Tom Finnek - Unter der Asche

  • Kurzmeinung

    Studentine
    Unterhaltsames historisches Rätselstück, bei dem nichts so ist, wie es zu sein scheint.
  • Kurzmeinung

    Mojoh
    Ein wirklich interessant geschriebener historischer Roman über das große Feuer von London 1666.
  • Meine Meinung:
    Der große Brand von London....


    ….und wie es dazu kam. Diese Geschichte erzählt Tom Finnek in seinem Roman.


    Zu Beginn lernt man den 13-jährigen Geoffrey Ingram kennen, der im Mansardenzimmer von Master Gerrard, dem Lehrer der Armenschule, die Geschehnisse aufschreiben soll, die zu dieser Feuersbrunst führten.


    Der Roman zeichnet sich dadurch aus, dass er aus acht Teilen besteht, bei denen jeweils ein anderer Protagonist im Mittelpunkt steht.
    Während zunächst Geoff aus der Ich-Perspektive von seiner ärmlichen Herkunft erzählt, von seiner Mutter, die die Familie im Stich ließ, von seinem trunksüchtigen Vater, von seinem Bruder Edward, der nach einem Streit mit dem Vater verschwand und von seiner Schwester Jezebel, die als Schankmädchen im „Boar's Head Inn“ arbeitet, sind die Berichte der anderen Figuren in der dritten Person gehalten.
    Man lernt unter anderem den Gauner Rancid Ray kennen, der sich als echtes Schlitzohr entpuppt, den verrückten Rat Scabies, den Maler Jamie Hollar, der Jez malen möchte und in den sich Jez Hals über Kopf verliebt.


    Als eines Tages Jamie plötzlich an der Pest stirbt, die in den Monaten zuvor schon viele Todesopfer in London gefordert hatte, verschwindet kurz darauf auch Jez.
    Aber dies sind nicht die einzigen Geheimnisse, die der Leser zusammen mit den Protagonisten zu lösen hat. Was hat es mit dem Mord an dem Pfarresssohn Robert Gavell auf sich und wer ist der Southbank Slasher, dem an der Themse immer wieder schwarzhaarige Frauen zum Opfer gefallen sind?


    Durch die Perspektivwechsel scheint es für alle Rätsel mehrere Wahrheiten zu geben. Wer die Wahrheit spricht und wer sich nur seine eigne Wahrheit zurecht biegt, bleibt bis zum Ende hin offen und spannend.
    So entsteht ein buntes Panorama des Lebens in London des 17. Jahrhundert. Geschickt verknüpft Tom Finnek fiktive Figuren mit historisch Belegtem. Da sich die verschiedenen Handlungsstränge immer wieder überschneiden, liest man interessiert die Ereignisse aus den jeweiligen Perspektiven der Figuren. So setzt sich die Geschichte Stück für Stück wie ein Puzzle zusammen, wobei dem Leser auch zum Schluss ausreichend Raum für seine eigene Fantasie bleibt.


    Tom Finnek ist ein tiefgründiger Blick in das Londoner Leben in der Zeit zwischen der Pestwelle und dem großem Brand 1666 gelungen. Die Protagonisten sind sehr facettenreich, jede mit positiven wie negativen Eigenschaften.
    Dieser Roman handelt von Liebe, Wahnsinn, Wut, Hass, Rache, Mord, Schuld und Sühne – und wie Geoff sagt „den falschen Dingen zur falschen Zeit“.


    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

  • Sigrid hat sich schon umfassend zu diesem Buch geäußert, deshalb möchte ich nur noch die Dinge hervorheben, die mir an diesem Buch besonders gut gefallen haben:


    :arrow: Es ist ein Buch, das über die Schicksale der sogenannten einfachen Leute berichtet, statt adelige Protagonisten zu haben . Damit hebt es sich von der Masse der historischen Romane ab.


    :arrow: Der Perspektivwechsel gefällt mir, weil man dadurch das Gefühl bekommt, sich als Leser aus den nicht immer übereinstimmenden Berichten der Protagonisten ein eigenes Bild konstruieren zu können.


    :arrow: Sehr positiv fiel mir der Anhang mit Anmerkungen und Übersetzungen auf, der zusätzliche Informationen zu geschichtlichen Persönlichkeiten und Örtlichkeiten gibt.


    :arrow: Die alte Ansicht Londons im vorderen Einband und der Stadtplan "London 1666" im hinteren Einband erleichtern es dem Leser, den Wegen der Romanfiguren zu folgen.


    :arrow: Last but not least: Mir hat selten ein Titelbild eines historischen Romans so gut gefallen wie dieses. Schon anhand des Umschlagbildes sieht man, dass man es hier mit einem Historienroman der "Oberliga" zu tun hat.


    Fazit: Sollte es zu diesem Roman eine Fortsetzung oder ein Buch mit ähnlicher Thematik des Autors geben, werde ich es mir nicht entgehen lassen. :thumleft:



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: ,5

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Der Roman „Unter der Asche“ ist buchstäblich tief schürfend. Er handelt vom Graben: Einerseits im wörtlichen Sinne vom "Graben in der Erde" durch christlich orientierte Siedler, die sich der Allgemeinheit gehörendes Land urbar machen und von den Früchten der Erde in einer Gemeinschaft im Sinne der Bibel leben möchten. Andererseits soll im übertragenen Sinne nach der Wahrheit gegraben werden.


    Im Prolog erhält der 13 Jahre alte Geoffrey Ingram von seinem Lehrer den Auftrag seine Erlebnisse vor dem großen Brand Londons zu Papier zu bringen. Dabei wird die Familiengeschichte der Familie Ingram aufgerollt. Der Leser wird aus verschiedenen Perspektiven durch ein Geflecht von Beziehungen geführt, größtenteils von Menschen auf der Schattenseite des pulsierenden Londoner Lebens.


    Die verschiedenen Blickwinkel aus denen die Entwicklungen, die zum großen Brand geführt haben, beleuchtet werden, haben mich an einzelne Bühnenbilder erinnert, vor denen das große Theater des Lebens teilweise schonungslos aufgeführt wird.
    Gleich von Anfang an schafft es der Autor sowohl die Atmosphäre des schmuddeligen Southwark einzufangen als auch die ländliche Gegend in Surrey anschaulich vor dem inneren Auge entstehen zu lassen.


    Die Lektüre dieses Romans erfordert vom Leser einiges an Aufmerksamkeit und Geduld. Streckenweise empfand ich den Roman als recht sperrig, weil bei manchen Sachverhalten recht lange unklar ist, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen. Die zahlreichen Figuren und die Zeitsprünge waren für mich manchmal etwas verwirrend, obwohl eine Liste vorne im Buch die Hauptfiguren vorstellt und die zeitliche Entwicklung eigentlich auch klar aus dem Text hervorgeht.
    Obwohl die Geschichte mit großer Sorgfalt konstruiert ist, blieben mir hin und wieder Zweifel, ob ich alles mitgekriegt habe. Wie im realen Leben, weiß man bei vielen Figuren nie wirklich, woran man ist. Die Hauptpersonen sind sehr vielschichtig gezeichnet, so dass man zwischen Bewunderung und Verachtung schwankt und sie nicht unbedingt als Sympathieträger erlebt. Somit blieb der Identifikationsfaktor für mich für einmal aus, was ich aber nicht als nachteilig empfunden habe.


    Dieses Buch hebt sich für mich sehr angenehm von der Vielzahl historischer Roman ab. Es ist sorgfältig recherchiert, konstruiert und formuliert und ist für mich eine sehr angenehme Abwechslung, weil für einmal die ausschließlich positiv besetzten weiblichen Heldinnen ausbleiben. Deshalb empfehle ich es gerne weiter.


    Für mich sind das :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Es ist ein Buch, das über die Schicksale der sogenannten einfachen Leute berichtet, statt adelige Protagonisten zu haben . Damit hebt es sich von der Masse der historischen Romane ab.

    Es waren dieser Satz (und das Cover), die mich dazu brachten, einen Roman zu lesen, der mir eher genrefremd ist und in einer Zeit spielt, die am Rand der Jahrzehnte liegt, für die ich mich am meisten interessiere.


    Aber es war ein sehr unterhaltsames Leseerlebnis. Hier geht es nicht um politische Ränke oder die Verhältnisse und Machenschaften von Adel und Feldherrn, sondern um die Art, wie sich das alltägliche Leben in den Armenvierteln der Stadt gestaltete, wie es bei den Bauern auf dem Land zuging und wie religiöse Strömungen und Ideen verbreitet und gelebt wurde. „Aufgepeppt“ wird das Ganze durch Kriminalfälle, die sich um und im Armenviertel ereignen.


    Die wechselnden Perspektiven bringen Leben in die Handlung, auch wenn einige Ereignisse dadurch mehrfach erzählt werden. Auf alle Fälle hört man Geoff, der schreibt wie ihm der Schnabel gewachsen ist, lieber zu als seiner Schwester, deren Kopf vor allem in ihrem Liebesdrama steckt und deren Geschichte um einige Passagen gerafft sein könnte.


    Sämtliche Handlungsstränge, die Familientragödien und Kriminalfälle, die Geschichte der Digger und die große Pestepidemie – sie alle laufen auf den Moment hinaus, in dem der große Brand von London 1666 entfacht wird. Darüber hätte ich gern mehr gelesen.
    Auch wenn ich nur wenige Fakten nachgeschlagen habe: Das Meiste, was Finnek beschreibt, auch Namen und Ortschaften, die er erwähnt, lassen sich verifizieren, wobei er auch mit fiktiven Ausflügen nicht spart.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)