Beiträge von cyphella

    Oh ja, als ich diese letzte Seite las dachte ich auch, "Verdammt, man müsste einfach alles zitieren". Danke, dass du das übernommen hast.
    Ich bin ganz deiner Meinung, dass man durch eine Analyse diese tieftraurige und doch wunderschöne Beschreibung der Einsamkeit eines Menschen
    nur zerstören würde. Lassen wir es also als Schlüsselstelle so stehen. Man lese und staune...........

    Oh Gott, ich merke gerade, dass ich das getan habe-es zerstört. Es tut mir leid :pale: .

    Hallo!
    So, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen und auch noch Kapitel 11 gelesen habe, kann ich Hypocritias Meinung immer besser nachvollziehen. Überhaupt möchte ich an dieser Stelle kurz was Persönliches loswerden (ich hoffe es ist nicht ganz deplatziert, bin mit den Gepflogenheiten des BTs noch nicht ganz vertraut): Wie Ihr vielleicht gemerkt habt, bin ich eher interessierter denn informierter Leser :D , und ich habe den Eindruck, dass Ihr mir da ein bisschen was voraus habt. Das ist auch der Grund, warum es mir gerade so Spaß macht, mitzumischen, weil sich mir da ganz andere Perspektiven auftun. Ich merke gerade bei diesem Buch, wie subjektiv Bücher gelesen werde (ist wahrscheinlich jetzt nicht die neueste Erkenntnis :uups: ) und meine Leseart ist (aus beruflichen Gründen) oft die psychologisch/psychiatrische. Was mich manchmal selbst nervt, man wird betriebsblind. Dennoch werde ich jetzt mal dabei bleiben, es am ehesten aus dieser Perspektive zu beleuchten, einfach, weil es mir am leichtesten fällt, und hoffe, Euch nicht allzu sehr damit zu nerven. Bitte versteht es auch nicht als Klugscheißerei :flower: .
    Stoners Charakterzug der Gutmütigkeit, Zurückhaltung und Introversion scheint uns alle ja irgendwann genervt zu haben. Schlieslich hat er auch was Naives, Passiv -aggressives, und diese Haltung Walker gegenüber demonstriert eben auch eine gewisse Engstirnigkeit. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. Ich finde, Stoner zeigt damit auch deutlich depressive Persönlichkeitsanteile, die gerade bei Männern manchmal in plötzlichen Wutausbrüchen, gedankliche Rigidität und Rückzug ihren Ausdruck finden. Nicht wenige Menschen reagieren auf Depressive aggressiv, und das ist, was dem Leser und vielleicht auch Edith im Übrigen vielleicht gerade passiert. Die Szene, die Hypocritia zitiert, diese tiefe Einsamkeit, hat etwas Entrücktes, in der Medizin auch als ( Achtung, Megaklugscheisserei:)Derealisationssyndrom bekannt.
    So steril das jetzt klang, so sehr ziehe ich vor Williams Fähigkeit, diese Stimmung, diese Welt dem Leser näherzubringen, den Hut und lese und staune.
    Ich versuche mich gerne mit Kapitel 12!
    Bis dann!

    Stoner in diesem Kapitel nun von einer ganz anderen Seite kennenzulernen war überraschend im positiven Sinne.

    Mir ging es da ähnlich wie taliesin: beim Durchlesen des Kapitels kam mir Stoners Standhaftigkeit eher wie ein Befreiungsschlag vor, nachdem er er mir eher in den Kapiteln zuvor mit seiner Zurückhaltung ein bisschen auf den Nerv ging. ich finde es auch nicht unbedingt widersprüchlich, dass Stoner zu Hause so erduldend ist, jetzt aber so sehr für "seine Sache" kämpft. Immerhin war die Universität/die Literatur schon immer seine Heimat (ich glaube so wird sie irgendwo in den ersten Kapiteln auch genannt), seine Rückzugsmöglichkeit, so schlecht es familiär auch bei ihm laufen mag. Für ihn ist sie seine eigentlich große Liebe, für die es nach seinen Maßstäben zu kämpfen gilt. Ich finde eher Lomax Reaktion überzogen, schon fast grotesk. Und mir tut Walker leid, dass er von Lomax derartig benutzt wird. Stoners Argumentation, dass er sein "durchgefallen" außerdem vergibt, um auch Walker davor zu schützen, Lehrer zu werden und somit auch vor der Gefahr, sich vor den Studenten lächerlich zu machen, ist natürlich sehr vermessen. Stoner meint es zwar gut, aber da komme ich persönlich auch an den Punkt, wo ich denke, Stoner hat kein Recht, derart Verantwortung für einen jungen Menschen zu übernehmen, der gar nicht danach gefragt hat- wisst Ihr, was ich meine(es ist schon spät, kann mich gerade nicht mehr besser ausdrücken :sleep: ) ?

    Ich hab's geschafft und bin bei Kapitel 10 angekommen :tanzensolo: . Mit Erstaunen habe ich beim Durchlesen Eurer Beiträge festgestellt, dass im Prinzip alles, was mir beim Lesen durch den Kopf gegangen ist, von Euch bereits festgehalten worden ist. Zu Kapitel 7:




    Man ist so tief in diese Geschichte eingebunden, dass allles `Außen` verschwindet. Obwohl die Stimmung vom Tod beherrscht wird wird das Lesen nicht schwer, sondern man freut sich an den Gefühlen und Gedanken von Stoner, der trotz all den bitteren Erfahrungen innerlich zu wachsen scheint.


    Damit ist alles ausgedrückt. Dass Stoner irgendwie zu reifen scheint, kam mir auch in den Sinn.
    Neben der Beerdigungsszene der Eltern fand ich die Beziehung zwischen Grace und ihrem Vater meisterhaft erzählt und sehr anrührend.

    Das habe ich sehr genossen. Der Friede dieser Momente mit seiner Tochter ist beinahe fassbar.

    Tja, und das ewige Thema Edith... Während bei mir in den ersten Kapiteln noch so etwas wie entsetztes Mitleid über ihre Zerrissenheit bei mir mitschwang, fand ich sie anschließend nur noch unerträglich. Wenn ich mal bei bei meinem psychologischen Ansatz bliebe, wäre eine frühe Traumatisierung eine Erklärungsmöglichkeit für ihr Verhalten, was man dann tatsächlich auch im Verlauf in den Text hineininterpretieren kann.



    Es beginnt mit einer seltsamen Szene in der Edith ein paar Dinge aus ihrer Kindheit sortiert und dabei alles was sie an den Vater erinnert
    zerfetzt oder gar verbrennt. Das ist fast wie ein Ritual zur Teufelsaustreibung.
    Warum? Was hat der Vater ihr angetan? Ist es weil sie zur Heirat getrieben wurde, oder versteckt sich da noch anderes, viel schlimmeres?

    Ich stimme aber Hypocritia zu:

    Eigentlich finde ich das ganz gut, dass John Williams nicht immer und überall dem Leser Antworten bietet. Dadurch vermeidet der Autor plakative Elemente, die das Buch im Endeffekt abwerten und langweilig werden ließen.

    Aber auch Stoner machte mich irgendwann mit seiner zurückhaltenden, friedlichen Art wahnsinnig, spätestens, als Edith ihm Grace entzieht, hätte er sich mal ordentlich wehren können :evil: . Ich sehe das ganz wie taliesin:

    Mit dem 9. Kapitel wurde dann sozusagen ein neues Kapitel aufgeschlagen :wink: : Walker. Hier wurde es fast akademisch und für mich Laie inhaltlich nur schwer zu folgen. Eure posts waren übrigens sehr hilfreich, mich gedanklich noch mal ein bißchen zu sortieren, denn mir war nicht so recht klar, ob Walker eine Luftnummer ist oder nicht, oder ob Stoner seine Fachkompetenz überschätzt- ich dachte das läge an meiner Unkenntnis,aber anscheinend ist diese Unklarheit auch gewollt :-k .

    Irgendetwas stimmt aber nicht mit dem Verhältnis Lomax und
    Walker. Ich hatte anfangs den Eindruck, dass Lomax den Studenten bewusst in Stoner`s Seminar geschickt hat um seiner Abneigung gegenüber Stoner ein
    Ventil zu geben. Das klingt alles nach einem abgekarteten Spiel. Einen behinderten Studenten derart zu kritisieren könnte unangenehme Fragen aufwerfen.

    Hier stellt sich mir die Frage, ob Lomax Walker in Wirklichkeit selbst für eine Zumutung hält und ihn einfach in Stoners Seminar geschickt hat, um ihn zu nerven. Aber das wäre wahrscheinlich viiiel zu einfach gedacht. Oder erwartet Lomax, dass Stoner nicht mit Walkers Behinderung umgehen kann, stellt ihm eine Falle, um ihn wegen Diskriminierung dranzukriegen? Oder hält er Walker tatsächlich für genial und will Stoner seine fachlichen Grenzen und seine Borniertheit aufzeigen?
    Auch hier ist Stoner eigentlich schon wieder zu gut für diese Welt... Und ich bleibe hin und her gerissen, ob ich es gut finde, dass er diese unerschütterliche friedliche Art hat und es eben mehr Stoners auf dieser Erde geben müßte, oder ob ich nicht doch irgendwann laut aufbrülle: "Mensch, Kerl, tritt denen doch endlich mal in den .....!"

    Hiilfe! Jetzt habe ich das System zum Absturz gebracht :lechz: . Ich habs versucht, zu bearbeiten, geht nicht, deshalb einfach das Ganze noch einmal:

    Zitat

    Danke, cyphella, für Deine Kommentare

    Ich muss danken, immerhin schreibt Ihr schon seit Tagen hochinteressante
    Beiträge, die mich zum Lesen des Buches gebracht haben und mir den
    Einstieg erleichterten :pray: .


    ich habe tatsächlich noch ein paar Seiten geschafft. Mein Eindruck, dass
    Edith an einer Persönlichkeitsstörung leidet, hat sich nur noch
    vertieft. Sie scheint den Kontakt zu sich selbst vollkommen verloren zu
    haben, ein Mädchen, das dazu erzogen worden ist, der Etikette gerecht zu
    werden, den Schein aufrecht zu erhalten und sich dabei kein eigenes
    starkes Ich aufbauen konnte. Die Folge ist die Unfähigkeit zu lieben.
    Sie scheint aber klug genug zu sein, in Stoner einen Mann zu erkennen,
    der eben dies kann und versucht sich selbst zu retten, in dem sie sich
    auf ihn einläßt und dabei sogar die Erwartungen ihrer Familie,
    standesgemäß zu heiraten, enttäuscht. Mich hat zunächst überrascht, dass
    Edith, die darauf trainiert worden ist, die perfekte Gastgeberin zu
    sein, so desorientiert und scheinbar unhöflich auf die Eltern von Stoner
    reagiert hat. Aber eigentlich war es einer der wenigen echten Momente,
    wo sie sich nicht verstellt hat. Vielleicht war sie so beeindruckt und
    irritiert von der Echtheit und Würde des älteren Arbeiterehepaars, dass
    sie sich aus Ehrfurcht nicht traute, ihnen entgegen zu treten. Und
    tatsächlich trifft Stoners Vater ins Schwarze, sagt ohne viel Blabla und
    Förmlichkeit:

    Zitat

    "William ist immer ein guter Mann gewesen...Seien Sie nur gut zu
    William...."Wie im Schock zuckte Ediths Kopf mit weit aufgerissenen
    Augen vor; und einen Moment lang dachte William, sie wäre wütend. Doch
    das war sie nicht. Sein Vater und Edith schauten sich lange an, die
    Blicke unverwandt. "Ich werde es versuchen, Mr. Stoner", sagte Edith.
    "Ich werde es versuchen."

    Da lief es mir kalt den Rücken runter. Und trotzdem finde ich, es ist
    einer der wenigen Momente,in dem sie echt wirkt.<br>Wie Hypocritia
    sagt, ist die Heirat eine Katastrophe. Ich fand aber die Beschreibung
    Stoners, wie er sich im Tunnel befindet und kaum was wahrnimmt, herrlich
    getroffen. Es erinnert mich sehr daran, wie es mir bei meiner Hochzeit
    ging :) .
    Überhaupt ist Stoner ein guter Typ, wenn man das hier mal so salopp
    sagen darf- und der einzige Lichtblick in Kapitel 5, welches ansonsten
    schwer zu ertragen ist (das habt Ihr oben ja gut beschrieben, ich sag
    nur Kokosnüsse, hihi.) Williams gelang ein beklemmendes, aber stechend
    scharfes Psychogramm einer innerlich zerrissenen Frau, die weiss, dass
    es in der Welt so etwas wie Leidenschaft, Liebe und Lust geben muss, ihr
    aber trotz ihres willentlichen Beschlusses, sich darauf einzulassen
    (denn so verstehe ich ihr Enverständnis zur Ehe mit Stoner) verschlossen
    bleibt. Ich glaube schon, dass sie selbst leidet, sie zieht sich
    schließlich ja auch zunehmend zurück, verliert am Ende gänzlich ihre
    Fähigkeit, zu funktionieren und wird so etwas wie eine Invalidin. Die
    ganze Zeit dachte ich: "aber bitte kein Kind, bitte kein Kind!" und
    prompt packte sie wie besessen diese Idee auch noch aus, ihr letzter
    Versuch, so etwas wie Liebesfähigkeit herauf zu beschwören. Aber
    natürlich schafft es auch die Mutterschaft nicht, sie plötzlich zu
    ändern, Edith bleibt beziehungsunfähig. Am Ende des Kapitels war ich
    ganz verzweifelt, aber als beschrieben worden ist, wie Stoner sich um
    das Kind gekümmert hat, kam beim mir ein bißchen Hoffnung auf. Nicht
    nur, weil das Kind bei seinem Vater gut aufgehoben ist, sondern weil
    Stoner endlich etwas hat, das geliebt werden will. Das Kapitel endet mit
    den besänftigenden Worten:

    Zitat

    "So kannte Grace Stoner im ersten Jahr ihres Lebens nur die Zärtlichkeit ihres Vaters, seine Stimme und seine Liebe."

    (Das Wörtchen "nur" denken wir uns jetzt mal weg und atmen tief durch :cry: )
    Obwohl Sloane stirbt, finde ich, dass das Buch in Kapitel 6 im Kontrast
    nahezu beschwingt weitergeht. Schon auf den ersten drei Seiten sind ein
    paar wunderbare Passagen, finde ich. Hier musste ich z.B. sehr
    schmunzeln:

    Zitat

    "Der Leichenbeschauer nannte als offizielle Todesursache Herzversagen,
    doch blieb William Stoner davon überzeugt, dass Sloane in einem
    Augenblick der Verärgerung und Verzweiflung sein Herz willentlich zum
    Stehen gebracht hatte, gleichsam in einer letzten stummen Geste der
    Liebe und Verachtung für eine Welt, die ihn so umfassend verraten hatte,
    dass er es nicht länger ertragen konnte."

    Zitat

    von taliesin:
    Sogar Finch ist sehr betroffen und drückt das erste Mal seine Gefühle aus. Zuesrt Masters, jetzt Sloane. Die Vergangenheit weicht
    immer weiterzurück und Stoner hat sogar den Eindruck, dass
    auch Finch sich langsam aus seinem Leben entfernt.

    Auch bei mir ist Finch wieder ein bißchen in der Gunst gestiegen, seine
    Worte nach der Beerdigung Sloanes haben mich überrascht, insgesamt eine
    sehr schöne Szene.
    Ich bin jetzt gerade beim Auftritt von
    Lomax. Bühnenreif, der Piratenkapitän kommt an Deck, die Meute verstummt :pirat:
    .Bin gespannt, wie es weitergeht... Ich eile wieder zum Buch,
    vielleicht krieg ich Euch tatsächlich noch :winken: .

    <br><blockquote class="wysiwygQuote container-4"> von Hypocritia<br>Danke, cyphella, für Deine Kommentare </blockquote><br>Ich muss danken, immerhin schreibt Ihr schon seit Tagen hochinteressante Beiträge, die mich zum Lesen des Buches gebracht haben und mir den Einstieg erleichterten <img src="wcf/images/smilies/smilie94.gif" alt=":pray:"> .Ich habe tatsächlich noch ein paar Seiten geschafft. Mein Eindruck, dass Edith an einer Persönlichkeitsstörung leidet, hat sich nur noch vertieft. Sie scheint den Kontakt zu sich selbst vollkommen verloren zu haben, ein Mädchen, das dazu erzogen worden ist, der Etikette gerecht zu werden, den Schein aufrecht zu erhalten und sich dabei kein eigenes starkes Ich aufbauen konnte. Die Folge ist die Unfähigkeit zu lieben. Sie scheint aber klug genug zu sein, in Stoner einen Mann zu erkennen, der eben dies kann und versucht sich selbst zu retten, in dem sie sich auf ihn einläßt und dabei sogar die Erwartungen ihrer Familie, standesgemäß zu heiraten, enttäuscht. Mich hat zunächst überrascht, dass Edith, die darauf trainiert worden ist, die perfekte Gastgeberin zu sein, so desorientiert und scheinbar unhöflich auf die Eltern von Stoner reagiert hat. Aber eigentlich war es einer der wenigen echten Momente, wo sie sich nicht verstellt hat. Vielleicht war sie so beeindruckt und irritiert von der Echtheit und Würde des älteren Arbeiterehepaars, dass sie sich aus Ehrfurcht nicht traute, ihnen entgegen zu treten. Und tatsächlich trifft Stoners Vater ins Schwarze, sagt ohne viel Blabla und Förmlichkeit:<br><br><blockquote class="wysiwygQuote container-4"> "William ist immer ein guter Mann gewesen...Seien Sie nur gut zu William...."Wie im Schock zuckte Ediths Kopf mit weit aufgerissenen Augen vor; und einen Moment lang dachte William, sie wäre wütend. Doch das war sie nicht. Sein Vater und Edith schauten sich lange an, die Blicke unverwandt. "Ich werde es versuchen, Mr. Stoner", sagte Edith. "Ich werde es versuchen." </blockquote><br>Da lief es mir kalt den Rücken runter. Und trotzdem finde ich, es ist einer der wenigen Momente,in dem sie echt wirkt.<br>Wie Hypocritia sagt, ist die Heirat eine Katastrophe. Ich fand aber die Beschreibung Stoners, wie er sich im Tunnel befindet und kaum was wahrnimmt, herrlich getroffen. Es erinnert mich sehr daran, wie es mir bei meiner Hochzeit ging <img src="wcf/images/smilies/smile08.gif" alt=":lol:"> . Überhaupt ist Stoner ein guter Typ, wenn man das hier mal so salopp sagen darf- und der einzige Lichtblick in Kapitel 5, welches ansonsten schwer zu ertragen ist (das habt Ihr oben ja gut beschrieben, ich sag nur Kokosnüsse, hihi.) Williams gelang ein beklemmendes, aber stechend scharfes Psychogramm einer innerlich zerrissenen Frau, die weiss, dass es in der Welt so etwas wie Leidenschaft, Liebe und Lust geben muss, ihr aber trotz ihres willentlichen Beschlusses, sich darauf einzulassen (denn so verstehe ich ihr Enverständnis zur Ehe mit Stoner) verschlossen bleibt. Ich glaube schon, dass sie selbst leidet, sie zieht sich schließlich ja auch zunehmend zurück, verliert am Ende gänzlich ihre Fähigkeit, zu funktionieren und wird so etwas wie eine Invalidin. Die ganze Zeit dachte ich: "aber bitte kein Kind, bitte kein Kind!" und prompt packte sie wie besessen diese Idee auch noch aus, ihr letzter Versuch, so etwas wie Liebesfähigkeit herauf zu beschwören. Aber natürlich schafft es auch die Mutterschaft nicht, sie plötzlich zu ändern, Edith bleibt beziehungsunfähig. Am Ende des Kapitels war ich ganz verzweifelt, aber als beschrieben worden ist, wie Stoner sich um das Kind gekümmert hat, kam beim mir ein bißchen Hoffnung auf. Nicht nur, weil das Kind bei seinem Vater gut aufgehoben ist, sondern weil Stoner endlich etwas hat, das geliebt werden will. Das Kapitel endet mit den besänftigenden Worten:<br><br><blockquote class="wysiwygQuote container-4"> "So kannte Grace Stoner im ersten Jahr ihres Lebens nur die Zärtlichkeit ihres Vaters, seine Stimme und seine Liebe." </blockquote><br>(Das Wörtchen "nur" denken wir uns jetzt mal weg und atmen tief durch <img src="wcf/images/smilies/crying.png" alt=":cry:"> ).<br>Obwohl Sloane stirbt, finde ich, dass das Buch in Kapitel 6 im Kontrast nahezu beschwingt weitergeht. Schon auf den ersten drei Seiten sind ein paar wunderbare Passagen, finde ich. Hier musste ich z.B. sehr schmunzeln:<br><br><blockquote class="wysiwygQuote container-4"> "Der Leichenbeschauer nannte als offizielle Todesursache Herzversagen, doch blieb William Stoner davon überzeugt, dass Sloane in einem Augenblick der Verärgerung und Verzweiflung sein Herz willentlich zum Stehen gebracht hatte, gleichsam in einer letzten stummen Geste der Liebe und Verachtung für eine Welt, die ihn so umfassend verraten hatte, dass er es nicht länger ertragen konnte." </blockquote><br> <br><blockquote class="wysiwygQuote container-4"> Zitat von Hypocritia:<br><blockquote class="wysiwygQuote container-4">Sogar Finch ist sehr betroffen und drückt das erste Mal seine Gefühle <br>aus. Zuesrt Masters, jetzt Sloane. Die Vergangenheit weicht immer weiter<br>zurück und Stoner hat sogar den Eindruck, dass auch Finch sich langsam <br>aus seinem Leben entfernt. <br></blockquote><br>Das hat mich bei Finch auch total erstaunt. Ich hatte ihn <br>eher so eingeschätzt, dass ihm der Posten als stellvertretender Dean <br>eigentlich ganz zupass gekommen sei - da habe ich mich aber evtl. doch <br>getäuscht. </blockquote><br>Auch bei mir ist Finch wieder ein bißchen in der Gunst gestiegen, seine Worte nach der Beerdigung Sloanes haben mich überrascht, insgesamt eine sehr schöne Szene.<br>Ich bin jetzt gerade beim Auftritt von Lomax. Bühnenreif, der Piratenkapitän kommt an Deck, die Meute verstummt <img src="wcf/images/smilies/smile32.gif" alt=":pirat:"> .Bin gespannt, wie es weitergeht... Ich eile wieder zum Buch, vielleicht krieg ich Euch tatsächlich noch <img src="wcf/images/smilies/smilie90.gif" alt=":winken:"> .

    Hypocritia: Danke für die Einladung, ein bißchen mitzumischen. Ich habe jetzt Kapitel 1-4 am Stück und Eure entsprechenden Posts gelesen, so dass mir gerade der Kopf raucht :geek: , aber ich werde trotzdem versuchen, hier meine Eindrücke ein bisschen zu sortieren. Wie ich bereits oben geschrieben habe, beeindruckte mich im ersten Kapitel besonders das Vermögen des Schriftstellers, mit einfachen Worten Stimmungen zu entwickeln, ohne dabei kitschig zu werden, indem er verschiedene Sinnesmodalitäten anspricht:

    Zitat

    "Nach der Kälte draußen war es drinnen richtig heiß. Das Grau von draußen sickert durch Fenster und Glastüren...Schuhe scharrten über den Boden,....und die betäubende Luft verströmte den Geruch geölter Wände und feuchter Wollsachen. "

    Insgesamt scheint das Sinnliche, Unbewußte, Intuitive eine große Rolle zu spielen. Obwohl wir es mit Intellektuellen, Uni etc. zu tun haben und Stoner ja immerhin eine akademische Karriere beginnt (anstreben wäre ja zuviel gesagt), wirkt er eher wie ein Traumwandler, der einen intuitiven Weg verfolgt. Weder seine Entscheidung, zur Literaturwissenschaft zu wechseln und an der Uni zu bleiben, noch seine Entscheidung gegen die Kriegsteilnahme basieren auf rationalen Überlegungen, obwohl er diese nicht leichtfertig fällt. Bei der Kriegsfrage zieht er sich sogar 2 Tage zurück, unterzieht sich einer ausgiebigen Introspektion, um dann fast wie kapitulierend festzustellen

    Zitat

    "dass es in ihm wenig gab, das er finden konnte."

    Also folgt er weiterhin dem Weg, den er (vorsicht, es wird pathetisch) durch seine Liebe erspüren kann.
    Irgendwie scheint mir da auch eine pazifistische Haltung des Autors durchzuscheinen, immerhin beschreibt er die Kriegsbegeisterung auf dem Campus als "gewisse Verwirrung", die Szene mit der antideutschen Demonstration beim Professor aus München endet fast schon skurril komisch mit "mürrischer Konfusion" und auch Finch, der sich für den Krieg begeistert, kommt ja insgesamt nicht gut weg...
    Weiter oben habt Ihr ja auch schon diskutiert, ob Ihr mehr für Finch, oder mehr für Masters seid. Letzterer war mir deutlich lieber, ja er ist großmäulig, aber seine Einschätzung von Stoner fiel milder aus als die von Finch. Fast klang da ein bißchen Neid auf Stoners unverdorbenes Weltbild durch. Und schließlich hat Masters seine destruktiven Persönlichkeitsanteile mit aller Konsequenz ausgelebt, zog in den Krieg und starb.
    Naja, dass Stoner auch nach Kapitel 2 ein vollkommen unrationaler Mensch bleibt, beweist ja seine Leidenschaft für Edith. Ich habe Eure Posts nicht weiterverfolgt, weil ich mir die Spannung nicht nehmen will, weiß also noch nicht, was es mit Ediths seltsamen Verhalten auf sich hat. Klingt mindestens schwer nach Persönlichkeitsstörung, seine Liebe ein bißchen wie Helfersyndrom, an einer Stelle wird es ja auch so vom Autor formuliert. So heißt es nach ihrem Wortschwall am ersten Abend:

    Zitat

    "was er hörte, war eine Art Beichte, und was er zu verstehen meinte, war eine Bitte um Hilfe."

    Übrigens: Haben Euch die Eltern von Edith auch an die Dursleys aus Harry Potter erinnert :D ?

    @ taliesin: Mensch, Danke für die deutsche Version! Ich stand heute im Buchladen, wo mir die deutsche Ausgabe von Stoner in die Hände fiel, in echt und greifbar, nicht so ein ätherischs eBook, da warf ich meine guten Vorsätze von wegen Originalsprache lesen über Board und griff zu. Jetzt mußt Du mir in Zukunft auch nicht mehr nachhelfen :wink: .

    :huhu: Auch ich wollte noch kurz anklopfen und melden, dass ich heimliche Mitleserin bin. Bin zufällig auf Eure Leserunde gestoßen, habe ein bisschen quergelesen und mir, angeregt durch Euren dynamischen Gedankenaustausch, in Übermut und Übernächtigung spontan die englische Ausgabe als eBook heruntergeladen. Ich bin nicht sehr geübt im Englischsprachigen, bin daher sehr langsam. Bisher habe ich das erste Kapitel gelesen. Mir gefällt es, wie der Autor über Detailbeschreibungen unterschiedlicher Sinneswahrnehmungen (Licht, Geruch, Haptik, Geräusche) Stimmung und Nähe zu der Figur Stoner erzeugt. Vom Shakespeare - Gedicht habe ich allerdings nur Bahnhof verstanden :uups: . Kurzum, ich bezweifle, dass ich Euch noch einholen kann, werde Euch aber mit großem Interesse und dann eben zeitversetzt folgen...Danke für Anregung!

    Eigentlich finde ich Dieter Nuhr ganz witzig, aber bei dem Versuch der Lektüre wurde mir klar, dass sein Humor vor allem über die Art seines Vortrags funktioniert. Das Buch ist fahrig und sprunghaft, den Assoziationsketten ist nur schwer zu folgen, schmunzeln musste ich zwar immer noch, aber ich habe nicht mal die Hälfte der Seiten geschafft.
    Frawina: Kann ich gut nachvollziehen.Ich habe einmal ein paar Monate in Kenia gearbeitet und da haben meine Kollegen und ich uns abends aus diesem Buch vorgelesen, weil wir uns über die Naivität und Borniertheit der Autorin so amüsieren konnten- deutlich mehr als ich über das Nuhr-Buch :loool: .

    Ich wollte noch hinzufügen, dass es inzwischen eine ungekürzte Hörbuch-Downloadversion, gesprochen von Michael-Che Koch, gibt, in deren Genuss ich die letzten paar Tage gekommen bin. Für mich war es meine erste Berührung mit TP, und ich frage, nein, ärgere mich, warum ich seine Bücher all die Jahre ignoriert habe. Nach kurzen Startschwierigkeiten (bin ständig im Prolog eingeschlafen, was aber mehr an meinem Zustand denn am Sprecher liegt :drunken: ) hat mich die Geschichte mit all ihren skurrilen Einfällen und dem sympathischen Protagonisten nicht mehr losgelassen. Michael-Che Kochs Fähigkeit, den Figuren durch verschiedene Stimmen und Dialekten noch mehr Leben einzuhauchen, als es TP durch sein Erzähltalent ohnehin gelingt, tat das übrige. Absolute Hörempfehlung nicht nur für eingefleischte Pratchett-Fans :thumleft: .

    Ich weiss ganz genau, dass es dieses hier war, da es mich sehr beeindruckt hatte. Ich hatte es als"Urlaubslektüre" dabei und es fiel mir ziemlich schwer, zwischen dem erschütternden Inhalt des Buches und unseren Familienaktivitäten hin und her zu switchen...