Philip Roth - Portnoys Beschwerden / Portnoy's Complaint

  • Inhaltsangabe von Amazon (geändert, weil Spoiler enthalten):
    Der 33-jährige Alexander Portnoy berichtet seinem Psychoanalytiker Dr. Spielvogel, wie sein Leben verlief. Er beginnt mit seiner Kindheit in einem jüdischen Viertel in Newark. Zwischen einer Übermutter, einer übergewichtigen Schwester und einem weichen, hypochondrischen Vater aufwachsend, entwickelt Portnoy bald Anzeichen eines ödipalen Komplexes. Der hervorragende Schüler und Student vollzieht äußerlich eine an den American Way of Life angepasste Entwicklung, die ihn schließlich zum amtlich bestellten Verteidiger der Menschenrechte in New York werden lässt. Hier wird ihm bewusst, was er schon lange ahnte, dass er die Vorurteile der Juden gegenüber den nichtjüdischen »Gojim« zwar äußerlich bekämpfen kann, in ihrem Inneren jedoch nicht zu zerstören vermag. So steht denn von früher Jugend an diesem äußerlich angepassten Leben Portnoys der Versuch gegenüber, sich mittels Sexualität in allen Spielarten aus dem jüdisch-amerikanischen Mittelklassedasein und den dort an ihn gestellten Erwartungen zu befreien. Zunächst entwickelt Portnoy als Teenager exzessive Selbstbefriedigungspraktiken, die ihn schließlich zu einem ausschweifenden Sexualleben mit häufig wechselnden Partnerinnen treiben. In den Beziehungen, zunächst mit Jüdinnen, dann auch mit nichtjüdischen »Schicksen«, versucht Portnoy stets aufs Neue, seine Überlegenheit zu beweisen und fällt doch stets seinen Minderwertigkeits- und Schuldkomplexen anheim, die sich bis zu konkreten Kastrationsängsten auswachsen. Sein letztes Verhältnis mit dem ungebildeten, aber in allen sexuellen Praktiken bewanderten Mannequin Mary Jane Reed, die er »The Monkey (Das Äffchen) « nennt, gefährdet Portnoys berufliche und emotionale Existenz. Nach einer Nacht zu Dritt, gemeinsam mit einer Prostituierten, zu der Portnoy »The Monkey« in Rom überredet, verlässt er sie kurze Zeit später und flieht nach Israel, wo er das Gefühl genießt, nicht mehr Teil einer Minderheit zu sein.


    Geil :shock: :lol:, das Buch.
    Und das in doppelter Hinsicht. Die eine ergibt sich aus der Inhaltsangabe, die andere aus der Art, wie Roth diesen Inhalt an den Leser bringt.
    Überzeichnung, das klassische Stilmittel der Satire, verwendet Roth durchgehend, aber er beherrscht die Kunst, die Überzeichnung nicht zur Übertreibung - die peinlich wirken würde - zu machen. Er kommt in seinen Geschichten vom hundertsten ins tausendste, verfolgt unzählige Assoziationen und Abschweifungen und kommt doch immer wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück.
    Es geht in dem ganzen Buch praktisch nur um das EINE Thema, was mir im letzten Drittel (vor der Jerusalem-Episode) ziemlich auf die Nerven ging, aber irgendwie habe ich das Gefühl, als hätte Irving genau das im Sinne gehabt: Dass die sexuelle Betätigung des Protagonisten die Leser genauso nervt wie den Protagonisten selbst.


    Roth hatte wegen dieses Buch sehr viel Kritik einzustecken; er wurde als Nestbeschmutzer bezeichnet, denn die Ursache seiner gesamten Probleme, seiner Bindungsunfähigkeit und Gefühlsarmut sieht der Protagonist im jüdischen Elternhaus.


    - Wer Probleme mit Obszönitäten hat, sollte das Buch im Dunkeln lesen :bom: -


    Marie

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    Einmal editiert, zuletzt von Marie ()

  • Ich habe dieses Buch vor einigen Jahren gelesen und habe mich dabei köstlich amüsiert, so sehr, dass ich oft laut aufgelacht habe,was bei mir eher selten vorkommt. :lol: :mrgreen:

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Hatte ich eigentlich schon vergessen ,aber das habe ic vor viele vielen Jahren schon mal gelesen, ich fand es, soweit ich mich erinnern kann, knorke!

  • Hab das Buch gerade beendet und muss mich meinen Vorschreibern (fast) anschließen.
    Mir hat das Buch gefallen, die vielen Perversitäten von Alex waren amüsant wie auch erschreckend, die Familiengeschichte ebenso. Alles ist schön und gut nachvollziehbar, und dennoch: das Ende "Die Pointe" sowie die panischen Sätze davor hab ich nicht verstanden. Vielleicht kann mir das ja bei Gelegenheit mal einer erklären...

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Nach Philip Roths Tod vor Kurzem, wollte ich nun doch ein Buch von ihm problieren. Sehr weit gehen Eure Kommentare ja eigentlich nicht, oder? Zudem seit zwölf Jahren kein weiterer Eintrag. Ob man sich eventuell nicht traut? Nu, ich muss gestehen, dass ich nach den ersten vierzig Seiten abgebrochen habe. Okay, was Marie über die Sprache schreibt: Überzeichnungen, Assoziationsstränge etc, ist absolut beeindruckend. Insofrn ein Feuerwerk. Aber der etwas zurückhaltende Leser ist doch ziemlich genervt über diese Form ausschweifender Phantasien, bzw Beschreibungen. Nennt es prüde, aber das ist halt doch nichts für mich.


    Im Übrigen - soweit wie mein Lesen reichte - ist dieses Erzählen von Portnoy quasi der Diwansmonolog bei seinem Psychologen. Er bedient eine Menge an Assoziationen, die unsereins mit einer gewissen Form jüdischen Lebens in Verbindung bringt. Ist es so ganz abwegig, dabei auch an einen Woody Allen zu denken?

  • Ich geselle mich hiermit zu tom leo dazu: auch ich bin von Portnoys Monolog beim Psychiater wenig angetan. Nennt mich prüde, aber die obszönen, pubertären Erzählungen empfand ich nicht sonderlich lustig, auch nicht abstossend, oder sonstwas. Eher gelangweilt dachte ich mir beim Lesen "Was soll das?!". Eine Kritik an diese frühen Helikoptereltern, die dieses Muttersöhnchen in seiner Entwicklung einschtänken, und er muss es nun auf diese Art kompensieren?


    Ich habe die Deutungsansätze auf Wikipedia und sonstwo gelesen, bin nun über die Erfolgsgeschichte und damalige Rezeption des Romans informiert, und doch kann ich es nicht nachvollziehen. Sicherlich hat die unverblümte Sprache damals für Aufsehen gesorgt, und die Schilderung des jüdischen Familienlebens,... Nun ja, ich konnte kein Interesse dafür aufbringen und stelle es nun ins öffentliche Bücherregal.


    Das amerikanische Original erschien 1969 unter dem Titel "Portnoy’s Complaint".

  • Ich reihe mich ein in die Reihe derjenigen, denen das Buch eher nicht gefallen hat. Meine Meinung dazu sah vor ein paar Jahren so aus:


    Alexander Portnoy erzählt seinem Psychiater aus seinem Leben. Von seiner dominanten Mutter, dem verstopften Vater und der übergewichtigen Schwester. Es ist keine liebevolle Familie, sondern eine, in der die einzelnen Mitglieder nebeneinander her leben. Irgendwie hat er es geschafft, sich aus diesem ungesunden Umfeld zu retten.


    Während Alexander seinem Psychiater sein Leid klagt, steigert er sich immer mehr. Anfangs geht es nur um die Dynamik innerhalb der Familie, aber als er anfängt, über seine Pubertät zu berichten, wechselt er das Thema in die Horizontale. In seiner Erinnerung vermischen sich Realität und Phantasie. Genauso, wie sein Ton immer dringlicher wird, bis Portnoy schon fast hysterisch klingt, werden seine Darstellungen immer expliziter und vieles von dem, was ich gelesen habe, hätte ich lieber nicht erfahren.


    Es ist sicherlich eine Kunst, einen Protagonisten so darzustellen, dass er mir so unsympathisch wird, wie es Alexander Portnoy geworden ist. Es ist allerdings nicht genug Kunst, um mir das Buch sympathisch zu machen.

    :bewertung1von5:

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Philip Roth - Portnoys Beschwerden“ zu „Philip Roth - Portnoys Beschwerden / Portnoy's Complaint“ geändert.