Klaus Schafmeister - Höllenfahrt

  • Klappentext (dem Buch entnommen):
    Eine kleine Insel im norddeutschen Wattenmeer, Anfang der 1960-er Jahre. Engelke Kristensen, einziges Kind des Inselwirtes und Alkoholschmugglers Paale, kehrt nach einem Schlaganfall ihres Vaters widerstrebend auf die Insel zurück. Mit gutem Grund, denn alle Versuche, das Gasthaus und die halbseidenen Geschäfte ihres Vaters weiterzuführen, ziehen sie immer tiefer in den Sumpf einer mörderischen Familiengeschichte.
    Wie ein Strudel, gemächlich an der Randzone, dann immer schneller sich drehend bis hin zum furiosen Finale, der Hamburger Flut im Februar 1962, erzählt Höllenfahrt von den letzten Tagen einer Familie, der irgendwann die Bedeutung von Moral und Menschlichkeit abhanden kam und an deren Ende Mord und Totschlag stehen.
    Mit großer sprachlicher Intensität entwirft Klaus Schafmeister das Panorama einer rauen Landschaft und erzählt gleichzeitig die Geschichte einer jungen Frau, die sich verzweifelt bemüht, ihre familiäre und persönliche Vergangenheit hinter sich zu lassen.


    Der Autor
    Klaus Schafmeister, geboren 1952 in Lemgo, lebt mit seiner Familie in Georgsmarienhütte. Er arbeitet im öffentlichen Dienst sowie als Redakteur bei verschiedenen Regionalzeitungen.
    „Höllenfahrt“ ist seine erste Buchveröffentlichung.


    Wie es mir gefallen hat
    Von der Inhaltsangabe nur mäßig beeindruckt, bin ich ohne große Erwartungen an die Lektüre herangegangen, nicht ahnend, in welche Sogwirkung ich geraten sollte. Mit fundamentaler Gewalt wie der Orkan Vincinette, der die Insel Holgrunt letzten Endes aufsaugen wird, ist die Sprache, mit der Klaus Schafmeister seine Geschichte erzählt, über mich hereingebrochen.
    Knapp und präzise formulierte Informationen verdichten sich zeitweise zu symbolhafter Bildsprache, hämmern andernorts im Stakkato auf den Leser ein, und verdeutlichen mit unglaublicher Intensität die Härte des Existenzkampfes auf der kleinen Insel im Wattenmeer.
    Im weiteren Verlauf der Lektüre sind es aber auch die Charaktere der Protagonisten, die mit Schärfe hervortreten, immer mehr von sich preisgeben und mich in der Art ihrer Darstellung zunehmend fasziniert haben. Rau wie Wind und Wetter war die Moral der Inselbewohner schon seit eh und je, und auch Paale Kristensen macht darin keine Ausnahme. Jetzt liegt er zwar als Pflegefall darnieder, ist auf die Hilfe seiner Tochter Engelke, eigentlich Angelika, angewiesen, hat aber bereits alles arrangiert, um die heruntergekommene Kaschemme samt Grundbesitz nach seinem Tod an den Mann bzw. die Frau zu bringen.
    Die vergeblichen Versuche früherer und gegenwärtiger Akteure, in einem kärglichen Leben doch noch ein Stück vom Glück zu ergattern, sei es in Gestalt wahrer Liebe oder märchenhaften Reichtums, führen nur zu weiteren moralisch verwerflichen Handlungen, werden mit brutaler Gewalt zum Schweigen gebracht, in religiösen Wahnvorstellungen niedergerungen, und immer wieder im Alkohol ertränkt. Es ist aber nicht nur die Familie Kristensen, die so einiges auf dem Kerbholz hat, auch Nachbarn und Neuankömmlinge können mit so mancher Leiche im Keller aufwarten.
    Über den Gespenstern der Vergangenheit und der verderblichen Macht des Geldes braut sich aber eine noch viel größere Gewalt zusammen, die letzten Endes sowohl mit vernichtender als auch reinigender Kraft über Holgrunt hereinbricht. Zu guter letzt hält das Schicksal aber nicht nur Verderbnis bereit, ein schmaler Hoffnungsschimmer beginnt sich am Horizont abzuzeichnen ...
    Mich hat das Buch mit fortschreitender Handlung unheimlich in seinen Bann gezogen, wobei der meiner Meinung nach etwas zu dramatisch geratene, wenn auch unbestritten sehr spannende Inhalt durch die den harten Lebensumständen hervorragend angepassten Sprache, vollkommen ausgeglichen werden konnte.
    Schade, dass dieser furiose literarische Auftakt bislang zu keinen weiteren Publikationen geführt hat; zumindest bin ich in den Tiefen des weltweiten Netzes nicht fündig geworden.