Das kann man schon ganz alleine damit begründen, dass Tolkien in einer Zeit lebte und dieses Buch schrieb, als es Ausdrücke wie "Arsch" und "Chef" zumindest in diesem Zusammenhang noch gar nicht gab! Diese Sprachentwicklung kam erst hinterher.
Diese Begründung ist meiner Meinung nach nicht zulässig, weil sie jede Übersetzung älterer Texte ausschließen würde. Konsequent angewandt würde das bedeuten, dass zum Beispiel ein chinesischer Text aus dem 12. Jahrhundert nur ins Mittelhochdeutsche übersetzt werden dürfte.
Das Problem ist nicht, dass es damals diese Begriffe angeblich noch nicht gegeben hat (allein das bezweifle ich sehr stark), sondern dass die Stilebene nicht immer passt.
Ob man nun den moderneren Part weglässt, wie angeblich Carroux, oder ob man so daneben greift, in dem Versuch es ebenfalls einzubauen, wie Krege, ist letztendlich egal - ich halte beides für falsch. Wobei ich persönlich sagen muss, dass ich lieber etwas zu viel archaische Sprache habe und dafür keine so "moderne Inszenierung" wie bei Krege, als mir praktisch pupertierende Hobbits anhören zu müssen.
Das Archaische von Carroux ist dort, wo das Original sehr modern ist, völlig daneben, weil damit ein ganz wesentlicher Aspekt des Herrn der Ringe völlig verloren geht. Krege hingegen hat wiederum nicht so daneben gegriffen, wie das viele darstellen, und auch nicht, wie Du das glaubst - von einer modernen Inszenierung ist nämlich Krege weit entfernt, auch in den flapsigen Passagen. Mehr als immer dieselben wenigen ach so schrecklichen Passagen fallen übrigens auch den fanatischsten Krege-Bashern nicht ein. Selbst da würden ganz wenige Änderungen schon genügen, recht viel mehr als zwei Dutzend Beispiele kommen ja nicht. Es ist übrigens umgekehrt genauso einfach, aus der Carroux-Übersetzung Beispiele zu zitieren, wo Carroux völlig daneben klingt. Nur wäre das genauso doof wie bei den Krege-Bashern. Dieser Ansatz, ein paar Zitate zu posten, geht völlig daran vorbei, wie das Übersetzen von Büchern funktioniert und Übersetzungen zu bewerten sind.
Im Gegensatz zu Carroux hat Krege den besseren Ansatz gewählt bzw. hatte er ja auch Vorgaben vom Verlag, an die er sich halten musste. Krege hat streng genommen nicht daneben gegriffen, weil das, was er gemacht hat, zum Programm gehörte, wie das auch in jeder Krege-Ausgabe beschrieben wird. Das Programm allerdings ist nicht perfekt, die für einige moderne Passagen gewählte Stilebene passt meiner Meinung nach nicht, da wäre eine höhere Stilebene besser gewesen. Das war meiner Meinung nach ein gröberer Fehler, der allerdings dem Werk nicht so stark schadet, als wenn man wie Carroux alle sprachlichen Unterschiede entfernt und sogar, wie es leider der Fall ist, noch archaischer übersetzt, als selbst die archaischsten Passagen des Originals sind (leider habe ich gerade keine Carroux-Ausgabe bei der Hand, um das zu demonstrieren).
Insgesamt sehe ich es so: Krege hat die archaischen Passagen besser getroffen als Carroux und hat eindeutige Übersetzungsfehler von Carroux nicht gemacht. Bei Krege kriegt man die unterschiedlichen sprachlichen Ebenen leicht mit, weil es zum Programm gehörte, diese sehr kontrastreich herauszuarbeiten, während bei Carroux dieser Unterschied überhaupt nicht zu bemerken ist. Das sind die Vorteile der Krege-Übersetzung. Allerdings ist bei Krege der Kontrast wieder ein wenig zu groß, wodurch eine Überarbeitung zu wünschen ist. Einige der durch das Programm bedingten Schwächen empfinde ich auch als sehr störend und viele der bekannten Details wirken auch auf mich wie Patzer, obwohl ich weiß, dass sie zum Programm gehören. Die Carroux-Übersetzung hat den Vorteil, dass sie genau diese mich störenden Stellen nicht hat.
Es ist immer leicht, etwas herunterzumachen, besonders dann, wenn man sich nicht damit beschäftigen will. Der Herr der Ringe ist ein sehr umfangreiches Werk, das sehr schwer zu übersetzen ist, weil es sprachlich so viele Feinheiten enthält, die nur sehr schwer in einer Übersetzung umzusetzen sind. Es wird nie eine Übersetzung geben, die alle Aspekte berücksichtigen wird können. Keine der beiden vorhandenen Übersetzungen ist perfekt, beide haben methodische Schwächen. Davon abgesehen, dass keine der beiden Übersetzungen in der literarischen Qualität ans Original herankommt, sind letztendlich beide Übersetzungen insgesamt gut und es ist letztlich Geschmackssache. Man sollte sich halt der individuellen Stärken und Schwächen bewusst sein - oder einfach das Buch genießen. Keine der beiden Übersetzungen ist auch nur annähernd so schlecht, wie wir es leider von vielen Übersetzungen aus dem Englischen und Amerikanischen gewöhnt sind.
carpe diem!
diogenes