Roman Rausch - Der falsche Prophet

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    Im Jahr des Herrn 1476 lassen Hunger und Frondienst die Bauern am Leben verzweifeln, während die Herren im Reichtum schwelgen. Da steht eines Tages der Schafhirte Hans Behem in der Tür der Niklashäuser Kirche: Die Muttergottes sei ihm erschienen und habe ihm befohlen, gegen die drückende Fronherrschaft wie gegen die Verderbtheit der Priester zu predigen. Und Hans, der weder lesen noch schreiben kann, hat eine Gabe. Wenn er spricht, hören ihm alle zu. Die Menschen glauben, was er sagt.
    Tausende, Abertausende strömen bald nach Niklashausen und machen aus dem unbedeutenden Dorf im Taubergrund einen riesigen Wallfahrtsort. Die Botschaft des fränkischen Messias – Schlagt die Pfaffen tot! – wird zum Schlachtruf aller Unterdrückten. Das kann die Obrigkeit nicht länger dulden. Hans muss beseitigt werden, notfalls mithilfe eines Verräters aus den eigenen Reihen …


    Autor (Quelle: amazon)
    Roman Rausch, 1961 in Würzburg geboren, arbeitete nach dem Studium der Betriebswirtschaft im Medienbereich und als Journalist. Für seine Trilogie um den Kommissar Johannes Kilian wurde er 2002 auf der Leipziger Buchmesse mit dem Book on Demand Award ausgezeichnet. Heute lebt er als Autor und Schreibcoach in Würzburg und Berlin.


    Allgemeines
    Erschienen am 26.März 2016 bei rororo als TB mit 400 Seiten
    Gliederung: 28 Kapitel, dazwischen Einschübe von Balladen, Briefen, Liedern – Epilog – Nachwort – Quellen
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
    Handlungsorte und -zeit: Niklashausen, Würzburg im Jahr 1476


    Inhalt
    Der Roman beschäftigt sich mit dem Leben und Tod des Hans Behem ( ca 1458 – 1476), der als „Pfeifer von Niklashausen“ bekannt wurde. Als einfacher Viehhirte, der den Bauern gern auf seiner Flöte zum Tanz aufspielt, teilt Hans das karge Leben der Dorfbevölkerung, die von den „Herren“ (Landbesitzer, Adel und Klerus) durch die hohen Abgaben bis auf´s Blut ausgepresst wird. Eines Tages hat Hans eine Vision der Gottesmutter: Maria trägt ihm auf, die Menschen auf den richtigen Weg zurückzuführen, in einer gerechteren Welt soll niemand Hunger leiden und jeder sich sein Brot durch eigener Hände Arbeit verdienen. Hans ist Analphabet und es fehlt ihm auch an religiöser Bildung, sein Freund, der Einsiedler Jeronimus, betätigt sich gewissermaßen als sein persönlicher Berater und bringt ihm bei, wie er zu den einfachen Menschen sprechen muss. Auch Ulrich, Priester der kleinen Kirche von Niklashausen, und die Bademagd Magdalena, die in den attraktiven jungen Mann verliebt ist, schließen sich ihm an. Schon bald entdeckt Hans, dass er ein ausgesprochenes Redetalent hat und nicht auf seine Helfer angewiesen ist. Dies führt zu Spannungen in der kleinen Gruppe. Viel gefährlicher ist es jedoch, als die Obrigkeit von den Umtrieben des überaus erfolgreichen „heiligen Jünglings“ Wind bekommt. Seine Anhänger, inzwischen um die 40000, begeben sich von weit her auf die Wallfahrt nach Niklashausen und singen Lieder, in denen zum Mord an Priestern aufgerufen wird, da die einfachen Leute in diesen die Quelle allen Übels sehen. Der Würzburger Bischof setzt nunmehr alles daran, des Ketzers und "falschen Propheten" habhaft zu werden.


    Beurteilung
    Der Roman schildert sehr eindrücklich die soziale Ungerechtigkeit des Spätmittelalters und das damit verbundene Elend der Bauern. Ein halbes Jahrhundert vor den Bauernkriegen beginnen die einfachen Leute unter dem Eindruck von Hans Behems Visionen, gegen die gesellschaftliche Struktur aufzubegehren. Hans ist eine widersprüchliche Figur: Anfangs inszeniert er sich absichtlich als Visionär, dann aber beginnt er an seine eigene Lehre zu glauben. Ab diesem Zeitpunkt verlässt ihn jede Vorsicht und er weigert sich, rechtzeitig vor den Häschern der Obrigkeit zu fliehen.
    Dem fortlaufenden Romantext sind zeitgenössische Texte eingeschoben, so z.B. „Die Ballade von den Armen und den Reichen“ von François Villon. Diese Einschübe untermauern den Eindruck des Lesers von den gesellschaftlichen Verhältnissen der Epoche.
    Im Anhang gibt der Autor weitere Informationen über den historischen Pfeifer von Niklashausen und stellt nachvollziehbare Vermutungen darüber an, wie ein einfacher und ungebildeter Viehhirte zu einem solchen „Star“ werden konnte. Leider fehlen Ausführungen über diverse weitere im Roman auftretende historische Persönlichkeiten (Adel und Geistlichkeit), hierzu wäre zumindest ein Personenverzeichnis hilfreich gewesen.
    Der Erzählstil ist flüssig und anschaulich, bei der Schilderung des Umgangs mit „Ketzern“ und „falschen Propheten“ fast zu anschaulich, der Leser muss sich auf schockierende Grausamkeiten einstellen.


    Fazit
    Ein lesenswerter Roman, der schildert, wie es auch in vorreformatorischer Zeit schon zu Protesten gegen die spätmittelalterliche Ständeordnung und die damit verbundene, als "gottgewollt" interpretierte ,schamlose Ausbeutung des Großteils der Bevölkerung kam.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Auf Deine Rezi hab ich ja nur gewartet und jetzt ist das Buch auf meine Wunschliste gehüpft. Danke :) Aus dem Buch zur Lutherzeit war ich mit dem Namen ja schon vertraut, jetzt interessiert mich die Person.