Bruno Preisendörfer - Als unser Deutsch erfunden wurde (Start: 02.01.2017)

  • Nie vergessen werde ich die "Schwarze Küche" - die hießen so, weil sie kein Fenster hatten und der Rauch damit im Raum blieb

    Ich habe das meinen Eltern gegenüber erwähnt. Sie erzählten von einem Besuch in Kroatien, als sie sich mit ihrem dortigen Wirt angefreundet haben, und mit ihm sein ganz altes Dorf oben in den Bergen besucht haben. Auch dort gab es eine schwarze Küche, in der geräuchert wurde.

    Sehr eindrücklich und empfehlenswert ist ein Besuch im Museumsdorf in Moordorf moormuseum-moordorf.de, ein Museum der Armut. Da betritt man nicht nur unsagbar karge Lehmhütten (die noch bis in die 1920er Jahre gewohnt wurden), sondern - man kann es nicht anders sagen - feuchte Erdlöcher, in denen die Menschen gehaust haben.

    Das haben meine Eltern auch besucht, als sie da oben Urlaub gemacht haben. Auch bei mir steht es ganz oben auf meiner Prioritätenliste.

    Hier merke ich mal wieder das ich in einen ganz anderen Teil Deutschalnds aufgewachsen bin....

    Nicht nur in dem Punkt war man im "anderen Teil Deutschlands" weiter als im hiesigen Teil :wuetend: .

    Der Kaiser war es gewöhnt, sich Schauessen zu stellen; war er fertig, wurde die Tafel aufgehoben und hinausgetragen.

    Das hatte ja Ludwig XIV. zur Kunstform erhoben, nicht nur das Schauessen, sondern auch das zeremonielle Voucher und Coucher (= Aufstehen und Zu-Bett-Gehen).

    Auch das mit dem Zucker war mir in solchen Mengen neu. Ich hätte da -warum auch immer- auf noch geringere Mengen getippt. Überrascht war ich, dass ein Teil des Zuckers auf Sklavenplantagen auf den Kanararen und Haiti produziert wurde. Das muss doch ein recht teures Gut gewesen sein.

    Ich hatte unwillkürlich auch sofort gedacht, wieso sie in die Ferne geschweift sind, wenn die gute Zuckerrübe doch so nah war. Bis mich Wikipedia darüber belehrt hat, dass erst im Jahr 1747 der Zucker in der Rübe nachgewiesen wurde und erst im Zuge der Kontinentalsperre (Napoleon) "der Aufstieg der Zuckerrübe als Zuckerlieferant begann": Zuckerrübe.

    auch vieles Obst und Gemüse, das heute für uns selbstverständlich ist, gab es damals in Deutschland nicht. Das vergisst man so gerne, wenn man wie wir einfach nur in den Supermarkt geht und einkauft, was man grade mag. Was mag außer Äpfeln, Birnen und Kirschen damals an Obst gängig gewesen sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Beeren groß verbreitet waren - die wurden doch eher im Wald gesammelt, vermute ich mal.

    Ich denke da immer noch dran, wie die Kiwis erst aufkamen, als ich Jugendliche war, oder auch Broccoli, was heute zum Standard gehört. Aber ich habe auch beobachtet, dass heute auch eine Trendwende da ist, zurück zu alten Gemüse- und Obstsorten (Pastinaken, z.B. beim Gemüse).
    Im Mittelalter gab es übrigens auch schon Pflaumen, und Trauben gibt es schon länger :wink: . Aber, natürlich, alles weitaus kleiner als die Früchte, die wir heute kennen.

    Diese ganzen Transporte haben mich fasziniert - hättet Ihr gedacht, dass bereits damals Vieh über derart weite Strecken getrieben wurde? Gerade die Viehaufzucht hätte ich eher als ein lokal relativ eng begrenztes Gewerk gehalten

    Ich habe gar nicht darüber nachgedacht. Aber irgendwie ist es logisch. Fleisch verdirbt schnell, wenn man es nicht einpökelt. Andererseits will man nicht ständig was gepökeltes essen, ein feiner Braten hat auch was für sich. Da liegt es doch recht nah, das Fleisch noch lebendig zum Bestimmungsort zu transportieren, und daselbst erstmal wieder aufzupäppeln und zu mästen.

    Ich erinnere mich an eine spannende Reportage über die "Hexen von Salem", die diesem Phänomen auf den Grund ging und zu dem Schluss kam, dass die jungen Frauen mit großer Wahrscheinlichkeit eine Mutterkornvergiftung erlitten hatten und daher die Wahnvorstellungen kamen.

    Das habe ich auch gehört/gelesen *bestätigend nick*.

    Und galten die Frauen nicht nach der Geburt auch noch eine Zeitlang als "unrein" bis die Periode wieder einsetzte?

    Im Islam und im Judentum; das geht auf eine Stelle im AT zurück (und in zahlreichen anderen Religionen ebenfalls). Schaut mal hier: Wochenbett

    Dem Himmel sei Dank, dass irgendwann doch noch der Semmelweiß am Horizont auftauchte.

    Und wie alle, die Neuerungen bringen, wurde er auch erst angefeindet - kein Wunder, schließlich bedeutete die Hygiene auch weitere Kosten. In diesem Buch war auch eine interessante "Geschichte" über ihn.

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • sondern auch das zeremonielle Voucher und Coucher (= Aufstehen und Zu-Bett-Gehen).

    Da hat man uns in Versailles erzählt, dass das Teil seiner Politik war.

    Bis mich Wikipedia darüber belehrt hat, dass erst im Jahr 1747 der Zucker in der Rübe nachgewiesen wurde

    Siehste, was wir doch alles aus einem einzigen MLR-Buch lernen ... :D

    Aber, natürlich, alles weitaus kleiner als die Früchte, die wir heute kennen.

    Die Bio-Bananen, die mein Mr. Sylli immer kauft sind auch viel kleiner als die anderen.

    Im Islam und im Judentum

    Aber da war doch im Christentum auch etwas; in die Kirche durften sie auch nicht gleich gehen, glaube ich, aber ich weiß leider nichts genaues.

    In diesem Buch war auch eine interessante "Geschichte" über ihn.

    Ach, herrje, schon wieder ein Buch, das sehr einladend aussieht. In wie vielen Leben soll der Mensch dies alles lesen? :-k

  • Aber da war doch im Christentum auch etwas; in die Kirche durften sie auch nicht gleich gehen, glaube ich, aber ich weiß leider nichts genaues.

    Ich habe es auch so im Hinterkopf. In dem Wikipedia-Artikel stand nur was davon, dass es eine Tradition sei, wenn die Wöchnerin das erste Mal wieder in die Kirche geht, dass das ein feierliches Ereignis ist :-k .
    Edit: ich habe noch was gefunden Muttersegen.
    Da möchte man am liebsten nur ](*,):wuetend: .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Edit: ich habe noch was gefunden Muttersegen

    Geniales Mädchen!
    Geht also doch auf Unreinheit zurück - und Entsühnung auch noch; man glaubt's kaum.
    Die Geistlichkeit dürfte tatsächlich immer schon arge Probleme mit der Sexualität gehabt haben; wie käme man sonst auf solchen Unsinn. ?(

  • Wird Dir schlecht dabei?

    und wie :pale:

    Aber denk mal wie lange es gebraucht hat, bis dieses Wissen alle Bevölkerungsschichten durchdrungen hat. Oder wie lange nicht mal Fachkollegen den Semmelweis ernst genommen haben.

    lange, viiiiieeeeel zu lange :wuetend:

    Ich habe das meinen Eltern gegenüber erwähnt. Sie erzählten von einem Besuch in Kroatien, als sie sich mit ihrem dortigen Wirt angefreundet haben, und mit ihm sein ganz altes Dorf oben in den Bergen besucht haben. Auch dort gab es eine schwarze Küche, in der geräuchert wurde.

    aber "meine" Küche war Teil einer Mietwohnung in einem mehrstöckigen Haus. Dort wurde nicht geräuchert, sondern täglich für die Familie gekocht 8-[

    Ich hatte unwillkürlich auch sofort gedacht, wieso sie in die Ferne geschweift sind, wenn die gute Zuckerrübe doch so nah war. Bis mich Wikipedia darüber belehrt hat, dass erst im Jahr 1747 der Zucker in der Rübe nachgewiesen wurde und erst im Zuge der Kontinentalsperre (Napoleon) "der Aufstieg der Zuckerrübe als Zuckerlieferant begann": Zuckerrübe.

    danke :friends:

    Im Mittelalter gab es übrigens auch schon Pflaumen, und Trauben gibt es schon länger

    Trauben war klar, denn es gab Wein - aber ob die nur zum Keltern dienten, weiß ich grad gar nicht :-k

    Siehste, was wir doch alles aus einem einzigen MLR-Buch lernen ... :D

    :thumleft:

    Geht also doch auf Unreinheit zurück - und Entsühnung auch noch; man glaubt's kaum.
    Die Geistlichkeit dürfte tatsächlich immer schon arge Probleme mit der Sexualität gehabt haben; wie käme man sonst auf solchen Unsinn.

    na, ein Machtinstrument war es ja auch noch :wuetend:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • wir freuen uns auch am Montag über Dich und Deine Meinung. Wie läuft die MA?

    Das ist lieb gesagt. :friends:
    Mit der MA läuft's schleppend, aber Montag ist ja Abgabe. Dann hab ich meine Freizeit wieder. Jetzt sind aber erstmal Nachtschichten angesagt. Die Formatierung bei Word kann einen ganz schön in den Wahnsinn treiben. :wuetend:

  • Mit der MA läuft's schleppend, aber Montag ist ja Abgabe.

    dann ab in den Endspurt, Du schaffst das :friends: wo liegt das Word-Problem? :-k


    ach ja - und wer von Euch sich genauso fragt, wie ein Sturtz denn nun genau ausgesehen hat, der kann hier nachschauen. Wenn ihr fast ganz nach unten scrollt, dann findet Ihr dort die erwähnte Zeichnung von Dürer. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Hallo an alle, :ergeben::ergeben:
    ich bin auch noch da. und lese mit, also eher hinterher. :P
    ich habe die ganze Woche sehr viel gearbeitet, und bin wenig zum Lesen gekommen.
    und zum Posten garnicht.
    Aber heute habe ich alles aufgeholt - das Buch gelesen und den Thread gelesen.
    und werde auch meine Gedanken dazu notieren. Aber nicht jetzt - jetzt bin ich zu müde und gehe ins Bett :sleep:
    Gute Nacht!

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Im Gegenzug für die Bemühungen seiner Katharina um das Hauswesen hat er ihrer religiösen Bildung auf die Sprünge geholfen, und ihr eine beträchtliche Summe versprochen, wenn sie die ganze, von ihm übersetzte Bibel bis Ostern 1536 lesen würde. Diesen Tauschhandel fand ich sehr nett; er wird sie schon gekannt haben, seine Hausfrau.

    Also ich weiss nicht recht, auf mich wirkt das schon recht gönnerhaft :scratch:
    Da kommt der Herr Doktor Martinus daher, sagt zu seiner Frau, da lies mal, das ist super wichtig und von mir, damit verbesserst du deine Bildung. Wenn du es bis Ostern gelesen hast, schenk ich dir den Garten, den du dir so sehr gewünscht hast (von dem Geld das du erwirtschaftet hast, denn ich selbst hab ja keines ...) und das Ganze ist als BELOHNUNG deiner Arbeit zu verstehen .... #-o
    Also wenn mein Mann daher käme und mir sein Geschreibsel unter die Nase halten würde, sagen würde: das ist das Neueste und Beste von allem, und mir eine Frist setzen würde, bis wann ich es gelesen haben sollte, das fände ich schon ziemlich ..... unterirdisch. und ich würde es justament NICHT machen. [-([-(

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Ich habe es auch so im Hinterkopf. In dem Wikipedia-Artikel stand nur was davon, dass es eine Tradition sei, wenn die Wöchnerin das erste Mal wieder in die Kirche geht, dass das ein feierliches Ereignis ist :-k .Edit: ich habe noch was gefunden Muttersegen.
    Da möchte man am liebsten nur ](*,):wuetend: .

    In einer Historix-Führung in Freiburg wurde davon auch erzählt. Und dass Frauen, die im Wochenbett gestorben sind, direkt unter einem Wasserspeier begraben wurden aus Angst sie könnten als Wiedergänger zurück kommen (eben weil sie quasi "unrein" gestorben sind). In den 1970er Jahren wurde bei Pflasterarbeiten am Dom direkt unterm Wasserspeier das Skelett einer Frau gefunden, zusammen mit dem Skelett ihres ungeborenen Kindes, dessen Kopf noch im Becken fest steckte.


    Grüße von missmarple

  • aber Montag ist ja Abgabe. Dann hab ich meine Freizeit wieder

    Gott sei Dank! Hoffentlich klappt alles zu Deiner Zufriedenheit :)

    und wer von Euch sich genauso fragt, wie ein Sturtz denn nun genau ausgesehen hat, der kann hier nachschauen.

    Danke, Du Gute! Mir hat tatsächlich ein Bild dazu im Buch gefehlt. Waren ja schreckliche Ungetüme, schlimmer als bei manchen Orden. Nein, als Frau möchte man damals wohl in keinem Stand gelebt haben.

    ich bin auch noch da. und lese mit, also eher hinterher.
    ich habe die ganze Woche sehr viel gearbeitet, und bin wenig zum Lesen gekommen.
    und zum Posten garnicht.
    Aber heute habe ich alles aufgeholt - das Buch gelesen und den Thread gelesen

    :winken: Super, dass Du durchhaltest, auch wenn der Alltag seinen Tribut fordert! :friends:

    bis wann ich es gelesen haben sollte, das fände ich schon ziemlich ..... unterirdisch

    Jetzt wirst Du lachen, :totlach: aber ich hatte in meinen jüngeren Jahren einen Freund, der war genau so. Der hat mir sogar vorgeschrieben, was ich unbedingt lesen soll, und das auch noch in einer schicklichen Zeit (Lesedisziplin).
    Dazu kamen ganz viele Wanderungen am Wochenende, wenn möglich mit Besichtigung von irgendetwas, was auch immer; mehrere Vorträge und Abendkurse wochentags; Kurzreisen zwischen den langen Urlauben (natürlich alles nur mit bester Vorbereitung) [-X - und damals hatte ich auch noch Nachtdienste und den Haushalt sowieso. Und wenn ich ein Veto eingelegt habe, ist halt der Haussegen schief gehangen. Nachdem er gar nichts ohne mich machen konnte und wollte, habe ich um des lieben Friedens willen eben meistens nachgegeben.
    Aber mir ist die Zunge oft bei den Knien gehangen, und zwar ganz ohne Kinder oder Haustiere, allein mit diesem Mann und seinen Anforderungen an eine Partnerschaft. Dennoch habe ich es 8 Jahre mit ihm ausgehalten, aber dann war ich von jetzt auf gleich weg, und wollte eigentlich allein bleiben - bis Mr. Sylli kam. :love: Mit dem ist das Leben einfach nur gemütlich und stressfrei. :kiss:
    Vielleicht ist mir der Luther mit seinen Ansprüchen wegen meiner früheren Erfahrungen gar nicht soooo unterirdisch vorgekommen. Muss mir unbewusst wohl gleich bekannt gewesen sein. :roll:

    Und dass Frauen, die im Wochenbett gestorben sind, direkt unter einem Wasserspeier begraben wurden aus Angst sie könnten als Wiedergänger zurück kommen (eben weil sie quasi "unrein" gestorben sind).

    Danke für diese interessante Info. :) Irgendwann muss ich das schon mal gehört haben :-k

  • Also ich weiss nicht recht, auf mich wirkt das schon recht gönnerhaft
    Da kommt der Herr Doktor Martinus daher, sagt zu seiner Frau, da lies mal, das ist super wichtig und von mir, damit verbesserst du deine Bildung. Wenn du es bis Ostern gelesen hast, schenk ich dir den Garten, den du dir so sehr gewünscht hast (von dem Geld das du erwirtschaftet hast, denn ich selbst hab ja keines ...) und das Ganze ist als BELOHNUNG deiner Arbeit zu verstehen

    Das würde ich nicht unbedingt so sehen. immerhin gab es zu dieser Zeit viele Männer, die überhaupt nichts davon hielten, wenn die Frau ein Buch las und sei es auch nur die Bibel. Vielleicht hat er ja sogar mit ihr darüber diskutiert, wenn sie allein zu zweit waren. Luther hat sich übrigens für die Einführung der Schulpflicht für Jungen und Mädchen eingesetzt. Als Professor und Prediger dürfte Luther auch Geld verdient haben. Ich glaube daher nicht, das er dies gönnerhaft gemeint hat.

    Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.


    Marcus Tullius Cicero


    (106 - 43 v. Chr.), römischer Redner und Staatsmann



  • immerhin gab es zu dieser Zeit viele Männer, die überhaupt nichts davon hielten, wenn die Frau ein Buch las

    Das gab's in der Generation meines Großvaters (1911) und auch noch in der meines Vaters (1940) sogar ziemlich häufig.
    Weshalb die Zeit mit Büchern verschwenden, wenn man genauso gut auch etwas arbeiten könnte - egal was, Hauptsache es kommt kein Müßiggang auf.

  • Hilft nix, weiter geht's! Über die Kleidung gab's ja auch wieder allerhand zu lesen:


    Als sich die mittelalterliche Ständegesellschaft aufzulösen begann, und sich die Kluft zwischen Bürgerschaft und Adelsstand immer weiter verringerte, hatte das sogar auf die Kleiderordnung ihre Auswirkungen. Die reichen Bürger und Handwerker begannen Bekleidung zu tragen, die bisher nur den oberen Ständen vorbehalten war. Und die Obrigkeit versuchte durch Verordnungen wieder Ordnung zu schaffen. Doch war das überlieferte Zeichensystem, das sich bisher immer von selbst verstanden hatte, derart durcheinandergeraten, dass es für eine Rückkehr zum Althergebrachten längst zu spät war.
    Dass der Kopfputz der Damen Zeichen ihres Ranges in der Gesellschaft war, habe ich zwar gewusst, von Sturtzhaube, Bündlein oder gar einem Barrett für Frauen habe ich noch nie etwas gehört oder gelesen. Ganz ungewohnt mutet uns wohl an, dass sich sogar der Stadtrat eingemischt hatte, als die Frauen den Sturtz schließlich loswerden wollten (schade, dass es kein Bild davon im Buch gibt, aber dank unseres Hörnchens Recherche gibt es jetzt doch eines). Da sehen wir wieder einmal, wie wichtig das Standesbewusstsein damals war, welchen Wert die Herren, die das Sagen hatten, darauf legten, dass sich ihre Frauen vom „gemeinen“ Volk deutlich abhoben. Aber auch die Gattinnen der wohlhabenden Handwerker mussten vom Rat in ihre Schranken gewiesen werden. Dass es bei all dem auch um Macht auf allerhöchster Ebene ging, ist ein weiterer interessanter Aspekt, der uns Bruno Preisendörfer vor Augen führt. Den Fuggern war die symbolische Entwertung des Sturtz als Statussymbol der alten Geschlechter soviel wert, dass sie deshalb sogar beim Kaiser vorsprachen. Und der stellte sich wegen einer „Weiberhaube“ bei seinen Geldgebern natürlich nicht quer.
    Spannend fand ich es auch, der Bürgersfrau über die Schulter zu schauen, und zu erkunden, was sie in ihrer Truhe aufbewahrte. (Schränke soll es zwar auch gegeben haben, aber nicht als Standardmobiliar.) Dass sich neben Wäsche und Begleitung auch Hausrat darin fand, der nicht tagtäglich gebraucht wurde, kann man sich gut vorstellen. In der Schatzkiste der Hausfrau war er wohl am sichersten aufgehoben.
    Das Sammeln der Stoffreste, die beim Schneidern abfielen, und sogar von Patrizierinnen gehortet wurden, hat mich an meine selige Großmutter erinnert. 1911 geboren, hat sie harte Zeiten erlebt und ebenfalls nie ein Stoffstückchen (und auch sonst nur wenig) weggeworfen.
    Dass das „Lendentuch“ richtig als die „Bruch“ bezeichnet wird, weiß ich auch erst seit dieser Lektüre, und auch nicht, dass das Dreschen auf den Tennen so kompliziert im Ablauf war, dass diese schwere Arbeit nackt (bis auf die Bruch) verrichtet wurde. Mit der Zeit wurde die Bruch dann immer kürzer, bis sie bei den noblen Herren als Schamkapsel endete (was mich als RT wiederum an die Hodenkapsel erinnert, eine Strahlenschutzvorrichtung für männliche Patienten; jetzt sag bloß einer dieser Gedanke käme auch aus der Lutherzeit).
    Und unser guter Martin, der baut die Bruch sogar in eine seiner Schimpftiraden ein: „ … so tut in die Bruch und hänget sie an den Hals und machet davon euch ein Gallreden und fresset, ihr groben Esel und Säue.“ Und solche Worte muss man von der hohen Geistlichkeit vernehmen – o tempora, o mores!
    Dass das Wäschewaschen vor Einzug der Waschmaschine auch in die kleinen Haushalte eine große Sache war, weiß ich noch aus meinen Kindertagen. An das Auskochen der Wäsche in den riesigen Töpfen, an den Dampf in der Waschküche und an die Waschrumpel kann ich mich noch gut erinnern, und auch daran, dass es an diesen besonders arbeitsintensiven Tagen mittags bloß Sterz zu essen gab (schnelle Küche würde man heute wohl sagen).
    Wie aufwändig die Reinigung der Wäsche war, hat uns unser kompetenter Lutherzeit-Führer in einem eigenen Abschnitt deutlich vor Augen geführt. Besonders das Bürsten und Ausreiben der kostbaren Oberkleidung, die man ja nicht waschen durfte, wird den Mägden wohl die Schweißperlen auf die Stirn getrieben haben, und Schelte gab es sicher auch ausreichend, etwa wenn die Samtborte zu rauh oder der Pelz gar haarlos geworden war. Ob das Waschen der Unterkleidung in kalter Seifenlauge erfolgreich war, mag bezweifelt werden, aber das Erhitzen von Wasser blieb den großen Waschtagen vorbehalten. Gewiss gab es nicht so viel Wechselwäsche, also musste zwischendurch eben auch kalt gewaschen werden.
    Zu denken gegeben hat mir auch, dass Wäsche und Bekleidung von Kranken und Verstorbenen nicht innerhalb der Stadt gewaschen oder wieder verkauft werden durfte. Vielleicht hatten unsere Altvorderen doch schon eine Ahnung, dass Krankheiten übertragbar waren, ohne zu wissen, wie das vor sich ging, vielleicht waren ihnen aber auch nur die Toten unheimlich.
    Sorgen machte sich der Stadtrat ja wirklich um allerlei (und erinnert damit beinahe an die sinnvollen Verordnungen, mit der uns die EU regelmäßig heimsucht), etwa um unbedeckte Hosenlätze, die Ausschnitttiefe der Damenkleider oder die Länge der Pluderhosen, wie die Landsknechte sie gerne trugen. Sogar den Pluderhosenteufel soll es gegeben haben, der gegen Gottes Gesetz und Verordnung verstoßen hätte. Letztendlich hätten diese bösen Hosen durch den großen Stoff- und Geldverbrauch sogar das deutsche Reich (eine deutsche Nation hat es wohl noch nicht gegeben) geschädigt.
    Die Landbevölkerung beiderlei Geschlechts hingegen lief in langen und weiten Kitteln herum, unter denen Röcke bzw. Hosen getragen wurden. Das Material nannte sich Barchent, ein Gemisch aus Baumwolle und Leinen, mit dem der Aufstieg der Familie Fugger begann.
    Gute Kleidung wurde also bis in die höchsten Gesellschaftsschichten in einer uns heute unvorstellbaren Weise geschätzt, und das nicht nur symbolisch. Schlechte Kleidung indessen war „böse“, was so viel bedeutet wie schäbig. Wer also in seinem Nachlass viele „böse“ Habseligkeiten hinterließ, bekam als soziales Etikett den Stempel „arm“ aufgedrückt. Wer arm war, dem schenkte man höchstens ein Almosen, aber kein Vertrauen, wenn es etwa darum ging, ihn in Dienst zu nehmen.
    Und irgendwie hätte ich das Gefühl, dass sich diese Einstellung über die Jahrhunderte erhalten hat. Unbewusst bewertet man den sozialen Status seines Gegenüber doch immer auch an der Kleidung, und ich kann mich noch daran erinnern, als Kind immer wieder darauf hingewiesen worden zu sein, mich doch adrett anzuziehen.
    Habt Ihr Euch die letzte Bildtafel im Buch angeschaut? Ich hab noch nie einen so netten Totentanz gesehen, wo den Skeletten sogar noch einige Haare auf dem kahlen Schädel sprießen. Allerdings hätte ich mir die Auferstehung so nicht vorgestellt, hatte damit aber schon immer meine Schwierigkeiten. Es heißt doch, man würde in seiner Leiblichkeit in aller Herrlichkeit auferstehen. Aber in welcher? Als ich 20 Jahre zählte, 30, 50 oder noch mehr? Und wie würde ich meine Großmutter oder Urgroßmutter wiedererkennen, wenn sie etwa als 25-jährige auferstünden?
    Auf welche Fragen man doch bei diesem Buch kommt, ist schon erstaunlich!
    Unser gestrenger Reformator würde darauf aber auch nicht antworten, schließlich führt er auch keine Diskussionen mit dem „Hürchen Vernunft“. :roll:

  • Hallöchen, bin auch da :huhu:

    Da kommt der Herr Doktor Martinus daher, sagt zu seiner Frau, da lies mal, das ist super wichtig und von mir, damit verbesserst du deine Bildung. Wenn du es bis Ostern gelesen hast, schenk ich dir den Garten, den du dir so sehr gewünscht hast (von dem Geld das du erwirtschaftet hast, denn ich selbst hab ja keines ...) und das Ganze ist als BELOHNUNG deiner Arbeit zu verstehen ....


    Da siehst Du das Ganze aber genau aus unserer heutigen Perspektive - aber die musst Du loslassen und versuchen, das Ganze im Licht der Zeit zu betrachten….

    Das würde ich nicht unbedingt so sehen. immerhin gab es zu dieser Zeit viele Männer, die überhaupt nichts davon hielten, wenn die Frau ein Buch las und sei es auch nur die Bibel. Vielleicht hat er ja sogar mit ihr darüber diskutiert, wenn sie allein zu zweit waren. Luther hat sich übrigens für die Einführung der Schulpflicht für Jungen und Mädchen eingesetzt. Als Professor und Prediger dürfte Luther auch Geld verdient haben. Ich glaube daher nicht, das er dies gönnerhaft gemeint hat.


    … und dann kommst Du vermutlich zum gleichen Schluss wie bücherwurm und ich. Luther hat sehr viel von seiner Frau gehalten und ihr einfach einen Anreiz gesetzt, um sie ein wenig anzustacheln. Zeit dürfte sie wenig genug gehabt haben. Aber Luther war da bestimmt sehr fortschrittlich. Außerdem dürfte es recht wenig Frauen gegeben haben, die überhaupt Lesen und Schreiben konnten. Und auch wenn Luther die Bibel selbst übersetzt (und dabei sicher auch ein wenig in seinem Sinne interpretiert haben dürfte), so ist es nicht sein Machwerk, sondern eben die Bibel. Und nur durch das Lesen derselben konnte man sich sein eigenes Bild machen. Insofern seh ich das auch als eher fortschrittlich an. :wink:


    In den 1970er Jahren wurde bei Pflasterarbeiten am Dom direkt unterm Wasserspeier das Skelett einer Frau gefunden, zusammen mit dem Skelett ihres ungeborenen Kindes, dessen Kopf noch im Becken fest steckte.


    Ich mag nicht darüber nachdenken, wie schlimm der Tod der armen Frau war. :(


    Dazu kamen ganz viele Wanderungen am Wochenende, wenn möglich mit Besichtigung von irgendetwas, was auch immer; mehrere Vorträge und Abendkurse wochentags; Kurzreisen zwischen den langen Urlauben (natürlich alles nur mit bester Vorbereitung) - und damals hatte ich auch noch Nachtdienste und den Haushalt sowieso. Und wenn ich ein Veto eingelegt habe, ist halt der Haussegen schief gehangen. Nachdem er gar nichts ohne mich machen konnte und wollte, habe ich um des lieben Friedens willen eben meistens nachgegeben.


    Ich hätte den werten Herrn wohl schneller zum Teufel gejagt :-#:friends:



    Das gab's in der Generation meines Großvaters (1911) und auch noch in der meines Vaters (1940) sogar ziemlich häufig.Weshalb die Zeit mit Büchern verschwenden, wenn man genauso gut auch etwas arbeiten könnte - egal was, Hauptsache es kommt kein Müßiggang auf.


    Das war bestimmt noch lange ein vorherrschender Gedanke :wuetend:



    So, und nun zum eigentlichen Kapitel. Besonders aufgefallen ist mir hierbei, wie reguliert selbst so etwas Banales wie Kleidung war. Nichts mit einfach kaufen / nähen lassen und tragen. Nein, da waren so viele Vorschriften zu beachten, von den Trägern als auch den Schneidern, da kann ich mir im Nachhinein einfach nur an den Kopf greifen. Ein grandioses Beispiel dafür, warum ich immer wieder froh bin, heute zu leben. :-,


    Als sich die mittelalterliche Ständegesellschaft aufzulösen begann, und sich die Kluft zwischen Bürgerschaft und Adelsstand immer weiter verringerte, hatte das sogar auf die Kleiderordnung ihre Auswirkungen. Die reichen Bürger und Handwerker begannen Bekleidung zu tragen, die bisher nur den oberen Ständen vorbehalten war. Und die Obrigkeit versuchte durch Verordnungen wieder Ordnung zu schaffen. Doch war das überlieferte Zeichensystem, das sich bisher immer von selbst verstanden hatte, derart durcheinandergeraten, dass es für eine Rückkehr zum Althergebrachten längst zu spät war.


    Dass Kleidung den Status symbolisiert, dessen war ich mir ja bewusst. In welch starkem Maße das geschah, das war mir tatsächlich neu. Derart überreguliert hatte ich mir das nicht vorgestellt, dass selbst Bortenbreiten etc. vorgeschrieben wurden oder die Wahl der Stoffe. #-o Nürnberg ist ja auch nur ein Beispiel, das war wohl überall der Fall, dass derart auf Kleidung und die damit gesendeten Signale geachtet wurde. Da frag ich mich, wann die Räte noch Zeit hatten, Sinnvolles zu erledigen, wenn sie sich auch noch dauernd mit solchen Dingen auseinandersetzten. Aber die Veränderung in der Gesellschaft war wohl nicht aufzuhalten. Es erinnert mich aber auch an heute: die jungen Frauen gleich welcher Generation finden die Kleidung der Älteren eben einfach altmodisch - manche Dinge ändern sich wohl nie. :loool:


    Dass der Kopfputz der Damen Zeichen ihres Ranges in der Gesellschaft war, habe ich zwar gewusst, von Sturtzhaube, Bündlein oder gar einem Barrett für Frauen habe ich noch nie etwas gehört oder gelesen. Ganz ungewohnt mutet uns wohl an, dass sich sogar der Stadtrat eingemischt hatte, als die Frauen den Sturtz schließlich loswerden wollten (schade, dass es kein Bild davon im Buch gibt, aber dank unseres Hörnchens Recherche gibt es jetzt doch eines).


    Ich hatte derart Schwierigkeiten, mir diesen Sturtz vorzustellen, dass ich einfach nachschauen musste. Ich hab hier noch weitere Links für Euch: Schaube und Goller


    Dass es bei all dem auch um Macht auf allerhöchster Ebene ging, ist ein weiterer interessanter Aspekt, der uns Bruno Preisendörfer vor Augen führt. Den Fuggern war die symbolische Entwertung des Sturtz als Statussymbol der alten Geschlechter soviel wert, dass sie deshalb sogar beim Kaiser vorsprachen. Und der stellte sich wegen einer „Weiberhaube“ bei seinen Geldgebern natürlich nicht quer.


    Das war die Gelegenheit für die Fugger, den Patriziern eins auszuwischen - schließlich haben die den Fuggern immer den Zutritt zu den inneren Zirkeln verwehrt. Da waren auch die reichen Fugger nicht abgeklärt genug und nutzten die Chance, den anderen eins reinzuwürgen. :twisted:


    Spannend fand ich es auch, der Bürgersfrau über die Schulter zu schauen, und zu erkunden, was sie in ihrer Truhe aufbewahrte. (Schränke soll es zwar auch gegeben haben, aber nicht als Standardmobiliar.) Dass sich neben Wäsche und Begleitung auch Hausrat darin fand, der nicht tagtäglich gebraucht wurde, kann man sich gut vorstellen. In der Schatzkiste der Hausfrau war er wohl am sichersten aufgehoben.


    Ich bin auch immer neugierig, was so alles im Alltag geschah. Aber die Truhen find ich schon relativ unpraktisch. Warum sich damals wohl Schränke nicht so durchgesetzt hatten? Bekannt waren sie ja schon. Bei einer Truhe muss man doch immer alles ausräumen, wenn man etwas sucht. :-k


    Das Sammeln der Stoffreste, die beim Schneidern abfielen, und sogar von Patrizierinnen gehortet wurden, hat mich an meine selige Großmutter erinnert. 1911 geboren, hat sie harte Zeiten erlebt und ebenfalls nie ein Stoffstückchen (und auch sonst nur wenig) weggeworfen.


    Immerhin reden wir hier von relativ viel Geld, das für die Stoffe gezahlt wurde, Stoffe waren teuer. Und Reste waren immer gut, wenn irgendwo etwas gerichtet werden musste oder für Kinderkleidung. Interessant dabei, dass der Rat den Schneidern untersagte, bunte Flickenwämse zu tragen - so immerhin sorgten sie dafür, dass nicht zu sehr betrogen wurde.
    Mein Vater war Jahrgang 24 und hob auch immer alles auf. :wink:


    das Dreschen auf den Tennen so kompliziert im Ablauf war, dass diese schwere Arbeit nackt (bis auf die Bruch) verrichtet wurde.


    Das kannte ich allerdings - und ich kenn auch die Darstellung davon. Die Dreschflegel waren ja harte Holzklötze, die über Seile oder Ketten an Stangen befestigt waren und mit Wucht auf das am Boden liegende Getreide geschlagen wurde. Da konnte schnell ein Unfall passieren, der tödlich für den Getroffenen enden konnte. Meist standen mehrere Bauern im Kreis um das Korn herum und schlugen im Kreis herum abwechselnd zu.


    Wie aufwändig die Reinigung der Wäsche war, hat uns unser kompetenter Lutherzeit-Führer in einem eigenen Abschnitt deutlich vor Augen geführt. Besonders das Bürsten und Ausreiben der kostbaren Oberkleidung, die man ja nicht waschen durfte, wird den Mägden wohl die Schweißperlen auf die Stirn getrieben haben, und Schelte gab es sicher auch ausreichend, etwa wenn die Samtborte zu rauh oder der Pelz gar haarlos geworden war. Ob das Waschen der Unterkleidung in kalter Seifenlauge erfolgreich war, mag bezweifelt werden, aber das Erhitzen von Wasser blieb den großen Waschtagen vorbehalten. Gewiss gab es nicht so viel Wechselwäsche, also musste zwischendurch eben auch kalt gewaschen werden.


    Das trockene Reinigen der Kleider stell ich mir schwierig vor. Es gab ja nicht überall gepflasterte Wege, da mag ich nicht drüber nachdenken, wie verdreckt so manche Oberbekleidung war. Über das kalte Waschen der Unterkleidung mag ich noch weniger nachdenken. :-# Die Welt damals muss ziemlich Geruchs-intensiv gewesen sein. :-s


    Zu denken gegeben hat mir auch, dass Wäsche und Bekleidung von Kranken und Verstorbenen nicht innerhalb der Stadt gewaschen oder wieder verkauft werden durfte. Vielleicht hatten unsere Altvorderen doch schon eine Ahnung, dass Krankheiten übertragbar waren, ohne zu wissen, wie das vor sich ging, vielleicht waren ihnen aber auch nur die Toten unheimlich.


    Eine Ahnung hatten sie wohl eher nicht, sondern einfach nur Angst. Diese Angst hat bestimmt aber vielen Menschen das Leben gerettet.


    Sorgen machte sich der Stadtrat ja wirklich um allerlei (und erinnert damit beinahe an die sinnvollen Verordnungen, mit der uns die EU regelmäßig heimsucht),


    Hihi ein treffender Vergleich :totlach:

    viele Grüße vom Squirrel



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  • mein Post war zu lang, ich musste ihn teilen :ergeben:

    Das Material nannte sich Barchent, ein Gemisch aus Baumwolle und Leinen, mit dem der Aufstieg der Familie Fugger begann.

    Für seinen Barchent war Biberach zur damaligen Zeit berühmt. Die Weber hier hatten sich darauf spezialisiert. Wobei die Weber selbst davon nicht reich wurden, nur die Händler :wuetend: Die Weber starben einen frühen und grausamen Tod. :(


    Gute Kleidung wurde also bis in die höchsten Gesellschaftsschichten in einer uns heute unvorstellbaren Weise geschätzt, und das nicht nur symbolisch.

    Gute Kleidung hatte eben den finanziellen Gegenwert. Teuren Kleidern, die ich mir leiste, widme ich auch mehr Sorgfalt als einen T-Shirt eines Billiganbieters. :wink:


    Schlechte Kleidung indessen war „böse“, was so viel bedeutet wie schäbig. Wer also in seinem Nachlass viele „böse“ Habseligkeiten hinterließ, bekam als soziales Etikett den Stempel „arm“ aufgedrückt. Wer arm war, dem schenkte man höchstens ein Almosen, aber kein Vertrauen, wenn es etwa darum ging, ihn in Dienst zu nehmen.
    Und irgendwie hätte ich das Gefühl, dass sich diese Einstellung über die Jahrhunderte erhalten hat. Unbewusst bewertet man den sozialen Status seines Gegenüber doch immer auch an der Kleidung

    Interessant ist diese von heute doch verschiedene Nutzung des Worts "böse". Aber die Einstellung Menschen gegenüber, die arm oder gar abgerissen aussehen, die ist geblieben. Auch heute würde doch wohl kaum jemand einem Obdachlosen etwas zur Verwahrung geben - ein Vorurteil, aber eines das immer noch gilt. :uups:


    Ich hab noch nie einen so netten Totentanz gesehen, wo den Skeletten sogar noch einige Haare auf dem kahlen Schädel sprießen.

    Die Haare waren mir noch gar nicht bewusst aufgefallen - sieht niedlich aus :loool:


    Aber in welcher? Als ich 20 Jahre zählte, 30, 50 oder noch mehr?

    schwierige Frage, keine Antwort O:-)

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Nein, da waren so viele Vorschriften zu beachten,

    Aber die Kleidung hatte in meiner Kindheit auch noch einen ganz anderen Stellenwert. Musste mich immer sofort ausziehen, wenn ich von der Schule heimkam und extra Sonntagskleidung gab's auch noch, die nie werktags getragen werden durfte.
    Solche gravierenden Unterschiede mache ich heute nicht mehr. [-(

    Bei einer Truhe muss man doch immer alles ausräumen, wenn man etwas sucht.

    Oder war die anders unterteilt, dass man doch schneller etwas fand? :-k

    Die Welt damals muss ziemlich Geruchs-intensiv gewesen sein.

    Und wohl keine Spur von Frischegefühl bei kalt gewaschener Unterwäsche :-?

    sondern einfach nur Angst.

    ... aber wovor? Wenn ihnen die Toten nicht unheimlich waren, dann muss es doch etwas mit der Krankheit zu tun gehabt haben. :scratch:

    Aber die Einstellung Menschen gegenüber, die arm oder gar abgerissen aussehen, die ist geblieben.

    Und einen gut angezogenen Zeitgenossen verbucht man schon im Unterbewussten anders, als einen schmuddeligen.

  • Aber die Kleidung hatte in meiner Kindheit auch noch einen ganz anderen Stellenwert. Musste mich immer sofort ausziehen, wenn ich von der Schule heimkam und extra Sonntagskleidung gab's auch noch, die nie werktags getragen werden durfte.

    an Sonntagskleidung kann ich mich auch noch erinnern :)

    Oder war die anders unterteilt, dass man doch schneller etwas fand?

    aber wie soll das gehen? Eine Truhe ist doch einfach nur eine Kiste :-k

    Und wohl keine Spur von Frischegefühl bei kalt gewaschener Unterwäsche :-?

    eklig :-#

    ... aber wovor? Wenn ihnen die Toten nicht unheimlich waren, dann muss es doch etwas mit der Krankheit zu tun gehabt haben.

    natürlich hatte es mit der Krankheit und dem Unwissen darüber zu tun. Aber man hat oft auch die ganzen Hausräte verbrannt, und das war nach heutigen Erkenntnissen natürlich meist überflüssig. Sie haben - wenn wir jetzt über Seuchen wie die Pest oder Pocken reden - instinktiv damit das richtige getan. Natürlich kann man das auch Vorahnung nennen. :wink:

    Und einen gut angezogenen Zeitgenossen verbucht man schon im Unterbewussten anders, als einen schmuddeligen.

    Ja, da können wir wohl alle nicht aus der Haut unserer Vorurteile 8-[

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Eine Truhe ist doch einfach nur eine Kiste

    Ja, aber vielleicht mit Unterteilungen oder Fächern (die Kiste war sicher groß) :-k

    instinktiv damit das richtige getan. Natürlich kann man das auch Vorahnung nennen.

    :thumleft:

    Ja, da können wir wohl alle nicht aus der Haut unserer Vorurteile

    Kleider machen Leute :queen: (und vielleicht liegt man mit seinen Vorurteilen ja auch nicht immer völlig daneben).

  • nach einem kurzen Sprint durchs Web würde ich sagen, das heißt so viel wie ausgelassen

    Ui! Danke :thumleft: Also doch was harmloses. Mir ging es nämlich so wie @Sylli und dachte an was anderes. O:-):-,

    Was hat Dich daran überrascht? Dass das bereits so früh stattfand?

    Genau das! Irgendwie habe ich die guten Schiffer immer schön -bis auf einige Ausnahmen :wink: - in der Nähe der Küste gesehen. Haiti kam mir da so unendlich weit entfernt vor. Und dann auch noch Handel. Aber wenn ich jetzt so nachdenke, eigentlich hätte ich es ja besser wissen müssen. #-o Im Geolino hatte ich letztes Jahr (?) einen Artikel über das Kriegsschiff Mars mehrmals vorlesen dürfen. Aber mir die Daten nicht gemerkt, wann es gebaut wurde und wann gesunken. Das wiederfinden des Schiffes stand eher im Vordergrund :pale:

    Ich hatte unwillkürlich auch sofort gedacht, wieso sie in die Ferne geschweift sind, wenn die gute Zuckerrübe doch so nah war. Bis mich Wikipedia darüber belehrt hat, dass erst im Jahr 1747 der Zucker in der Rübe nachgewiesen wurde und erst im Zuge der Kontinentalsperre (Napoleon) "der Aufstieg der Zuckerrübe als Zuckerlieferant begann": Zuckerrübe.

    Ich hatte noch nicht einmal an die Zuckerrübe gedacht :uups: Danke für deine Info :winken:

    Ich habe es auch so im Hinterkopf. In dem Wikipedia-Artikel stand nur was davon, dass es eine Tradition sei, wenn die Wöchnerin das erste Mal wieder in die Kirche geht, dass das ein feierliches Ereignis ist :-k .Edit: ich habe noch was gefunden Muttersegen.
    Da möchte man am liebsten nur ](*,):wuetend: .

    :shock: Bin ich froh im Hier und im Jetzt zu leben :shock: Da fält mir nix mehr ein :-#

    ach ja - und wer von Euch sich genauso fragt, wie ein Sturtz denn nun genau ausgesehen hat, der kann hier nachschauen. Wenn ihr fast ganz nach unten scrollt, dann findet Ihr dort die erwähnte Zeichnung von Dürer.

    :friends: Du bist ein Schatz! Ich habe mich das nämlich gefragt und wollte schon nachschauen gehen. Das ist ja eine Kopfbedeckung! Holla, die Waldfee! Dagegen waren meine Schulterpolster in den achtziger (ja, ja, ich habe den Quatsch auch mal mitgemacht) direkt schmal und diskret.

    In einer Historix-Führung in Freiburg wurde davon auch erzählt. Und dass Frauen, die im Wochenbett gestorben sind, direkt unter einem Wasserspeier begraben wurden aus Angst sie könnten als Wiedergänger zurück kommen (eben weil sie quasi "unrein" gestorben sind). In den 1970er Jahren wurde bei Pflasterarbeiten am Dom direkt unterm Wasserspeier das Skelett einer Frau gefunden, zusammen mit dem Skelett ihres ungeborenen Kindes, dessen Kopf noch im Becken fest steckte.

    Danke dir für die Info!

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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