Klappentext:
Die unglaubliche Geschichte von Sami und seinem abenteuerlichen Leben in den Gassen von Damaskus. Geschichten um Geschichten reihen sich aneinander. Sie alle erzählen von einer innigen Freundschaft, der Sehnsucht zweier Jungen nach Freiheit und dem Ausbruch der syrischen Rebellion:
Sami und Scharif sind unzertrennlich, sie wachsen wie Brüder auf. Nach seiner Flucht aus Syrien erzählt Scharif von ihrer Kindheit in den verwinkelten Gassen von Damaskus, ihren teuflischen Tricks, die Schule zu überstehen, und von ihrem Beschützer, dem weisen Postboten Elias, dem besten Lautenspieler aller Zeiten. Wie Sami sich mutig in jedes Abenteuer stürzt, weil er Unrecht nicht erträgt, und für seine Liebe Josephine sein Leben aufs Spiel setzt. Und wie er sich im Laufe der Jahre so viele Narben holt, die jede wieder ihre eigene Geschichte hat. Bald passieren Dinge, die ihnen die Augen öffnen. Als der Widerstand gegen den Diktator wächst und der Aufstand in Daraa ausbricht, müssen die Freunde abtauchen. Seitdem hat sich die Spur von Sami verloren. (von der Beltz & Gelberg- Verlagsseite kopiert)
Zum Autor:
Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren. Von 1966 bis 1969 war er Herausgeber und Mitautor der Wandzeitung »Al-Muntalak« im alten Viertel von Damaskus. 1971 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Er promovierte in Chemie. Seit 1982 ist er freier Schriftsteller und lebt in Marnheim/Pfalz. Für sein literarisches Werk erhielt er viele wichtige Auszeichnungen, u.a. den Adalbert-von-Chamisso-Preis, Hermann-Hesse-Preis, den Tüddelbandpreis, den Preis der Stiftung Bibel & Kultur und den großen Preis der Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. Außerdem wurde der Roman »Eine Hand voller Sterne« in Wien für »Eine Stadt, ein Buch« (2011) und in Köln für »Ein Buch für die Stadt« (2015) ausgewählt. Sein Werk wurde in 30 Sprachen übersetzt. Seit 2002 ist Rafik Schami Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Bei Beltz & Gelberg erschienen von Rafik Schami außerdem die Romane »Erzähler der Nacht«, »Der ehrliche Lügner« und »Sami und der Wunsch nach Freiheit« sowie die Bilderbücher »Der Wunderkasten« (Bilder Peter Knorr) und »'Hast du Angst', fragte die Maus« (Bilder Kathrin Schärer). (von der Beltz & Gelberg- Verlagsseite kopiert)
Allgemeine Informationen:
Rahmenerzählung eines Ich (unschwer erkennbar als Schami selbst), der sich episodenweise die Lebensgeschichte des jungen syrischen Flüchtlings Scharif erzählen lässt und in der Ich-Perspektive aufschreibt
Ab 14 Jahre laut Verlag
35 Kapitel auf 326 Seiten
Persönliche Meinung:
Fragen, die einem vorab durch den Kopf gehen:
Kann sich noch jemand erinnern, wann und warum der Bürgerkrieg in Syrien begann?
Weiß jemand, wer gegen wen kämpft?
Wie lebte es sich in Syrien, bevor die Kämpfe begannen?
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Dieses Buch ist anders. Diesmal tritt Schami nicht als orientalischer Märchenerzähler auf, der mehr oder weniger fiktive Biographien wie Bogen bunter Bilder auffächert. Der sich von einer Geschichte zur nächsten hangelt, dazwischen eine dritte entdeckt, den Umweg über eine vierte nimmt, die in eine weitere mündet und irgendwann und –wie zurückfindet.
Der Geschichtenerzähler-Autor findet sich in diesem Buch in der Rolle des Mediums: Scharif, der junge Syrer, der Unterschlupf bei einem deutschen Ehepaar gefunden hat, bittet darum, dass seine Geschichte zu Papier gebracht wird. Es geht dabei nicht, wie man vermuten könnte, um die Flucht, sondern um das Leben in Syrien. Vor der Revolution und heute.
Dem, was Scharif berichtet, haftet nichts Märchenhaftes mehr an. Man liest nichts mehr vom lärmenden bunten Treiben auf den Gassen und Höfen, den verstrickten und liebevollen Familienbanden, den Festbuffets aus den Küchen der Mütter und Großmütter. Der Alltag in Scharifs Gasse ist karg, die Angst vor Spitzeln des Geheimdienstes geht um, die Gefahr, eingesperrt, gefoltert, getötet zu werden, ist allgegenwärtig. Nicht einmal die Schule bietet Kindern Sicherheit, und auch nicht das elterliche Heim.
Daher ist für Scharif und Sumi ihre Freundschaft das Wichtigste; sie ist, neben den Müttern, die einzige Beziehung, in der uneingeschränktes Vertrauen entstehen kann und die Sicherheit, sich auf einen anderen verlassen zu können.
Während die Elterngeneration versucht, sich mit der Bespitzelung, der Unfreiheit und der Angst irgendwie zu arrangieren und dem zum Trotz ein normales Leben zu führen, begehren die Jugendlichen auf. Durch ihre Computerkenntnisse sind sie zunächst im Vorteil, aber ihr Engagement für ein freies Syrien endet in der Flucht.
Schon in „Sophia oder Der Anfang aller Geschichten“ thematisiert Schami die Gefahr, der man in Syrien permanent ausgesetzt ist. Hier rückt sie dem Leser noch dichter auf den Pelz, denn es sind Kinder, später Jugendliche, die konkret bedroht werden. Die Angst kriecht aus der Fiktion in die Wirklichkeit.
„Für die tapferen Kinder von Daraa, die im Frühjahr 2011 rebellierten, um den Erwachsenen zu helfen, aufrecht zu gehen“, so Schamis Widmung. Aber was 2011 passierte, war eigentlich nur die Reaktion auf einen Krieg, der von Geheimdiensten und Regierung längst geführt wurde.
Ein Buch für politisch interessierte Jugendliche UND Erwachsene.