Verlagsinfo
Eine alte Legende, ein dunkles Reich unter der Erde und eine unmögliche Liebe
Die 19-jährige Liesl ist mit der Sage um den faszinierenden wie schrecklichen Erlkönig aufgewachsen. Ihre Großmutter hat sie immer ermahnt, die längste Nacht des Winters zu fürchten, in der der König ein hübsches Mädchen in die Unterwelt entführt. Als ein unheimlicher, gut aussehender Fremder auftaucht und Liesls Schwester mit sich nimmt, wird Liesls schlimmste Befürchtung wahr. Nur sie kann ihre Schwester noch aus den Fängen des Erlkönigs retten, indem sie ihm in sein Reich folgt und ihn anstelle ihrer Schwester selbst heiratet. Doch wer ist dieser mysteriöse Mann? Gegen ihren Willen fühlt Liesl sich zu ihm hingezogen. Während sie noch versucht, ihre Gefühle zu verstehen, arbeitet das Schicksal bereits gegen sie – denn in der Unterwelt stirbt Liesls Körper. Können Liesl und ihr Erlkönig die alten Gesetze brechen und ihrer Liebe eine Chance geben?
Meine Meinung
Die Ballade über den Erlkönig hat wohl jeder schonmal gehört - auch wenn ich sie nicht mehr bewusst in meiner Erinnerung hatte, war ich sofort neugierig auf eine Geschichte, in der es sich um diesen in seiner Rolle eher unbekannten Herrn der Unterwelt dreht.
Schon der Einstieg zeigt eine mit seiner märchenhaften Atmosphäre und den fast schon poetischen Worten den Einfluss, die die Magie des Erlkönigs auf unsere Welt nimmt. Vor allem auf Elisabeth, ein junges Mädchen von 19 Jahren, dass mit ihrer jüngeren Schwester Käthe, ihrem Bruder Joseph und den Eltern in einem Gasthaus in den Wäldern Bayerns lebt.
Elisabeth, oder Liesl, wie sie von allen genannt wird, hatte bisher kein einfaches Leben. Denn während der 14jährige Joseph zu einem musikalischen Genie heranwächst und ihre Schwester ein bildhübsches Mädel ist das vor Lebenslust strahlt, ist sie die unscheinbare Kraft im Hintergrund, die alles zusammenhält und den Weg für ihre Geschwister ebnet.
Doch auch die pflichtbewusste Liesl hat Wünsche und Hoffnungen; die zwar zurückstehen müssen, aber dennoch tief in ihr schlummern.
Die Begegnung mit dem Erlkönig, dem Herrn der Unterwelt, dem Koboldkönig, verändert allerdings plötzlich alles. Er ist ein Spieler, ein Täuscher und Verführer und die Autorin hat die Stimmungen, die er weckt, sehr gekonnt eingefangen. Charmant und betörend, aber auch grausam und hinterlistig ist sein Sein aus Lug und Trug geschaffen dem man kaum widerstehen kann. Eine melancholische und gleichzeitig zügellose Art, die einen ganz besonderen Charakter gezeichnet hat. Aber ab und an erhascht man auch einen Blick hinter die Maske und kommt dabei einem uralten Geheimnis auf die Spur.
Vor allem die Atmosphäre hat mich hier wirklich verzaubert, denn sie hat etwas dunkles, mystisches und entwickelt einen faszinierenden Sog. Die Unterwelt selbst ist ein magischer Ort mit vielen faszinierenden Wesen, die in raffinierter Weise bezaubernd und grausam sein können. Wild und ursprünglich, verwunschen und beängstigend ist es eine berauschende Welt an der Schwelle des Todes, die in hemmungs- und erbarmungsloser Weise ihre Opfer fordert.
Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Liesl, die sich der Herausforderung des Erlkönigs stellt ohne zu wissen, wie hoch ihr Einsatz tatsächlich sein wird. Durch ihre Sichtweise wird sehr deutlich, wie groß der Einfluss ist und wie sehr sie sich immer mehr in ihren Gefühlen verstrickt. Gefühle, die tief in ihr begraben sind, versteckt hinter ihrer Maske, die sie für alle anderen trägt und die ihr kaum die Möglichkeit lässt, sie selbst zu sein.
Genau das ist auch ein großes Thema in dieser Geschichte, denn sich selbst zu finden in den vielen Rollen, die man im Leben, in der Gesellschaft mit seinen Mitmenschen spielt oder glaubt spielen zu müssen - da wird es manchmal schwer noch zu erkennen, wer man selbst wirklich ist. Gerade dieser Zwispalt und die ständige Zerrissenheit wird unglaublich gut dargestellt und ich konnte jederzeit mit Liesl mitfühlen.
Ebenfalls wichtig ist hier die Musik, die ein großer Bestandteil von Liesl Welt ist, durch ihren Vater, der mal ein großer Musiker war und ihren Bruder, der ein Virtuose auf der Geige ist - ihr eigenes Können zum Komponieren dabei aber grundsätzlich übersehen wird. Auch hier konnte die Autorin mit ihren Worten eindrucksvoll beschreiben, wie sehr die Musik Einfluss nimmt und zu einer Stimme, einer Melodie wird, die das Innerste nach Außen trägt.
Dazu gibt es am Ende auch ein Glossar zu den musikalischen Begriffen, wo man nachschlagen kann.
Insgesamt ein eher ruhiges, sehr intensives Leseerlebnis, auf das man sich einlassen muss - aber wenn man sich von diesem Sog mitreißen lässt, erlebt man ein ungewöhnliches, erschütterndes und in leisen Tönen leidenschaftliches Plädoyer zum Leben selbst.
Ich hoffe, dass die Fortsetzung auch bald auf deutsch erscheint!
Fazit: 4.5 Sterne - großartige Atmosphäre in dieser Anlehnung an den Erlkönig. Mystisch, düster und mit dem Hauch von Poesie
© Aleshanee
Weltenwanderer