Was ist der Sinn des Lebens? Die berufliche Ausbildung erfolgreich absolvieren, heiraten, ein Haus bauen, Kinder bekommen - glücklich sein. Aber was ist, wenn man das eigentlich gar nicht möchte? Wenn man sich nicht von der Gesellschaft und dem eigenen Partner in eine Rolle zwängen lassen möchte, für die man gar nicht bereit ist? Ist es normal, nicht immer glücklich sein zu wollen?
Mit diesen Fragen wird die namenlose Protagonistin konfrontiert. Gerade als noch alles routiniert seinen Gang geht - ihr Mann sitzt Zuhause und liest, seine Frau hütet daheim die Kinder, die Geliebten räkeln sich im Bett einer Mietwohnung - möchte ihr Mann Emil endlich Kinder. Plötzlich soll sie sich von ihrem bisherigen Leben und ihrer Freiheit verabschieden: von drei Wochen Urlaub in einem fernen Land, vom Stadtleben, von ihrem Job und ihren Kollegen, von ihrer Affäre Leo. Stattdessen soll sie all das eintauschen gegen ein einsames Leben in einem Haus im Wald, dem Wechseln von Windeln, dem Erziehen der Kinder, eingeengt von Schein des Glücklichseins, während ihr Mann weiterhin zur Arbeit gehen wird und sie mit allem allein lässt. Als Emil schließlich ohne Absprache ein Grundstück kauft, ergreift sie die Flucht. Sie packt ihre Koffer und begibt sich auf eine Selbstfindungsreise, bei der sie endlich zu sich kommt und ihren Gefühlen Raum gibt.
Katharina Schaller greift in diesem Buch ein sehr wichtiges gesellschaftliches Thema auf, nämlich die von Frauen selbstbestimmte Kinderlosigkeit, die immer wieder auf das Unverständnis der Mitmenschen trifft.
Dafür wählt sie eine sehr markante Sprache, die sich innerhalb der Handlung genauso entwickelt und wandelt wie die Protagonistin selbst. So ist sie anfangs sehr distanziert und gefühlsarm, eine Aneinanderreihung von kurzen, prägnanten und einfachen Sätzen, die während der Reise immer ausführlicher, tiefgründiger und emotionaler, ja menschlicher werden.
Ich gebe zu, dass ich arge Schwierigkeiten mit dem ersten Kapitel hatte, sodass ich es mehrmals beiseite legen musste. Die Sprache war alles andere als gefällig, teilweise sehr ehrlich und authentisch, teilweise sehr vulgär, und das Fremdgehen nervte mich zutiefst, was jedoch zur persönlichen Entwicklung der Protagonistin beiträgt. Ab dem zweiten Kapitel fand ich dann endlich in die Handlung, entwickelte Empathie und Verständnis für die junge Frau und hatte das Buch noch am gleichen Tag verschlungen. Das offene Ende hätte nicht besser sein können. Die Autorin hat die wesentliche Frage beantwortet, der Rest wird dem Leser überlassen, sodass eigentlich jeder zufrieden sein sollte.
Dennoch gibt stellt sich mir die Frage, welche Rolle der plötzlich erwähnte Vater der Protagonistin spielen soll? Soll er lediglich ihre Bindungsängste erklären? In der Hinsicht hätte ich mir doch etwas mehr Klarheit gewünscht, da der fehlende Zusammenhang dieses Detail eher überflüssig macht.
Insgesamt gebe ich dem Buch 3 von 5 Sternen. Es war ein sehr ausdrucksstarkes Werk. In der Handlung selbst passiert zwar nicht viel, dafür umso mehr um die Person der Protagonistin. Dennoch ziehe ich zwei Sterne ab. Einen für das erste Kapitel, was für mich sehr unangenehm und langatmig war und durchaus hätte kürzer gefasst werden können. Ich spielte des Öfteren mit dem Gedanken, das Buch abzubrechen, bin nun aber ganz froh darüber, dass ich dran geblieben bin. Einen halben Stern ziehe ich für die teilweise sehr vulgäre Sprache ab und die andere Hälfte für die für mich zusammenhanglose Einführung des Vaters.