Tuvia Tenenbom - Allein unter Amerikanern

  • Über den Autor
    Tuvia Tenenbom, 1957 in Tel Aviv geboren, stammt aus einer deutsch-jüdisch-polnischen Familie und lebt seit 1981 in New York. Er studierte u. a. englische Literatur, angewandte Theaterwissenschaften, Mathematik und Computerwissenschaften sowie rabbinische Studien und Islamwissenschaften. Er arbeitet als Journalist, Essayist und Dramatiker und schreibt für zahlreiche Zeitungen in den USA, Europa und Israel, darunter für Die Zeit. 1994 gründete er das Jewish Theater of New York. In der Zeit veröffentlicht Tenenbom zweimal im Monat die Kolumne Allein unter Menschen. Allein unter Deutschen und Allein unter Juden standen monatelang auf der Bestsellerliste.


    Kurzbeschreibung

    Seit über drei Jahrzehnten lebt Tuvia Tenenbom in New York. Als er sich 2015 für seine neue Großreportage erstmals auf eine Reise quer durch die USA begab, ahnte er nicht, was ihn erwarten würde: »Ich hätte nie gedacht, dass die Vereinigten Staaten so völlig anders sind, als ich immer angenommen hatte. Lange Jahre war ich überzeugt, dass ich sie ziemlich gut kennen würde. Aber ich bin mir da nicht mehr so sicher. Erst jetzt entdecke ich so nach und nach das wahre Amerika, Stück für Stück, Mensch für Mensch, Staat für Staat.«


    Tenenbom reiste von Florida bis nach Alaska, von Alabama bis nach Hawaii, vom Deep South und Bible Belt bis an die Großen Seen und die Westküste, sprach mit Politikern und Predigern, mit Evangelikalen, Mormonen und Quäkern, mit Rednecks und Waffennarren, Kriminellen und Gefängnisinsassen, mit Indianern und Countrymusikern, Antisemiten und Zionisten, mit Obdachlosen und Superreichen und vielen, vielen mehr.


    Die USA rühmen sich, »das Land der Freien und die Heimat der Tapferen« zu sein. Das wahre Amerika jedoch, so Tenenboms bestürzende Erkenntnis, ist weder frei noch tapfer, sondern ängstlich darauf bedacht, alle Freiheiten einzuschränken. Es ist in sich zutiefst gespalten, rassistisch und hasserfüllt. »Kann sich die Menschheit auf die USA verlassen? Ich würde es nicht tun.«



    Meine Meinung
    Ich habe hier mal ausnahmsweise auch die Infos über den Autor dazu geschrieben, da ich finde, dass sie für dieses Buch wichtig sind, auch wenn sie eigentlich keine Rolle spielen dürften (aber ganz Ablegen kann man seine Herkunft wohl nie :wink: ). Denn Tuvia Tenenbom möchte eigentlich völlig "unvorbelastet" über die USA berichten, was ihm jedoch nicht ganz gelingt. Das war auch der Punkt, der mich am meisten an diesem Buch gestört hat, denn letztendlich geht es irgendwie doch meist um die Frage, ob jemand für Israel oder Palästina ist und was er allgemein von den Juden hält :-s Dabei gibt der Autor immer eine andere Herkunft oder Gesinnung an, je nachdem wie es gerade passt und womit er seine Interviewpartner zum Reden bringen kann. Mal ist er Deutscher, mal Jude, mal Amerikaner, usw.. Mein zweiter Kritikpunkt ist, dasss die Interviews oft farblos bleiben oder mir zu wenig in die Tiefe gingen. Sie werden oft mit 1-2 Sätzen in seiner eigenen Wortwahl zusammenfassend abgehandelt, da hätte ich mir mehr gewünscht.


    Ich habe dieses Buch während unseres USA-Urlaubs gelesen und sowohl ich, als auch mein Mann, der seit einigen Jahren intensiv mit vielen Amerikanern zusammenarbeitet, und auch privat Zeit verbringt, können viele Empfindungen/Erfahrungen von ihm bestätigen. Man merkt es ja auch so immer mal wieder bei bestimmten Ereignissen, so liberal, verständnisvoll und "modern" wie sie tun, sind sie lange nicht. Der Autor und auch ich empfinden sie als sehr rassistisch und kleingeistig/engstirnig. Und das ist nicht nur auf die Seite der "weißen" Bevölkerung beschränkt. Gerade die Gespräche mit Afroamerikanern fand ich sehr interessant und erschreckend. Da beschimpfen sie sich selbst als "Nigga" und knallen sich auch noch gegenseitig ab :-? Wirklich erschreckend was da teilweise abgeht. In Detroit beschreibt er die sog. "Weißenflucht", die es auch in anderen Städten gibt, damit die Weißen unter sich bleiben, hier ein interessanter Artikel dazu.


    Als eine dieser gefährlichen Städte wird auch New Orleans gehandelt, die wir in unserem Urlaub besucht haben. Der Kollege meines Mannes riet uns im Vorfeld ab dorthin zu fahren, und auch die Vermieterin unseres zweiten Urlaubshauses meinte, sie würde NIE nach New Orleans fahren :-s Das fand ich schon merkwürdig, nur weil hier mehr schwazre als weiße im Stadtzentrum leben? Und da sind sie wieder, die ach so liberalen Amerikaner, also mir kam es nicht besonders gefährlich vor...


    Am härtesten fand ich jedoch die Aussagen der Frau von einem Kollegen meines Mannes (sie hat generell Angst vorm Fliegen und war daher noch nie in einem anderen Land als den USA). Sie hält Europa nicht für sicher, da es bei uns ja überall diese Bombenanschläge des IS gibt. Aha. Ich meinte dann, ich wäre erschrocken als ich die Nachrichten jeden Morgen im TV gesehen habe. Da geht es um zig Schießereien oder Messerstechereien die Nachts passiert sind und ansonsten sieht man nur Hack*resse Trump. Sie erzählte, das es in Houston nachts ca. 4 Schießereien die Stunde gäbe und sie daher nie in die Stadtmitte ziehen würde, aber da wo sie wohnen wäre es ja sicher. Okay, und Europa ist also unsafe :?: Ich werde nie den Gesichtsausdruck vergessen als ich ihr erzählte, dass es vielleicht 2-3 im Jahr in Deutschland eine Schießerei gibt, die es in die Nachrichten schafft. Das konnte sie nicht glauben. Auch von der Polizeipräsenz in Houston war ich sehr überrascht, so viele Polizeiautos wie da an einem Tag habe ich mein ganzes Leben noch nicht in Deutschland gesehen, echt enorm. Und sie fragte dann, ob wir uns ohne die Polizei nicht unsicher fühlen würde. Ich meinte, nein, wir brauchen das hier nicht, wir fühlen uns auch so sicher.


    Fazit
    Ich glaube das war meine längste Rezi hier bisher, aber das Thema bewegt mich gerade sehr. Ich fand das Buch interessant, jedoch kommt es mit den zwei genannten Kritikpunkten nur auf eine durchschnittliche Wertung von :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: von 5 Sternen. Ich hätte mir mehr Tiefe, gerade bei den Interviews, gewünscht. Ich werde auf jeden Fall noch Ausschau nach ähnlichen Büchern halten. Wer einen Tipp hat, gerne her damit.



  • Super, danke für diese Rezi.


    Dein persönlicher Bericht über die Aussage der Ehefrau des Kollegen ist wirklich interessant.
    Man hört immer wieder, dass viele US - Amerikaner nicht über den Tellerrand schauen, aber es, wie Du, direkt zu erfahren, erzeugt ungläubiges Staunen. Ich habe im Vorfeld der US - Präsidentenwahl die verrücktesten Kommentare von Trump-Wählern zu Europa in den social medias gelesen. Solche Hirngespinste erhalten dann ruck-zuck zehntausende Likes.
    In unserer Gegend sind amerikanische Streitkräfte stationiert und man muss leider feststellen, dass eine wie auch immer geartete Integration von immerhin 50.000 US - Bürgern zum großen Teil nicht stattfindet. Und wohl auch nicht gewollt ist. Es ist american way of life auf deutschem Staatsgebiet, eine andere Form der Ghettoisierung. Was aber wiederum zu diesem fehlenden Wissen über unsere sozialen und politischen Verhältnisse führt.


    Zu dem Buch: Dass Tenenbom einen Schwerpunkt bei den "Allein unter..." - Bänden oft auf die Israel/Palästina - Frage legt, habe ich auch gehört. Ich lasse mir in dieser Hinsicht auch nur ungern eine Meinung aufdrängen nach dem Motto "Bist Du für das und das, bist Du automatisch gegen das und das und umgekehrt".
    Da ich seinen Schreibstil recht unterhaltsam finde und es das Buch in der Onleihe gibt, werde ich es mir trotzdem bei Gelegenheit besorgen.

  • Man hört immer wieder, dass viele US - Amerikaner nicht über den Tellerrand schauen, aber es wie Du direkt zu erfahren, erzeugt ungläubiges Staunen. Ich habe im Vorfeld der US - Präsidentenwahl die verrücktesten Kommentare von Trump-Wählern zu Europa in den social medias gelesen. Solche Hirngespinste erhalten dann ruck-zuck zehntausende Likes.

    Das ist echt krass, so extrem hätte ich das vorher auch nie vermutet. Vielleicht denken sie ja jetzt in Zeiten von "fake News" mal etwas um.

    In unserer Gegend sind amerikanische Streitkräfte stationiert und man muss leider feststellen, dass eine wie auch immer geartete Integration von immerhin 50.000 US - Bürgern zum großen Teil nicht stattfindet. Und wohl auch nicht gewollt ist. Es ist american way of life auf deutschem Staatsgebiet, eine andere Form der Ghettoisierung. Was aber wiederum zu diesem fehlenden Wissen über unsere sozialen und politischen Verhältnisse führt.

    Hier in Wiesbaden leben auch sehr viele. Sie grenzen sich in ihren mit Stacheldraht umzäunten und bewachten Wohngebieten sehr ab (was sie meiner Meinung nach nicht nötig hätten), das stimmt. Aber es gibt zum Glück auch einige, die es anders machen. Früher haben wir so beim Feiern in der Innenstadt viele US-Amerikaner kennen gelernt. Und auch bei uns in der Nachbarschaft hat eine große Familie gewohnt, mit deren Kindern wir immer gerne gespielt haben.

  • Ich erwartete ein interessantes Thema als ich den Fred öffnete und anfing zu lesen. Dass viele Amerikaner ähnlich denken und handeln, fühlen wie der Autor und Du es beschreiben mag sicherlich stimmen. Damit habe ich meine eigenen Erfahrungen gemacht.


    Allerdings fallen sowohl Autor als auch Du Miriam in die Falle. Die ich nicht weniger gefährlich und als unzureichend betrachte. Sowhl im Klappentext, wie auch in Deinem sicherlich emotioanal aufgeladenen Beitrag wird von DEN Amerikanern geredet als ob das eine absolut einheitliche Suppe wäre. Ich finde dies als derartige Verallgemeinerng und Generalverurteilung einfach für unfair. Wenn demnach ein einziger Amerikaner anders denken würde, würde ich Euch sofort damit widerlegen. Wer aber von uns kennt also absolut KEINEN offenen, großzügigen etc Amerikaner? Wer das sagt, kennt Amerika nicht - sorry. Ich kenne hochintelligente, und absolut feine Amerikaner, die weltoffen leben. Ob sie nun die Mehrheit sind, bleibt dahingestellt.


    Wer nach diesen Kriterien ein Land aburteilt ist meines Erachtens nicht glaubwürdig, selbst wenn dieses Buch für - leider - viele Aspekte des amerikanischen Lebens als auch der Amerikaner zutreffen mag.


    Wir könnten demnach ähnlich von DEN Deutschen reden, die eine seltsame AfD zulassen, oder von DEN Franzosen, die einer ... über 30% gegeben haben.


    Leute, gebt die Hoffnung nicht auf!

  • Danke @tom leo , Du hast absolut recht mit Deiner Aussage.
    Aber hast Du den Beitrag von @MiriamM35 tatsächlich so allgemeingültig verstanden?
    Ich frage nur, weil ich das nämlich nicht getan habe. Natürlich kann und sollte ein Urteil auf Grund persönlicher Erfahrungen gefällt werden und wenn die Summe der gemachten Erfahrungen nun mal in eine Richtung geht, dann ist das zwar nicht allgemeingültig aber zumindest doch - ich nenne es mal "auffällig", oder? :-k

    Isenhart musste grinsen, ihre Blicke begegneten sich. "Du hast nur tausend Mal", wisperte er.
    Konrads müdes Schmunzeln wuchs sich zu einem breiten Grinsen aus. "Ich verrat dir was", flüsterte er zurück, "das ist Mumpitz."


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  • Sowhl im Klappentext, wie auch in Deinem sicherlich emotioanal aufgeladenen Beitrag wird von DEN Amerikanern geredet als ob das eine absolut einheitliche Suppe wäre. Ich finde dies als derartige Verallgemeinerng und Generalverurteilung einfach für unfair. Wenn demnach ein einziger Amerikaner anders denken würde, würde ich Euch sofort damit widerlegen. Wer aber von uns kennt also absolut KEINEN offenen, großzügigen etc Amerikaner? Wer das sagt, kennt Amerika nicht - sorry. Ich kenne hochintelligente, und absolut feine Amerikaner, die weltoffen leben. Ob sie nun die Mehrheit sind, bleibt dahingestellt.


    Dann sag mir bitte, wie ich sie sonst nennen soll, vielleicht Die-von-mir-kennengelernten-Amerikaner? Die Mirikaner vielleicht :wink: Natürlich verallgemeinert man alles etwas, aber ganz ehrlich, ich habe nette und auch zu uns (DEN Deutschen) offene Amerikaner erlebt, aber weltoffen oder z. B. ohne Vorurteile gegenüber dunkelhäutigen oder muslimischen Menschen war da niemand. Und aus Summe der ganzen Erlebnisse schlussfolgert man selbst, bzw. eben auch der Autor. Waren wir nur in der falschen Gegend, haben wir nur die falschen Leute kennengelernt? Mag sein, dann lasse ich mich gerne eines besseren belehren. Aber hört oder liest man anderes, also ich persönlich nicht.


    Danke @tom leo , Du hast absolut recht mit Deiner Aussage.
    Aber hast Du den Beitrag von @MiriamM35 tatsächlich so allgemeingültig verstanden?
    Ich frage nur, weil ich das nämlich nicht getan habe. Natürlich kann und sollte ein Urteil auf Grund persönlicher Erfahrungen gefällt werden und wenn die Summe der gemachten Erfahrungen nun mal in eine Richtung geht, dann ist das zwar nicht allgemeingültig aber zumindest doch - ich nenne es mal "auffällig", oder? :-k

    Genau so sehe ich das auch!



    Leute, gebt die Hoffnung nicht auf!

    Ich sowieso nie, aber vielleicht sollte man das DEN Amerikanern zuflüstern :wink:

  • Hallo Miriam,


    ich wollte Dich keinesfalls "angreifen", und Deine smileys im letzten Beitrag zeigen ja auch, dass Du hier keine Eskalation wünschst. Ich auch nicht! Aber ich halte dies für ein ziemlich ernstes Thema. Was Du schreibst tut weh, weil es sicherlich eine Wahrheit zum Teil ausspricht. Ich teile Deine Entrüstung, so wie ich als in Frankreich lebender sehr betroffen bin über das, was hier so abläuft etc...Für uns aber bleibt absolut die Aufgabe, bei unseren eigenen Kommentaren nicht in diese oder ähnliche Fallen hineinzutapsen.
    Es geht in diesem Falle nicht zuerst um bewusste Verunglimpfunegn, sondern um die Verallgemeinerung von (bisher) gemachten Erfahrungen.

  • Aber ich halte dies für ein ziemlich ernstes Thema. Was Du schreibst tut weh, weil es sicherlich eine Wahrheit zum Teil ausspricht. Ich teile Deine Entrüstung, so wie ich als in Frankreich lebender sehr betroffen bin über das, was hier so abläuft etc...Für uns aber bleibt absolut die Aufgabe, bei unseren eigenen Kommentaren nicht in diese oder ähnliche Fallen hineinzutapsen.
    Es geht in diesem Falle nicht zuerst um bewusste Verunglimpfunegn, sondern um die Verallgemeinerung von (bisher) gemachten Erfahrungen.

    Zitat von tom leo

    und ja: ich behaupte, dass Du nicht Amerika (welches denn?) kennengelernt hast, bzw nicht alle Facetten der Tausenden Weisen als Amerikaner zu leben.


    Ich sehe das absolut nicht als Falle. Sicherlich lassen sich viele von einzelnen Stimmen mitreißen und hinterfragen diese nicht. Ich bilde mir jedoch immer meine eigene Meinung, was ich auch in diesem Fall gemacht habe und gehe danach trotzdem vorurteilsfrei auf die Personen zu. Natürlich kann man nie alle Facetten kennenlernen, oder kennst du alle Facetten von Deutschland bspw.? Aber man kann sich aus verschiedenen Erfahrungen doch eine Meinung bilden und diese auch vertreten oder nicht? Wie gesagt, stempele ich deswegen nicht alle US-Amerikaner so ab, aber wenn mich jemand nach meiner Meinung zu ihnen fragt, kann ich nur mit meinen Erfahrungen antworten und die sehen nun mal so aus wie oben genannt. Aber dazu soll sich jeder seine eigene Meinung bilden!


    Zitat von tom leo

    wie "sie" nennen? Ist mir egal, aber nicht DIE. Dann beschränke es ganz klar auf "die von mir bislang kennengelernten drei, vier... Amerikaner waren alle (ja???) so! Und ansonsten kann man sagen "einige, viele, gewisse etc" Ist das zuviel verlangt?

    Ich finde nicht, dass man immer wieder erwähnen muss, dass es nur für die von einem selbst kennengelernten US-Amerikaner gilt etc., genauso wie ich es müßig finde, immer dazu zu schreiben, dass dies nur die eigene persönliche Meinung ist, denn das setze ich voraus. Natürlich schreibe ich immer nur über meine Erfahrungen/Erlebniss, über das von mir Gehörte/Gelesene und alles was ich schreibe ist nur meine Meinung :!: