Worüber würdet ihr gerne mal schreiben?

  • Ich vermute, jeder Autor kennt das: das Thema, das ihn reizt, ohne dass er es schafft, wirklich darüber zu schreiben. Es fehlt die Zeit, die richtige Idee, Türen bleiben verschlossen... Welchen Themen/Geschichten habt ihr, die euch reizen würden, die ihr bis jetzt aber noch nicht zu Papier bringen konntet, und warum?

  • Um selbst mal den Anfang zu machen: Mir spukt schon länger der Gedanke durch den Kopf, eine Geschichte in der Szenerie eines modernen Wanderzirkusses spielen zu lassen, etwas befreit von der Lagerfeuerromantik, die solchen Geschichten ja gerne anhaftet. Das nötige Hintergrundwissen habe ich, aber für die Geschichte bis jetzt nur Versatzstücke, die sich noch nicht zu einem stimmigen Ganzen vereinen lassen.

  • Viele Ideen, Konzepte und Versatzstücke spuken in meinem Kopf herum und natürlich kann ich nicht alle sofort verwirklichen. Zum Beispiel endet meine Romanserie (Genre: Zeitgenössische Fantasy) "Die H´Veredy-Chroniken" mit die Fantasywelt betreffenden Umwälzungen, die geradezu danach schreien in einer Sciencefictiongeschichte 2000 Jahre später wieder aufgegriffen zu werden. Andererseits bietet die Welt H´Veredy aber auch noch enormes Potenzial für High-Fantasy Geschichten vor der Handlung der Serie, denn viele interessante Nischen der Welt konnte ich in den bisherigen 3000 Seiten nicht ausleuchten.
    Aber wann sollte ich dann all die anderen Welten erfinden und weiterspinnen? Denn auch zu der Welt in der mein aktuelles Projekt angesiedelt ist, stapelt sich Potenzial für weitere Geschichten am Horizont.

  • Wenn dem Autor das Thema wichtig ist, schreibt er auch darüber. Er wird die Zeit dazu haben, wenn es ihm wirklich wichtig ist.
    Wenn es nur in seinem Kopf spukt, ist es noch nicht wichtig.

    Das würde ich dann doch lieber der persönlichen Situation unterordnen, PFTico. So wie Martin schreibt, er habe eine reichhaltige Welt geschaffen, in der er noch nicht absehen kann, welche Geschichte erzählt werden wird, ohne dabei einer anderen, für ihn vielleicht gleichrangigen, den Platz zu nehmen. Oder so, wie Kurier es schreibt, dass erst Fragmente vorliegen, die sich noch zu einem Ganzen zusammensetzen müssen, die Grundstimmung oder das Ziel allerdings bereits vorhanden sind. Ich stecke aktuell zum Beispiel in der Situation, dass ich in die Eco Fiction möchte, aber noch nicht alles verstanden habe, was dazu nötig ist. Ich möchte auch behaupten, dass jeder mehrere Dinge in den Schubladen liegen hat, für die er sich noch nicht "bereit" fühlt, oder die vorsichtig nach und nach an kritischer Masse gewinnen. Ich kenne einige Schreiber, die mir vor Jahren von einem Herzensprojekt berichtet haben, das allerdings auch stets ein bestimmtes Begreifen von Geschichte, Erzählen und Lebenserfahrung voraussetzt. Das meint Martin sicherlich auch mit dem Spuken.

  • Ich stecke aktuell zum Beispiel in der Situation, dass ich in die Eco Fiction möchte, aber noch nicht alles verstanden habe, was dazu nötig ist.

    Auch das kenne ich gut, allerdings nicht mit Eco Fiction. Ich lese gerne gute historische Romane und würde eigentlich ganz gern auch selbst einen schreiben. Allerdings weiß ich, dass mein Hintergrundwissen zu den infragekommenden Epochen zwar existiert, aber dennoch zu dünn ist, um ohne extremste Recherchearbeit etwas zu fabrizieren, das mich zufriedenstellen würde. Bescheiden bleibe ich schriftstellerisch in meinen Fantasywelten, wo ich zwar auf Plausibilität achten muss, aber nicht jede Einzelheit als historischer Fehler das Werk verderben könnte. Sicher, ich könnte alle fehlenden Fakten zusammenbringen, aber das würde es mir enorm erschweren, mich auf das Erzählen einer spannenden Geschichte zu konzentrieren.


    Er wird die Zeit dazu haben, wenn es ihm wirklich wichtig ist.
    Wenn es nur in seinem Kopf spukt, ist es noch nicht wichtig.

    Da ist natürlich etwas Wahres dran. Das Thema, das man tatsächlich bearbeitet und für das man sich die Zeit nimmt, sollte selbstredend auch das wichtigste sein (obwohl es auch Schriftsteller gibt, die schlicht und ergreifend von ungeliebten Auftragsarbeiten leben und ihre Sache trotzdem gut machen). Aber es gibt eben auch Themen, bei denen man neidlos akzeptieren muss, dass man sie besser einem Spezialisten überlässt oder solche, bei denen sich noch nicht alles recht zusammenfügen will. Ich nehme an, du wolltest nicht sagen, dass solche Themen nicht auch ihren Reiz haben könne, oder?

  • Eco Fiction

    Ich wäre denen, die dieses Wort verwenden und anscheinend kennen, für eine Definition dankbar. Bisher habe ich es noch nie gehört, und Erklärungen erhalte ich über Google nur von englischen Seiten.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Es handelt sich um Bücher verschiedener Genres, die einen starken Umweltschutzbezug haben - entweder innerhalb der Handlung direkt oder - wie etwa in der Maddaddam-Trilogie von Margaret Atwood als wahnendes Beispiel, wie unser Umgang mit der Umwelt echt schiefgehen könnte. Man benötigt dabei zumindest gutes ökologisches Wissen und sollte sich die vielfältigen Szenarien, die gerade in den 80er und 90er Jahren entworfen worden sind auch mal gut angucken.

  • Ich wäre denen, die dieses Wort verwenden und anscheinend kennen, für eine Definition dankbar. Bisher habe ich es noch nie gehört, und Erklärungen erhalte ich über Google nur von englischen Seiten.

    Ich kann die Frage nur an Raiko Oldenettel verweisen, da mir das Genre auch unbekannt ist (weshalb ich auch keine Ambitionen habe, mich daran zu versuchen).


    Edit: Danke an K.G.Beck-Ewe, der die Frage gleichzeitig mit diesem Verweis bereits beantwortet hat.

  • Dank der Antwort von K.G. Beck-Ewe schon gut aufgeschlüsselt: Eco Fiction beschäftigt sich nicht selten mit dem Thema Natur unter dem Aspekt des Schutzes oder der menschlichen Auswirkungen darauf. Die Plattformen, auf denen das passieren kann, sind vielfältig. Von Thriller bis SciFi ist eigentlich alles drin. Ich bin vornehmlich jetzt in Zukunftsvisionen unterwegs und auch wenn ich mit einer Biologin als Freundin und einem breiten biologischen Wissen aus privaten Bestrebungen für die Basis gerüstet bin, möchte ich doch bestimmte Dinge noch genauer recherchieren. Ich kann übrigens allen Jeff VanderMeers Southern Reach Trilogie empfehlen. Die ist in sehr schönen Bänden beim Kunstmann-Verlag erschienen und wird jetzt von Droemer neu aufgelegt. Schätzings Schwarm fällt mir als älteres Beispiel ein, oder Der Zorn von Denis Marquet. Wenn man es genau nimmt, ist selbst Wilhelm Raabes Pfisters Mühle bereits ein Schlag in diese Richtung. Es muss ja nicht immer die Vision des Untergangs, sondern die Beobachtung der aktuellen Vernichtung sein. Aber ich schweife ab. Hier geht es ja um ein ganz anderes Thema. Wünsche euch tolle Feiertage! :winken: