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    Mahnend und drastisch


    Vielleicht nicht morgen, aber unser Planet bekommt durch uns Menschen auf jeden Fall ernste Probleme. Unter den meisten ist es unbestritten, dass etwas passieren wird und dass wir einiges ändern müssen.


    Mit “2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt” gibt es einen weiteren Roman/Thriller der diese Thematik aufgreift. Mittels einer fiktiven, teils sehr drastischen Geschichte rund um eine junge Frau, die beschließt, die Untätigkeit der Obersten nicht länger hinzunehmen.


    Die Handlung spielt in näherer Zukunft, Extremwetterereignisse passieren quasi monatlich und viele Städte an Deutschlands Küsten sind regelmäßig überschwemmt, in Asien wurden Mauern gegen den steigenden Meeresspiegel gebaut, und diverse Inseln gibt es nicht mehr. Alles Science Fiction?


    Möglich. Aber das Buch zeigt auch, dass radikale Kräfte in solchen Krisen Nährboden finden, dass die Politik hilflos ist, teilweise auch aufgrund des Mehrheitsprinzips, und dass die Reichen letztendlich aufgeben und nur mehr ihren Hintern retten wollen.


    Viele Elemente dieser Geschichte kommen uns frappierend vertraut vor. Auch die Verzweiflung, die Menschen wie hier Leela (gesprochen Lila) Faber innerhalb von nur zwei ereignisreichen Wochen zu schier unfassbaren Taten zwingt.


    Noch sind solche Bücher unterhaltsam, wenn auch mahnend. Tun wir alles dafür, dass das so bleibt.


    Noah Richter ist ein Pseudonym von Uwe Wilhelm.


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    Ein deutscher Harry Hole?


    Ein Sonderermittler ohne Vorname, skurrile Kollegen und ein reduzierter und gleichzeitig fantastischer Erzählstil machen Jan Seghers’ Roman zu einem speziellen Krimi. Neuhaus, so der Nachname, bekommt es mit extremistisch motivierten Taten in Berlin zu tun und geht alles auf die ihm eigene, verschlossene Art an: nicht umsonst nennen ihn viele nur den “Solisten”.


    Neuhaus ist wortkarg, analytisch, aufmerksam und irgendwie immer auf dem Sprung, nirgends zuhause. Zum Teil ist seine Vergangenheit dafür verantwortlich, doch allzu viel erfährt der Leser nicht. Aber das Ende könnte auf eine Fortsetzung mit Neuhaus hindeuten, wo es dann mehr Details zu seiner Vergangenheit gibt.


    Der etwas eigenbrötlerische Ermittler tritt bei seinem Kampf gegen das Verbrechen schon einmal anderen auf die Füße und ist sich nicht zu schade, sich auch mit der eigenen Behörde anzulegen wenn nötig. Festgefahrene Muster sind ihm zuwider, auch wenn er nach außen hin wenig dagegen tut. Er lebt nach seinen Maßstäben und fährt gut damit.


    Er ist weniger “Skandalnudel” und Actionheld als Harry Hole, aber es gibt Ähnlichkeiten. Durchaus vielversprechende.


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    Frauenpower in allen Gesellschaftsschichten


    Candice Fox schafft es immer wieder, Figuren zu erfinden die so eigen und skurril sind, dass man sie einfach mögen muss, egal auf welcher “Seite” sie stehen. Bisher kennt man die Autorin durch die “Hades”-Reihe und die Bände mit Ted Conkaffey.


    Ihr neuester Thriller spielt in Los Angeles und lässt Frauenpower sprechen. Und zwar sehr vielfältige. Fox’ Heldinnen sind keine duckmäuserischen, auf Hochglanz polierte Vorzeigefrauen. Sie sind teilweise das genaue Gegenteil, aber auf eine unterhaltsame, verständliche Weise. Tough, ehemals im oder knapp vor dem Gefängnis stehen sie täglich vor neuen Probleme: schlechte Jobs, Kriminalität, Behörden-Willkür oder Diskriminierung.


    Der Fall einer vermissten jungen Frau führt letztendlich vier Frauen zusammen, die - nicht immer in Harmonie, aber mit Beharrlichkeit - durch ihre Ermittlungen einigen Männern und Verbrechern auf die Füße treten.


    Wie immer bei Candice Fox gibt es auch härtere Szenen, etwas Blut und Schusswaffengebrauch, aber sie ergießt sich nie seitenlang in Gemetzel oder übertrieben detailliert dargestellten Mordszenen. Kurze Abschnitte und kleine Rückblenden sowie die so unterschiedlich verlaufenden Schicksale der Protagonistinnen machen diesen Thriller zu einem unterhaltsamen, spannenden und kurzweiligen Lesevergnügen.


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    Fakt und Fiktion über Grenzen hinweg


    Nick Marzek ist fast schon ein “fiktiver klassischer, moderner deutscher Ermittler”. Er hat so seine Problemstellen, die ihn verfolgen und hält sich durch seine Arbeit aufrecht. Er hat einen Sohn der gerade erwachsen wird und ansonsten nicht viele Freunde oder Kontakte. Seine intensivsten Gespräche führt der Berliner, der nach München zog, wohl am ehesten mit Zeugen und Verdächtigen.


    Hätte der Krimi eine stärkere humoristische Ader, hätte man aus dem Berlin-München-Gegensatz noch mehr rausholen können. Aber der Ton ist grundsätzlich eher sachlich und ernst, daher wird dieser Aspekt nicht zu sehr ausgereizt.


    Über Zeitungsartikel, Filme und Musik wird die Atmosphäre und die zeitliche Einordnung (Achtzigerjahre) dafür gut dargestellt, ohne zu viel Raum einzunehmen.


    Wichtiger sind im Krimi natürlich auch die Verbrechen. Und diese sind teilweise tatsächlich passiert. Der Autor hat in der jüngeren deutsch-italienischen Geschichte recherchiert und Fälle gefunden wo bis heute einiges unklar geblieben ist. Er verarbeitet zwei reale Personen in einem unterhaltsamen und realitätsnahen Kriminalroman.


    Realitätsnah auch deshalb weil es immer wieder Kapitel gibt, die die mühselige Ermittlungsarbeit (noch dazu im Ausland und 1984) gut wiedergeben. Das macht aus “Die Krieger” nicht direkt einen bedingungslosen Pageturner. Wer sich darauf einlassen kann wird hier aber gut unterhalten. Zudem gibts einen kleinen Italienisch-Kurs und ein ausführliches Nachwort von Martin Maurer. Hier wird angedeutet, dass Nick weitere Auftritte bekommen soll. Das lässt hoffen und verzeiht so manchen losen Faden am Ende.


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    Agatha Christie trifft Snowboard


    Kurze Abschnitte und fast durchgehend wechselnde Erzählebenen machen diesen hochalpinen Thriller zum flotten Pageturner. Spannung und Cliffhanger (wenn der Erzählstrang aus der Vergangenheit die Gegenwart unterbricht) sind in ausreichendem Maß vorhanden.


    Fünf ehemalige Freunde und Profi-Snowboarder, die sich ein Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben, treffen sich auf einem verschneiten Gipfel wieder. Sie teilen ein düsteres Geheimnis, aber einer von ihnen ist noch dazu ein Mörder. Schon bald nach ihrer Ankunft gehen merkwürdige Dinge vor sich.


    Die fünf sitzen fest - physisch und psychisch. Die gemeinsame Zeit wird zum Psychospiel. Wem kann man trauen? Bis auf ein, zwei Details ist auch die Auflösung durchaus glaubhaft. Stimmig ist sie auf jeden Fall.


    Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Milla, die einerseits immer als “zu tough für ein Mädchen” gesehen wurde, aber in ihrem Inneren viele Zweifel, Ängste und Sehnsüchte versteckt, wie wohl jede Frau sie manchmal hat. Durch ihre Grübeleien und die Rückblicke erfahren wir, was die fünf zusammengeführt hat und was sie trotz der Zeit die vergangen ist, immer noch aneinander kettet.


    Der Stil ist knapp und prägnant, verliert sich nur etwas wenn die Protagonistin zu viel nachdenkt. Da fast alle Personen Snowboarder sind beziehungsweise waren, dreht sich die Geschichte abseits der Geheimnisse natürlich darum. Es wird einiges erklärt, Sprünge, Ausrüstung, technische Details.


    Das könnte für Wintersport-Neulinge etwas viel sein, aber auch eine Möglichkeit bieten, einen neuen Sport für sich zu entdecken. Auf youtube finden sich auch Videos, um die beschriebenen Gedanken und Bewegungen einmal in Aktion zu sehen. Wer das vor oder begleitend zur Lektüre macht, kann für sich aus dem Buch noch mehr herausholen und versteht die Charaktere dann sicher einen Tick besser.


    Der Aufbau des Thrillers ähnelt manchen Klassikern der Kriminalliteratur, wo ebenfalls eine Gruppe von Verdächtigen an einem Ort festsitzt. Die Autorin Allie Reynolds (selbst ehemalige Profi-Boarderin) vergleicht ihr Buch auch selbst mit “Und dann gabs keines mehr“ von Agatha Christie.


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    Nichts für schwache Nerven


    Amerika hat generell viel zu kämpfen mit seinem Image und seiner Politik. In diesem Thriller spielt dies keine Rolle, aber das Land kommt auch nicht so gut weg. Vollgepackt mit kriminellen Banden, Abzockern, Waffennarren und mörderischen Hinterwäldlern fliegen dem Leser die Schrotkugeln nur so um die Ohren.


    Ja, es wird blutig und grausig, zu genau sollte man sich die diversen Unfälle, Attentate und Verfolgungsjagden nicht vorstellen. Aber die versteckten Reminiszenzen an bekannte Action-Filme haben schon ihre Berechtigung. Als würden Mr. und Mrs. Smith Filme wie “Kill Bill” oder “Stirb langsam” alle am Stück abhandeln.


    Apropos Stück: “Love & Bullets” sind im Original eigentlich drei einzelne Bücher, die hier in der deutschen Ausgabe zurecht zu einem zusammengefasst sind. die 427 Seiten sind flugs gelesen und man erspart sich so sehr fiese Cliffhanger und offene Enden.


    Erst die “Trilogie” rund um Bill und Fiona, ehemalige Gangmitglieder und nun auf der Flucht, eröffnet die ganze Story dieses so ungleichen aber tief verbundenen Pärchens. Wir begleiten die beiden, denen ihre Ex-Kollegen nach dem Leben trachten, von den Südstaaten über Südamerika nach New York und stehen trotz vieler illegaler Tätigkeiten und Gesetzesbrüche auf ihrer Seite, wenn sie sich mit Glück, Charme und Wachsamkeit gegen scheinbar übermächtige Gegner behaupten können. Doch wie lange?


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    Waffenkampf statt Klassenkampf


    Eine der härtesten, nicht-weißen, weiblichen Hauptfiguren der aktuellen Krimi-Literatur ist wieder zurück: Lola Vasquez, Anführerin, Drogenboss, Mutter und Latina (in stetig wechselnder Reihenfolge). Zwischen all ihren legalen und weniger legalen Aktivitäten im multikulturellen Los Angeles droht sie immer wieder, sich selbst zu verlieren.


    Auch wenn Drogen, Waffen, Gewalt und Blut Lolas Welt bestimmen, finden sich im Thriller auch immer wieder nachdenkliche, kritische Zeilen. Melissa Scrivner Love verbindet Lolas fiktives, aber wohl auf vielen realen Biografien fußendes Leben mit Gesellschaftskritik am Amerika der “Weißen Männer”. Rassismus, Armut und Verbrechen lauern hinter vielen Mauern und unscheinbaren Gesichtern.


    Für einen echten Klassenkampf sind die Unterschiede zu groß, dennoch drückt man Lola und ihrer Gang immer wieder die Daumen gegen das System, das sie einerseits unterdrückt, in dem sie sich aber so gut wie möglich zurechtfinden und einfügen (um nicht aufzufallen und weiter ihre Geschäfte machen zu können).


    Lolas Welt ist weit von unserer entfernt, ist illegal, gefährlich und weitestgehend unmoralisch. Aber als Charakter ist sie faszinierend und durch ihre Brille betrachtet, ist das was sie tut logisch und fast verständlich. Eine Anti-Heldin die für die Dauer des Buches als Heldin durchgeht. Eine toughe Frau die im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Richtige tut.


    “Capitana” ist Band 2 um Lola Vasquez. Die Reihe startet mit “Lola”.


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    Tödliches Spiel


    Was vom Titel ein wenig nach Theaterstück klingt, kann auch so verstanden werden. Wer spielt hier mit wem? Wer spielt was? Doch von Anfang an.


    Es scheint ein warmer Sommer zu werden in der Aquitaine und Luc Verlain, Commissaire in Bordeaux, möchte nichts weiter als ruhige Tage mit seiner Partnerin verbringen und Zukunftspläne schmieden. Doch es kommt natürlich anders.


    Drogenfunde an den Stränden fordern die Aufmerksamkeit der Ermittler aber noch bevor Luc sich an die Fersen der Hehler heften kann, erreicht ihn eine wichtige Nachricht die sein Leben auf den Kopf stellt. Der so besonnene Kommissar reagiert sofort auf den Inhalt und gerät in ein spannendes Versteckspiel.


    Die Spur führt ins Baskenland und Luc wird von einem Fall aus seiner Pariser Vergangenheit heimgesucht, den er offiziell nie lösen konnte. Er lässt sich auf ein Spiel mit Kriminellen ein, das ihn sein Leben kosten könnte. Doch er hat vorgesorgt…


    Alexander Oetker lässt seinen Helden hier wieder einiger solcher Taten vollbringen, schiebt ihn immer wieder nahe an den Abgrund und schafft es nebenbei noch, baskische Kultur und Kulinarik einzuflechten. Der Krimi steht aber klar im Mittelpunkt.


    “Baskische Tragödie” ist Luc Verlains vierter Fall. “Retour”, “Château Mort” und “Winteraustern” sind seine Vorgänger.


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    Blut, Gewalt und Egozentrik


    Ich mag Thriller. Ich mag auch Thriller mit Blut und Action. Ich mag skandinavische Thriller. Ich mag Joona Linna. Und ich mag große Teile der Reihe von Lars Kepler. Tolle Voraussetzungen also für den “Spiegelmann” würde man meinen.


    Und ja, es gibt vieles an diesem 620-Seiten-Machwerk, das ich mag und das ich gelungen fand. Und großteils unterhält der neue Thriller auch mit seiner Spannung, den undurchsichtigen Charakteren und den Plottwists.


    Die Handlung ist nachvollziehbar und interessant aufgebaut, wenngleich es im Mittelteil etwas Länge und übertrieben Grausigkeiten gibt, die für die Krimigeschichte an sich so nicht nötig gewesen wären. Natürlich weiß man um die Ausrichtung dieser Reihe und man erwartet eine gewisse Menge Blut. Eine zu gute Vorstellungskraft könnte hier aber definitiv hinderlich sein.


    Kurz zum Inhalt: Entführte Kinder sind Garant für Mitgefühl und furchtbare Verbrechen und beides trifft auch für dieses Buch zu. Bei Joona Linna folgt eine Jagd auf den oder die Täter von der er nicht eher lassen wird, bis jemand gefasst oder tot ist. Das trifft auf Verdächtige und auf Polizisten gleichermaßen zu. Leichen pflastern Joonas Ermittlungen, aber daran gewöhnt man sich.


    “Der Spiegelmann” ist Band 8 mit und um den Stockholmer Kommissar mit finnischen Wurzeln und da ich einige der bisherigen 7 kenne, habe ich das Gefühl, dass sich das Muster über so viele Jahre nur mehr schwer steigern lässt. Den “alten” Joona zu Beginn (“Der Hypnotiseur” oder “Flammenkinder”) mochte ich, weil er unkonventionelle Ideen hatte, weil ihm Details auffielen die andere nicht sahen. Er war dennoch noch bescheiden und wog Risiken ab.


    Mittlerweile nimmt die Gewalt immer mehr zu, mit der Joona konfrontiert wird und durch die Erfolge (denn er liegt letztlich so gut wie immer richtig) scheint er ein sehr selbstzentiertes, rechthaberisches Weltbild entwickelt zu haben. Er übersteht zudem auch viele brenzlige Situationen und überlebt schwerste Verwundungen. Das Image des “Unbesiegbaren” gepaart mit der unfehlbar-Attitüde schwächt meiner Meinung nach die Reihe zunehmend.


    Tempo, Stil (Präsens) und Handlung alleine sind ein sehr guter Thriller, die Längen und die Charakterentwicklung und die damit einhergehenden unwahrscheinlichen Szenen schwächen den Gesamteindruck für mich etwas ab.


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    Überzeugender Krimi mit sympathischem Ermittler


    Uta Seeburg entführt den Leser in das München des Jahres 1894. Es gibt einen kleinen Plan vorne und hinten im Buch und viele kleine Details die sie beschreibt lassen einen die - auch für damalige Verhältnisse - Großstadt erleben.


    Wir blicken aus den Augen von Hauptmann Wilhelm Freiherr von Gryszinski auf die Welt, folgen ihm auf Schritt und Tritt und sehen ihm bei kriminalistischer Arbeit über die Schulter. Viele wegweisende Erfindungen und Vorgehensweisen wurden tatsächlich zur damaligen Zeit gemacht. Die heutige Spurensicherungs- und Ermittlungsarbeit beruht auf vielen Maximen die auch in “der falsche Preuße” angeschnitten werden.


    Gryszinski bekommt nicht nur einen knackigen Fall serviert, der ihn durch viele Gesellschaftsschichten treibt sondern muss sich als Preuße auch noch zwischen seinem Arbeitgeber und der Heimat entscheiden. Werden beide Seiten versuchen, seine Ermittlungen zu beeinflussen?


    “Der falsche Preuße” ist ein gut gestrickter Kriminalfall in überzeugendem historischen Kontext mit skurrilen Charakteren und einer feinen Prise Humor. Gryszinski ist ein angenehmer, glaubhafter Protagonist der manches Mal etwa Pech hat um es liebevoll zu formulieren. Aber er hat sein Herz am rechten Fleck.


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    Schweden-Thrill mit zwei nicht ganz neuen Figuren


    Die Hauptakteure in diesem Stockholm-Krimi, Kommissar Ewert Grens und Infiltrator Piet Hoffmann, sind manchem Leser vielleicht schon bekannt, wenn er dieses Buch startet. Tatsächlich gibt es bisher schon Reihen über die beiden, unabhängig voneinander. Anders Roslund schrieb sie mit Co-Autor Börge Hellström, der 2017 verstarb.


    “Geburtstagskind” ist so wohl auch für Roslund eine Art Neustart, hier bringt er Grens und Hoffmann in einer Geschichte zusammen, die fast zwei Jahrzehnte in die Vergangenheit reicht und deren Spuren bis an den Balkan führen.


    Grens und Hoffmann scheinen jeder sein Päckchen zu tragen und zwischendurch wird natürlich auch auf ihre jeweilige Vergangenheit Bezug genommen. Doch man kann diesem 556 Seiten starken Kriminalroman mit viel Action auch gut folgen, ohne den beiden Charakteren schon begegnet zu sein.


    Zu Beginn arbeiten der Familienmensch Hoffmann und der Einzelgänger Grens an verschiedenen Fällen und Problemen doch wie man erahnen kann - am Ende hängt doch alles miteinander zusammen und die beiden sind gezwungen miteinander zu arbeiten, inoffiziell natürlich.


    In einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Gut und Böse stellt sich die “Wem kann ich trauen?”-Frage mehr als ein Mal und die Lösung liegt näher als man glaubt...


    Die Geschichte ist grundsätzlich spannend, gut gestrickt und im Großen und Ganzen glaubwürdig. Man kann das Ende ein wenig unbefriedigend finden, je nachdem auf welcher “Seite” man steht. Einen Kritikpunkt gibt es aber: Für jene, die Piet schon gut kennen ist der zweite Teil dieses Krimis wahrscheinlich doch eher langatmig geraten.


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    Nicht konfus machen lassen!


    Ein verzweifelter Mann sucht seine verschollene Tochter. Niemand glaubt wirklich, dass sie Jahre nach ihrem Verschwinden auf Mallorca während einer Partynacht noch lebt. Doch Tim Blanck gibt nicht auf.


    Hilfreich ist da natürlich sein Background als Ex-Polizist, der gerne mal die eine oder andere Grenze auslotet. Mons Kallentoft hat hier einen eigenwilligen Helden geformt, der in manchen Aspekten an Zack Herry erinnert (von dem es schon eine Reihe gibt).


    Dort hat der Autor bisher immer mit einem Co-Autor gearbeitet, hier schreibt er wieder einmal alleine. Das merkt man insofern als dass der Schreibstil stärker schwankt zwischen (unnötigen) Details und sehr knappen Sätzen, vielen Gedankeneinwürfen.


    Stellenweise wechselt die Handlung ganz unvermittelt zwischen Gegenwart und Vergangenem (heile Welt, Familie, Tochter) und wird konfus so als würden sich die sprunghaften Gedanken Blancks direkt auf die Buchseite übertragen. Davon sollte man sich nicht selbst konfus machen lassen.


    Kallentoft lässt seinen Protagonisten auf die Insel übersiedeln wo er sich einen Job sucht und jede freie Minute am Fall seiner Tochter Emme recherchiert. Die Insel (und vor allem die Städte mit velen Touristen und politische Vorgänge im Hintergrund) bekommt zwischendurch auch immer wieder ihr Fett ab - da vergehen einem sowohl Urlaubslust als auch Partylaune.


    Da der Autor selbst in Palma wohnt (wie im Umschlag erwähnt) kann man den Seitenhieben schon glauben, verwunderlich dann dennoch warum man freiwillig dort wohnen möchte. Natürlich ist manches sicher überzeichnet und “Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind rein zufällig” wie es im Schlusswort heißt.


    Wer der Geschichte trotz eigenwilligem Stils und viele Gedankensprüngen gut folgen kann (Leseprobe antesten) und immer schon einmal wissen wollte ob ein Chirurg ohne Operationssaal ein Projektil aus einem Körper operieren kann, sollte sich zu Tim und Emme auf die Insel begeben.


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    Tagebuch einer willensstarken Frau


    Dieser Thriller ist zwar ein Agententhriller, aber in vielerlei Hinsicht komplett anders. Der Agent der hier aus der Ego-Perspektive erzählt, ist eine Frau. Und sie ist schwarz. Auch heute wird es nicht so viele von ihnen beim FBI geben, aber die Geschichte spielt großteils auch noch für mehr als 30 Jahren.


    Marie Mitchell schreibt ihre Geschichte in ein Tagebuch nieder, das sie ihren Zwillingssöhnen vermachen möchte. Sie sollen darin unter anderem erfahren wer ihr Vater ist. Marie erwähnt natürlich, dass vieles in ihrem Beruf nicht einfach war und als Kinder gingen sie und ihre Schwester beispielsweise schwimmen in Bädern für Schwarze oder fuhren in ebensolche Sommercamps.


    Doch sie spielt nie die “Rassismus-Karte” aus, nicht auf eine weinerliche oder Mitleid heischende Art. Ihre Hautfarbe bringt Marie plötzlich einen Sonderauftrag ein, der sie bis nach Afrika führt. Auch das könnte rassistisch ausgelegt werden und teilweise denken die “weißen Männer”, die das einfädeln, auch so. Aber Marie hat Pläne und Ziele in ihrer Karriere und sagt letztlich doch zu.


    Lauren Wilkinson hat mit ihrer Spionin eine willensstarke, selbstbestimmte Frau geschaffen, die von einer schwierigen Kindheit und weiterem nicht selbst verschuldetem Leid geprägt wurde. Sie ist gut in dem was sie macht, so gut wie es die Umstände zulassen. Das gilt für ihren Job, aber auch für die Familie und ihre eigenen Kinder.


    Das Ende bleibt teilweise offen. Man erfährt wie ihre FBI-Karriere endete, man weiß warum Marie das Tagebuch geschrieben hat, aber wie dieses “warum” verläuft und endet, wird nicht erzählt. Schafft sie, was sie sich vorgenommen hat?


    Der Schreibstil ist stellenweise packend, aber bleibt trotz der Ego-Perspektive großteils distanziert. Es gibt viele (für Marie) aufwühlende Szenen aber den Leser rühren nur wenige davon. Auch Marie bleibt meist möglichst neutral, will ihren Söhnen gegenüber vielleicht auch nicht alles preisgeben.


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    Lange undurchsichtig mit einigen offenen Enden


    Julius Kron hat mit Frank Haberking und Anna-Maria Slakow zwei sehr interessante und spezielle (zudem recht verschiedene) Charaktere geschaffen. Beide sind Kriminalkommissare die, als sie knapp einer Suspendierung entgehen, in einem tristen Kellerbüro aufeinandertreffen.


    Ohne viel Hoffnung wird ihnen ein alter Fall aufs Auge gedrückt und bald überschlagen sich die Ereignisse. Das gute Tempo und die Spannung stimmen zu Beginn und bis rund zwei Drittel des Krimis gut, flachen gegen Ende leider etwas ab.


    Die Idee zur Geschichte ist ebenso vielversprechend und verbindet Vergangenheit und Gegenwart der Opfer und Täter zu einer lange undurchsichtigen Ermittlung. Soweit so gut. Zwei große Probleme tun sich allerdings auf: Die Handlung, die immer wieder durch grobe und genauere Zeitangaben untermalt wird, passt nicht immer so ganz zu diesen Angaben, es ergeben sich daraus auch Logikfehler.


    Zudem ist “undurchsichtig” immer so lange gut und spannend wie der Leser sich trotz vieler Fragen während der Lektüre ernstgenommen fühlt und eine Aufklärung aller wichtigen Facetten geliefert bekommt. Das kann offensichtlicher oder versteckter passieren. Hier allerdings bleiben am Ende doch ein paar Fragen zu viel offen.


    Manches kann sich der geübte Krimifan selbst zusammenreimen, weil es zumindest minimal angedeutet wird. Da aber offensichtlich eine Fortsetzung geplant ist, bleibt auch vieles noch recht vage.


    Wen das nicht stört und wer auch über kleine Logikfehler zugunsten der Spannung und des Verlaufs hinwegsehen kann, bekommt ein interessantes neues Krimi-Duo am Beginn einer gemeinsamen Reise präsentiert.


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    Inhalt:


    Die Kommissare Frank Haberking und Anna-Maria Slakow haben nur eines gemeinsam: nichts zu verlieren. Sie wurden strafversetzt und sollen die zehn Jahre zurückliegende Entführung der Dresdner Familienrichterin Jennie Flagant aufklären. Ein Fall, an dem bisher alle Ermittler gescheitert sind. Jennie Flagant wurde damals in die Zwangsprostitution verschleppt. Da sie wenige Tage nach ihrer Befreiung durch die Polizei Selbstmord beging, blieben viele Fragen offen. Wer hat sie durch diese Hölle gehen lassen und vor allem: Warum? Auf der Suche nach Antworten geraten Slakow und Haberking in einen Fall mit ungeahnten politischen Dimensionen, der sie in höchste Gefahr bringt ...

    Mörderische friesische Gemütlichkeit


    Kalt, stürmisch und unberechenbar kann die Nordsee sein und wo wüsste man das besser als in dem fiktiven Städtchen Jüstering an der friesischen Küste. In einer solchen unbequemen Nacht vor gut 30 Jahren verschwand ein Halligbewohner.


    Kommissarin Minke van Hoorn, gebürtige Jüsteringerin und mit einer interessanten Biografie ausgestattet, bekommt es an ihrem ersten Arbeitstag mit einem cold case zu tun. Eine der Halligwiesen gibt nach einem Unwetter ein Skelett frei und allem Anschein nach hat es sich dort nicht selbst eingegraben.


    Minke geht also Klinkenputzen und setzt langsam Puzzleteil um Puzzleteil alles zusammen. Dabei hat sie Glück: das Opfer ist schnell identifiziert, sie muss “nur” zusammentragen was passierte und warum. Dabei sind es die kleinen Details die sie auf die richtige Spur bringen.


    Die Atmosphäre und Lebensweise an der Küste und auf den Halligen (im Buch fiktiv, aber es gibt nach wie vor solche bewohnten Inseln) wird gut eingefangen. Von vielen Charakteren erfährt man noch etwas wenig, um sie als gelungen einschätzen zu können, aber es ist ja auch Minkes erster Fall, somit könnte in möglichen weiteren Bänden hier mehr Nähe geschaffen werden.


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    Düster und technikgesteuert


    Zoë Beck bleibt bei “Paradise City” dem treu, was sie mit “Die Lieferantin” begonnen hat: Moderne Thriller, die in den Megacities der Zukunft spielen (dort London, hier Frankfurt/Main) und sich bisher noch nicht erfundener (oder genutzter) Technik bedienen.


    Sie skizziert ein Deutschland, das an die aktuelle politische wie gesellschaftliche Situation Chinas angelehnt scheint. Kameras im öffentlichen Raum, eine Gesundheits-App, ein Staat der über Wohnungsvergaben entscheidet, ein zweifelhaftes Belohnungssystem für “erwünschtes Verhalten” und ein gewisses “Aussortieren” von anders lebenden, anders denkenden sowie weniger fitten und gesunden Individuen.

    Hinzu kommt eine staatlich gesteuerte Medienlandschaft, “Fakten” die nicht mehr das sind was wir und aktuell noch darunter vorstellen und eine gedankliche wie genetische “Gleichmachung” der Einwohner.


    Gruselig, aber technisch gar nicht so weit von unseren heutigen Machbarkeiten und Forschungen entfernt, wie man teilweise erahnen kann.

    Protagonistin Liina steht dem System skeptisch gegenüber, besonders den gesteuerten Medien und der staatlichen Überwachung. Sie arbeitet als eine der wenigen verblieben investigativen Journalisten. Als von ihnen angegriffen werden, gehen ein paar der Kollegen der Sache auf den Grund und fördern Geheimnisse zutage…


    Der Thriller ist durchwegs spannend und hat gelungene verstörende Elemente, zeigt keine sehr rosige Zukunft. Durch gelegentliche Rückblicke in Liinas Vergangenheit wird der Lesefluss aber etwa unterbrochen. Wie bei “Die Lieferantin” bleiben auch hier am Ende ein paar Details offen. Wer ist stärker? Können die Journalisten mit ihren Entdeckungen etwas bewirken? Oder haben sie zu viel Angst vor den Mächtigen und müssen sich selbst retten?


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    Eine ungewöhnliche Idee mit speziellem Ausgang


    Eine erfrischende Idee liegt diesem Island-Thriller (wobei es für mich über weite Strecken ein Krimi ist) zugrunde: Er ist der Beginn einer Trilogie, die rückwärts erzählt wird. Von Band zu Band geht es also weiter in die Vergangenheit unserer Ermittlerin Hulda.


    In “Dunkel” steht sie kurz vor ihrer Pensionierung und kämpft darum, diese möglichst lange hinauszuzögern. Der Vorgesetzte hätte sie gerne sofort los und mit den Kollegen war sie als einzige Frau nie besonders eng verbunden. Also schnappt sie sich für ihren letzten Fall einen cold case und entdeckt so allerlei Ungereimtheiten.


    Der Leser kann ihr bei den Ermittlungen über die Schulter blicken, aber erfährt auch vieles über ihr Innerstes und ihre Vergangenheit. Mal ist Hulda sehr hart (auch zu sich selbst) und dann zeigt sie plötzlich eine sehr menschliche, weiche Seite.


    Sie bringt sich auch selbst in Probleme und in Gefahr - was der Leser erkennt, sie selbst aber nicht. Hulda polarisiert als Charakter sicher. Die einen werden sie als nervige, langweilige “alte Schachtel” mit Komplexen sehen, die anderen werden auf eine positive Art mit ihr mitleiden. Und dafür muss man nicht über 60 sein.


    So speziell die Grundidee der Trilogie ist, sie eröffnet Auto Ragnar Jónasson natürlich weit mehr Möglichkeiten als das in einem “üblichen” Thriller/Krimi der Fall wäre oder gar in einem Teil 1 von 3, wenn sie aufeinander chronologisch aufbauen. Und daher gibt es noch eine Überraschung ganz zum Schluss…


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    Leichen und Spannung - ja, Schwächen bei der Logik


    Dieser Schweden-Thriller hat ein paar ganz klassische Zutaten: eine Gruppe argloser junger Leute, ein unter mysteriösen Umständen vor Jahrzehnten verlassenes und verfallenes Dorf und ein paar merkwürdige Begebenheiten, die sich in jenem abspielen..


    Sind die Freunde und Projektpartner wirklich alleine dort? Alice, Tone, Emmy, Robert und Max wollen eine Dokumentation über dieses Dorf drehen, sich in den leeren Gebäuden umsehen und ein paar Takes voller Atmosphäre drehen.


    Es gibt letztlich für (fast) alles eine Erklärung, aber vieles geht leider nur mittels ein paar “logischen Ungenauigkeiten” so auf. Ich werde hier nicht alle Fragen stellen, die mir so durch den Kopf gingen, das wären doch zu viele spoiler.


    Also ja, zwischendrin hat das Buch pageturner-Qualitäten und das Rätsel um den Ort sowie die Geschichten der Protagonisten und die Rückblicke in die Zeit als das Dorf Silvertjärn noch bewohnt war, sind spannend. Aber bis in die letzte Einzelheit alles streng logisch durchdenken sollte man nicht. Wer sich von der Idee und der Story treiben lassen kann, wird solide unterhalten - ein paar Leichen inklusive..


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    Der Johnny English aus Tirol


    Im Auftrag Ihrer Majestät, nämlich des österreichischen Innenministers, unterwegs ist erneut einer: Arno Bussi. Dem leicht bezirzbaren Polizist wird ein “cold case” aufgebürdet. Er soll einen merkwürdigen Todesfall am Lärchensee in Tirol aufklären.


    Er fährt hin, quartiert sich ein und streckt seine Ermittlerfühler aus. Doch so einfach wie es zu Beginn läuft, ist es natürlich nicht. Bussis Anwesenheit löst eine Kettenreaktion aus an deren Ende weitere Tote und ein paar interessante und unerwartete Enthüllungen stehen.


    “Die Toten vom Lärchensee” ist locker und flott zu lesen, die nicht zu lange und nicht zu kurzen Kapitel helfen dabei. Joe Fischler wandert sprachlich immer auf dem Grat zwischen flapsig-komödiantisch und mörderisch-ernsthaft.


    Auch ein paar Klischees nimmt er gekonnt auf die österreichische Schaufel. Kleine Details wie die Namenswahl verraten vieles über den jeweiligen fiktiven Charakter. Natürlich dennoch angepasst an die dörfliche Umgebung, den Tiroler Schauplatz.


    Unser Held kann zwar die Ereignisse in Tirol zu seiner Zufriedenheit lösen, aber kommt beruflich ansonsten nicht voran. Die bei Erfolg in Aussicht gestandene Beförderung muss letzten Endes noch warten und Arno Bussi bleibt vorerst der tragische Held. Er wäre gern James Bond, wirkt aber ein eher wie Johnny English (was ja nicht schlecht sein muss).


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