Marc-Oliver Bischoff - Die Sippe

  • Klappentext:


    Ökologie, Tradition, Gemeinschaft -
    eine perfekte Idylle?


    Katharina Hoffmanns bisheriges Leben gerät aus der Bahn, als sie Opfer eines Überfalls wird. Fast zeitgleich erreicht sie ein Hilferuf ihrer Schwester Sara - die dann spurlos verschwindet. Katharina begibt sich auf die Suche. In Rostock, wo Sara als Gerichtsvollzieherin arbeitete, stößt sie auf einen Hinweis, der sie weiter nach Grantzow führt. Ein Dorf, in dem scheinbar die perfekte Idylle herrscht...


    Der bislang politischste Roman des Friedrich-Glauser-Preisträgers Marc-Oliver Bischoff. Mit einem Nachwort der Amadeu Antonio Stiftung.


    Eigene Beurteilung/Eigenzitat aus amazon.de:


    Auf der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester verschlägt es die leicht traumatisierte Krankenschwester Katharina Hoffmann ins pommersche Grantzow, wo sie eine Gemeinde ganz eigener - und ziemlich beunruhigender Art - vorfindet. Mehr und mehr enthüllen sich ihr hier alternative Lebensweisen, die auch über die Ortsgrenen hinaus reichen sollen.


    In den USA sind Gruppierung, die in abgelegenen Gegenden ihre eigenen Strukturen aufbauen, sich bewaffnen, ihre Kinder selbst unterrichten und sich gegen jede staatliche Einflußnahme wehren, gerade in bestimmten ländlichen Gegenden gut bekannt. Religiös konservativ, eher ungebildet und oft auch vom Survivalistengedanken geprägt, sondern sie sich von der sonstigen amerikanischen Gesellschaft ab und errichten sogar – etwa in den Bergregionen Montanas – Straßensperren um Angehörige der Staatsmacht (insbesondere Steuereintreiber) mit Waffengewalt fernzuhalten. Extreme Auswüchse dieses Vorgehens haben sich zum Beispiel in Waco und Jonestown gefunden.


    In Deutschland gibt es – und das nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern – einige Orte, die stark von sogenannten „Völkischen Siedlern“ bzw. „Reichsdeutschen“ bewohnt werden, die ihren militanten amerikanischen Brüdern im Geiste in nichts nachstehen und genau so eine Gemeinschaft, die unter dem Deckmantel des biologischen und ökologischen Landbaus arbeitet stellt der Glauser-Preisträger Bischoff in seinem neuen Roman überzeugend da. Er zeichnet durch den Lernprozess Katharinas das öffentliche Bild, die inneren Mechanismen und in Indoktrinationswege dieser Gemeinschaften nach.


    Damit dies gelingt ist es dabei für Katharina notwendig, sich sehr dumm zu verhalten, um so in haar-sträubende Situationen zu kommen, die ihr neue Entdeckungen ermöglichen. Das ist zwar in der Sache erhellend – von der Charakterezeichnung allerdings schon ein wenig unbefriedigend. Dies wird aber zum Teil dadurch ausgeglichen, dass der Roman sich keiner reinen Schwarz-Weiß-Malerei bedient, sondern neben dem Tun der „Völkischen Siedler“ auch die staatliche Reaktion sehr kritisch unter die Lupe nimmt – und dabei in abgeschwächter Form insbesondere auch die Verwendung von V-Männern in der rechten Szene.


    Das Buch endet mit einem Nachwort von Marius Hellwig von der Amadeu Antonio Stiftung, der die historische Entwicklung der Siedlerbewegung seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts kurz nachzeich-net und ihr heutiges Wirken skizzenhaft darstellt. Wenn man bedenkt, dass Brexit und die Wahl Trumps stark von den Stimmen des ländlichen Großbritanniens und Amerikas abgehangen haben, wäre es sträflich im kommenden Wahljahr (und auch in denen danach), diese Bereiche in Deutsch-land aus dem Auge zu verlieren, was dieser Roman exemplarisch zu verdeutlichen versucht.