Jonas Karlsson - Das Zimmer / Rummet

  • Das Cover sorgte dafür, dass ich mir "Das Zimmer" genauer ansah. Zu sehen ist ein Mann im Anzug. Doch statt einer Krawatte, liegt ein zugezogener Strick um seinen Hals. Der erste Satz des Klappentextes "Der moderne Mensch im Hamsterrad und seine Suche nach Glück." erweckte zudem meine Neugier, sodass ich das Buch für einen späteren Kauf auf den Wunschzettel verschob. Als das Buch dann noch in der Literatursendung Literaturclub (22.06.2016) zu sehen war, kam ich nicht umhin, mich diesem dünnen Büchlein zu widmen.


    Anhand meiner Wertung kann man schon erkennen, dass mich das Werk des schwedischen Autors Jonas Karlsson komplett begeistert hat. Bildhaft beschreibt er das Arbeiten in dem Großraumbüro einer Behörde. Der Protagonist Björn ist neu an seinem Arbeitsplatz. Von ihm erfährt der Leser weder Alter noch optische Beschreibung, was jedoch nicht weiter wichtig ist, da der Charakter umso ausführlicher und authentischer dargestellt wird. Björn ist kein sympathischer Mensch, im Gegenteil. In seinen Augen ist er allen anderen überlegen...meilenweit, und lässt das seine Kollegen auch deutlich spüren. Sein Tag ist genaustens durchgeplant: 55 Minuten effektive Arbeit, 5 Minuten Pause. In diesen 5 Minuten geht er zur Toilette und spricht, wenn es denn sein muss, mit seinen Kollegen. Während der 55 Minuten Arbeitsphase ist daran nicht zu denken. Gleich zu Beginn des Buches entdeckt Björn ein kleines Zimmer, in welches es ihn im Laufe der Geschichte immer öfter zieht. Hier kann er sich ausruhen, sich kurz erholen. Doch dieses Verhalten findet bei den Kollegen keinen Anklang. Nicht zuletzt, weil sie felsenfest behaupten, das Zimmer würde nicht existieren.


    Zu Beginn des Buches, fand ich Björn einfach nur unausstehlich. Und ich liebe Protagonisten, die ich unausstehlich finde. Björn ist der absolute Albtraumkollege: Überheblich und pedantisch. Umso überraschter war ich, als ich mich irgendwann mit Björn identifizierte und auf seiner Seite stand.
    Ebenso überzeugen konnte mich der tolle Schreibstil des Autors. Ich sah das Großraumbüro vor mir, ebenso wie den Flur und das Zimmer. Ich sah die verkniffenen Mienen der Kollegen, Hasans Koteletten und Hannahs Pferdeschwanz. Ich fühlte Björns Gefühle. Der Schreibstil selbst ist einfach und schnell zu lesen. Vor allem aber, ist jedes Wort perfekt gewählt.


    Das Buch ist nicht spannend im herkömmlichen Sinn und doch konnte ich es nicht aus der Hand legen. Ich wollte wissen, wie Björn mit den Konflikten umgeht und unbedingt erfahren, wie sich seine Kollegen ihm gegenüber im weiteren Verlauf verhalten. Ich konnte mich dem Schreibstil, der dichten Atmosphäre und der Geschichte einfach nicht entziehen.


    Auch das Ende, das für mich an genau der richtigen Stelle kam, hat mir sehr gut gefallen. Nachdem ich die Geschichte ein wenig sacken lies, stellte ich mir die Frage: Was hätte Jonas Karlsson hier meiner Meinung nach besser machen können? Mehr / Weniger Seiten? Eine genauere Beschreibung der Charaktere? Eine genauere Beschreibung des Großraumbüroalltags? Mehr Action? Die Antwort darauf lautete: Nichts. Denn für mich war das Buch genau auf den Punkt und einfach perfekt.


    Fazit: Ein Buch, das den Leser zwingt, sich mit einer völlig unsympathischen Person zu identifizieren. Ein Buch, das verschiedenste Arten und Weisen unterhält und zum Nachdenken anregt. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Danke @Coco90 für die ausführliche Rezension. Du hast mich damit echt neugierig gemacht und das Buch ist gleich auf meiner Wunschliste gelandet :wink:

    "Die Stille stellt keine Fragen, aber sie kann uns auf alles eine Antwort geben." (Ernst Ferstl)