Historische Romane sind für mich immer so eine Sache, aber dieser ist wirklich schlimm. Es gibt ein paar Romane von ihr, die ich mag, aber diesmal, Hilfe. Es geht schon mit der Problematik „Vergolderin“ los. Mit dem Vergolden von Spiegeln verdient sich die Hauptfigur Elisabeth heimlich was dazu. Ihr Vater war Goldschmied, ihr böser Großvater, bei dem sie notgedrungen leben, ist Goldschmied, ihr Bruder soll es werden. Da passt ja das Vergolden. Nö, passt es nicht. Vergolder gehörten zum Malerhandwerk, an dieser Tatsache ändert sich auch nichts, dass die Autorin alle ihre Goldschmiede penetrant im falschen Handwerk rumpfuschen lässt.
Dann hat sie keine Ahnung vom Münzwesen. Elisabeth klaut dem Großvater Geld, will es dann zurückgeben, hat aber nur fremde Münzen, während er nur braunschweigische hat. Große Katastrophe? Nö, auch wenn die Autorin es solche inszeniert. Die ach so einfache Lösung: Wechselstube, Problem ratzfatz erledigt. Stattdessen kommt der große Retter, männliche Hauptfigur, der blinde, reiche Clavius, auf der Suche nach dem Geheimnis seines Verschwindens aus Braunschweig. Als er ihr explizit braunschweigische Münzen für ihre Hilfeleistung zahlen soll, sagt er, sie wisse aber schon, dass alle Münzen gleich viel wert wären. Autsch, nö! Münzrecht war ein Privileg, dass diejenigen, die es besaßen, auch gerne mal zur Verschlechterung der Münzen nutzen, darum gab es Münzordnungen, die die Wertverhältnisse zwischen den verschiedenen Münzen regelten. Ein Fernkaufmann muss sowas wissen und ein Autor sollte das auch, wenn er/sie darüber schreibt.
Strafrecht? Gosh, warum sich mit der Realität rumärgern, wenn man dem leichtgläubigen Leser einen albernen Schauprozess unterjubeln kann. Und wann kapieren diese Schmierenschreiber endlich mal, dass Ehebruch und außer- bzw. voreheliches Rumschnackeln keine Privatsache war, die bei Entdeckung nicht nur den Ruf ruinieren konnte, sondern dass man dafür, wenn es wirklich ganz dumm lief, auf dem Schafott landen konnte und gelegentlich auch mal gelandet ist. Gerade das macht doch die Vergangenheit im Gegensatz zu heute so interessant. Wenn man so wenig Ahnung von der Thematik hat, warum glaubt man dann, darüber schreiben zu müssen? Den meisten Quatsch, denn sie seitenweise zusammenschreibt, hätte sie allein mit Hilfe von Google und Wikipedia beseitigen können, dafür braucht man kein geschichtswissenschaftliches Studium.
Das alles ist schon schlimm genau, aber die Story überhaupt ist total bescheuert. Hauptmotiv ist Clavius‘ Suche nach seiner Vergangenheit und dafür will er seine Mutter sprechen, aber seine Mutter ist angeblich tot. Laut Halbbruder und Erzhalunke. Weiß nur niemand was drüber. In einer frühneuzeitlichen Stadt, die nach heutigen Maßstäben eine Kleinstadt wäre. Die Frau eines Goldschmiedemeisters, bürgerliche Oberschicht. Einfach weg, puff. Man, man, da muss Netflix aber spannende Serien im Angebot gehabt haben, dass alle davon so gefesselt waren, dass ihnen so ein Skandal entgangen ist Was für ein absoluter Schwachsinn!!
Dann ist es auch noch unglaublich schlampig geschrieben. Die Augenfarbe der Beteiligten ändert sich, sie kann Stief- und Halbbruder nicht unterscheiden, jetzt taucht plötzlich ein Onkel auf, der wohl eher der Stiefvater sein müsste. Die Figuren sind so schablonenhaft gut oder böse, dass es fast schon weh tut, die sich anbahnende Lovestory unglaubwürdig und gezwungen und das Leben ist kurz. Weg damit!