Jobst Mahrenholz - Lucas Rezepte

  • Aus der Ich-Perspektive erzählt der junge Luca Lauro, ein Italiener aus einem Provinznest am Meer, seine Geschichte. Hier wird schon bald
    deutlich, dass es ein Rückblick ist, denn die „Stimme“ des Erzählers klingt deutlich älter als die 16 Jahre, die Luca zu Beginn der
    Geschichte zählt.
    Luca ist Teil einer großen Familie, die ein Restaurant als Familienunternehmen führen. Für ihn ist Kochen nicht
    einfach ein Handwerk, sondern Kunst – und er ist dafür sehr talentiert. Entsprechend läuft einem als Leser immer wieder mal das Wasser im Munde
    zusammen bei der Beschreibung der kulinarischen Genüsse, die Luca im Verlaufe des Romans zaubert. Selbst wer sich nicht die Bohne für Kochen
    oder die italienische Küche interessiert, dem dürfte es schwer fallen, sich diesem Zauber zu entziehen, vermute ich. Luca und Shiro, der Sohn
    eines Freundes der Familie, kommen sich näher, als sie sollten. Und damit fangen die Probleme an…


    Besonders positiv aufgefallen sind mir an diesem Roman zwei Dinge – alle Charaktere werden vollkommen realistisch und glaubwürdig
    dargestellt, ohne jede Spur von Romantisierung, Kitsch oder Idealisierung. Wäre dieser Roman ein Gericht, würde ich sagen, schmeckt
    es bitter-süß, an manchen Stellen auch herb, und es enthält nur sehr wenig Zucker – wie eine Bitter-Schokolade beispielsweise.
    Luca ist in so mancher Hinsicht ein ambivalenter Charakter, und nicht allein damit. Er ist in jedem Fall aus meiner Sicht ein sympathischer
    Protagonist, dessen Schwierigkeiten, aber auch dessen Erfolge ich gern verfolgt habe auf diesen 429 Seiten.



    Außerdem malt der Autor geradezu mit seinen Worten, so beschreibt er beispielsweise die Liebesszenen zwischen Luca und seinem Freund fast poetisch – hier ist jedes einzelne Wort wohlüberlegt, und die Gedanken, Beweggründe und Emotionen des Protagonisten standen mir als Leserin stets glasklar vor Augen. Ein weiterer heimlicher Protagonist, wenn man so will, sind in diesem Roman die Räume, die Luca etwas bedeuten. Das Familienrestaurant, die vielen verschiedenen Küchen, die er im Laufe der Zeit kennenlernt, Bars und noch manches mehr. All das beschreibt Jobst Mahrenholz sehr anschaulich aus Sicht des Hauptcharakters, bis hin zu Gerüchen, Farben und – in Bezug auf Speisen und Getränke – verschiedenen Geschmacksnuancen.
    Der Roman bietet einiges an dramatischen Ereignissen, z.B. Familienstreitigkeiten, und unerwartete Entwicklungen, vor allem in der zweiten Hälfte.


    Fazit: Für mich war es ein Genuss, diesen Roman von 2014 zu lesen. Wäre er ein Gericht, würde ich um einen Nachschlag bitten. Und den gibt es auch – mit der Fortsetzung „Il gusto di Lauro: Herzberührer“ (ebenfalls 2014 im Dead Soft Verlag erschienen).