Beiträge von Buchkrümel

    Ich weiß nicht, ob ich Irmgard Keun für mich entdecke oder nicht, das wird sich noch zeigen, denn irgendwie, sagt mir mein Gefühl, muss da noch etwas kommen ... Bisher beeindruckt das Buch lediglich durch den sehr naiven Blickwinkel, der uns tief in die Figuren und die Zeit blicken lässt. Dieser Blick lässt es dann auch zu, über Verhaltensweisen der Braunen zu erzählen, der natürlich dem Regime zu wider war. Sich über Gesetze zu äußern, die man als unlogisch empfindet, aber eben nicht versteht, warum jetzt die Juden XY sein sollen - aber man ist ja dumm, und versteht das nicht ... (Die bekommt doch noch Eins über! Das bleibt doch nicht unbestraft.) :uups:

    Vorweg direkt, mir gefiel der erste Teil wesentlich besser, als der zweite, denn dieser ist arg moralisierend, schwarz und weiß wurden arg hervorgehoben, wobei das Leben doch eher so grau wie die Masse ist und dort unendlich viele Variationen hat.

    Der Teufel kommt über Moskau, und zwar, wie sollte es anders sein, in der Osterzeit. Die teuflische Bande legt innerhalb kürzester Zeit den ganzen Kulturbetrieb lahm. Es kommt zu zahlreichen kuriosen Ereignissen, wie die Hinrichtung auf den Gleisen, 10 Rubel Scheine fallen vom Himmel, ein schwarzer Kater, der spricht, Todesfällen und viele Verhaftungen, die oftmals in der Klapse landen, Feuer und Gewitter à Über Moskau kommt die Pest!

    Dann steht da noch die Pontius Pilatus Geschichte im Mittelpunkt, die die zwei Teile vereint, nebst dem Meister, der diese Geschichte niederschrieb.

    War ich vom ersten Teil noch wie berauscht, vom großen Wirrwarr, was sich der Autor hat einfallen lassen, ließ mein Interesse im zweiten Teil immer mehr nach. Die irre Geschichte der Hexe Margarita, die plötzlich fliegen kann, dank der Flugsalbe und zur Ballkönigin erkoren wird … Die Frage, die aufgeworfen wird, warum Pontius Pilatus Jesus nicht freisprechen konnte und die Aufdeckung seiner und insgesamt der Feigheit … Dies alles zusammen, machte aus dem locker leichten Erzählton eine schwerverdauliche Packung, die mir zudem keine neue Erkenntnis über die Menschheit brachte.

    Du tust dich aber generell schwer mit Köhlmeiers Romanen, oder habe ich das etwas in Erinnerung? Ich glaube schon, dass er ein Autor ist, dessen Stil man entweder mag oder ablehnt. Schade, aber ich quäle mich auch nicht gern mit Büchern rum, die mir nicht zusagen.


    Mit den Romanen von Köhlmeier ja - mit "Abendland" hatte ich auch so meine Probleme, den letzten hab´ich nur angelesen. Dieses hier hörte sich so ähnlich an wie "Idylle mit Hund", welches ich sehr gerne gelesen habe. Aber dafür kommen mir hier die Gespräche viel zu kurz, und mir hätte es besser gefallen, wenn er sich auf die Gespräche und den "schwarzen Hund" reduziert hätte. Wenn ich die Biographien von Churchill oder Chaplin gerne lesen würde, dann gibt es sie sicherlich anders und umfangreicher.


    Irgendwie scheint mir Köhlmeier abzudriften, oder? Auch wenn er sich mit Churchills Familie beschäftigt (und vieles davon zu stimmen scheint und bestimmt die Situation von Churchills Frau eine sehr schwierige, hilflose Situation ist), so hab ich das Gefühl als ob er den roten Faden seiner Geschichte verliert. Ganz krass fand ich dann den Brief an Chaplin, in dem er seine Tochter als Ehefrau anbietet - ich glaube nicht, dass die Geschichte solche Gags nötig hätte…. ich hoffe sehr, dass er wieder zu Chaplin und Churchill und dem schwarzen Hund zurückfindet… ich bin jetzt bei Kapitel 24. :-s
    Auch stell ich fest, dass mich der Erzähler mit dem erfundenen Sekretär und Briefwechsel immer mehr nervt…. auch das erscheint mir mit jeder Zeile überflüssiger und der Geschichte nicht zuträglich. Wie geht es Euch damit? Hab nur ich das Problem damit?


    Hi Squirrel,


    da bin ich aber froh, dass es dir und einigen anderen auch so ergeht. Mein Buch ist nach gut 100 Seiten direkt wieder verkauft worden, ich hatte da schon so eine Vorahnung, und es nicht als e-book gekauft. :wink: Die Geschichte konnte meinen Ansprüchen an ein gutes Buch überhaupt nicht entsprechen, alles war zu lappidar, ob es die zwei großen Biographien, die Krankheit oder die Gespräche sind, alles nur so angerissen, nichts war in der Tiefe, und so was mag ich einfach nicht.

    Moin!


    Vor der Lektüre war ich schon von Herrn Köhlmeier begeistert, denn er hat jemanden erwähnt, dessen Austieg mir letztes Jahr Unbehagen brachte: Michael Krüger, dem das Buch gewidmet ist. Der Hanser Verlag ist mein persönlicher Lieblingsverlag, da er bei mir am häufigsten im Regal steht, und mir sein Konzept und Autorenteam liegt - hoffentlich bleibt das so!


    Zitat

    Wenn ein Mensch sehr traurig ist, sagte er, sei es ratsam, dass er sich von sich selbst ablenke. Es gebe einige Begabte, denen gelinge es, so zu tun, als wären sie ein anderer; sie schauen sich selber an, schütteln den Kopf über sich selbst oder nicken beifällig, sie nehmen sich ernst, aber nicht allzu ernst; auf diese Weise gelinge es ihnen, ohne Schaden über die Traurigkeit hinwegzukommen.



    Das Zitat habe ich mir auch notiert :thumleft:


    Ich werde dieses Buch auch als Roman lesen. Wollte Köhlmeier es anders, hätte er sicher zumindest in einem Nachwort darauf hingewiesen. Da aber ein solches gänzlich fehlt, werde ich nicht großartig hinterfragen und recherchieren wo die Grenze zwischen Fiktion und Realität liegt.


    Genau. Ich lese das Buch auch wie einen Roman und lasse mich auf diese Geschichte ein. Am Schluss kann man dann über solche Gedanken noch spekulieren, aber zuerst möchte ich genießen. :wink:



    Es ist schon erstaunlich, dass Köhlmeyer ein so schweres Thema wie Melancholie und Tod dem Leser bisher ganz ohne Pathos nahebringt. Die Methode, welche Chaplin und Churchill bei ihren Gesprächen entwickelt haben, fand ich sehr interessant. Sie wollen neutral über die Möglichkeit eines Suizids sprechen.


    Finde ich auch großartig!


    Zitat

    Tatsächlich gelang es ihnen, über sich selbst und eine mögliche Selbstauslöschung zu sprechen, als würde eine dritte Person verhandelt, die nicht anwesend war und deren Gedanken und Schicksal mehr ihr wissenschaftliches oder ästhetisches Interesse weckte, als dass Mitleid für sie empfunden wurde.


    Ich bin auf diese Gespräche nun sehr neugierig! :winken: