Ada Dorian - Betrunkene Bäume

  • berührende Geschichte


    Inhalt (Klappentext): Der über 80-jährige Erich verliert nach und nach seine Unabhängigkeit und trauert um die Liebe seines Lebens. Als junger Forscher hatte er eine Expedition durch die sibirische Taiga unternommen. In jener Zeit hat Erich Schuld auf sich geladen, die bis heute nachwirkt und ihn vereinsamen lässt. Dann tritt Katharina in sein Leben, sie ist von zu Hause ausgerissen, als ihr Vater die Familie verlassen hat. Erich und sie sind beide entwurzelt, erst beieinander finden sie Halt.


    Mein Fazit:
    Erich und Katharina, für mich zwei besondere Protagonisten die den Roman irrsinnig wertvoll und berührend machen. Die beiden Persönlichkeiten sind so gestaltet und leidenschaftlich geschildert, dass man als Leser tief in die Gefühle, Ängste und Probleme eintauchen kann. Auch die beiden haben eine besondere Beziehung zueinander, was mir besonders gut gefällt.
    Der Schreibstil prägt das Buch - es entsteht eine einzigartige Geschichte, in die ich liebend gerne eingetaucht bin, auch wenn es immer wieder extreme berührend wurde.
    Das einzige, was für mich ein kleines Minus in dem Buch darstellt ist, dass ich oft die Handlungen der beiden nicht immer ganz Nachvollziehen kann - oft stellte sich mir beim Lesen die Frage - Warum?
    Das Ende des Buches ist auch gut gestaltet - ein guter Abschluss des Buches.

  • tolle Idee für eine Geschichte - mittelmäßige Umsetzung




    Tolle Idee für ein Buch aber nur mittelmäßige Umsetzung, man hätte mehr daraus machen können.
    Mir hat etwas die Spannung gefehlt, und man hätte viel mehr Emotionen und Hintergründe in die Geschichte packen sollen, damit diese für mich interessant zu lesen wäre. Ich brauche immer einen gewissen Unterhaltungsgrad in Büchern - zu trockene Geschichten sind nichts für mich. Dennoch glaube ich, dass dieses Buch den Geschmack von anderen Lesern sehr wohl treffen kann.

  • Der über 80jährige Erich ist verlassen von Frau und Kindern und lebt nur noch für 'seine' Bäume, die er als Wissenschaftler sein Leben lang untersuchte. Katharina, die gerade einmal 17 Jahre alt ist, fühlt sich verlassen von Vater und Mutter und ist nun Erichs Nachbarin. Sie lernen sich kennen und ganz langsam entsteht eine Vertrautheit zwischen den beiden so unterschiedlichen Menschen, von denen jeder die Hilfe des Anderen braucht. Sie sind sich ähnlicher als sie denken, denn beide wollen sie unabhängig sein, was sowohl Katharina wie auch Erich nicht möglich ist - wenn auch bei jedem auf andere Weise.
    Es ist kein großer Roman, den man hier auf etwas mehr als 260 Seiten liest. Erich versucht jeden Tag auf's Neue selbständig zu bleiben. Und Katharina bemüht sich, am Leben zu bleiben. Durch mehrere Erzählstränge lernt man die beiden Hauptfiguren genauer kennen, wobei aufgrund des höheren Alters meist die Vergangenheit von Erich dominiert. Was dieses Buch zu etwas Besonderem macht, ist die wunderbare Sprache der Autorin, in der ich mich sofort wohl fühlte. Es ist schwer zu beschreiben, denn weder findet man hier extrem bildhafte Darstellungen noch eine übermäßig poetische Wortwahl. Der Text ist schlicht mitfühlend und passt einfach perfekt zu den Figuren und den Geschehnissen, die er schildert. Man liest und liest und möchte nichts als weiterlesen, auch wenn man Katharina manchmal wegen ihrer Blauäugigkeit schütteln möchte oder Erich wegen seiner Sturköpfigkeit. Doch man lebt und fühlt mit ihnen und so ist es fast schon ein Gefühl der Trauer, wenn man die Beiden verlassen muss.
    Und warum trotzdem nicht die volle Punktzahl? Weil manche der Beziehungen nicht wirklich überzeugend wirkten. Wolodja soll Erichs bester Freund gewesen sein? Und von ihm hat er am meisten gelernt? Obwohl sie praktisch nicht miteinander geredet haben? Seine geliebte Frau Dascha lässt er einfach ziehen? Obwohl er Sibirien auch so liebt? Noch einige solcher Sachverhalte sind mir aufgefallen, die ich mir nicht erklären kann, was meine Freude am Text damit etwas minderte. Dennoch, ein schönes Buch! Und ich bin gespannt, was die Autorin als Nächstes schreibt.
    Übrigens, die 'Betrunkenen Bäume' gibt es tatsächlich, wenn auch nicht in Sibirien. Zumindest habe ich darüber nichts gefunden, doch einen Wald mit solchen Bäumen gibt es am Kurischen Haff. Auch wenn der Grund dafür offenbar ein anderer ist als im Buch.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • BETRUNKENE BÄUME von ADA DORIAN

    Ein Gleichnis zwischen Bäumen und Menschen
    Im Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erzählt Ada Dorian in einfachen, schönen Worten die Lebensgeschichte von Erich Warendorf. Er, der als junger Mann im fernen Sibirien in Einsamkeit mit dem jungen einheimischen Wolodja unterwegs war, hatte nur zwei große Lieben in seinem 80jährigen Leben, die Bäume und seine Frau Dascha.
    Erich lebt immer häufiger in seinen Gedanken, in seinen Träumen in der Vergangenheit. Das Alter macht ihm zu schaffen, aber die Pflanzen interessieren ihn immer noch. Die Bäume sind seine Obsession. Der alte Mann hat einen skurillen, absonderlichen, unglaublichen Spleen, seinen Wald im Schlafzimmer! Hier fühlt er sich wohl und geborgen, einfach befreit von der Last des Alters. Doch Erich muss einsehen, dass er wegen seiner Gebrechen der Wissenschaft keinen großen Nutzen mehr bringen kann. Er fühlt sich wie ein „altes Messgerät“, das gegen ein modernes ausgetauscht werden muss.
    In der 17jährigen, eigenwilligen, sich unverstanden und verlassen fühlenden Katharina, die von zu Hause abgehauen ist und die Schule schwänzt, findet er so etwas wie eine Verbündete. Erich lügt und laviert, um seine Selbständigkeit zu behalten, auch um der Bevormundung durch seine Tochter Irina und der Pflegerin zu entgehen. Er will nicht ins Heim. Als alles auffliegt, will er zu seiner geliebten Dascha nach Sibirien. Katharina soll mitkommen, da der Vater dort an einer Pipeline arbeitet.
    „Betrunkene Bäume“, es war dieser Titel, der mich auf das Buch aufmerksam gemacht hat. Die Geschichte besitzt eine besondere philosophische Tiefe. Die betrunkenen Bäume spielen im Roman eher eine untergeordnete Rolle, aber die Metapher bleibt bei mir im Kopf hängen. Sowohl Erich als auch Katharina sind haltlos, haben ihre Wurzeln verloren. Sie versuchen sich gegenseitig zu stützen. Erichs Erkenntnisse über sein eigenes Leben kommen viel zu spät.
    „Im Kopf ist endlich mal Ordnung.“ (S.235)
    Der Schluss des Buches kommt überraschend, ist traurig, aber läßt auch hoffen...
    Ada Dorian ist ein sehr menschliches, wertvolles, absolut lesenswertes Buch gelungen. Es erzählt von der Einsamkeit im Alter, von Isolation trotz sozialen Kontakten, von verpaßten Gelegenheiten, von dem Verlust der Selbstkontrolle, von mangelnder Kommunikation, von fehlendem Vertrauen,...
    Die Geschichte läßt viel Raum für eigene Gedanken, Vergleiche. Erstaunlich, wie die Autorin die Befindlichkeiten des alten Mannes auf den Punkt bringt. Ihr sind natürliche, lebensechte Charaktere gelungen. Ohne Pathos! Nüchtern! Geradlinig!
    Die Autorin hat ein großes, angenehmes Erzähltalent mit präziser Wortwahl. Ich möchte mehr von ihr lesen. Möglicherweise in einer Fortsetzung mit Katharina, Wolodja und Dascha? Und den „Betrunkenen Bäumen“?


    Ich vergebe meine uneingeschränkte Leseempfehlung und fünf Sterne! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Betrunkene Bäume bezeichnet man Bäume die unter ähnlichen Bedingungen im Permafrostboden in Schieflage geraten. Sie verlieren ihren Halt und kippen in den tauenden Matsch. Der Baum versucht dies auszugleichen und der Stamm schlängelt sich deshalb wie eine Pflanze.
    Erich ein über 80-Jähriger verliert mehr und mehr sein Gedächtnis und seine Sehkraft. Früher war er als junger Forscher in Russland tätig und noch immer verfolgt ihn die Vergangenheit in seinen Träumen. Seine größte Liebe gehört seiner Frau Dascha und den Bäumen, leidenschaftlich zieht er kleine Setzlinge groß. Erich hütet ein großes Geheimnis das nicht einmal seine Tochter weiß, den niemand soll ihm seinen Wald nehmen. Da lernt er Katharina kennen, sie ist von zu Hause abgehauen, weil ihr Vater die Familie verlassen hat, um nach Sibirien zu gehen. Katharina gibt ihrer Mutter die Schuld, deshalb hat sie diese verlassen und auch zur Schule geht sie nicht mehr. Erich bittet Katharina ihm ein wenig im Haushalt zu helfen, dabei erfährt sie immer mehr aus Erichs Leben und seinem Geheimnis.


    Meine Meinung:
    Ein wunderschönes Buch über Freundschaft zwischen den Generationen, Heimat, über Verlust und die Liebe zur Natur. Ada Dorian hat dies in ihrem Debütroman wunderschön beschrieben, es soll gleichzeitig dazu anregen sich mehr Gedanken zu machen über unsere Welt, die Natur und das älter werden. Der Schreibstil ist flüssig, informativ, teils auch traurig und spiegelt unseren heutigen Zeitgeist. Ich konnte mir nach der Beschreibung im Buch, diese betrunkenen Bäume bildlich vorstellen. Auch in die beiden Hauptpersonen mit ihren Zweifeln und Ängsten konnte ich mich sehr gut hinein versetzen. Braucht die Welt so ein Buch, definitiv ja den es spiegelt in Erich unsere ältere und in Katharina teils unsere jüngere Generation wider. Ich hätte niemals hinter diesem Cover ein solches philosophisch, weises und liebevolles Buch vermutet. Schön fand ich auch den Satz des Mannes im Altenheim: "Für die meisten ist das eine Ort, an den man zum Sterben geht, nicht einer, an dem man noch ein paar schöne Jahre hat." Von mir 5 von 5 Sterne für dieses gelungene Werk, ich kann es nur weiterempfehlen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::applause::thumleft:

  • Wahnsinn. Und ich dachte immer, Bäume wären sowieso Pflanzen :D

    Bäume gehören natürlich zur Fauna, trotzdem sind Bäume Bäume und vielleicht auch Pflanzen, das sieht halt jeder anders. Ich habe das aus dem Buch und ich denke mal die Autorin wird das schon recherchiert haben.

  • Bäume und vielleicht auch Pflanzen, das sieht halt jeder anders.

    Nein, Bäume sind Pflanzen und da gibt es auch keine unterschiedlichen Sichtweisen. Hier ist eine umfängliche Erklärung, was ein Baum genau ist. Das ist keine Meinungsfrage, sondern ein Tatsache, die durch die Klassifizierungssysteme der Biologie und der Genetik eindeutig festlegbar sind.

  • Der 80jährige Erich ist einsam. Seine Frau ist nicht mehr da und seine Tochter kümmert sich zwar um ihn, bevormundet ihn aber leider, so dass er seine Geheimnisse vor ihr verschweigt. Wohl fühlt er sich in seinem Schlafzimmer, unter seinen Bäumen, von denen nur er weiß. Erich hat in jungen Jahren Bäume erforscht, in Sibirien, und steht immer noch in Kontakt mit einem Professor, dem er täglich um die gleiche Uhrzeit seine Messergebnisse mitteilt.
    Die junge Katharina zieht neben ihm ein. Sie ist noch minderjährig, von zu Hause ausgezogen, um ihren eigenen Weg zu gehen. Dabei fühlt sie sich aber einsam und verlassen. Erich und sie finden zusammen, sie unterstützt ihn ihm Haushalt, kauft für ihn ein. Beide verbindet das Land Sibirien, jeden auf seine eigene Weise...
    Der Roman ist toll geschrieben worden, mir gefällt die Schreibweise der Autorin ausgesprochen gut. Sie schmückt Szenen gerne aus, manchmal vielleicht etwas zu sehr, da hätte ich mir mehr Kürze gewünscht.. Man fühlt mit den beiden Hauptprotagonisten mit, sie kommen sympathisch rüber. Ganz im Gegenteil zu Erichs Tochter Irina, die empfand ich eher als ziemlich anstrengend. Besonders haben mir die Rückblenden in Erichs Vergangenheit gefallen, das war wirklich sehr spannend. Anfangs hatte ich meine Schwierigkeiten mit der wechselnden Erzählperspektive in jedem neuen Kapitel, da musste ich erstmal wieder sortieren, wo wir jetzt sind. Aber ich vergebe gerne 4 Sterne für diesen interessanten Roman.

    Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. (Albert Einstein)