Pablo Tusset - Die lachenden Leichen / Sakamura, Corrales y los muertos rientes

  • Klappentext:
    Drei Ausländer werden an der Costa Brava tot aufgefunden. Alle drei sind krebsrot, alle drei haben ein unerklärliches Lachen auf den Lippen. Für Rafael Corrales von der Guardia Civil ist der Fall klar: Er tippt auf giftige Quallen, die allerdings nur Touristen gefährlich werden. Inspektor Sakamura, der von Interpol ausgesandte japanische Zenmeister, hat jedoch den berechtigten Verdacht, dass viel mehr dahintersteckt - und er hat offensichtlich recht ...


    Verlag: Wilhelm Heyne, München
    Erscheinungsdatum: 05/2012
    Seiten: 300
    Orignaltitel: Sakamura, Corrales y los muertos rientes
    Übersetzer: Ralph Amann


    Meine Meinung:
    Von diesem Krimi hatte ich mir mehr erwartet, aber leider verliert sich die Handlung sehr schnell in Slapstick und krudem Humor. So ist es nur bedingt witzig, wenn sich die Verdauungsbeschwerden eines Ministers ständig geräuschvoll Luft verschaffen oder wenn ein anderer dem Inhalt seiner Nase mehr Interesse entgegenbringt als dem politischen Geschehen. Mehr noch störte mich aber die klischeehafte Darstellung sämtlicher Personen. Das fing mit den Hauptprotagonisten an. Auf der einen Seite der Japaner Sakamura, bei dem Pablo Tusset munter Tugenden und (Kampf)Künste sämtlicher asiatischen Kulturen und Religionen durcheinandermischt; ein unfehlbarer, perfekter Mensch, der durch seine bescheidene Art auffällt und durch nichts aus der Ruhe gebracht werden kann. Auf der anderen Seite Corrales, ein Möchtegern-Casanova mittleren Alters, der sich maßlos überschätzt und lächerlich macht. Später kommt noch eine verführerische Agentin hinzu, eine Art weiblicher James Bond, die eigentlich Sakamura ablenken soll, von diesem jedoch so eingenommen ist, dass sie statt dessen bei den Ermittlungen mithilft.


    Zwar gefiel mir die Idee, mithilfe einer Maschine das neuronale Netz im menschlichen Gehirn zu beeinflussen, so dass man eine Sprache mitsamt der dazugehörenden Kultur von jetzt auf gleich beherrscht, ohne sie sich durch mühsames Lernen aneignen zu müssen. Der Diebstahl dieser Maschine führt zu einigen Verwicklungen, denn verschiedene Fraktionen bzw. nationale Gruppierungen wollen die Maschine für ihre eigenen Zwecke einsetzen. Dadurch wurde die Handlung aber schnell unübersichtlich, denn mir fehlte zuviel Hintergrundwissen über Politik, Kultur, Geschichte und Mentalität der einzelnen Regionen Spaniens, um noch mitzukommen. Auch verwirrte mich die Vielzahl an Personen, obwohl diese meistens nur mit ihrem Amt bzw. ihrem Titel auftreten und als Klischeefigur dargestellt werden. Trotzdem wusste ich bei den meisten schon bald nicht mehr, wer jetzt was warum wollte oder tat. Anfangs konnte ich mir aus den Gesprächen der Politiker noch einiges zusammenreimen, später kamen noch mehr Personen hinzu und ich verlor vollends den Durchblick.


    Zuguterletzt hatte ich auch einige Probleme mit dem Schreibstil. Das lag zum einen an der Übersetzung, zum anderen am Lektorat. So gab es immer wieder lange Sätze mit vielen Nebensätzen, die sich jedoch falsch aufeinander bezogen, so dass ich manche Zeilen mehrfach lesen musste, um sie zu verstehen. Die Kapitel im Krankenhaus, in denen der spanische Ministerpräsident mit Hilfe einer Dolmetscherin (hier konsequent als Übersetzerin bezeichnet :roll: ) kommuniziert, wären weniger mühsam und langatmig gewesen, hätte man nicht jeden einzelnen baskischen Satz im Original stehen lassen. Ob hier korrekt gedolmetscht wurde, können nur Leser*innen mit Baskischkentnissen nachvollziehen, denn es gab nur selten mal eine Fußnote, und die war im Grunde überflüssig ("Was hat der Idiot gesagt?"). Dass die zum dolmetschen verdonnerte Krankenschwester ihre eigenen Forderungen nach mehr Gehalt und Anerkennung einflicht, versteht man auch so.


    Der Schluß wartete dann zwar mit diversen unorthodoxen Lösungen sämtlicher Problem auf, konnte den allgemeinen schlechten Eindruck jedoch auch nicht mehr revidieren.

    Verführung Volljähriger zum Bücherkauf sollte nicht unter 5 Jahren Stadtbibliotheksmitgliedschaft bestraft werden!