Es ist ein Buch, dass mich stark gefordert hat, weniger die Thematik, eher die Gedankengänge. Es war für mich eine pure Reflexion.
Das ist in der Tat die Stärke dieses Romans.
Ich habe die Lesung doch bis zum Ende durchgehalten und mein Empfinden war beim Hören ein anderes, aber eines, das ebenso nachdenklich macht.
Wie bereits erwähnt, war mir die Hauptperson Dora anfangs massiv unsympathisch, auch wenn es später besser wird. Und sobald die erste Begegnung vorüber ist, ertappte ich mich tatsächlich dabei, dass mit gegen Dora sogar Gote noch vergleichsweise "sympathisch" erschien. Wobei ich mich mit diesem Wort schwer tue. Wer sympathisiert denn schon gerne mit einem Nazi? Also ich nicht und ich wage mal zu behaupten: Es geht den meisten anderen Menschen ebenso. Aber ich vermute inzwischen, dass Juli Zeh eben genau damit spielt und dass Doras "Überspanntheit" genau diesen Zweck hat.
Es ist für mich aber die Stärke des Romans, dass er eben auf den Menschen hinter dem Radikalen abstellt und Fragen aufwirft, die letztlich nicht zu beantworten sind. Welche Umstände bringen Menschen in diese Kreise und wie tief sitzt eigentlich welche Einstellung? Es ist ja nicht nur Gote, es sind auch die anderen Dorfbewohner, die man mal genauer beleuchten kann. Und wie bekomme ich Menschen aus diesen Strukturen ggf. heraus?
Schlussendlich steht man bei diesem Buch wieder vor dem Thema: Wie entsteht eine radikale Haltung - völlig egal, ob rechts, links, religiös, oder sonstwie umhüllt. Und was kann ich dagegen tun, wo kann ich ansetzen? Denn, und das merkt auch Dora schnell, mit moralisch erhobenen Zeigefinger zu sagen "das tut man nicht" mag sich zwar richtig anfühlen, bringt aber leider exakt garnichts und setzt ggf. auch an der falschen Stelle an.
Für mich ist es eine klare Schlüsselstelle des Buches, in der Dora Gote anbrüllt "Natürlich bin ich etwas besseres als du!" und in exakt diesem Moment merkt, dass sich das zwei einerseits gut anfühlt, andererseits auch völlig zu kurz greift. Was des Pudels Kern ist.
Langer Rede kurzer Sinn: Ein Buch nach dem man mehr Fragen im Kopf hat als vorher (wobei: neu sind die auch nicht gerade ) und auch wenn es keine Antworten liefert bzw. liefern kann, tut es vielleicht mal ganz gut, wenn man sich mal wieder ein bisschen auf eben jene Fragen konzentriert.
Ich komme final trotz (oder doch wegen?) Nerv-Dora auf