Inhalt lt. Amazon:
Hüter einer ewigen Ordnung: So sehen sich die Päpste, deren Institution durch ihre lange Kontinuität fasziniert. Volker Reinhardt zeigt, dass diese Unveränderlichkeit eine Fiktion ist. Er erzählt höchst spannend, wie sich das Papsttum immer wieder neu erfunden hat, und vollbringt das Kunststück, dabei jedem Pontifikat in seinen theologischen, politischen und kulturellen Besonderheiten gerecht zu werden.
Volker Reinhardt legt nach dreißigjähriger Forschung zur Geschichte Roms und des Papsttums mit diesem Buch die seit Langem erste Gesamtgeschichte der Päpste aus der Feder eines Historikers vor. Er schildert, wie die Bischöfe von Rom in der Antike den Primat über alle anderen Bischöfe durchsetzten, im Mittelalter die Hoheit über Könige und Kaiser gewannen, als weltliche Herrscher den Kirchenstaat vergrößerten und dabei jahrhundertelang die Erhöhung der eigenen Familie im Blick hatten. Unzählige Kunstwerke zeugen bis heute von diesem vielfältigen Machtanspruch, und die meisten entstanden in Renaissance und Barock, als die Machtfülle schon bröckelte. Bis weit ins 20. Jahrhundert stemmten sich die Päpste gegen die Moderne und handelten dem Papsttum das Stigma des Ewiggestrigen ein. Aber der Ruf nach Reformern ist, wie die fulminante Darstellung zeigt, so alt wie das Papsttum.
Autor:
Volker Reinhardt ist lt. Klappentext Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg und gehört weltweit zu den besten Kennern der Papstgeschichte.
Zum Buch:
Volker Reinhardt stellt in diesem Buch auf insgesamt 872 Seiten (ohne Anhang) eine umfassende Geschichte sämtlicher Päpste bzw. Bischöfe von Rom von Petrus bis Franziskus vor. Dabei geht er auch darauf ein, wie sich die Geschichte des Glaubens in den letzten 2000 Jahren verändert hat. Wie haben die Päpste mit den jeweiligen weltlichen Machthabern agiert?
Es war für mich sehr faszinierend, mitzuerleben, wie sich das Selbstverständnis der Päpste im Laufe der Zeit geändert hat, und wie oft auch an der eigenen Legende gestrickt wurde.
Beispielsweise leiten sich die Machtanspruche der Päpste aus der Tatsache her, dass Petrus und Paulus in Rom den Märtyrertod gestorben sein sollen. Rom betrachtet sich als die Kirche, die von den Aposteln selbst eingesetzt wurde, während die weiteren Gemeinden von Abgesandten der Aposteln eingesetzt wurden. Jedoch gilt es nicht als gesichert, dass Petrus in Rom gestorben sein soll, bzw. dass er überhaupt in Rom gewesen ist. Auch die "Konstantinische Schenkung" ist an dieser Stelle zu erwähnen.
Viele der Päpste neigten zur Hybris, die meisten waren ein Kind ihrer Zeit, es gab Ungeheuer und es gab Heilige auf dem Papstthron.
Viele sorgten erstmal für sich selbst und ihre Familie, die so genannten Nepoten (es gab in der Renaissance und dem Barock sogar einen offiziellen Kardinalnepoten).
Viele wurden nur gewählt, weil man sie für alt, schwach und krank hielt (und viele waren es tatsächlich).
Ich erlebte, wie sich im Laufe der Zeit die Prozedur der Papstwahl geändert hat.
Was ich positiv bemerken möchte, ist, dass man wirklich jeden einzelnen Papst (und Gegenpapst) zwischen Petrus und Franziskus kennenlernt (und laut Anhang waren das doch sehr viele seit Petrus), auch wenn derjenige nur sehr kurz als Papst amtiert hat.
Leider bleibt dabei die Ausführlichkeit auf der Strecke. So wird auf die Legende der Päpstin Johanna nur auf einer halben Seite eingegangen.
Was ich sehr stark kritisieren muss, sind die im Buch enthaltenen Abbildungen. Diese sind nicht farbig (wie man bei einem Buch von dem Preis und dem Umfang erwarten sollte), sondern in schwarzweiß und teilweise doch recht klein gehalten. Was vielleicht bei Statuen oder Gebäuden nicht so sehr stört. Aber wenn ein Fresko nur über eine halbe oder drittel Seite geht - in schwarzweiß - ist das doch sehr störend. Einige Deckenfresken waren zwar über die gesamte Seite abgebildet, aber in schwarzweiß nicht gut zu erkennen.
Ich hätte mir auch gewünscht, dass nicht nur vereinzelte Bilder der jeweiligen Päpste (sofern vorhanden) im Buch enthalten sind.
Entgegen dem, was ich zwischendurch im "Ich-lese-gerade..."-Bereich geschrieben habe, war die Sprache doch nicht zu trocken, sondern recht angenehm und flüssig zu lesen. In dem speziellen Fall ging es um ein sehr trockenes Thema (die zwei Naturen bzw. die zwei Willen von Jesus, und die Theorie der Dreifaltigkeit), das mir offen gestanden ziemlich auf die Nerven ging. Aber ich habe nicht abgebrochen, sondern durchgehalten, und wurde belohnt - durch die Schilderung längst vergessener Päpste, die ich sonst nicht kennen gelernt hätte (was im Fall von Innozenz XI. ein wirklicher Verlust gewesen wäre).
Neugierig? Dann lest das Buch, um Innozenz XI. kennenzulernen, einem Papst, der so war, wie man es von den Oberen der Kirche erwarten sollte, der mildtätig war, sein Geld den Armen gab und noch viele andere Dinge tat, die ihn sehr sympathisch machten. Oder lest es, um Päpste kennenzulernen, die von der Heiligkeit weit entfernt waren, diejenigen, die entweder die Könige und Kaiser demütigten oder von ihnen gedemütigt wurden. Seid schockiert über die "Kriminalgeschichte des Papsttums" - Päpste als Verbrecher oder als Opfer von Verbrechen (von einem frühen Papst wurden die Tochter und die Mutter der Tochter entführt und ermordet). Lernt Päpste kennen, die Orgien feierten und ihre eigene Familie unterstützten, auch, indem sie sie in Adelshäuser einkauften ("Einen Kardinalshut für einen Schwiegersohn aus der Familie der Ferrante"). Lernt auch mal andere Päpste kennen: nicht nur immer Alexander VI., sondern auch Alexander VIII. Nicht nur Gregor I. (der Große), oder Gregor VII., sondern auch die ganzen anderen Gregors (bis zum XVI. des Namens).
Das Buch ist unterteilt in 14 unterschiedlich lange Kapitel, die wiederum in Unterabschnitte unterteilt sind. Als Anhang sind beigefügt verschiedene Stadtpläne Roms sowie diverse Karten von Italien, eine Liste der Päpste und Gegenpäpste, Literaturhinweise, eine Bibliographie, ein Bildnachweis und ein Personenregister.
Von mir gab es - ein Abzug wegen der wirklich miesen Abbildungen, und weil es mir an einigen Stellen doch nicht ausführlich genug war.