Joyce Maynard - Die Guten / Under the Influence

  • Helen, die aus einem ungeliebten Elternhaus stammt, kümmert sich nach der Scheidung von Ehemann Dwight liebevoll um ihren kleinen Sohn Oliver und schlägt sich mit Catering-Jobs und als freie Fotografin durch. Doch sie ist mit der Situation überfordert und fängt an, jeden Tag abends ein Glas Wein mehr zu trinken. Bei einer Autofahrt auf dem Weg ins Krankenhaus, weil es Oliver schlecht geht, wird sie von der Polizei angehalten. Da sie unter Alkoholeinfluss stand, wird ihr das Sorgerecht für Oliver entzogen, der nun bei seinem Vater und dessen neuer Familie leben wird. Helen hat das Gefühl, ihr Leben ist in einer Abwärtsspirale, als sie auf einer Party, bei der sie wieder beim Catering aushilft, das reiche und hundeverrückte Ehepaar Ava und Swift Havilland kennenlernt. Ava nimmt Helen sogleich unter ihre Fittiche und päppelt sie wieder auf. Schon bald geht Helen im Hause Havilland ein und aus, übernimmt Aufgaben, die Ava ihr zuträgt und fotografiert die Hunde, Freunde und Bekannte. Die Großzügigkeit der Havillands kennt keine Grenzen, sie wollen Helen sogar dabei unterstützen, das Sorgerecht für Sohn Oliver zurück zu bekommen, nachdem sie ihn kennengelernt haben. Auch Oliver ist von Swift begeistert und nähert sich auch seiner Mutter wieder an. Aber dann kommt der schicksalhafte Tag, an dem alles in die Brüche geht. Alles?


    Joyce Maynard hat mit ihrem Buch „Die Guten“ einen wirklich sehr interessanten und unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, der Leser erlebt alles aus der Sicht von Helen und möchte oftmals eingreifen, eine Warnung ausstoßen oder Helen einfach nur den Kopf waschen. Aber leider kann sie einen ja doch nicht hören! Die Autorin versteht es wirklich, den Spannungsbogen von Seite zu Seite minimal zu steigern und die Neugier des Lesers zu wecken, was sich wohl hinter verschiedenen Verhaltensweisen verbirgt und wie sich alles entwickelt. Der Roman gleicht einer Charakterstudie und hält dem Leser einmal mehr den Spiegel vor mit der Frage „Wie würdest Du reagieren, wie würdest Du entscheiden, hättest Du das geahnt?“


    Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt und sehr interessant ausgearbeitet. Helen ist eine eher zurückhaltende Frau, geprägt von einer unglücklichen Kindheit und einer ebenso verkorksten Ehe, auf sich allein gestellt und fast am Rande der Gesellschaft. Sie wirkt oftmals naiv und leicht zu manipulieren. Helen nimmt sich andere nicht nur zum Vorbild, sie ordnet sich ihnen regelrecht unter. Für die Freundschaft mit Ava und Swift lässt sie alte und auch neu gewonnene Freunde im Stich, denn ihre Welt dreht sich nur noch um das Ehepaar und ihren Sohn. Sehr schön zu beobachten ist ihre Entwicklung im Laufe der Handlung, denn zu Beginn wirkt Helen wenig sympathisch, da sie eher apathisch und kraftlos wirkt. Ava sitzt im Rollstuhl und ist völlig abhängig von ihrem Ehemann Swift. Dabei tritt Ava sehr selbstbewusst auf und ist großzugig bei allem und jeden in ihrem Umfeld. Swift ist ein Lebemann, laut, dröhnend, wie ein großes Kind, das ständig in Aktion ist und alles nachholen muss, was es im Leben eventuell verpasst hat. Er versteht sich hervorragend mit Helens Sohn Oliver und lockt den Jungen aus seiner Starre heraus zurück ins Leben. Auch die anderen Protagonisten sind sehr gut ausgestaltet und tragen ihren Teil dazu bei, der Handlung mehr Spannung und Leben einzuhauchen.


    „Die Guten“ ist ein sehr eindringlicher Roman, der einmal mehr zeigt, wie geschickt Manipulation sein kann und wie stark man sein muss, sich dieser zu entziehen. Die Frage „Was ist wirklich wichtig?“ kann man als Leser kaum ausblenden. Alle, die gern gesellschaftskritische Romane lesen und auch Charakterstudien mögen, werden dieses Buch auf jeden Fall mögen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!


    Gute :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Danke für die Rezi, dreamworx, das hört sich echt interessant an und das Buch ist auf meiner Wunschliste gelandet. :)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Danke für die Rezi, dreamworx, das hört sich echt interessant an und das Buch ist auf meiner Wunschliste gelandet. :)

    Zu Beginn war ich etwas skeptisch, doch je mehr ich gelesen habe, umso mehr hat mir das Buch gefallen. Und vor allem sind die Reaktionen zum Teil auch sehr lebensecht beschrieben. Es ist wirklich ein Buch, das mich überrascht hat.

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • „Die Guten“ ist ein sehr eindringlicher Roman, der einmal mehr zeigt, wie geschickt Manipulation sein kann und wie stark man sein muss, sich dieser zu entziehen.

    Das war der Satz am Ende, der mich am neugierigsten gemacht hat. Ich werde das Buch mal meinem Lesekreis vorschlagen, vielleicht haben die ja auch Lust drauf. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier