotzdem ist es spannend. Und nur, weil die Geschichte von in Biografien beschriebenen Menschen wahr ist, muss es was Ausserordentliches sein? Kann eine wahre Geschichte nicht auch einfach so interessant sein?