Jürgen Neffe - Darwin

  • Klappentext (dem Buch entnommen)
    In seiner mitreißenden Wissenschaftsreportage schildert der promovierte Biologe Jürgen Neffe die Entstehung der Evolutionstheorie, die die Weltsicht der Menschen revolutionierte. Gleichzeitig beschreibt er den Menschen Darwin und dessen Wandlung vom gottesgläubigen Anhänger der Schöpfungsgeschichte zum Autor der „Entstehung der Arten“ und damit zu einem der berühmtesten und umstrittensten Wissenschaftler aller Zeiten.
    Mit einem Abstand von 175 Jahren führt die Route der beiden Männer von Amazonien nach Patagonien, von den Galapagos- auf die Cocos-Inseln über Tahiti und Tasmanien, Neuseeland und Australien, durch Pampa und Feuerland, über Gebirgspässe in Südamerika, auf See um Kap Hoorn und das Kap der Guten Hoffnung.
    Mit dem Autor erlebt der Leser die Faszination des Reisens, fährt Flüsse hinauf, lässt sich auf Inseln übersetzen, besteigt Berge, durchstreift Regenwälder, reitet durch die Weiten der Pampa, findet Fossilien, taucht in die Welt tropischer Riffe ein und begegnet den unterschiedlichsten Menschen.
    Gleichzeitig reist er durch die Ideengeschichte der Biologie und parallel dazu durch die Geschichte des Lebens von seinen Anfängen vor vier Milliarden Jahren bis heute und darüber hinaus.


    Sieben Monate ist der preisgekrönte Journalist und Bestsellerautor Jürgen Neffe um den Globus unterwegs, um die berühmteste Reise der Wissenschaftsgeschichte nachzuerleben: Charles Darwins Fahrt auf der „Beagle“.
    Per Schiff, zu Pferd, im Campingbus, Flugzeug oder auch zu Fuß sucht der promovierte Biologe die Orte auf, an denen Darwin wichtige Erkenntnisse für die Formulierung seiner umwälzenden Evolutionstheorie sammelte – und wo seine wissenschaftlichen Erben heute das Leben erforschen. Im Mittelpunkt der Recherchen steht der Mensch als Erfolgsmodell der Evolution und gleichzeitig größte Bedrohung der Natur.
    Herausgekommen ist ein Reisebericht der besonderen Art: eine mitreißende Wissenschaftsreportage durch reale und geistige Landschaften, die uns auch kritisch in die Labore von Gentechnikern und Klonforschern blicken lässt, das Artensterben unter die Lupe nimmt und sich mit Darwins religiös motivierten Gegnern auseinandersetzt. Und gleichzeitig eine sehr persönliche und einfühlsame Biografie des großen Wissenschaftlers, der bei allen Erfolgen ein zurückgezogenes, der Familie und seinen Forschungen gewidmetes Leben führte und seine Heimat England nur einmal für längere Zeit verließ: die fünf Jahre an Bord der „Beagle“.


    Der Autor
    Jürgen Neffe, Jahrgang 1956, studierte Physik, Biologie und im Nebenfach Philosophie. Er arbeitete zwanzig Jahre lang als Redakteur, Reporter und Korrespondent für „Geo“ und den „Spiegel“. Neffe wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis. Zudem war er Leiter des Hauptstadtbüros der Max-Planck-Gesellschaft und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte.
    Seine Einstein-Biografie gehörte zu den Top-Ten-Bestsellern des Jahres 2005, wurde vielfach übersetzt und 2007 von der Washington Post zum „Book of the Year“ gewählt
    Heute ist Jürgen Neffe freiberuflich als Autor tätig.


    Meine Gedanken und Eindrücke
    Auf eine spannende Reise rund um den Globus hat sich Jürgen Neffe begeben, und ist dabei Darwins Spuren auf seiner Fahrt mit der „Beagle“ gefolgt. Dieses Unternehmen wäre an und für sich schon aufregend genug, um den Leser in seinen Bann zu ziehen, doch darf sich dieser außerdem auch noch auf ein geistiges Reiseerlebnis der ganz besonderen Art freuen. Unser kompetenter Reiseführer schafft es nämlich nicht nur, seine eigene Route – trotz veränderter Lebens- und Umweltbedingungen – mit der Darwins aufs Engste zu verknüpfen; ihm gelingen noch zwei weitere Kunststücke. Einerseits arbeitet er die gesamte Biografie des jungen Forschungsreisenden und späteren Privatgelehrten in sein Buch ein, andererseits macht er uns Schritt für Schritt mit dessen Beobachtungen, seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen und geistigen Höhenflügen vertraut. Dennoch zeigt er uns den genialen Forscher auch von seiner menschlichen und verletzlichen Seite mit all seinen Hoffnungen, Zweifeln und Ängsten. Wir erfahren, was Darwin noch nicht wissen konnte, begegnen ihm in vielen Anschauungen aber auch als Kind seiner Zeit und seines Standes. Häufig hatte ich den Eindruck, Darwin anhand seiner Notizen und Neffes Erläuterungen beim Denken und Arbeiten sozusagen zusehen und zuhören zu können.
    Unser Reiseführer bleibt aber nicht allein der Wissenschaftsgeschichte verhaftet, sondern bringt oft auch seine eigenen (philosophischen) Überlegungen in den Text ein. Dabei lässt er es weder mit der Entstehung des Universums oder unserer eigenen Evolution bewenden, sondern denkt auch über Zukunft und Chancen unserer sich rasant vermehrenden Art nach. Einmal mehr ist mir bewusst geworden, wie fragil nicht nur die Bedingungen für die Entstehung des Lebens waren, auch unser arteigenes Überleben hing wohl mehr als einmal an einem seidenen Faden. Fast unheimlich mutet die Vorstellung an, dass die Menschheit am Beginn von Ackerbau und Viehzucht vor etwa 10 000 Jahren schätzungsweise nicht mehr als vier Millionen Individuen umfasste. Angesichts der Explosion unserer Art, die nicht einmal durch hundert Millionen Kriegstote dezimiert werden konnte, wird natürlich auch Thomas Malthus mit seinen teils apokalyptischen Szenarien das Wort erteilt.
    Hinsichtlich der „Beweisführung“ der Kreationisten gibt Neffe zu bedenken, dass die Evolution stets schrittweise erfolgt, und dabei immer auf schon Vorhandenem aufbaut.
    „Die Beschränkungen zeigen sich schon bei den Bausteinen der Eiweiße. Mit nur zwanzig Aminosäuren (plus drei seltenen) hat das Leben seine gesamte Vielfalt verwirklicht. In der Evolution sind auch nur überraschend wenige Grundmotive für aktive Eiweißstrukturen entstanden. Diese Motive werden dann, wiederum innerhalb fester Rahmen, zu allen denkbaren Varianten abgewandelt – und darauf fußt das gesamte bunte Leben. Wie ein Symphonieorchester, das aus Varianten weniger Grundtypen besteht und sich fast dennoch jeden gewünschten Klang entlocken lässt.“
    Vielleicht gibt es also über sämtlichen Multiversen, wenn schon kein göttliches Wesen, dann eventuell doch einen „intelligenten Designer“, der zumindest die Baubestandteile vorgefertigt hat, ohne sich weiter darum zu kümmern, was die Evolution mit ihnen anstellt.
    Aus Jürgen Neffes persönlichen Reiseerfahrungen, denjenigen Darwins einerseits so ähnlich und dann doch wieder ganz anders, und seinen tiefsinnigen Überlegungen ist ein ganz wunderbares Buch entstanden, weil es nicht nur Altbekanntes wiedergibt, sondern unzählige Anreize für eigene Ideen (vielleicht auch ganz neue) bietet.
    Anhand dieser faszinierenden Lektüre kann jeder Leser seine eigene Position zur Evolution und zur Stellung des Menschen auf unserem Planeten überdenken, um womöglich sogar sein bisheriges Weltbild zu revidieren. Und manch einer wird vielleicht sogar – wie der Autor – eine optimistischere Sichtweise als bisher vertreten.
    Mich hat das Buch von der ersten bis zur letzten Seite ungemein gefesselt, da es sich den Wurzeln unserer Existenz, aber auch der Zukunft unserer Spezies auf so informative, abwechslungsreiche und spannende Art annähert, wie selten ein andere populärwissenschaftliche Lektüre zu diesem Thema.

  • @Sylli
    Wenn Du Dich für Darwin interessierst, möchte ich Dir diese sehr gute Romanbiographie von Irving Stone empfehlen.
    Alle seine Romanbiographien sind übrigens sehr lesenswert, leider sind nicht mehr alle Bücher erhältlich.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Alle seine Romanbiographien sind übrigens sehr lesenswert,

    Danke, €nigma, von Irving Stone lese ich alles, und über Darwin sowieso. Dieses Buch habe ich schon mal vor etlichen Jahren gelesen und davor auch eine ganz ausgezeichnete Darwin-Biografie.
    Von Darwin kann ich ohnehin nie genug bekommen, der ist einfach mein Superstar. :love:

  • Dieses Buch habe ich schon mal vor etlichen Jahren gelesen

    Ich habe das, wie schon mehrere Bücher von Irving Stone, schon mehrfach gelesen. :wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Die Idee des Buches gefiel mir auch außerordentlich. Die Umsetzung nur bedingt.


    Es ist die Geschichte des Lebens von Darwin und zugleich die Geschichte des Lebens, wie sie Darwin bekannter Weise neu schrieb.


    Neffe widmet sich also auch den Stufen der Forschung und Publikation, wie sie Darwin betrieben hat. Was wann Darwin wie in Erfahrung gebracht hat wird erweitert, besser konkretisiert, also aus der heutigen Sicht mit dem Sachverstand Neffes eben übersetzt. Eine im Grundsatz ansprechende Verknüpfung. Für meinen Geschmack liegt hier aber die Ursache für eine Schwäche des Buches. Halt aus meiner Sicht. Die theoretischen wissenschaftlichen Ausführungen überwiegen nicht, aber reichen in die Nähe von fünfzig Prozent. Klar, so kann man zwei Bücher in einem lesen. Das war aber nicht meine Absicht. Trotz dessen, dass ich die populärwissenschaftlichen Blöcke bestenfalls quer gelesen habe, schaffte es das Buch trotz seiner Originalität keine ausreichende Spannung aufzubauen. Eine langatmige Sache. Die Neugier, die natürlich immer wieder entstand wurde immer wieder zu lange hingehalten. So habe ich das letzte Drittel dann nur noch quer gelesen.


    Dass man es natürlich auch anders erleben kann, beweist ja @Syllis Rezension.


    Das Positive:

    Die Verflechtung der Zitate Darwins mit dem Reiseverlauf Neffes fand ich originell und gelungen. Habe in solch einer „Radikalität“ und Perfektion noch nicht lesen können. Nicht selten gerät die Verflechtung gar zu einer Verschmelzung. Das sorgte immer wieder mal zu einem Aha-Erlebnis.