Bedrohte Wörter, ungewöhnliche Wendungen und seltsame Fach- und Sondersprachbegriffe

  • In diesem Thread können vom Nichtbenutzen bedrohte oder schon untergegangene, ungewöhnliche oder besonders schöne Wörter und Wendungen versammelt werden, aber auch seltsame Fach- und Sondersprachbegriffe sowie sprachliche Eigenheiten, Floskeln und Manierismen von Autoren vorgestellt und diskutiert werden. Welche Wörter würdet Ihr gerne häufiger lesen und hören? Auf welche Floskeln könntet Ihr getrost verzichten? Welche Begriffe habt Ihr bisher überhaupt noch nicht gekannt?


    • Gerade in älteren Büchern stößt man dann und wann auf altertümliche Wörter und Wendungen, die inzwischen nur noch selten oder gar nicht mehr verwendet werden. Welche schönen Beispiele sind Euch schon untergekommen?
    • Aber auch in neueren Büchern finden sich Begriffe, die nicht jedem Leser etwas sagen, sei es, weil sie aus einer Fachsprache stammen, sei es, dass sie in einem fremden Dialektraum gesprochen werden oder Teil eines dem Leser unbekannten Milieus sind. Auch solche Begriffe dürfen hier gerne genannt werden, gerne mit Erläuterung!
    • Außerdem gibt es Ausdrücke und Satzkonstruktionen, die sich vermehrt bei einem bestimmten Autoren oder in Büchern eines bestimmten Genres ansammeln: eine Formulierung, die immer wieder verwendet wird, eine Floskel, eine Metapher oder ein sprachlicher Manierismus, zu dem immer wieder Zuflucht gesucht wird. Was Euch zu diesem Punkt einfällt, ist hier ebenfalls gerne gesehen.


    Wie immer: Wenn es einen solchen oder ähnlichen Thread schon einmal gegeben hat (den alle alten Hasen obendrein auch sehr gerne begraben und archiviert wissen) tut es mir leid! Gefunden habe ich etwas Vergleichbares bei meiner Suche im Forum allerdings nicht!

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (82/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 57 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • In diesem Roman von 1937 bin ich zum ersten Mal auf die Wörter Weidicht und Kräuticht gestoßen. Dickicht kennt man ja noch, aber gesonderte Ausdrücke für einen von Weiden überwucherten Ort oder eine von Kräutern zugewachsene Ecke kannte zumindest ich nicht mehr.

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  • Und in alten Groschenheften, ich glaube es war in den frühen Larry-Brent-Gruselkrimis von Dan Shocker, bin ich regelmäßig auf diese bzw. eine leicht abgewandelte Formulierung gestoßen: Wie Geisterfinger tasteten sich die Autoscheinwerfer durch die Dunkelheit. Irgendwann schreibt sich das bei einem Vielschreiber "halt so weg", will ich meinen. Aber schön, wenn man als Leser immer wieder drüber stolpert, wie über einen alten Bekannten. :wink:

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  • Schöne Idee @Jean van der Vlugt.


    Meiner Oma war des öfteren blümerant und sie fand vieles gediegen.
    Hört man heute kaum noch, meine Kinder verstünden es gar nicht mehr :-k Müsste ich direkt mal ausprobieren...
    Ich war auch völlig geschockt, dass mein 20 jähriger Sohn nicht wusste, was ein Weiher ist. ?( Dabei haben wir früher Märchenbücher gelesen, wo es durchaus Weiher gab.


    Grüße von missmarple

  • Wie immer: Wenn es einen solchen oder ähnlichen Thread schon einmal gegeben hat (den alle alten Hasen obendrein auch sehr gerne begraben und archiviert wissen) tut es mir leid! Gefunden habe ich etwas Vergleichbares bei meiner Suche im Forum allerdings nicht!

    Ich denke, dieser Thread hier ist ähnlich: KLICK
    Aber schön, dass ein solches Thema erstellt bzw. wiederbelebt wird, ich finde es sehr interessant.

  • Meiner Oma war des öfteren blümerant und sie fand vieles gediegen.

    Blümerant finde ich auch ganz toll.
    Meiner Mama waren zeitlebens bestimmte Äußerungen "schinant"
    Wir haben sie oft damit aufgezogen. Heute, wo sie nicht mehr lebt, benutzen wir alle dieses Wort.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Ich denke, dieser Thread hier ist ähnlich: KLICKAber schön, dass ein solches Thema erstellt bzw. wiederbelebt wird, ich finde es sehr interessant.

    Genau solche "interessante Wortbekanntschaften" habe ich gesucht! Danke fürs Finden, @Kapo. :thumleft:

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  • In dieser grotesken Erzählung (bzw. dem textgetreuen Hörspiel) bin ich zum ersten Mal auf den Ausdruck Redeblume gestoßen. Ein altertümlicher Ausdruck für Floskel (was ja auch nur vom lateinischen "Blümchen" kommt.) Gefällt mir sehr gut, die Redeblume, wie die da überall wächst und sprießt! :wink:

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  • Weidicht und Kräuticht

    Interessant, die Wörter kannte ich auch noch nicht. Beim Stöbern nach Wörtern dieser Art bin ich noch auf Tannicht / Tännicht gestoßen, ein laut Duden "kleiner Tannenwald oder Dickicht aus Tannen". Die Limnologie kennt noch den Begriff Röhricht als Pflanzengesellschaft im Uferbereich, bestehend aus Schilfrohr, Rohrgras, Schwertlilien usw.


    In dem kürzlich gelesenen Buch des Naturforschers William Beebe, das in den Zwanzigern erstmals erschien, finden sich auch einige alte und inzwischen eher seltene Begriffe, darunter zum Beispiel das Wort belfern für ein mißtönendes Kläffen. Der Ausdruck Schrecknis für Schrecken ist wohl auch nicht mehr häufig anzutreffen. Den Begriff Kanker für einen Weberknecht ist mir in diesem Buch ebenfalls zum ersten Mal begegnet.


    Ein weiterer Begriff, der wissenschaftlichen Fachsprache entliehen, ist der Ausdruck thigmotaktisch, also das das unwiderstehliche Verlangen von Tieren (z.B. Insekten unter der Rinde eines toten Baumes), den Körperkontakt zu ihrer Umgebung zu halten, was dem Wohlbefinden dient.

  • Dieses Wort musste ich jetzt nachschlagen. :wink:

    Mein Sprachschatz erhält gerade auch ungeahnte Ausbeulungen: Limnologie, Thigmotaxis. Belfern kenne ich vor allem als Ausdruck für das wütendene Schimpfen und Anbrüllen (zum Beispiel, wenn ein stiernackiger Hausmeister spielende Kinder vom Rasen vertreibt o.ä.). Kanker sagen meine "angeheirateten" Verwandten aus Thüringen. Aus Berlin kenne ich den Ausdruck nicht.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

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    :study: Gelesen: 57 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
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  • Meiner Mama waren zeitlebens bestimmte Äußerungen "schinant"

    Was wollte Deine Mama damit sagen?
    Mich erinnert es an den Begriff "genant", wenn man sich für etwas schämt oder einem etwas peinlich ist. Aber das meint sie damit nicht, oder?

    Isenhart musste grinsen, ihre Blicke begegneten sich. "Du hast nur tausend Mal", wisperte er.
    Konrads müdes Schmunzeln wuchs sich zu einem breiten Grinsen aus. "Ich verrat dir was", flüsterte er zurück, "das ist Mumpitz."


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  • Doch, ich hätte das jetzt als eine Version von "genant" verstanden. Hört man hier bei sehr alten Leuten auch noch ab und an, allerdings kenne ich es eher als Bezeichnung für jemanden, der sich schämt oder schüchtern-zurückhaltend ist. "Der is e bissje schinant."

  • Was wollte Deine Mama damit sagen?Mich erinnert es an den Begriff "genant", wenn man sich für etwas schämt oder einem etwas peinlich ist. Aber das meint sie damit nicht, oder?

    Ja, genau. Deshalb hab ich es in "..." gesetzt. Sie sprach es genauso aus, wie ich es geschrieben habe.
    das war zu süß und herzig, wenn sie das gesagt hat. :love:

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Der Thread ist super! :thumleft: Danke @Jean van der Vlugt


    Mir fällt da spontan der Begriff "die Pimpernellen kriegen" ein, was bei uns gesagt wird, wenn man sich über etwas ärgert oder aufregt.

    Es gibt nichts Mächtigeres als eine gut erzählte Geschichte.

    -Tyrion Lannister in der Serie Game of Thrones


    :study: So many books. So little time. :study:

  • In diesem Buch tauchen diverse altertümliche Wörter und Floskeln auf. Von Kalamitäten hatte ich bislang noch nie was gehört. Gemeint ist ein großes Unglück, auch wenn der Ursprung des Wortes (gemäß Wikipedia) aus dem lateinischen Wort calamitas herzuleiten ist, und das wiederum aus dem griechischen Wort für Halm. Die ursprüngliche Bedeutung war dann wohl "Misswuchs des Getreides".


    Ach ja: die von diesem Unglück Betroffenen nennt man dann Kalamitosen!

  • Von Kalamitäten hatte ich bislang noch nie was gehört.

    Da sieht man, dass auch Comics bilden: ich kannte es schon von Lucky Luke - Calamity Jane. Die Dame hat laut dem Comic ihren Namen daher bekommen, dass sie immer Kalamitäten (Ärger) macht :mrgreen: .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Von Kalamitäten hatte ich bislang noch nie was gehört.

    Dann hast Du meine Oma anscheinend nicht gekannt. :) Sie gebrauchte das Wort ständig. Egal, ob die Enkel sich schlecht benahmen, der Hund des Nachbarn ausbüxte oder die Großnichte ein Kind ohne Ehemann erwartete - alles Kalamitäten. :cry: Ich bin mit dem Wort quasi aufgewachsen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)