Beiträge von Marie

    Ich habe das Buch vor ca. fünf Jahren gelesen. Es war mein erstes von Koontz und hat mir den Appetit auf weitere Bücher des Autors genommen. Die erste Hälfte ging ja noch, aber die Auflösung fand ich ganz furchtbar und an den Haaren herbeigezogen. Verschwörungen, verbunden mit verworrener Mystik, sind nicht mein Ding.

    Originaltitel: Le Bal
    2 CDs, 5. Folge der Brigitte Hörbuch-Edition Starke Stimmen, gelesen von Nina Hoss


    Inhalt (von Amazon-Taschenbuchausgabe kopiert):
    Paris 1926. Das Ehepaar Kampf plant einen großen Ball, der ihren Aufstieg in die feine Pariser Gesellschaft besiegeln soll. Seit die Familie unerwartet zu Reichtum gekommen ist, will Madame ihr Leben endlich in vollen Zügen genießen. Ihre halbwüchsige Tochter, die lebenshungrige 14-jährige Antoinette, ist ihr dabei nur im Weg. Sie darf an dem großen Fest nicht teilnehmen. Antoinette grollt ihren Eltern, bis sich plötzlich die Gelegenheit zur subtilen Rache auftut.


    Eine kurze Erzählung. Das Papier-Buch umfasst nur 120 Seiten.
    Frau Rosine Kampf kam aus schlechten Verhältnissen und hat anscheinend ihr großes Lebensziel erreicht, als ihr Mann durch Börsenspekultaionen reich wird. Als typische Aufsteigerin gekennzeichnet, scheucht sie das Personal herum, kommandiert ihren Mann und empfindet Im Grunde Verachtung für alle Leute. Auch wenn sie sich mit ihren adligen Bekanntschaften brüstet und sich nichts sehnlicher wünscht als die Anerkennung der reichen und vornehmen Gesellschaft.
    Ein Ball als Einstieg ins gesellschaftliche Leben ist geplant. Ein Großereignis, das prunkvoll und unübertrefflich sein und alle ähnlichen Festlichkeiten anderer Familien in den Schatten stellen soll. Die Gästeliste wird sorgsam zusammengestellt, Einladungen werden gedruckt, und von Antoinette wegen ihrer schönen Schrift adressiert.
    Aber Antoinette hasst ihre Eltern, besonders die Mutter. Sie fühlt sich unverstanden, weint heiße Pubertätstränen und wünscht sich einen baldigen Tod, als die Eltern ihr die Teilnahme am Ball verbieten. Einziger Trost: Irgendwann wird ein Märchenprinz ihr wahres Wesen erkennen und sie auf ewig lieben.


    Auch wenn Rosine passagenweise stark überzeichnet wirkt, trifft die Autorin doch genau den Ton, um die typische Mutter-Tochter-Beziehung der Pubertätszeit darzustellen. Anfangs liegen alle Sympathien des Lesers / Hörers auf Seiten Antoinettes. Als sie, nicht planvoll, sondern eher der Laune des Augenblicks gehorchend, die Rache an der Mutter in Angriff nimmt und dabei überlegt, wie sie, im Fall einer Entdeckung, die Tat ihrer Gouvernante in die Schuhe schieben kann, wendet sich das Blatt. Zum Schluss bleibt Mitleid mit einer Frau, die sich als Ausgestoßene erlebt, und Zorn auf die Göre, die den Schmerz der Mutter als persönlichen Sieg feiert.


    Nina Hoss als Vorleserin gefiel mir, sie hat eine angenehme Stimme und imitiert Rosines hektische Betriebsamkeit sehr gut. Leider hat sie die englische Gouvernante nicht durchgehend mit Akzent gesprochen.


    Marie

    Originaltitel: Kedves bópeer


    Inhalt:
    Der Ich-Erzähler, Schriftsteller, ist im letzen Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts geboren, aber er weigert sich, sein Alter zu nennen. Missmutig und selbstgefällig lebt er nach dem Tod seiner Frau allein mit der alten Haushälterin Zsófi in einem großen Haus. Sein Sohn wohnt in der Schweiz, seine Kontakte zu anderen Menschen beschränken sich auf zufällige Begegnungen. Das einzige Ziel seines gegenwärtigen Daseins: So alt zu werden wie möglich, am besten sogar unsterblich.
    Als seine Kräfte doch nachlassen, holt er seinen Sohn nach Hause zurück. Aber dieser kommt nicht allein, sondern bringt - zunächst zum Ärger des alten Mannes - eine reizende Ehefrau mit.


    Lange bevor zeitgenössische Autoren anfingen, ihre nachlassene Jugend, Manneskraft, Energie und Gesundheit literarisch zu beweinen, hat der Ungar Tibor Déry 1973 diesen kleinen Roman herausgebracht.
    Sein Protagonist ist ein eitler, egozentrischer, menschenfeindlicher Eremit; was ihn erträglich macht, ist seine Distanz zu sich selbst und seine Selbstironie. Er weiß, dass er ein Kotzbrocken ist und spielt die Rolle des Kotzbrockens mit Bravour. (... ich kann Sie leider nicht empfangen, weil ich keine Zeit habe. Ich bin gerade mit der Abfassung des elften Gebotes beschäftigt." - S. 85)
    Er freut sich wie ein König, wenn er einen Gleichaltrigen trifft, der hinfälliger und seniler wirkt, und schließt mit sich Wetten ab, ihn zu überleben.
    Oberflächlich wirkt es, als versuche er, sich selbst und dem Leser vorzumachen, er sei noch jugendlich, wenn das, was er an anderen in puncto Alterserscheinungen diagnostiziert, ihn (noch) nicht erwischt hat. Andererseits trieft das Buch vor Ironie, von der jeder seinen Teil abbekommt - der sabbernde Alte ebenso wie der geistig Verwirrte und derjenige, der sich im Alter nochmal verliebt hat. Und unter dem ganzen Stapel Ironie ist die Trauer des Erzählers zu spüren, dass sein Leben nun kurz vor dem Ende steht, und seine Sehnsucht danach, sich nochmal jugendlich-unbeschwert einem anderen zu öffnen.


    Schmale 190 Seiten intelligenter Bösartigkeit und Emotionalität für ein genussvolles Lesen.


    zum Autor und seiner interessanten Vita


    Marie

    Hmmm, :scratch: . Von Knaup als Kluftinger war ich positiv überrascht. Er bewegte sich genauso wie ich es mir bei Kluftinger immer vorgestellt habe. Mein "Kopfkino-Klufti" war nur nicht so groß. Langhammer kam etwas blass daher, vielleicht, weil seine Rolle erheblich kleiner war als im Buch.
    Aber die Geschichte: Ist sie nicht im Buch ganz anders?


    Andererseits: In Making of äußerten die Autoren sich ganz begeistert von der Verfilmung ihrer Geschichte. Und die beiden müssten es eigentlich wissen.

    Das Buch hat mich durchaus spannend unterhalten. Wobei spannend nicht gleichzusetzen ist mit "gut". Die Handlung war nicht schlecht aufgebaut, aber Becketts Schwäche sind auch hier, ebenso wie in den späteren Hunter-Krimis, die Personen. Bis auf Ben sind seine Figuren keine Persönlichkeiten, sondern Typen - der gleichgültige Beamte vom Jugendamt, der schmierige Privatdetektiv, die heruntergekommene Barfrau = Gelegenheitsprostituierte, usw. Wenn in einem Roman Typen aufeinandertreffen, weiß man, wie eine Konfrontation aussehen wird; Überraschungen werden leider unmöglich.


    Nach dem, was ich von Autisten weiß, von ihnen und über sie gelesen habe, kommt mir Jacobs Verhalten nicht schlüssig vor. Wie in den ersten Kapiteln geschildert, hängt der Junge an seinen Ritualen, an dem Alltäglichen und immer Gleichen, so dass eine andere Umgebung, ein völlig anderer Tagesablauf und das Fehlen der vertrauten Rituale ihn verstören und ängstigen müssten. (Mehr als die Trennung von seinem bisherigen Vater.) Doch das scheint nicht der Fall zu sein.


    So ganz habe ich nicht durchgeblickt, was es mit Cole und seiner Suche nach dem System auf sich hat. Ob Beckett damit versucht, eine Linie vom Vater zum Autismus des Sohnes zu ziehen? Wie ich u.a. hier gelesen habe, sind Autisten von geschlossenen Systemen und ihrer Logik fasziniert.

    Heute abend 20.15 Uhr läuft die Verfilmung als Erstausstrahlung auf Bayern 3.


    Ich sehe Herbert Knaup gern, wäre aber nie auf die Idee gekommen, den Kluftinger mit ihm zu besetzen. Andererseits kann nicht alles, was ermittelt, übergewichtig ist und aus Bayern kommt, mit Ottfried Fischer verfilmt werden. :wink: Ich bin auf jeden Fall gespannt.

    Für eine Biografie war es mir einfach zu episch,


    @ Rosalita, das ist mir auch durch den Kopf gegangen, aber der Epilog und die Fotos, die in der Leserunde eingefügt wurden, beweisen, dass das Buch JR Moehringers reale Autobiographie ist.
    Dass viele Autoren (die meisten?) in ihren Büchern autobiographische Erfahrungen / Erlebnisse / Assoziationen einfließen lassen - vielleicht nicht immer bewußt - glaube ich ganz sicher. Irving ist ein gutes Beispiel dafür. Philipp Roth auch. Oder bei uns: Grass.

    Ob Dellbrügge gute Lyrik abliefert, kann und will ich nicht beurteilen.


    Warum liest man Lyrik, wenn man keine Ahnung davon hat? bzw.: Warum verschafft man sich nicht zuerst Ahnung, bevor man einen Lyrikband mit nichtssagenden Worten vorstellt?


    Dafür wirken die hier angesprochenen Themen zu banal und alltäglich.


    Es gibt kein Thema, das zu banal oder zu alltäglich wäre, dass man nicht gute Literatur (auch Lyrik) daraus machen könnte.



    Sehr geehrter Herr Rüdig,
    Sie stellen zwar in diesem Forum jeden Papierschnipsel vor, auf dem sich irgendwo in einer Ecke eine ISBN finden lässt, aber eine gute Buchbesprechung, geschweige denn Diskussion, habe ich darunter noch nicht gefunden. Der Fairness halber teile ich Ihnen daher offiziell mit, dass ich Ihre Beiträge in Zukunft nicht mehr lesen werde. (Wie es vermutlich sehr viele Forumsmitglieder bereits tun, wenn ich mir die Anzahl der Klicks Ihrer Beiträge ansehe.)
    Marie

    Eine Woche lang (mit Unterbrechung von einem Tag, an dem ich "Ich bin kein Serienkiller" dazwischengeschoben habe) kämpfte ich mit diesem Buch.


    Der Anfang gefiel mir sehr gut, und ich hielt das Buch zunächst für eine dieser wunderbaren Geschichten des Erwachsenwerdens, die vor allem Amerikaner lebendig erzählen können. Doch je älter JR wurde und je weiter es in dem Buch ging, desto mehr langweilte es mich. Alle Ereignisse laufen nach demselben Schema ab: JR erlebt irgendetwas und rennt damit abends zu seinen Kumpels ins Publican, um darüber zu reden. Es folgen immer die gleichen Gesprächsthemen, Baseball, Boxen, Wetten, Alkohol - Themen, die mich kalt lassen.
    Ab der zweiten Hälfte habe ich die Seitenzahlen beobachtet, die in quälender Langsamkeit an mir vorbeizogen (als würde man einem tropfenden Wasserhahn dabei zusehen, wie er ein 100 l-Fass füllt :roll: ). Die interessante Geschichte über die Entwicklung eines vater- und heimatlosen Jungen wurde irgendwann zu einer Säuferbiographie. Und wie jeder Alkoholiker sucht auch JR einen Grund und eine Entschuldigung, warum es soweit kommen konnte.


    Für macht dieses Buch mehr den Eindruck einer Erzählung, eines Romanes und deshalb habe ich diese Kategorie gewählt.


    Wenn es "nur" ein Roman wäre, könnte man den Protagonisten mit andern Augen betrachten als bei einer Autobiographie. Dort ginge es um die Anlage und Entwicklung eines fiktiven Charakters, seine Glaubwürdigkeit und um die Art, wie der Autor ihn aufbaut, ihn sich entwickeln lässt und zu Ende bringt. Aber hier geht es um einen Menschen, sein Schicksal, sein Leben. Und die Frage, ob man ihm nicht Unrecht tut, wenn man ihn unter rein literarischen Aspekten betrachtet. Zumindest habe ich Probleme damit, ein autobiographisches Ich ebenso auf den Prüfstand zu stellen wie ein fiktives.
    Ich plädiere dafür, "Tender Bar" ins Biographie-Forum zu verschieben.