Nachdem ich neulich im Klassik - Challenge - Thread meine Eindrücke zu „Antigone“ hinterlassen hatte, ergänze ich sie noch hier.
Inhalt:
Antigone, Tochter des Ödipus und dessen eigener Mutter, begräbt trotz des Verbotes Kreons, König von Theben, ihren im Krieg gefallenen Bruder Polyneikes, der als Verräter gilt.
Kreon will diese Tat bestrafen.
Meinung:
Die 58 Seiten lesen sich natürlich aufgrund der Sprache und des besonderen Versmaßes nicht ruckzuck runter wie eine Kurzgeschichte, aber wenn man sich die Zeit nimmt und versucht, die Betonung herauszufinden, versteht man auch den Inhalt...
...meistens - bei ein, zwei Auftritten des Chores verstand ich allerdings nur Bahnhof, da sie derart vollgespickt sind mit griechischen Sagengestalten bis ins dritte und vierte Glied, dass man entweder recherchieren muss oder es so nimmt, wie es da steht. Ich habe mich dann für Letzteres erschienen, zumal der Übersetzer (in meiner Ausgabe ein Herr Wilhelm Kuchenmüller) in den Fußnoten dieses zB so vermerkt: „ Das Chorlied ist wohl ohne jeden Zusammenhang zu dem Drama entstanden...“ Na, dann.
Sophokles allerdings kann ich jetzt wirklich gut leiden!
Seine Weltanschauung und seine Persönlichkeit stelle ich mir so vor:
Humorist (Zeile 316+317): Kreon: „Merkst Du noch nicht, wie dein Geschwätz mich quält?“ Wächter: „Beißt´s in den Ohren oder in der Seele.“
Demokrat (Zeile 737): Haimon: „ Das ist kein Staat, der einem nur gehört.“
Philanthrop (Zeile 720 ff: Dialog zwischen Kreon und dessen Sohn Haimon)
Misantroph (Zeile 1244): Bote: „Der Welt zur Weisung: Das Verderblichste, was uns zuteil ward, ist der Unverstand.“
Feminist (Zeile 525): Kreon: „Mich wird im Leben nie ein Weib regieren.“
Und zu guter Letzt Wegbereiter (wie all seine Kollegen der damaligen Zeit):
Ideen und Aufbau der „Antigone“ finden sich wieder bei Shakespeare („Romeo und Julia“), bei „Herr der Ringe“ und sicher in vielen andere Tragödien, Komödien und Epen der nachfolgenden Jahrhunderte/Jahrtausende.
Vier Sterne auch für die Erkenntnis, wie klug die Menschen vor über 2000 Jahren waren (manche Dinge lernt man zwar in der Schule, aber versteht sie erst später).