Werner Bergengruen – Schnaps mit Sakuska

  • Original : Deutsch, in dieser Zusammenstellung, 1986, herausgegeben von N. Luise Hackelsberger,


    INHALT UND GLIEDERUNG :
    Insgesamt 23 Stücke von 2-134 Seiten Länge aus der Periode zwischen 1939 und 1966: Erzählungen, Anekdoten, Biographisches, von der Herausgeberin aus verschiedenen Werken zusammengestellt, alle eng verbunden, verwurzelt im baltischen Umfeld.
    + Inhaltsverzeichnis
    + Nachwort
    + Biographische und bibliogra^phische Daten
    + Quellenverzeichnis
    + Fotonachweis


    BEMERKUNGEN :
    Diese « Geschichten » sind jeweils einem baltischen Umfeld zugeordnet, wobei Bergengruen in einem eher historisch geprägten Stück nachzeichnen wird, dass der ursprüngliche Begriff des « Balten » tatsächlich zunächst für die deutschstämmigen und -sprachigen Einwohner von Estland und Lettland gebraucht wurde. Erst viel später wurde zum Beispielt Lithauen (1917/18) als Baltikum mitgezählt. Letten und Esten aber waren die Namen der ursprünglichen, und auch sprachlich verschiedenen Einwohner. Die zwei Nationalstaaten von Estland und Lettland entstanden erst nach dem Sturz des Russischen Kaiserreiches. Somit war der Begriff des « Deutschbalten » ein Neoplasmus und Unsinn. In diesem Sinne zeichneten sich die Faschisten durch Unsinnigkeit und Dummheit aus.


    Bergengruen erzählt hier anfangs von einer Zeit, die inzwischen lange zurück liegt : Sei es in autobiographischen Erinnerungen an die Gestalten, Personen seiner Kindheit oder den von ihnen überlieferten Geschichten. Sagen wir mal also einem Zeitraum aus der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts bis hin zum I.Weltkrieg. Die Charakterisierungen sind sehr schön, und geben den Menschen in seiner Vielfältigkeit wieder : nicht nur einfach rosarot, sondern auch das nicht ganz so Vorteilhafte unterscheidend. Doch dahinter und dabei immer von einer gewissen Gutmütigkeit geprägt. Mancher Leser wird zurecht eine gewisse Form der Nostalgie entdecken. Er mag sich dabei erinnern, dass Bergengruen, wie Millionen anderer, seine Heimat verloren hat und später in der Fremde leben musste. Welches Kinderglück zeichnet sich ab, eine gewisse Zufriedenheit, die wir auch bei vergleichbaren Autoren finden mögen !


    Dann folgen andere Portraits, Schilderungen, in denen es teils andere « Ich-Erzähler » gibt, oder die wie nacherzählte Geschichten klingen. Auch aus weiter zurückliegenden Zeiten.


    All dies hat einen Anekdotenhaften, auch naiv Nostalgischen, aber stets auch weisen und humorigen Unterton. Wir schauen zurück in eine vergangene Welt in ihrem Sein und Tun. Die Sprache erscheint uns wahrscheinlich hier und da als aus einer anderen Epoche kommend : ja, heute schreibt man so nicht mehr. Doch sie ist schön und ausgewählt. Man kann verstehen, dass Bergengruen als guter Erzähler in Deutschland bekannt wurde.


    Interessante Geschichten über ein interessantes Umfeld. Menschlich, bereichernd, auch humorig !


    AUTOR :
    Werner Max Oskar Paul Bergengruen wurde am 16. September 1892 in Riga (heutiges Lettland) als zweiter Sohn des deutsch-baltischen Arztes Paul Bergengruen, schwedischer Abstammung und Angehöriger der aristokratisch-patrizischen Oberschicht, und seiner Frau Helene von Boetticher geboren. Zur Schulausbildung wurde der Junge von seinem Vater wegen der Russifizierungspolitik des Zarenreiches im Baltikum nach Deutschland geschickt. Er blieb aber dennoch seiner alten Heimat zeitlebens verbunden. Er war nach dem Ersten Weltkrieg Journalist und begann ab 1923 zu veröffentlichen. 1927 lebte Bergengruen als freier Schriftsteller in München und Berlin. Dem Nationalsozialismus stand Bergengruen (wie auch sein enger Freund Reinhold Schneider) ablehnend gegenüber. Er war zwar national-konservativ eingestellt, dabei aber zunehmend christlich-humanistisch orientiert. Auch aus familiären Gründen - seine Frau galt nach den Nürnberger Gesetzen wegen ihrer jüdischen Mutter Gertrud geb. Hahn (1866-1954)[4] und ihrer Urgroßmutter väterlicherseits Fanny Hensel als jüdischer Mischling - war er distanziert, trat aber nicht offen gegen den Nationalsozialismus auf. 1936 trat er zum Katholizismus über, 1937 wurde er (u. a. mit Hinweis auf den Roman Großtyrann) aus der Reichsschrifttumskammer mit folgender Begründung ausgeschlossen: „Da Sie nicht geeignet sind, durch schriftstellerische Veröffentlichungen am Aufbau der deutschen Kultur mitzuarbeiten.“ In einem Gutachten des Gaupersonalamtes München/Hauptstelle für politische Beurteilungen hieß es: „Weder er noch seine Kinder sind Mitglied einer Parteigliederung. Der deutsche Gruß ‚Heil Hitler‘ wird weder von ihm noch von seiner Familie angewendet. Eine NS-Presse bezieht er soweit bekannt ebenfalls nicht. Bemerkt sei noch, daß B. konfessionell stark gebunden ist.“ Er gehörte dennoch zu den beliebtesten deutschen Schriftstellern und seine Werke konnten dennoch erscheinen.


    Später lebte er zurückgezogen in Bayern und Tirol, später in der Schweiz. Er starb am 4. September 1964 in Baden-Baden.


    Zahlreiche Preise.


    WERKE:


    (Quelle : wikipedia, gekürzt)


    Gebundene Ausgabe: 428 Seiten
    Verlag: Arche (1986)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3716020451
    ISBN-13: 978-3716020456


    Gibt es auch als Taschenbuch, doch bei derzeit günstigen Preisen bei der gebundenen Ausgabe und angesichts der Dicke des Buches, verlinke ich eben jene !

  • Einfach schon von der Länge her sticht folgender Geschichtenband aus der Reihe hervor. Er ist auch separat erschienen (siehe Verlinkung):


    INHALT:
    In seinen Schelmengeschichten aus der baltischen Heimat erreicht der große Stilist und Fabulierfreund Bergengruen die Höhe seiner Erzählkunst.


    Jeder Tod hat sein Gelächter, sagt Bergengruen, und so kommt der Tod in diesem acht Geschichten umfassenden kleinen Zyklus keineswegs als grausamer Feind daher, er trägt vielmehr Narrenschellen und »ist ein großer Trost. Er macht, dass niemand sich zu fürchten braucht. Wir werden einmal unseren Tod sterben, ein jeder in seiner Art und zu seiner Stunde; darum darf unser Herz nicht schwer sein.«


    Ob nun, wie in der ersten Geschichte »Die Stadt der Toten«, der brandweingesättigte Körper des Karl Eugenius Herzogs von Croy seine Gläubiger um fast zweihundert Jahre überdauert, ob die verrückte Oberleutnantswitwe in »Die gelbe Totenvorreitersche« in einem zitronengelben Jäckchen immer an der Spitze eines jeden Trauerzugs mitläuft oder Doktor Barb, der Hypochonder, in »Die wunderliche Herberge« testamentarisch die Einrichtung einer Herberge für Scheintote verfügt - immer haben die Geschichten etwas Kurioses und Witziges.
    (Vorstellungstext in der DTV-Ausgabe)


    BEMERKUNGEN :
    Letztlich geht es hier um den Tod als Hauptakteur, aber nicht in schaurig-horrigem Sinne, als vielmehr einer gewöhnlichen Nachbarschaft und Nähe zu ihm mitten in diesem Leben. Sind wir uns dessen bewusst – so Bergegngruen – dass es wohl mehr Bewohner der Friedhöfe und Nekropolen gibt als Lebende ? (Ich habe zwar mal Erstaunliches über das Verhältnis Lebender und Toter gelesen, doch finde im Moment keine Quelle. Aber das braucht uns nicht den Gedankengang des Autors zu verleiden.) Und diese Toten sind einfach ud schlicht gegenwärtig.


    Eingebettet werden diese unterschiedlich langen Stück(chen) in einen gemütlichen Kneipenabend in Reval (dem heutigen Tallinn, der Hauptstadt Estlands). Dort erzählen Trinkkumpanen einander ihre Geschichten.


    Taschenbuch: 160 Seiten
    Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2006)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3423134461
    ISBN-13: 978-3423134460