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    Wenn das Lamm zum Terrier wird


    Zu einem Zeitpunkt, als man nicht mehr damit rechnet, wird der Titel dieses Krimis doch noch erklärt, auf fast humorvolle Art. Humorvoll ist der zweite Band mit Jackson Lamb (seines Zeichens Chef der “lame-duck-Abteilung” des MI5 und Dorn im Auge seiner Vorgesetzten) übrigens auch, sehr britisch manchmal, aber das soll auch so sein.


    Jackson Lamb und seine Mannschaft, alles MI5-Mitglieder, die “aussortiert” wurden, weil sie eben so ihre Fehler gemacht haben, sitzen in Slough House fest. Das Abstellgleis für alle “slow horses” mit langweiligen Routinearbeiten, die sie zum Kündigen bewegen sollen.


    Doch glücklicherweise - für das Team und für den Leser - wird die “Idylle” durch einen wenig beachteten Mordfall gestört. Lamb nimmt Witterung auf und plant seine ganz eine Operation. Doch es geht nur wenig vor, denn zusätzlich zieht auch das Hauptquartier noch Leute ab. Denn wenn gerade Not am Mann ist, sind die “slow horses” dann doch gerade noch gut genug für einfache Aufträge.


    Wie gewohnt, schafft es Mick Herron, die Fäden und Erzählstränge und Örtlichkeiten am Ende zu verknüpfen und den krimierfahrenen Leser mehrmals in die Irre zu führen. Auch Jackson Lamb, der sich in Fälle verbeißt wie ein Bullterrier und vieles voraussieht, wird einmal überrascht.


    Wer UK-Krimis mit Geheimdiensteinschlag und unkonventionelle Erzählkunst sowie nicht-ausgelutschte Metaphern mag, wird an diesem Buch seine Freude haben. Trotz der langen Kapitel ein flotter Lesegenuss.


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    Historien-SciFi-Krimi auf britische Art


    Man wird hier von Stuart Turton auf skurrile Art auf einen britischen Landsitz versetzt, der langsam verfällt. Die Familie kehrt nicht oft zurück, da in der Vergangenheit ein tragisches Unglück an diesem Ort geschah.


    Doch dann, zu dessen Jahrestag werden Dutzende Personen (die wichtigsten lernt man kennen und die Namen sind auch im Umschlag und vorne im Buch zu finden), viele aus der oberen Gesellschaftsschicht, eingeladen um ein rauschendes Fest zu feiern.


    Zudem gibt es die Klassiker des Großbritannien von vor dem Krieg: (oberflächlicher) Prunk, Alkohol in Kristallgläsern, eine Jagd, Pferdekutschen, einen “Pestdoktor” und natürlich kein Telefon. Dieses Setting schreit geradezu nach einer ungewöhnlichen Handlung, um keine blasierte Langeweile aufkommen zu lassen. “Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle” bietet sie.


    Wunderbar erzählt aus der Ego-Perspektive eines auf Blackheath - so der Name des Landsitzes - gestrandeten Mannes, dazu noch im Präsens gehalten, kann man über die mehr als 600 Seiten mit ihm mitwandern, durch Räume streifen, durch den Wald hetzen und neben wichtigen Personen entlangschlendern.


    Wichtig deshalb, weil sie im Gespräch wesentliche Fakten verraten könnten, denn der gestrandete Mann muss ein Rätsel lösen, um dem mysteriösen Haus entkommen zu können. Wer ist der Mörder? “Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle” ist ein britisches “whodunnit”, das amateurhafte Ermittlungsarbeit und Gehirnjogging für den Leser (sich alle Details zu merken, ist fast unmöglich) mit einer Prise Science Fiction aus unserer Gegenwart in die Vergangenheit transportiert. Eine ungewöhnliche, aber durchaus packende Idee.


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    Blut, Gewalt und eine Geschichte voller Wendungen


    Debüt-Schweden-Thriller sind meist etwas sehr Spannendes für die Fans skandinavischer Krimis und Thriller. Dazu zählt auch “Opfer”. Der Titel passt zwar sehr gut, allerdings hätte sich dieser Thriller von Bo Svernström einen etwas unverwechselbareren Namen verdient.


    Auch wenn der Leser zwischendurch etwas mehr erfährt als Ermittler Carl Edson und sein Team, weiß die Geschichte dennoch an mehreren Ecken zu überraschen. Man hat genug Zeit, eigene Schlüsse zu ziehen und sich dann überraschen zu lassen, was davon stimmt.


    Svernström hat mit seinen Hauptfiguren abwechslungs- und facettenreiche Charaktere geschaffen, denen man ihre Geschichten und Einstellungen durchaus abnimmt. Schon aus diesem Grund, aber auch aufgrund des letzten großen Paukenschlags in “Opfer” wäre ich sehr gespannt auf eine Fortsetzung.


    Noch kurz zur Handlung: In und um Stockholm findet die Polizei alle paar Tage eine männliche Leiche. Sie wurden jeweils grausam gefoltert (tolle grausige Tatortbegehungen!) und scheine alle keine Engel gewesen zu sein. Hat ihr Tod also etwas damit zu tun, dass sie nicht nur “Opfer” sind?


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    Wenn ich nicht den Thread eröffne, sondern nur meine Rezension unten dranfüge, ist da auch nicht der Inhalt dabei. Und da sagt niemand was

    Dann ist es ja auch meist nicht mehr notwendig, da in aller Regel bereits genügend zum Inhalt geschrieben wurde. Aber bei einer Erstrezension sieht das anders aus, da ist dann der Threadersteller derjenige, der für die notwendigen Informationen sorgt. Aber das kann man eben alles in einem Post einstellen, gekennzeichnet nach Inhalt (mit Zitatquelle, falls man zitiert), Buchangaben, Autor und Meinung. Nur das Original (bei Übersetzungen) kommt natürlich in einen separaten Post, da man nur ein Buch verlinken kann. :wink:

    Verzeihung wenn ich das nochmal aufgreife. Ich verlinke meine posts, die Rezensionen, von hier auch anderswo und da will ich nicht bei manchen dann den Inhalt dabeihaben, wenn ich das auch sonst nicht mache. Soll/muss ich dann also warten bis jemand anders den Thread zufällig erstellt bis ich eine Rezension posten darf?


    edit: zudem es viele solche Beispiele gibt: Bo Svernström - Opfer / Offrens Offer

    das scheint mir auch genug zu sein, wurde dort drauf hingewiesen? Inhalt, Original? Davon ist zu Beginn nichts vorhanden, die weitere Poster haben das eben - weil es wohl einfach ihren Rezensionsgewohnheiten entspricht? Ich habe meine, andere haben ihre. Ich unterschlage den Inhalt nicht, wie andere, möchte ihn aber nicht in meinem Rezensionspost stehen haben. Könnt ihr das akzeptieren?

    Wenn ich nicht den Thread eröffne, sondern nur meine Rezension unten dranfüge, ist da auch nicht der Inhalt dabei. Und da sagt niemand was. :-k Ich mag das nicht, wenn jeder die Angabe bei sich reinkopiert. Die Rezension sind Eindrücke zum Gelesenen und dabei fließt die Geschichte auch mit ein in gewissem Maße, aber nicht als Klappentext.

    Kann mit den Vorgängern nicht ganz mithalten


    Die isländische Krimireihe mit den Drei-Buchstaben-Titeln hat eine neue Fortsetzung. Kommissar Huldar und Kinderpsychologin Freya ermitteln dieses Mal in einem verzwickten Fall rund um Mobbing unter Schülern, der auch Jahrzehnte zurückreicht.


    Die erste Hälfte des Buches plätschert - abgesehen von den Tatszenen - eher dahin, aber in der zweiten Hälfte entsteht dann schon eher das gewohnte pageturner-Gefühl. Viele beteiligte Personen und eine Reihe an Verdächtigen fordern aber auch ihren Tribut was in relativ viele Befragungs- und Verhörszenen mündet.


    Und trotz der fieberhaften Jagd nach dem Mörder bleibt auch noch Zeit, ein paar Blicke ins Privatleben der Protagonisten zu werfen, wenn auch nicht so intensiv wie in den Vorgängern, meiner Meinung nach.


    Viel Raum wird dem wichtigen und allgegenwärtigen Thema Mobbing eingeräumt. Diese Szenen und Rückblicke sind berührend, gut recherchiert und zeigen anhand der Beteiligten (Opfer, Mobber, Eltern, Schule) die weitreichenden Probleme gut auf.


    Alles in allem war dieser dritte Teil der Reihe etwas schwächer als die sehr starken beiden Vorgänger, weniger grausam und entsetzlich, auch wenn sich “R.I.P.” vor vielen anderen Thrillern nicht zu verstecken braucht. Auch wenn Freya gute Tipps liefert, kommt ihre Rolle diesmal nicht so stark an, der Fokus liegt sehr viel stärker auf Huldar und seinen Kollegen, insbesondere Chefin Erla.


    Auch das Setting in Island spielt in erster Linie nur bei den spannend zu lesenden (und wohl falsch ausgesprochenen) Namen und hin und wieder mit tiefen Temperaturen eine Rolle. Für Kenner der Reihe wirkt dieser Krimi ein bisschen wie ein Übergang, von Band 4 erwarte ich mir wieder mehr. Fürs Gesamtbild und die Entwicklung der Hauptpersonen kann man “R.I.P.” aber durchaus lesen.


    Neueinsteiger in die Huldar-Reihe sollten aber mit Band 1 (DNA) oder Band 2 (SOG) beginnen.


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    Über die wirklich wichtigen Dinge reden


    Dieser Krimi ist ungewöhnlich, er weicht vom “gewohnten” Format Mord - Polizeiermittlungen - langes Miträtseln - Lösung schon teilweise stark ab. Das mag zum einen daran liegen, dass die Autorin Tove Alsterdal ihre erzählerischen Stärken einbringen wollte, aber auch, dass ihr gesellschaftliche Themen am Herzen liegen und sie dazu auch ausführlich recherchiert.


    Die Schwedin verknüpft einen fiktiven Mord mit Stockholmer Vergangenheit (vieles rund um den Stadtteil und die Anstalt Beckomberga gibt es wirklich und geschah vor wenigen Jahrzehnten tatsächlich so) und den Lebensbedingungen von Rumänen, die nach Schweden betteln.


    Da die Ex-Frau des Opfers, Eva, beschuldigt wird, den Mord begangen zu haben, macht sie sich daran, das Rätsel selbst zu lösen. Der Leser erfährt viel von ihrer inneren Zerrissenheit und den Problemen, die sie aktuell belasten, aber auch welche sie früher hatte. Ihr Verhalten nach der Scheidung und die schwierige Beziehung zu ihrem Sohn macht es für sie nicht leichter und sie selbst erst recht verdächtig.


    Dass Eva auch noch zufällig am Tatort war, glaubt ihr dann natürlich niemand mehr. Aber sie ist entschlossen, die einzige mögliche Zeugin der Tat zu finden und nutzt das, um ihren erwachsenen Sohn Filip besser kennenzulernen. Der Krimi wandelt sich zu einem Roadtrip durch halb Europa, immer begleitet von Evas Gefühlschaos.


    Parallel passieren in Beckomberga noch einige andere Dinge und die Angst vor einem Serienmörder geht um. Auch dieser Erzählstrang bleibt trotz einer gewissen Spannung erzählerisch, schafft es nicht zu einem thrillerartigen Element zu werden.


    Am Ende ist dieses Buch ein Kriminalroman, bei der die Betonung auf der zweiten Worthälfte liegt. Statt Polizei und Befragungen stehen zwischenmenschliche Spannungen, Gesellschaftskritik und die leise Moral, mehr miteinander über wirklich Wichtiges zu reden, im Vordergrund. Nebenbei erfährt man einiges über Stockholms Bettlerszene und auch die Zustände in Rumänien.


    Wer sich darauf einlassen kann und keinen “klassischen” Schweden-Krimi erwartet, kann mit diesem Buch seine Freude haben.


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    Beckomberga, Stockholm: Hier lag einst eine der größten psychiatrischen Anstalten Europas. Inzwischen ist auf dem Gelände eine exklusive Wohngegend entstanden. Hierhin zieht auch Svante Levander mit seiner neuen Liebe.


    Als er auf dem Heimweg hinterrücks ermordet wird, fällt der Verdacht auf seine Ex-Frau. Sie wird verhaftet. Aber ist sie schuldig? Nur eine Person könnte bezeugen, was wirklich vorgefallen ist: eine Frau, die in unmittelbarer Nähe saß und bettelte. Doch die ist spurlos verschwunden.

    Kummer, Kitsch und Küsse


    “Im Freibad” ist ein Roman darüber, was eine Gruppe engagierter Menschen mit Unterstützung der Öffentlichkeit alles leisten kann, trotz großer Konzerne, mächtiger Leute und dem Geld, das die Welt regiert. Diese Utopie dreht sich hier um das titelgebende Freibad in einem Londoner Stadtteil.


    Wie überall wird auch dort gespart und so kommt es zu Schließungen von Geschäften und öffentlichen Einrichtungen. Der ganze Stadtteil trauert und nimmt es hin. Der ganze Stadtteil? Nein! Eine Gruppe unbeugsamer Schwimmer überzeugt eine junge Journalistin, um ihre Freizeiteinrichtung zu kämpfen.


    Die Idee ist okay, die Charaktere großteils auch, zwischendrin gab es für mein Empfinden ein paar zu viele Klischees, die unbedingt bedient werden mussten. Kate und Rosemary, die beiden Hauptfiguren, werden ausgiebig beleuchtet (werden mir zu sehr durch ihre Probleme, ihren Kummer definiert), wodurch für manch andere Personen wenig Raum bleibt.


    Der einfache Schreibstil (oder die Übersetzung?) ist relativ Metaphern-lastig, wovon einige neu sind oder in gewissen Szenen durchaus überraschen können, aber durch die Häufigkeit verlierst sich dieser Effekt bald.


    Generell ist wenig Überraschung möglich, der Verlauf erwartbar sogar mit der einen oder anderen Wendung. Gute Momente, wo ein bisschen gegen das Klischee gekämpft wird (Teenager krempelt sein Leben um und kommt von der “schiefen Bahn” noch weg) werden leider oft mit kitschigen Dialogen oder offensichtlichen Entwicklungen (warum braucht es noch die Lovestory?) plattgewalzt.


    Alles in allem ein netter Sommerroman, der gerne etwas Tiefe hätte, aber meiner Meinung nach im seichten Nichtschwimmerbereich stehen bleibt.


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    Oslo-Berlin-Moskau: ein tödliches Dreieck


    Dieser Thriller ist Tommy Bergmanns vierter Fall, der für mich bisher “ruhigste”, wenn man das bei Bergmann sagen kann. Ich tendiere sogar dazu, ihn eher als Krimi zu bezeichnen, was nichts Schlechtes sein muss.


    Gard Sveen widmet sich dieses Mal Norwegens Geschichte während der 1970er Jahre. Es war die Blütezeit der DDR, die Mauer wackelte nicht, Amerika misstraute Russland, Europa misstraute der DDR und Russland misstraute sowieso jedem. Überall wimmelte es von Agenten und Oslo bildete da keine Ausnahme. Tommy Bergmann war damals noch jung. Als er zu einem Leichenfund gerufen wird, ahnt er nicht, wie tief in den Kalten Krieg ihn dieser Fall noch führen wird.


    Die Stimmung in den Episoden, die in der Vergangenheit spielen, und sich mit den aktuellen abwechseln, ist gut eingefangen. Gut ist auch, dass darauf verzichtet wurde, Zitate der russischen Agenten mit Akzent niederzuschreiben. Dies kann bei wenigen Malen authentisch wirken, aber bei längeren Texten wie so einem Buch doch auf Dauer sehr anstrengend zu lesen sein.


    “Die stille Tochter” (auch wenn man Ende vermuten kann, worauf sich der Titel bezieht, der originale ist meiner Meinung nach treffender) ist ein durchwegs spannender skandinavischer Pageturner, der mich persönlich in zwei Aspekten ein wenig überrascht hat. In einem positiv, im anderen negativ.


    Positiv: Wir erleben Tommy Bergmann hier öfter ratlos, über lange Strecken von anderen Ermittlern, von ihren Geschichten und Hinweisen zur damaligen Zeit, abhängig. Er hat wenige seiner sonst so prägnanten “Amokläufe”, verrückte Alleingänge, Geistesblitze, die vielleicht nicht immer ganz nachvollziehbar sind. Im Gegenteil - er wirkt geerdeter, liebt die Tochter seiner Lebensgefährtin mehr als er zugibt, recherchiert ganz klassisch und lässt sich überdurchschnittlich viel auf die Sprünge helfen.


    Und hier sind wir auch schon beim negativen Aspekt. Ohne zu viel über die Auflösung zu verraten, sie ist zwar eine gute Wendung, aber kommt meiner Meinung nach am Ende etwas zu plötzlich daher. In dieser Form hätte es das einfach schon viel früher geben müssen, was natürlich zur Folge gehabt hätte, dass das Buch dann nur halb so dick geworden wäre.


    Wie gesagt, der Twist und der Weg dahin sind durchaus spannend und ein Tommy Bergmann ohne “Superkräfte” oder viel Action ist ganz sympathisch, aber auf den letzten rund 20 Seiten geht es dann ein wenig schnell, als ob die Luft raus wäre.


    Wer einen klassischen Skandinavien-Thriller-Einstieg ins Buch mag und das Abtasten und die Fallstricke zwischen den Protagonisten auf beiden Zeitebenen genießt, der wird aber dennoch an diesem Spionage-Krimi seine Freude haben.


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    Spannend und abwechslungsreich erzählter, real verankerter Krimi


    Fall 2 für Gina Angelucci, Mutter, Partnerin und Spezialistin für “Cold Cases” in München. Aus ein paar realen Dokumenten und Begebenheiten spinnt Inge Löhnig einen Kriminalroman um Heimat, Verbrechen und Schuld. Die Motive, nach denen Menschen Verbrechen begehen und begangen haben, sind oftmals “banal”, die Geschichten wie es dazu kam dafür meist sehr vielfältig.


    Dies trifft auch auf diesen Roman zu. Sobald in Altbruck, einem fiktive Dorf nach München, menschliche Knochen gefunden werden und Gina und Kollegen sich mit allen Mitteln in ihre Ermittlungen vertiefen, gerät das Buch zum Pageturner.


    Kurze Kapitel und schnelle Handlungswechsel zwischen Ginas Arbeit, ihrem Privatleben und dem Leben in Altbruck mitsamt den Problemen der Bewohner bringen angenehme Abwechslung rein. Gespickt wird alles mit Rückblicken ins Jahr 1944, dem Jahr, als die Morde an den nun gefundenen Opfern begangen wurden.


    Es ist faszinierend zu lesen, wie die Abteilung für ungelöste Fälle mit einer Mischung aus der üblichen Tatortarbeit, modernen wissenschaftlichen Methoden, mühsamen Befragungen und (Internet-) Recherche langsam und stetig Puzzleteil für Puzzleteil zusammensetzen und Identitäten, Umstände, Beteiligte, Mitwisser langsam freilegen.


    Das Ende hat mehrere Facetten und lässt einen zwiegespalten zurück. Es ist wohl wie im realen Leben auch: Es gibt schöne Momente, berührende und solche, die man gerne anders gehabt hätte. Nicht alles lässt sich klären, Krimis sind kein Wunschkonzert.


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    Ein paar Stunden “Echtzeitthrill” mit Zack Herry


    Das Duo Mons Kallentoft und Markus Lutteman ist in dieser Formation ein letztes Mal* mit Zack Herry zurück. Der streitbare Stockholmer Ermittler einer Sondergruppe ist diesmal in einem der schwierigeren Vororte im Einsatz. Stallhagen beherbergt viele Flüchtlinge in günstigen Wohnungen, die Arbeitslosigkeit ist hoch und nach und nach gibt die offizielle Hand diesen Teil auf.


    Bis auf eine Person: Helene Svensson. Sie kämpft als Sozialarbeiterin für die Menschen in Stallhagen, hilft bei Behördengängen und hat immer ein offenes Ohr. Doch plötzlich scheint sich “ihr” Stadtteil gegen sie zu wenden.


    Zack und seine Kollegin Deniz machen sich auf die Suche nach Helene und erleben dabei allerlei skurrile wie gefährliche Episoden zwischen den heruntergekommenen Häusern. Spannung, Drama und Blut inklusive. Alles typisch für die Reihe um Zack Herry.


    Aber im Vergleich zu den Vorgängerbänden ist auch einiges anders. Der Fokus auf dem Schauplatz “Vorort”, auf den beiden Ermittlern ist noch stärker und somit gibt es kaum Szene von außerhalb und auch von den anderen im Team, deren Rolle ist eher klein. Auch die anderen Charaktere, die nicht der Sondereinheit angehören, haben noch klarere Nebenrollen als bisher.


    Für Einsteiger in die Serie bietet “Der Schrei des Engels” einen Vorteil, aber doch viele Nachteile. Der Vorteil: Man erlebt Zack fast nur als den der handelt, er ist in der Action gefangen und kann daher nicht zu sehr “abdriften”, seine dunklen Seiten nehmen nicht so viel Raum ein.


    Die Nachteile: Sämtliche wichtigen Personen werden kaum bis gar nicht mehr eingeführt, auch die sonst vertrauten Orte in Stockholm spielen aufgrund der Fokussierung auf Stallhagen keine Rolle. Es gibt bis auf wenige Rückblicke im Grunde keine Nebenhandlung.


    Aber: Somit gibt es auch keine Ablenkung, der Erzählstrang mit Spannungsbogen kann sich fast durchgehend aufbauen, was den Thriller schon sehr bald zum Pageturner macht. Die 351 Seiten fliegen flott vorbei, begünstigt von den vielen kurzen Abschnitten, die immer von der Uhrzeit eingeleitet werden. Schnelle Leser sind also fast in Echtzeit bei Zack dabei.


    *Band 5 wird Kallentoft mit Anna Karolina schreiben


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    Inhalt:


    Eine junge Frau wird im Stockholmer Vorort Stallhagen entführt und verschleppt. Um sie zu retten, muss sich Zack Herry auf ein Spiel auf Leben und Tod einlassen. Doch sein Gegenspieler ist Augias Longfellow, der weiße Nigerianer. Longfellows Leute haben die Macht in Stallhagen und denken nicht daran, den Sonderermittler entkommen zu lassen...

    Als der schwedischen Polizei ein Video unterkommt, auf dem eine junge Sozialarbeiterin im Stockholmer Vorort Stallhagen zusammengeschlagen wird, reagiert sie umgehend. Doch die am Tatort eintreffenden Streifenwagen geraten unter Beschuss und von der Frau fehlt jede Spur.

    Daraufhin wird die Sonderermittlungseinheit hinzugezogen, zu der auch Zack Herry und seine Partnerin Deniz gehören. Zack erfährt, dass ein gewisser Augias Longfellow, der weiße Nigerianer, im Bezirk Stallhagen das Sagen hat. Er findet ihn, doch Longfellows Hinweise haben einen hohen Preis. Im Gegenzug für seine Hilfe verlangt er, dass sich Zack auf ein Spiel einlässt. Schafft er es nicht, die Frau in dem von ihm festgelegten Zeitraum zu finden, eröffnen Longfellows Leute die Jagd auf ihn und die verletzte Sozialarbeiterin.

    Zack weiß, dass er dieses Spiel um jeden Preis gewinnen muss. Denn Zack und die verschwundene Frau verbindet ein dunkles Geheimnis...


    In Südafrika ist kriminell viel los


    Dieser Südafrika-Krimi ist der fünfte einer Reihe rund um den Wissenschaftler Frank Sattler. Er lässt sich aber sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen, daher denke ich, dass das bei den anderen vieren aus so klappt.


    Aus Frank wurde ich bis zur Hälfte des Buches nicht ganz schlau, er hilft seinem Freund, aber dann gibt es ein paar explizite Szenen die mich an seiner geistigen Verfassung etwas zweifeln ließen. Am Ende hat er dann das Herz am rechten Fleck und setzt auch seinen Verstand gewinnbringend ein. Kein klassischer Ermittler, aber er hält sich wacker. Vor allem im Zusammenspiel mit den anderen Hauptfiguren wirkt er nach und nach überzeugender und glaubwürdiger.


    Auf spannende Art und Weise schafft der Autor es hier, mehrere zuerst stark unterschiedliche Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen. Allzu viel lässt sich da leider nicht analysieren, um nicht zu spoilern, aber die Entwicklung im Krimi sowohl der Geschichte als auch der Charaktere ist großteils stimmig, die Fäden fügen sich gut zusammen. Dass nach und nach Personen hinzukommen, lässt die Story mit der Zeit fast überladen wirken, aber man kann noch gut folgen.


    Für mich eher nervig und überflüssig: die wiederkehrenden Anspielungen à la “er ahnte nicht, wie sehr er irrte”. Manchmal ist auch Sattler etwas gutgläubig, wo man als Leser anhand gewisser Sätze sofort ahnt, dass jetzt dies und das passiert sein muss, nur Frank passt nicht auf.


    Kleine Schwäche: Manche Abschnitte sind doch stark detailliert ausgearbeitet, wohl auch um das Land Südafrika mehr zur Geltung zu bringen und die Geschichte zwischendurch nicht zu “örtlich austauschbar” zu machen. Leider ist auf dem Buchumschlag ein Name falsch geschrieben, das sollte nicht passieren. Dafür positiv: nur sehr wenige Fehler, bei einem kleinen Verlag ohne großes Team ist das nicht selbstverständlich.


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    Es schließt sich nur ein halber Kreis


    Der Großteil der Handlung dieses Skandinavien-Krimis, die vor allem in Oslo und Stockholm angesiedelt ist, spielt um 1942 und 1967. Wir begleiten mehrere Hauptpersonen in diesen Jahren, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Ester, engagierte Widerstandskämpferin und Jüdin, flieht nach Schweden und verliert ihre Familie an die Nazis. Sie hilft weiterhin Flüchtenden und spioniert gegen Deutschland.


    Zur selben Zeit geschieht ein Mord, Esters beste Freundin stirbt. 1942 haben nicht viele Personen Interesse daran, die Tat aufzuklären und so schleppt sie diesen Schatten immer noch mit sich herum, als sie 25 Jahre später wieder in einem freien und sicheren Oslo lebt. Auch unter ihren ehemaligen Mitstreitern gibt es noch welche, die die alten Zeiten nicht ruhen lassen können.


    Die spannende und gut aufgebaute Idee des Romans (er zieht sich gewissermaßen bis 2015!) verläuft leider, je länger das Buch dauert, immer mehr in Ungenauigkeiten, offenen Fragen und zu vielen Andeutungen. Dieser “nebulöse” Stil passt noch zu Beginn des Krimis, aber über die Dauer der vielen Belauerungen, Geheimnisse und Lügen hätte man sich doch mehr Greifbares gewünscht. Ja, zwei große “Haupträtsel” werden erklärt, das eine besser, das andere schlechter.


    Dennoch hat man das Gefühl, dass den mit Fingerspitzengefühl aufgebauten Charakteren plötzlich nicht mehr die Ehre zu Teil wird, die man erwartet hätte. Es bleibt auf der einen Seite viel Interpretationsspielraum (wobei nicht ersichtlich ist, warum eigentlich) und andererseits fehlen in den aufgeklärten Teilen der Geschichte wichtige Erläuterungen.


    Unter diesen Aspekten, ist der Kreis, der sich am Ende schließen soll, bestenfalls ein halber.


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    Literatur, die immer aktuell sein wird


    Wer “Eine Geschichte von Liebe und Finsternis” von Amos Oz gelesen hat, wird manche Begegnungen, Szenen und Charaktere in diesem Buch möglicherweise leichter begreiflich finden als ohne dieses “Vorwissen” um den so eigenen, sehr metaphorischen und dann wieder unverblümten, direkten Stil des Jerusalemer Autors.


    “Wo die Schakale heulen” entstand vor Oz’ autobiografischem Epos und erschien im Original 1965. Es enthält zehn Kurzgeschichten, fiktive Episoden und Einblicke in das damalige Israel und seine leidgeprüften Einwohner.


    Es ist kein Roman, den man so eben nebenbei als leichte Lektüre lesen kann, die Geschichten eint allesamt dass sie kaum, eigentlich gar keine, heitere Momente besitzen. Humor findet sich nur zwischen den Zeilen, in einzelnen Bemerkungen oder Gedanken entweder eines der Personen oder des Erzählers.


    Oz beherrscht meisterlich, feinste Stimmungen und Schwingungen zwischen Charakteren entstehen zu lassen, ohne etwas darüber niederzuschreiben. Er lässt das meiste im Kopf des Lesers entstehen, so lange bis man sich fragt, ob man da nicht doch zu viel hineininterpretiert hat?


    Und dann wieder, ganz plötzlich, schwenkt die Situation um und er präsentiert mit wenigen Sätzen eine so intensive, überraschend direkte, fast brutal ehrliche Szenerie, die auch so schnell wieder vorbei ist, dass man als Leser kaum Zeit hat, davon abgestoßen zu werden.


    Die zehn Geschichten lassen sich zwar auch rein als Einblick in die damalige, uns ferne Welt verstehen, dennoch bieten sie allesamt die Möglichkeit, Gleichnisse zu entdecken, Kritik an Umständen, der Gesellschaft und anderem, die auch heute und auch außerhalb Israels ihre Gültigkeit haben.


    Werke von Amos Oz sind jedem zu empfehlen, der Lust auf anspruchsvolle, tiefgehende Literatur hat, aber die “klassische Weltliteratur” schon kennt oder nicht lesen möchte. Es ist nur wichtig, sich auf dieses Abenteuer einzulassen, nicht vom ungewohnten, schwierigen Beginn abschrecken zu lassen, den Oz einem neuen Leser zweifellos bieten kann.


    Wer es sich zutraut, sollte meiner Meinung nach gleich mit “Eine Geschichte von Liebe und Finsternis” starten, aber ansonsten ist “Wo die Schakale heulen” ein guter Einstieg und stilistisch sogar der etwas schwierigere. Durch die kurzen Episoden, die über mehrere Jahre entstanden sind, merkt man, dass der Stil noch nicht ganz der ausgereifte ist wie im großen Roman, er schwankt noch stärken zwischen den Extremen.


    Dass Amos Oz seine Werke nicht mehr überarbeiten kann (er verstarb 2018), ist einerseits schade, andererseits hat er durch seine erzählerische Gabe Texte geschaffen, die in vielen Aspekten so universell sind, dass sie mehrere Generationen später als Gesamtkomposition nichts an Eindringlichkeit verloren haben. Oz blickt seinen Protagonisten tief in Kopf und Seele und extrahiert mittels weniger Wörter und Sätze ihre ureigenste Menschlichkeit. Und solange es Menschen auf der Erde gibt, ganz egal was und wie wir uns verändern, solange bleibt diese Form der Literatur aktuell.


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    Als Autor trat Amos Oz auf ihn bezeichnende Weise zum ersten Mal 1961 an die Öffentlichkeit, mit einem politischen Essay sowie einer Erzählung. Es folgten mehr als zwanzig Romane, Erzählsammlungen und Essaybände. In Wo die Schakale heulen, seiner ersten Buchpublikation aus dem Jahre 1965, acht Erzählungen, die erstmals in deutscher Übersetzung vorliegen, ist in exemplarischer Weise mitzuerleben, wie Oz zu dem Schriftsteller geworden ist, der er ist.


    In den Erzählungen sind alle den Autor prägenden Themen bereits versammelt: Der eminent politische Oz erzählt vom Kibbutzalltag in feindlicher Umgebung. Dabei zeigt sich: Politische Gegebenheiten sind äußerst wichtig für das individuelle und kollektive Handeln. Im Heulen der Schakale jenseits der Zäune ist der israelisch-palästinensische Konflikt präsent. Das Außen, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, erklärt jedoch nicht hinreichend das Verhalten der Einzelnen: Es hängt im gleichen Maße ab von den Traditionen, den Phantasien, dem Glauben. Auch in den frühesten Erzählungen erweist Amos Oz sich als Meister im Verfolg der luzidesten Regungen seiner Personen, die sich auf keinen vorgefassten Begriff bringen lassen. Hier haben die traumhaft-utopischen Aspekte seiner Bücher ihren Ursprung – auch wenn die Hoffnungen von Autor und Protagonisten auf politischer wie individueller Ebene nie in Erfüllung gehen.

    Eine jazzige Achterbahnfahrt mit viel Humor und wunderbarem Protagonisten


    Dieser britisch-humorige Musik-Krimi ist ein kunterbuntes und abwechslungsreiches Lesevergnügen. Nicht nur für Katzenbesitzer oder jene, die Katzenbesitzer und ihren Umgang mit den Vierbeinern kennen, nicht wahr? Ja genau.


    Der Londoner Vinyl-Enthusiast und Klang-Fetischist, dessen Name nie genannt wird und der aus der Ego-Perspektive erzählt, ist selbsternannter Detektiv. Er spürt wertvolle Platten auf, die er hortet und gewinnbringend verkauft, wovon er teilweise mehr schlecht als recht seinen Lebensunterhalt bestreitet.


    Als er gar nicht damit rechnet, heuert ihn eine schöne Frau, hinter der ein Auftraggeber steckt, an, um eine bestimmte Schallplatte aufzutreiben. Ihre vorübergehende Gesellschaft und viel Geld als Belohnung winken


    Auf dieser Reise kreuz und quer durch London und durch Vereinigte Königreich und sogar nach Amerika lässt der Namenlose den Leser auf locker flockige Weise einerseits an der Story selbst teilhaben, aber flicht auch wunderbar unaufgeregt zahlreiche Details zu Sound, Abspielanlagen, Aufnahmestudios und vielerlei technischen Finessen zwischendurch ein. Diese Teile lassen sich natürlich auch querlesen, aber sind so anschaulich erzählt, dass sie auch für Nicht-Vinyl-Freaks eine schöne Ergänzung darstellen.


    Die Suche verläuft natürlich weder einfach noch ungefährlich, sonst wäre es ja kein Krimi. Tatsächlich dauert es etwas, bis auch dieser Handlungsteil voll in Fahrt gerät, aber dann ist er nicht zu bremsen. Andrew Cartmel, selbst Jazzfan natürlich, hat hier eine wundervolle Hauptfigur geschaffen. Bodenständig, katzenliebend, loyal und ein bisschen neurotisch wie wir alle, kommt es einem am Ende des Buches vor als wäre der Vinyl-Detektiv ein alter Bekannter. Und man freut sich schon auf die geplanten zwei weiteren Romane, sobald sie auf Deutsch erschienen sind. Wer weiß, vielleicht erfährt man ja auch noch seinen Namen?


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