Beiträge von hennie

    Ausschweifend erzählter Raubzug


    Mit Vorfreude erwartete ich dieses Buch mit dem edel wirkenden Cover, das wunderbar in Rot- und Goldtönen gestaltet ist. Der vielversprechende Wortlaut des Klappentextes tat sein Übriges. Doch vorab gesagt, die Werbekampagne mit Downtown Abbey, Oceans 8 und Bridgerton schoss übers Ziel hinaus. Großer Hype im Voraus!

    Oben lädt Madam zum Ball der Saison, unten planen die Dienstmädchen den Raub des Jahrhunderts! Das hätte die Story für mich werden können!


    In 43 Kapiteln erzählt der Autor über den Raub, seine Planung und über die sieben beteiligten Damen. Das hätte eine sehr fesselnde Geschichte werden können. Aber leider wird es ein zu ausschweifend erzählter Coup. Guter Ansatz, aber im Laufe zerfasert die Handlung in zu viele Nebenstränge, so dass mir der Überblick und der Lesegenuß verlorenging. Hier wurde viel Potential verschenkt.

    Zu viele Themen werden angeschnitten, einige davon werden nicht weiter verfolgt. Darüber hinaus gibt es zu viele komplexe Beziehungen. Schade, dass nicht ein Charakter mich begeistern konnte. Die Männer werden fast ausschließlich negativ gezeichnet. Sie kommen nicht gut weg. Der verstorbene Hausherr Mr. de Vries schießt den Vogel ab. Er war ein ganz impertinenter, fieser Mensch und das über den Tod hinaus. Allein seine verwandtschaftlichen Verflechtungen mit einigen der aktiv handelnden Personen hätten näher beleuchtet werden müssen. Das ging in den umfangreichen, akribisch geplanten Vorbereitungen des Raubzuges unter.

    Die gesamte Story wirkte auf mich ziemlich chaotisch und ich hatte die Empfindung, dass der Autor zwischenzeitlich den roten Faden verloren hat. Ihm ging der Fokus, der meiner Meinung nach auf der straffen Leitung und Organisation des Raubes durch Mrs. King liegen sollte (sie war aber inzwischen anderweitig stark beschäftigt), in der überladenen Handlung mit den vielen Nebensächlichkeiten verloren. Weniger wäre mehr gewesen!


    Fazit:

    Insgesamt sind mir es zu viele Ereignisse, die in ihrer Vielschichtigkeit verwirrend sind. Da war einiges entbehrlich.

    Für mich ist die ganze Geschichte nicht auserzählt oder ich habe im allgemeinen Wirrwarr der Handlungsstränge und der Vielzahl der Personen den Überblick verloren. Vieles bleibt im unklaren, ist mir unverständlich geblieben.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Gefährliche Abenteuer mit Lila


    Lila Leuchtfeuer - Geh nicht nach Nimmeruh! ist eine recht abenteuerliche Geschichte mit fantasievollen Figuren. Sie spielt in Siebenwirbelwinde, einer kleinen Ortschaft auf dem Planeten Erdapfel, der zwei Monde besitzt.

    Das Mädchen Lila mit den kleegrünen Augen und den violetten Locken wurde in der magischen Werkstatt ihres Vaters zur Magichanikerin ausgebildet. Da er überstürzt aufbrechen muss zu einer äußerst wichtigen Reparatur, der königliche Zauberspiegel hat einen Kratzer im Glas, bittet er seine Tochter die Werkstatt geschlossen zu halten. Doch sie hält sich nicht an seinen Rat und als erste Kundin kommt ausgerechnet die schreckliche, furchterregende Hexe Tremebunda Smert. Sechs Tage Frist gibt sie der jungen Handwerkerin, um das kaputte Flugfass zu reparieren. Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Lila muss sich auf eine lebensgefährliche, abenteuerliche Reise nach Nimmeruh begeben.


    Die Geschichte ist spannend erzählt und mit den vielen originellen Figuren herrlich bestückt. Ihr zur Seite stehen der lebendige Hammer Hubert, Willi, der Waldgeist, der aussieht wie ein Eichhörnchen, die Tiere versteht und deshalb als Übersetzer fungiert sowie der Hexenknecht Philomeno mit seinem roten Riesenhahn. Das ist eine bunte, seltsame Truppe, die sich in allergrößte Gefahren begeben, um den Auftrag in der begrenzten Zeit erfolgreich zu beenden.


    Mir als Erwachsene hat dieses Kinderbuch gefallen und ich kann es gern weiterempfehlen.


    Ich finde die Schriftgröße sehr gut für das angegebene Lesealter von 9 Jahren!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ein fantasiebegabter Schwadroneur


    Michael Tsokos hat sich mit dem neuen Buch gemeinsam mit seiner Frau Anja einem anderen Genre, nämlich der literarischen Fiktion, zugewandt. Dieses Mal wandelt er nicht auf den Spuren von True Crime, Mord und Totschlag. Gemeinsam lässt das Ehepaar einen alten Herrn in einer untergegangenen Republik, in der DDR, hauptsächlich in den 50er, 60er bis zu Anfang der 70er Jahre agieren. Das tun sie mit ihrer Figur Heinz Labensky in unterhaltsamer Art, humor- und fantasievoll, aber auch total schräg und unrealistisch.


    Kurz zur Rahmenhandlung:

    Im tristen Alltag des Erfurter Feierabendheimes (DDR-Sprache) erhält der fast 80jährige Heinz Labensky einen Brief, der ihn wachrüttelt. Dieser ist von der Tochter Rosa seiner platonischen, aber trotzdem großen Kindheits- und Jugendliebe Rita. Umgehend macht er sich auf und begibt sich mit dem Flixbus auf die lange Fahrt nach Rostock-Warnemünde. Auf dieser Reise erzählt der alte Mann den unterschiedlichsten Fahrgästen seine skurrilen Erlebnisse.


    Meine Meinung:

    Er schwadroniert über seine Sicht der Dinge wie der Titel schon so treffend ausdrückt, die jedoch nicht für bare Münze genommen werden sollten. Was ihm widerfährt ist sehr überzogen, ziemlich abgehoben. Das kann ich aus meinem über 70jährigen Leben, aus meiner Sicht der Dinge, mit Fug und Recht behaupten. Ich bin in diesem Land geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen, habe Abitur und Studium erfolgreich absolviert, Beruf, Kinder und Ehe gemeistert.

    Diese Lektüre ist auf keinen Fall etwas fürs Geschichtsbuch. Die Erlebnisse haben nichts mit dem realen Leben in der DDR zu tun. Gut recherchiert sind die DDR-typischen Produkte, die Angaben zu den VEB, die Örtlichkeiten...

    Die Autoren versehen ihre Hauptperson Heinz Labensky mit einer natürlichen Einfalt, mit einem schlichten und sorglosen Gemüt. Damit überzeichnen sie hier und da mit dem unwissenden, weltfremden Heinzi alle der aufgeführten Begegnungen, sei es in der Stasiausbildungsstätte für junge Agenten, bei seiner Begegnung mit den RAF-Größen und bei der Suche nach dem Bernsteinzimmer sowie bei anderen Gelegenheiten. Mir war das zuviel, und auch zu langatmig. Es wurde zu dick aufgetragen.


    Fazit:

    Tsokos & Tsokos haben eine unterhaltsame Geschichte mit einem mit viel Fantasie begabten Antihelden geschrieben, der in einem Wolkenkuckucksheim namens DDR lebte. Er führte ein Leben unter dem Radar. Ich kann das leider nicht für voll nehmen!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Unbedingt der Reihe nach lesen!


    „Die Schuld, die man trägt“ ist bereits der 8. Band einer Reihe des schwedischen Autorenduos Hjorth/Rosenfeldt um den Kriminalpsychologen Sebastian Bergman. Ich habe das leider bei meiner Auswahl nicht beachtet und so startete ich vollkommen unbeleckt in diese Lektüre. Für mich war das eine sehr mühsame Sache, da sich das aktuelle Geschehen hier zum großen Teil auf die komplexen Vorgänge und Entwicklungen der vorherigen Bücher aufbaut.

    Es geht augenscheinlich um den persönlichen Rachefeldzug eines Psychopathen, der es einzig und allein auf Sebastian Bergman abgesehen hat. Er möchte ihn vernichten und geht sehr akribisch zu Werke mit seinen Taten.


    Wie im Klappentext vermerkt, wird eine Frau in einem Schweinemastbetrieb in der Nähe von Västeras ermordet aufgefunden. An der Stallwand steht geschrieben: „Lös das hier, Sebastian Bergman!“


    Die Autoren verstehen ihr Thrillerhandwerk. Spannung ohne Ende wird aufgebaut durch eine Vielzahl an Schauplätzen, durch eine Menge an Personen, durch Vorgänge, die miteinander in Verbindung stehen und die immer mit dem besonderen Charakter und der komplizierten Persönlichkeit des Kriminalpsychologen zu tun haben. Meiner Einschätzung nach ist der Band ausgezeichnet geschrieben, obwohl mir viele Details fehlen. Er verbindet in hervorragender Weise vergangene Geschehnisse mit der Gegenwart. Allerdings gebe ich nun aus eigener Erfahrung den Rat, die Reihe von Beginn an zu lesen.


    Das wesentlichste Moment des Buches war für mich die atemberaubende Spannung, die sehr gut gehalten wurde und zum Schluss in einigen Cliffhangern endete. Es geht also weiter!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Inhalt (laut Amazon)


    Dunkel, atmosphärisch, gefährlich gut – ein packender Thriller von Jessica Potthast


    Wo ist Luisa? Spurlos verschwindet die Fünfjährige aus dem heimischen Garten. Ein Anruf bringt ihrer verzweifelten Mutter Maja Verstaad furchtbare Gewissheit. Ihre Tochter wurde entführt. Ist es ein Racheakt? Genau vor einem Jahr sollte Maja einen Abend lang auf die Nachbarstochter Joline aufpassen, die seitdem nicht mehr auffindbar ist. Jetzt stellt der Entführer eine schreckliche Forderung: Maja bleiben fünf Tage Zeit, um herauszufinden, was damals mit Joline geschah. Gelingt es nicht, muss Luisa sterben. Wer ist der Entführer?

    Maja ist verzweifelt. Durch eine Krankheit kann sie andere Menschen nicht an ihrer Stimme erkennen. Die Polizei ermittelt fieberhaft. Die Fälle hängen zusammen, aber wie? Jede Befragung endet mit noch mehr Fragen, jeder in der gediegenen Vorortsiedlung scheint ein düsteres Geheimnis zu haben. Und unerbittlich läuft Luisas Lebenszeit ab …



    Meine Rezension:


    Fünf Tage - Das Ultimatum


    Dieser nur 280 Textseiten umfassende Thriller trifft genau meinen Lesegeschmack. Von der ersten bis zur letzten Seite wird der Spannungsbogen hoch gehalten. Die 58 Kapitel sowie der Prolog und der Epilog sind kurz und enden häufig in einem Cliffhanger. Wenn es die Zeit erlauben würde, wäre das eine Geschichte, die ich hintereinander weg lesen möchte. Ohne Störung, ohne Unterbrechung...


    Die Handlung spielt in einer eigentlich auf den ersten Blick beschaulichen Wohngegend mit in solidem Wohlstand lebenden Menschen. Dazu gehören gepflegte Häuser und ebensolche Grundstücke. Das ist der äußere Eindruck! Aber so nach und nach erfährt man, dass da so einiges in den Familien im argen liegt. Ein zehnjähriges Mädchen war vor Jahresfrist in dieser so idyllisch wirkenden Siedlung spurlos verschwunden. Aus dem Klappentext erfährt der Leser, das nun die fünfjährige Tochter Luisa der alleinerziehenden Maja aus deren heimischen Garten entführt wird.

    Nach und nach werden Kapitel für Kapitel die handelnden Personen en détail vorgestellt. Bald merkt der Leser, dass jeder etwas zu verbergen hat. In jedem Haus gibt es Geheimnisse, die zuletzt in ungeahnten Abgründen enden. Die beiden sehr unterschiedlichen Ermittler Julia Meissner und Carsten Mahrenholz brauchen ihren gesamten Erfahrungsschatz, viel Einfühlungsvermögen und schnelle Entscheidungsfähigkeit. Das Geschehen gestaltet sich sehr abwechslungs- und wendungsreich.

    Sehr gut geschrieben und beobachtet von der Autorin Jessica Potthast. Was da hinter den Fassaden so abgeht! Das ist unfassbar und doch sehr glaubhaft dargestellt.


    Den Titel „Erloschene Stimmen“ und die Covergestaltung mit der verwaisten Schaukel finde ich gelungen.


    Ich kann diesen Thriller, den ich auch als Milieustudie bezeichnen möchte, allen empfehlen und vergebe die Höchstbewertung.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ein kleiner Pinguin weiß sich zu helfen


    Warum heißt der kleine Pinguin Einstein? Na, weil er eben ganz schön klug ist!

    Eben noch war die Familie Stewart mit ihren Kindern im Londoner Zoo und nun steht der süße Kerl mit seinem Rucksack voller Fische vor der Haustür. Er hat die Einladung der Mutter verstanden. Doch was will er? Arthur und Imogen, die beiden Kinder der Familie finden es auf amüsante Art und Weise heraus. Aber die Eltern stellt der tierische Gast zunächst vor allerhand Herausforderungen. Da sind z. B. seine Tischmanieren oder die Situation im Einkaufscenter. Und er will unbedingt seinen Pinguinfreund Isaac finden. Die detektivische Hauptarbeit bei der Suche nach ihm übernimmt dabei recht mutig, phantasievoll und unterhaltsam die neunjährige Imogen als Kriminalhauptkommissarin...


    Die witzige Story von der jungen englischen Autorin Iona Rangeley gefällt mir als Erwachsene, als Mutter, Großmutter, sehr gut. Sie ist warmherzig und mit einfachen, kindgerechten Worten erzählt. Ich kann das Buch nur empfehlen. Gehen Sie mit ihren Kindern auf eine abenteuerliche, abwechslungsreiche und lustige Reise mit diesem kleinen Pinguin. Die farbenreichen Illustrationen von Katja Gehrmann unterstreichen auf wundervolle Art das Geschehen und verdeutlichen den Text.


    Die Empfehlung ab 6 Jahre kann ich unterstreichen, wobei auch Kinder im Vorschulalter der Geschichte sicher gut folgen können.


    Ich vergebe fünf von fünf Sternen! :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Unterhaltsame Fortführung der Reihe


    Auch die Fortsetzung von „Die Töchter der Ärztin“ wurde von dem Autorenduo, das sich hinter dem Namen Helene Sommerfeld verbirgt, mit einer interessanten, mitreißenden Story versehen. Antonia Thomasius, die Jüngere der beiden Schwestern, kommt aus Afrika ins heimatliche Berlin zurück.


    Der Fokus der Geschichte liegt dieses Mal mehr auf den Werdegängen der weitläufigen Familien Thomasius und von Freystätten. In ständig wechselnden erzählerischen Perspektiven gibt es intensive Einblicke nach Amerika rund ums filmische Hollywood, in das gesellschaftliche Leben und in die besorgniserregende politische Entwicklung Berlins Ende 1929 und ins Jahr 1930.

    In meinen Augen gelang es gut in bildhafter Beschreibung, fiktive Persönlichkeiten mit tatsächlich existierenden, berühmten Menschen der Geschichte zu verbinden. Bis in die Nebenfiguren hinein wurden die Charaktere authentisch dargestellt. Ich fühlte mich hervorragend unterhalten und verbrachte eine schöne Lesezeit.


    Deshalb kann ich gern diese Fortsetzung empfehlen und bewerte mit fünf von fünf Sternen!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Leben im deutschen Kaiserreich


    Es ist schön, dass die Autorin sich entschlossen hat, ihre Familiengeschichte aufzuschreiben! Damit kam auch ich in den Genuss, ein berührendes Buch zu lesen.


    Die Hauptperson heißt Lina, eigentlich Karolina, und war die Urgroßmutter Barbara Leciejewskis. Sie wurde um 1876 geboren, im pfälzischen Dorf Mühlbach. Anschaulich und realistisch wird das Leben in dem kleinen Ort beschrieben. Zum einen ist da das beschwerliche, aber zum anderen auch das fröhliche Dasein. Gut dargestellt fand ich die Menschen mit ihren bornierten Moralvorstellungen des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts.

    Zunächst lernen wir Lina Borger als unbekümmertes heiteres Kind kennen, das zwar in ärmlichen, doch liebevollen Verhältnissen aufwächst und früh die Mutter verliert. Nach ihrem Tod braucht sie Zeit, um sich in ihrer Gemütslage zurechtzufinden. Ihre Freunde, der Vater und die Brüder helfen ihr dabei. Besonders ist die Beziehung seit Kindertagen zu Albert. Sie fühlen sich immer schon zueinander hingezogen. Aus inniger Freundschaft wird eine große Liebe. Die unausweichlichen Folgen daraus trägt Lina allerdings allein. Die wohlhabenden Eltern Alberts verbieten ihrem Sohn aus dünkelhaften Gründen die Anerkennung der Vaterschaft und gleich recht eine Hochzeit. Da kommt Karl Schäfer, der andere Freund aus Kindertagen und holt sie aus Mühlbach in die weit entfernte Stadt Bremen. Wie die Autorin das und den weiteren Werdegang im Dorf- und Stadtleben der Protagonisten beschreibt, ging mir oft unter die Haut.


    Wir verfolgen bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges im Jahr 1914 die Entwicklung rund um die Familien Borger und Schäfer. Karl und Lina, die Urgroßeltern stehen weitgehend im Mittelpunkt. Weiter geht es dann im nächsten Band „Für immer, dein August“ mit den Großeltern Charlotte und August, die bis hierher nur befreundet sind und im regen Briefwechsel stehen.


    Fazit:

    „In Liebe, deine Lina“ ist ein lesenswerter historischer Roman in sensiblen, warmherzigen Schreibstil.

    B. L. gelang es die Familiengeschichte im Zeitgeist der Jahrhundertwende bis zum ersten Weltkrieg mit Fakten und Fiktion wunderbar zu vereinen. Die Charaktere wirken auf mich lebensecht, wenn auch hier und da, wenn es um die eigenen Ahnen geht, etwas zu idealisiert. Doch wer will ihr das übelnehmen?


    Ich freue mich sehr auf Teil 2 der Mühlbachsaga!

    Hier ist meine unbedingte Leseempfehlung mit der Höchstbewertung.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Baby, mein Zuckerstückchen...


    Nach der Leseprobe war ich sehr gespannt auf dieses wenige Seiten umfassende Buch mit der Geschichte über die erste Serienmörderin Amerikas. Wie würde die Autorin das Schicksal Brynhilds weitererzählen? Die Sprache fand ich zunächst sehr ungewöhnlich. Ich nahm an, dass es nur ein vorübergehendes Mittel war, um die Gewaltigkeit der Gefühle nachhaltig auszudrücken. Ein übriges zu meiner Neugierde nach dieser Lektüre tat der dramatisch verfasste Klappentext, der mich einen interessanten, nach realen Geschehnissen gestalteten Roman erwarten ließ. Das alles klang nach einer außergewöhnlichen literarischen Vorlage für eine spannende Geschichte.


    Zum Glück für mich, ist der Roman nicht lang. Er umfasst nur 184 Textseiten, die es aber in sich haben. Es zog sich für mich. Ein Lesefluss kam nicht zustande.

    Nach eigenen Aussagen der Schriftstellerin soll der Roman eine literarische Fantasie, inspiriert von tatsächlichen Ereignissen, sein. Ich sage, dass die literarische Fantasie in starker Übertreibung überwiegt. Sie verbirgt die wirklichen Begebenheiten. Informationen zur Realität holte ich mir bei Wikipedia und und las über die Norwegerin Brynhild Størset (geb. 1859), die später in Amerika als Bella/Belle Sorenson/Gunness in Erscheinung trat und als mehrfache Mörderin traurige Berühmtheit erlangte. Darum ging ich wahrscheinlich davon aus, das mich eine spannende Story erwartet, ein True Crime - Roman. Stattdessen wartete die norwegische Autorin Victoria Kielland mit einem Schreibstil auf, den ich zunächst als poetisch überhöht und interessant bei den heftigen Erlebnissen der jungen Brynhild auf dem Bauernhof in ihrer Heimat empfand. Doch es ging so weiter und ich hatte Mühe hinter reihenweise merkwürdigen Metaphern/Wortkombinationen, bombastischen, schwülstigen Vergleichen, die oft die Geschehnisse bis zur Unkenntlichkeit verzerrten, der wahren Geschichte zu folgen. Dazu kommt für mich eine bizarre, teils antiquierte Ausdrucksweise, nichts wurde für mich dadurch klarer. Im Gegenteil, ich fand viele Formulierungen schwammig und verschwurbelt. Der Sinn erschloss sich mir bei vielen der Satzungetüme nicht. Oft erschien mir einiges widersprüchlich. Ich habe es nicht verstanden!


    Warum der Roman so gehypt wird, kann ich leider nicht nachvollziehen.


    Fazit:

    Trotz der Kürze des Textes brauchte ich viel Lesezeit. Die Lektüre fand ich sehr anstrengend und abgehoben. Es war nichts für mich, aber vielleicht für LeserInnen, die Kiellands sprachliche Stilmittel, ihre "kiellandesken Sätze" (Original nach der Jury des Stig Sæterbakken Memorial Award) gut finden.


    Ich bewerte mit zwei von fünf Sternen!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Zäher Leseweg bis zum Freispruch


    Mit Freude hatte ich zur Kenntnis genommen, dass der 3. Band mit dem smarten, unkonventionellen Strafverteidiger Pirlo vorliegt. Der Titel „Gefährlicher Freispruch" machte mich zusätzlich neugierig


    Ich will es kurz machen:


    Leider konnte mich der 3. Fall der Reihe nicht fesseln, so wie die beiden anderen vorher. Dort war ich recht angetan von Handlung, Inhalt und den interessanten, recht gegensätzlichen Hauptcharakteren Pirlo und Sophie. Hier nun hatte ich den Eindruck, dass die eigentlichen Straftaten in den Hintergrund gedrängt wurden. Stattdessen wird viel Zeit vertan mit trivialem Geplänkel über Äußerlichkeiten, Befindlichkeiten, Nebensächlichkeiten trotz der vielen ernsten Angelegenheiten wie der Tod der jungen Frau und die vorsätzliche Brandstiftung. Die Geschichte nimmt nur langsam Fahrt auf, ist zäh, quälend langatmig teilweise sogar langweilig, weil sich vieles wiederholt. Lange Schachtelsätze tun ihr übriges.


    Fand ich in meiner Rezension zum Teil 2 die Schilderung der juristischen und privaten Angelegenheiten des Anton Pirlo und der Sophie Mahler noch ausgewogen, so nervten sie mich hier sehr. Die Art und Weise, wie der Autor Ingo Bott hier schreibt, empfand ich anders, fand ich nicht mehr so flott und witzig wie in den beiden vorherigen Fällen. Ständig fragte ich mich, wann endlich Bewegung in die Geschichte kommt.


    Das Buch zog sich in die Länge. So viele Dinge, die ausgewalzt werden bis zum gehtnichtmehr. Ich fragte mich des Öfteren, wann denn nun endlich Pfiff, Bewegung, Spritzigkeit, Spannung oder nur etwas von dem allem in die Geschichte kommt. Ich war genervt!


    Erst der letzte Abschnitt mit dem Titel Beendigung brachte die langersehnte Spannung und die Sachkenntnis in juristischen Fragen ins Geschehen. Hier kam zu guter Letzt im Gerichtssaal Atmosphäre auf durch die brillante Vorstellung von Pirlo und Grobulla. So in etwa stelle ich mir einen Justizkrimi vor und mit Band 1 und Band 2 hat Ingo Bott ja auch bewiesen, dass er das fesselnd schreiben kann. Das romantische Geplänkel ist eindeutig zu lang geraten und einiges andere auch. Das Buch hätte viele Seiten kürzer sein können nach meinem Empfinden.


    Es war ein zäher Leseweg bis zum Freispruch.


    Ich bewerte das Buch noch mit drei von fünf Sternen in der Hoffnung, dass die nächste Geschichte wieder ein Lesevergnügen wird.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Der erste Fall für Dr. Sabine Yao


    Michael Tsokos, Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner, stellt den ersten Band seiner neuen Thrillerreihe vor. Nach Fred Abel und Paul Herzfeld ermittelt nun Dr. Sabine Yao. Die junge Deutsch-Chinesin kennt der Leser/die Leserin bereits aus seinen vorangehenden Büchern. Zum Beispiel im Teil 4 der Reihe um Rechtsmediziner Dr. Fred Abel (Zerrissen) erfährt man vom Schicksal ihrer Schwester und ihrer Nichten. Das ist hochgradig aufwühlend. Trotzdem kann der Beginn der neuen Reihe ohne Vorkenntnisse gelesen werden.


    Mit kalter Präzision lautet der Titel und er ist sehr treffend, wie ich am Ende der Lektüre feststellen konnte. Dr. Sabine Yao hat es mit einem eiskalten Killer ohne Emotionen zu tun, der die Rechtsmediziner zudem mit seinem Fachwissen narrt, das er bewusst und gezielt anwendet. Er fühlt sich allen haushoch überlegen und lange Zeit blieb er auch der angesehene intellektuelle Arzt, bis er auf die junge Rechtsmedizinerin traf.

    Mit viel Brisanz wird der/die Lesende durch das Geschehen geführt. Dabei geht der rote Faden nie verloren, obwohl neben der Haupthandlung noch Fälle aus dem ganz normalen Arbeitsalltag in der Rechtsmedizin untersucht und auch die privaten Seiten der Sabine Yao mit all ihren Problemen beleuchtet werden.

    Tsokos schreibt anschaulich und dicht an der Realität bleibend. Thrillerelemente steigern die Spannung, wobei auch hier und da mal etwas übertrieben wird. Meiner Meinung nach darf das sein. Es ist ja kein Sachbuch, sondern eben Unterhaltungsliteratur.

    Erklärungen zur Rechtsmedizin erfolgen detailreich, verständlich, und ungekünstelt eingebaut in die Handlung. Ich fühlte mich nicht belehrt und es wird auch nichts im dozierenden Ton beschrieben.


    Die kurzen Kapitel mit den Angaben zu Datum/Zeit/Ort ließen mich schnell mit dem Lesen vorankommen. Dabei blieb für mich der Spannungsbogen immer hoch.


    Fazit:

    Insgesamt merkte ich dem Thriller an, dass hier ein Experte berichtet. Detailliert und fachspezifisch erfolgen die Informationen. Dabei bleibt die Geschichte von Anfang bis Ende voller Spannung und unterhaltend trotz der ernsten Themen!


    Die Empfehlung erfolgt für alle Thriller- und Rechtsmedizinfans!


    Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen

    Als der Louvre ein Saustall war...


    Von Tom Hillenbrand habe ich schon einige Bücher gelesen. Ich kenne ihn als einen Autor, der unterschiedliche Themenbereiche und Genres bedient. Da sind seine kulinarischen Krimis um den Koch Xavier Kieffer, der Thriller um die Künstliche Intelligenz "QUBE" oder "Hologrammatica", ein SciFi-Thriller und vieles mehr. Er ist sehr vielseitig.


    Auch in diesem Roman fällt mir sein angenehmer, flüssiger Schreibstil auf. Es dauerte aber dieses Mal eine Weile, bis ich mich in der Geschichte zurechtfand, da er sich verschiedener Erzählstränge bedient. Nach und nach werden die verschiedensten Personen in abwechselnden Kapiteln eingeführt. Die meisten sind weltbekannt und bei Wikipedia zu finden – der Maler Pablo Picasso, die Tänzerin Isadora Duncan, der Schriftsteller Guillaume Apollinaire u. v. mehr. Beim Nachlesen der Informationen über die Persönlichkeiten fiel mir auf, wie nahe am tatsächlichen Geschehen der Roman bleibt und wie real Hillenbrand diese Menschen agieren lässt. Wer hätte gedacht, dass Picasso damals zum Kreis der Verdächtigen gehörte? Ich wusste das nicht.


    Drumherum um den Raub der La Gioconda (ital.) oder La Joconde (frz.) wird bildhaft eine Menge an Zeitkolorit eingebracht und das Ende der sogenannten Belle Époque beschrieben. Eine Gruppe gewalttätiger Revolutionäre spielt auch eine gewichtige Rolle. Dieser Strang erschien mir allerdings ein wenig zu lang, ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Da hätte eine Straffung des Geschehens gutgetan.


    Die Handlung spielt hauptsächlich in Paris und beginnt im Jahre 1911 mit dem spektakulären, dreisten Kunstraub der damals noch relativ unbekannten Mona Lisa aus dem Louvre. Eine aufregende Jagd nach dem Gemälde setzt ein und endet ebenso aufsehenerregend 1913. Eine Besonderheit stellte für mich der erbarmungswürdige Zustand des Louvre dar, der den Diebstahl mehr als begünstigte. Auf S. 106 wird dieses Museum als Saustall bezeichnet. Die Situationen dort werden anschaulich und in Einzelheiten geschildert. Für mich auch eine Neuigkeit. Das fand ich sehr interessant.


    Ich erlebte mit diesem Buch eine fesselnde, aufschlussreiche und vielschichtige Zeitreise in die Jahre 1911 bis 1913, in eine brodelnde, heftig pulsierende Stadt voller Umbrüche und mit rasanten Fortschritten. Paris war damals das Zentrum der modernen Welt. Das konnte ich intensiv in und zwischen den Zeilen spüren.

    Grundlage für den Roman ist die sorgfältige Recherche der historischen Fakten durch den Autor, die ein lebendiges, detailreiches Abbild von Paris und seiner berühmten bzw. weniger berühmten Bewohner zeichnen.


    Insgesamt gesehen ist für mein Empfinden der Roman mit seinen über 500 Seiten zu lang geraten. Zwischenzeitlich ließ die Spannung und damit meine Aufmerksamkeit nach, vor allem bei den Schilderungen zu den Revoluzzern und bei dem okkultischen Brimborium des Aleister Crowley.


    Buchempfehlung: vier von fünf Sternen!

    Leider nicht spannend wie angekündigt!


    Von diesem isländischen Krimi hatte ich mir mehr erhofft nach dem interessanten und toll klingenden Klappentext sowie der Ankündigung durch den Aufkleber, dass „Verlogen“ ein Bestseller sei.


    Ich bin enttäuscht von der gemächlichen Handlung, der schleppend daherkommenden Ermittlungsarbeit und den vielen blassen Charakteren.

    In zwei Handlungsebenen versucht die Autorin dem Tötungsdelikt an der jungen Frau nahezukommen. Nachdem alle zunächst nach dem Verschwinden der alleinerziehenden Mutter, und dem Hinterlassen eines Abschiedsbriefes von einem Selbstmord ausgehen, kommt mit dem Auffinden der Leiche nach sieben Monaten die Untersuchung des Falles wieder in Gang. Das Geschehen mit Befragungen und Vernehmungen von Zeugen verläuft ziemlich zäh. Spannend und fesselnd ist wirklich anders.

    Parallel dazu erfolgt die Ich-Erzählung einer alleinstehenden Mutter mit ihrem zunächst ungeliebten Kind. Da löst sich für mich ziemlich spät auf, wer die Beiden sind. Ich war auf der falschen Fährte. Beide Erzählstränge führen zum Ende hin zusammen und ergeben Sinn. Jedoch hatte mich da mein Interesse für die Geschichte, die eigentlich Potential hat, schon verlassen.

    Eine Empfehlung kann ich leider nicht aussprechen.

    Ich bewerte mit drei von fünf Sternen.

    Der unheimliche Täter, der (zunächst?) nicht zu fassen ist...


    „Der Bojenmann“ ist der Startkrimi in eine Reihe zweier Autoren: Kester Schlenz und Jan Jepsen.

    Der Handlungsort befindet sich in Hamburg. Die Personen des Teams, angeführt vom Kripochef Thies Knudsen, wurden mit charakterlich authentischen Wesensmerkmalen versehen. Hauptsächlich gefiel mir jedoch sein langjähriger Freund, der alte Lotse Oke Andersen, genannt La Lotse, mit seinen urigen Lebensweisheiten. Er wohnt seit langer Zeit im Hafengebiet und kennt die Gegend wie seine Westentasche.

    Der Täter kommt mir mit seiner ausgefallenen Tötungsart sehr überambitioniert vor. Was treibt ihn eigentlich die ganze Zeit an? Warum drapiert er seine Opfer an exponierten Stellen in der Hansestadt? Das war sehr spannend aufgebaut und begeisterte mich zunächst. Den Autoren gelingen interessante Passagen über Themen wie den Klimawandel, seine Folgen auf die Schifffahrt u. a., aber leider finde ich da einige Abschnitte etwas zu lang geraten. Die Spannung lässt nach, das Geschehen verliert sich in Nebensächlichkeiten, um zum Ende hin plötzlich mit Action aufzuwarten.


    Das Ende war mir dann zu schnell erzählt und lässt mich unzufrieden zurück. Ist der Fall nun beendet? Wird der raffinierte Irre noch gefasst? Erfahren wir das im nächsten Band? Was ist mit dem entführten Kripobeamten? War das der hilflose Mann im Rollstuhl, der im Museum vom Täter zurückgelassen wird? Mir sind das zu viele Cliffhanger. Ungeklärte Aspekte und ein stellenweise zu ausschweifender Erzählstil, bewegen mich dazu, diesen Krimi mit drei von fünf Sternen zu bewerten. Eventuell ändert sich meine Meinung nach Beendigung der Reihe.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Die abgelehnte Erfindung


    Hedy Lamarr (geboren als Hedwig Eva Maria Kiesler in Wien - 1914 bis 2000) war eine österreichische Schauspielerin jüdischer Herkunft, die Ende der 1930er Jahre zum Hollywoodstar wurde. Sowohl im Klappentext des Buches als auch bei Wikipedia wird sie als Erfinderin für eine Funksteuerung für Torpedos genannt. Leider spielt das in dem Roman eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle trotz der mehrfachen Ankündigungen.


    „Die einzige Frau im Raum“ ist der vierte Teil der Buchreihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ von Marie Benedict, einer USA-Schriftstellerin (geb. 1973). Obwohl ich dem gefälligen Schreibstil der Autorin gern gefolgt bin, war das interessante Leben der einst schönsten Frau der Welt zu sehr auf ihre erste Ehe mit dem superreichen und mächtigen Waffenfabrikanten Fritz Mandl ausgerichtet. Der erste Teil über den Beginn der Schauspielkarriere und die unselige Zeit mit Mandl wurde zu ausführlich beschrieben und zu wenig auf ihre technische Prägung eingegangen. Für mich kam ihr Erfindergeist wie aus dem Nichts. Der zweite Teil des Buches mit der wissenschaftlichen Arbeit gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil wirkt irgendwie gekünstelt, nicht authentisch. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Autorin die Geschichte Lamarrs aus der Ich-Perspektive erzählt. Darüber hinaus wird nur über einen kurzen Zeitraum berichtet, der 1933 beginnt und schon 1942 endet.

    Bleibt für mich die Frage, warum die Erfindung nicht zur Anwendung kam. Weil sie eine Frau war? Oder gab es doch andere Gründe?


    Mich inspirierte der Roman zumindest dazu, mehr über diese selbstbewusste, kluge und mehrfach talentierte Frau zu erfahren.


    Meine Bewertung: drei von fünf Sternen. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Markus Mittmann - Wodka mit Grasgeschmack


    Inhalt (laut Amazon):

    Ein VW-Beetle, die Autobahn Richtung Osten, eine Reise zu viert, eine Familie. Erstmals seit ihrer Vertreibung wagen sich die Eltern in die Dörfer ihrer Kindheit, die Söhne dagegen in eine geheimnisvolle Welt, ein Gespinst aus Erzählungen und Vorstellungen. Die Spurensuche an Orten und in verdrängten Erlebnissen beginnt. Ob in der Enge des Autos oder bei Schweinebauch und Kraut, immer erkennbarer wird das Erinnern zum Verstehen und die Fahrt zu einer Suche nach Grenzlinien, die nur auf dieser Entdeckungsreise überschritten werden können, jetzt und nur noch ein einziges Mal. Oder nie! Eindringlich, bildhaft und voller Leben, in mitreißenden Gegensätzen, gewürzt mit entlarvendem Humor erzählt Markus Mittmann eine Geschichte von heute, wirft dabei die unausweichliche Macht der Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft in einen Topf und rührt kräftig um. Eine Geschichte, die bewegt, weil sie so tief in uns verwurzelt ist.


    Meine Rezension


    Was bedeutet Heimat?


    „Geblieben ist das Gefühl, etwas greifen zu wollen, dass für immer fern blieb, auch unklar, nicht einmal der Schmerz ist eindeutig.“ S. 8


    Vier Erwachsene sind im „Zitronenauto", in einem gelben VW Beetle, in Richtung Osten unterwegs. Die zwei Söhne wollen nach über 70 Jahren in die verlorene Heimat beider Eltern. Sie fahren in die Heimatdörfer von Vater und Mutter, in das damals deutschsprachige Schlesien, heute Polen. Die Zeitzeugen werden aus naheliegendem Grund immer weniger, umso wichtiger ist diese bewegende, authentische Beschreibung der Reise in dem Buch.


    Markus Mittmann gelingt es sehr gut, zu schildern, wie sich Vertreibung anfühlen muss. Wie er das in aufwühlende Sätze zu verpacken weiß, ohne ins Sentimentale abzugleiten, beeindruckte mich sehr und nahm mich mit. Sein Sprachstil gefällt mir. Die Sprache ist schnörkellos und einfach. Die Dinge werden beim Namen genannt, aber auch fast poetische Betrachtungsweisen und tiefe, feinfühlige Sätze über einen Verlust, der unwiederbringlich ist, wurden empathisch thematisiert. Ich war richtig dabei und fühlte mit. Zum Lesen des kleinen Buches brauchte ich nicht lange. Doch die Aspekte, die Blickwinkel verbinden das Vergangene mit dem Hier und Jetzt und der Zukunft. Obwohl ich im engsten familiären Kreis nichts mit Flucht und Vertreibung zu tun hatte, berührte mich die Geschichte trotzdem und ließ mich viel nachdenken.

    Im letzten Abschnitt des Buches wurde für mich nochmal besonders deutlich, wie wichtig es ist, die Nachgeborenen in das Geschehen der vergangenen Zeit mit einzubinden. Sie sind unsere Zukunft und sollten über die deutsche Geschichte, besonders über den 2. Weltkrieg und seine schrecklichen Folgen Bescheid wissen.

    Ich bedanke mich für ein bemerkenswert formuliertes Buch mit einem sehr wichtigen emotionalen Thema. Es wurde viel zu lange und viel zu oft darüber geschwiegen.

    Die schlimme Zeit von Flucht und Vertreibung sollte nicht vergessen werden. Nein! Auch dieses massenhaft begangene Unrecht an den Menschen, dieses unrühmliche Kapitel der Nachkriegszeit gehört in den Geschichtsunterricht. So etwas darf nie wieder geschehen. Die unglaublichen Ereignisse sollten wie in dem Roman fortdauernd deutlich gemacht werden, Namen von authentischen Orten und Personen bekommen.


    Noch ein herzliches Danke, lieber Markus Mittmann, für die Lesungen in der Öffentlichkeit! Machen Sie weiter!


    Sehr gern vergebe ich die Höchstbewertung sowie meine unbedingte Lese- und Kaufempfehlung.

    Folgenreiche Geheimnisse


    Berlin kurz vor dem G20-Gipfel:


    Der Tag beginnt mit einem krassen Ereignis. Im Berliner Berufsverkehr zu morgendlicher Stunde geschieht in unmittelbarer Nähe zur Siegessäule ein Verkehrsunfall. Der Fahrer eines Kleinlasters verschwindet daraufhin im dichten Schneetreiben und lässt auf der Ladefläche eine unbekleidete Tote zurück. Auf ihrem Leib steht rot geschrieben die private Adresse des Bundeskanzlers.

    Der berühmt-berüchtigte BKA-Ermittler Artur (genannt Art) Mayer, gerade erst geschasst, wird ganz schnell zurückbeordert und gemeinsam mit der jungen Kommissaranwärterin Nele Tschaikowski mit der Aufklärung betraut. Noch wissen sie nicht, dass alles kein Zufall ist...


    „Der Morgen“ ist sehr anschaulich und äußerst spannend geschrieben. Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, haben ihre Ecken und Kanten. Sie sind authentisch. d.h. lebendig. Zunächst passt überhaupt nichts zusammen für mein Empfinden. Was haben die Rückblenden mit den Geschehnissen der Gegenwart und dann noch mit dem amtierenden Bundeskanzler zu tun? Es erscheint wie ein riesiges Rätsel. Die Verbindungen zu den Jugendlichen in die Vergangenheit bleiben lange Zeit undurchschaubar. Diese Menge an Geheimnissen! Nach und nach fallen die Ergebnisse der Ermittlungsarbeit und der Intuition von Artur wie Puzzlesteine an die richtigen Stellen. Aber erst gegen Ende der Geschichte ergibt sich der große Zusammenhang.

    Art erscheint erst als unnahbar und mürrisch wie ein typischer Einzelgänger. Doch bald beginnt er sich in der Zusammenarbeit mit der jungen und taffen Nele zu öffnen. Er zeigt auch seine liebevolle, warmherzige Seite. Unter rauen Schale verbirgt sich ein empfindsamer Mann.

    Ich freue mich schon auf den nächsten Band mit den beiden Ermittlern. Leider muss ich und alle anderen Fans des Genres da noch ein ganzes Jahr darauf warten. Ein Glück ist, dass diese rätselhafte Story am Ende ihre Aufklärung erfährt.


    Der zweite Fall (Titel: Dämmerung) für Art Mayer und die Anfängerin Nele Tschaikowski erscheint im Frühjahr 2024.


    Fazit:

    Dieser Thriller erfüllt alle Ansprüche, die ich an dieses Genre stelle. Wie auch schon die Tom Babylon-Reihe ist für meinen Lesegeschmack auch diese Geschichte hervorragend entwickelt und durchdacht. Ich fühlte mich vorzüglich und abwechslungsreich unterhalten. Besondere politische Brisanz erhält die Geschichte noch zusätzlich durch den Bezug zum Bundeskanzler und die Ausstrahlung auf Deutschland und die ganze Welt.


    Das Cover rundet das Gesamtbild ab. Ich finde die Farbkombination des Covers gut gewählt, ein echter Hingucker!


    Ich vergebe die Höchstbewertung und meine unbedingte Lese- und Kaufempfehlung!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Zwei Hebammen, beruflich und privat


    Ich hatte eine leicht und locker erzählte Geschichte über zwei unterschiedliche Hebammen erwartet, so wie es auf dem Buchumschlag angekündigt wird. Zunächst entwickelte es sich auch dementsprechend.


    Helga ist 42 Jahre alt, erfahren im Beruf als Hebamme, aber sehr schroff im Umgang mit den werdenden Eltern, was dem guten Ruf des Storchennestes mehr und mehr zu schaden droht. Deshalb stellt die Leiterin Monika die junge Madita ein. Diese ist Anfang 20, gerade mit der Ausbildung als Hebamme fertiggeworden. Sie bringt mit ihrer quirligen, aufgeweckten Art Schwung und Tatendrang mit.


    Storchenherzen ist unterhaltsam. Das möchte ich nicht abstreiten. Aus der Ich-Perspektive von Helga und Madita erfährt man die Geschichte, die das private und das berufliche Leben der beiden Frauen intensiv beleuchtet. Der Erzählstil ist flott, manchmal auch humorvoll und wenn Madita dran ist, wird es auch mal hektisch bis chaotisch. Statt der von mir anfangs vermuteten unschönen Auseinandersetzung, die aber nicht eintritt, herrscht recht bald zwischen den beiden Hebammen ein einvernehmliches Miteinander. Sie verstehen und ergänzen sich wider Erwarten richtig gut.


    Schade, dass so gar kein roter Faden die ganze Geschichte zusammenhält. Es existieren meiner Meinung nach zu viele Nebenschauplätze, werden aufgegriffen, erst einmal wieder fallengelassen, um dann unverhofft erneut thematisiert zu werden. Da gibt es die werdenden Eltern in unterschiedlichsten Konstellationen, die Vorbereitungskurse im Storchennest, Hausbesuche, komplizierte Schwangerschaftsverläufe und Geburten bis hin zur Fehlgeburt. So weit, so gut, das ist das Berufsfeld einer Hebamme. Doch dazu kommen eine nervige, superschlaue Schwester, ein junger, gutaussehender Polizist, eine superpenible Wohngemeinschaft und ein(e) Stalker(in) bei Madita sowie ein Ehemann, der eine Auszeit möchte, ein geheimnisvoller Nachbar, eine unverhoffte Schwangerschaft bei Helga und vieles mehr. Mir war das wirklich zuviel an Nebenhandlungen! Auf der anderen Seite spielt die dritte Hebamme im Storchennest überhaupt keine Rolle mehr! Werden wir von ihr noch mehr erfahren?


    Zum Ende hin wird alles schnell abgehandelt, so mein Eindruck. Silas (der junge Polizist) und Madita nähern sich an. Wie es mit ihnen und einigen anderen weitergeht, erfährt man dann wohl im nächsten Buch.

    Für meinen Lesegeschmack bleibt zu vieles offen. Es ist wohl auch nicht mein Genre.


    Meine Bewertung: drei von fünf Sternen! :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ein Dorf Spielball der Geschichte


    Der junge Bauer Albert Lintermann kommt entstellt, schwer gezeichnet trotz langem Krankenhausaufenthalt in sein Heimatdorf Wollseifen zurück. Dem jungen Mann zerfetzte eine Granate das halbe Gesicht. Seine Frau Bertha kann ihr Entsetzen und ihre Abscheu nicht verbergen. Sie lässt es ihm schmerzlich spüren. Doch Albert kämpft sich in den Alltag zurück. Ihm gelingt es den Hof größer werden, und den Fortschritt einziehen zu lassen. Gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft werden im Laufe der Zeit auch große Projekte in Angriff genommen. Strom und Wasser für alle! Albert ist anerkannt und hat auch in Leni, der Verlobten seines im Krieg gefallenen Freundes und im italienischstämmigen Gastwirt Silvio sehr treue Freunde. Mit den Nationalsozialisten ändert sich die beschauliche Lage des kleinen Eifeldorfes. Die Gegend um Wollseifen wird für ein Schulungslager der Nazielite auserkoren und die Ordensburg Vogelsang errichtet. Damit änderte sich alles...


    Anna Maria Caspari lässt die reale Geschichte des Dorfes Wollseifen mit fiktiven Figuren wieder auferstehen. Sie beschreibt mit einfachen und klaren Worten recht anschaulich das karge, bescheidene und beschwerliche Leben der Menschen in der Zeit von 1919 bis 1949. Das Buch besteht aus 28 Kapiteln und ist in drei Teile untergliedert. Die geschichtlichen Ereignisse sind im Großen wie im Kleinen in kursiver Schriftart durch die Aufzeichnungen des Wollseifener Lehrers Martin Faßbender nochmals näher dokumentiert.


    Mir hat die Darstellung der zahlreichen Charaktere gut gefallen. Eindringlich und nachvollziehbar werden die Handlungen sowohl der Dorfbewohner, als auch die des meist negativ agierenden Nazis Johann Meller erzählt. Ich hatte an keiner Stelle des Buches das Gefühl, dass die Geschichte konstruiert wäre. Das tatsächliche Leben in Wollseifen hätte sich so abspielen können.

    Über das Schicksal des Dorfes bin ich sehr betroffen. Davon hatte ich noch nie gehört und deshalb machte ich mich im Internet zusätzlich kundig. Die Autorin schreibt im Anhang noch Einiges zum Schicksal des Dorfes.


    Fazit:

    Ich fand Ginsterhöhe sehr unterhaltend erzählt. Es war eine schlimme Zeit und doch haben sich die Menschen nicht unterkriegen lassen. Wir erfahren von viel Leid, Kummer, Entbehrung, aber auch von Hoffnung und Zuversicht. Die Schicksale nahmen mich gefangen.

    Ich bewerte das Buch mit fünf von fünf Sternen und vergebe meine Kauf- und Leseempfehlung! :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Schwierig, regt aber zum Nachdenken an


    Eine intensive Warnung vorab: „Liebewesen" ist kein Wohlfühlbuch!


    Hier erwartet den Leser/ die Leserin keine Liebesgeschichte mit Happy End. An vielen Stellen der Story von Max und Lio wurde es für mich sehr unbehaglich. Ich bin einiges gewohnt, da ich am liebsten Thriller und Krimis lese, die mich allerdings äußerst selten mit ihrer Thematik bis in den Schlaf verfolgen. Doch diese Geschichte wirkt immer noch in mir nach. Der Schreibstil von Caroline Schmitt ist krass anders als ich es gewohnt bin. Sie erzählt frei von der Leber weg, schnörkellos, geradlinig, teils sarkastisch, teils zynisch, humorvoll bis salopp.


    Lio, eine junge Biologin, ist eine ambivalente Persönlichkeit, die ihre traumatischen Erlebnisse der Kindheit und frühen Jugend in die Liebesbeziehung mit Max einbringt. Doch auch der junge Mann hat eine anscheinend schwierige Vergangenheit. Zumindest litt er unter der Abwesenheit eines Vaters und hat des Öfteren depressive Phasen.

    Die gesamte Geschichte ist aus der Sicht Lios geschrieben, so dass man lediglich ihre Auffassungen, Ansichten und Auslegungen erfährt. Erschreckend zu lesen, wie Lio sich selbst, ihren Körper empfindet und wahrnimmt. Sie liebt sich selbst nicht. Ekelt sie sich sogar vor sich selbst? Ihre Emotionslosigkeit ist einfach nur schlimm.

    Hier ein Beispiel:

    S. 124 „Außerdem musste die Natur doch ein Interesse daran haben, dass so jemand wie ich sich nicht fortpflanzte.“


    Ihre Handlungen sind für mich oft überhaupt nicht zu verstehen. Sie sind schlichtweg übertrieben. An schweren Thematiken wird einiges in dem nur 224 Seiten umfassenden Buch eingebracht. Wer über Kindesmisshandlung, Alkoholsucht, Depression, unlustigen Sex, ungewollte Schwangerschaft und deren Abbruch lesen möchte, wäre hier richtig. Für mich war dieses Buch keine angenehme Unterhaltung, zumal der Ausgang der Story nichts Optimistisches in der Zukunft für die Protagonistin vermuten lässt. Den vielen überaus positiven Rezensionen kann ich leider nicht zustimmen.


    Meine Interpretation der Geschichte verhält sich konträr zum Klappentext. Ich bin nicht der Meinung, dass wir hier die Geschichte einer großen Befreiung lesen. Was soll damit gemeint sein? So wie ich das verstanden habe, wird die Protagonistin ihre seelischen Verwundungen weiter in sich tragen. Daraus werden in ihrer Zukunft weitere entstehen, wenn sie sich keiner professionellen Hilfe unterzieht.

    Die Bewerbung des Buches mit der Textauswahl auf dem Buchumschlag finde ich unglücklich ausgesucht. Problematisch auch die Aussage: Sie sind wie wir. Also ich bin und war nicht so (bin aber auch schon alt!). Vielleicht habe ich die Geschichte hinsichtlich der genannten Themen und über Partnerschaft, Zusammengehörigkeitsgefühl und gegenseitiges Verständnis auch nicht begriffen.


    Das Cover mit dem Bild des Künstlers Mark Tennant und den Titel finde ich auch nicht so übermäßig gelungen.


    Ich bewerte das Debüt von Caroline Schmitt mit drei von fünf Sternen. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: