Thomas Melle - Die Welt im Rücken

  • Kurzmeinung

    tom leo
    Danke an Thomas Melle! Sein Zeugnis hilft, etwas zu erahnen oder aber sich nicht alleine zu fühlen.
  • Wie kann mich ein so ungeheuerlich beklemmend machendes Buch derart begeistern? Obwohl das Thema so entsetzlich ist, dass ich immer wieder innehalten musste, konnte ich es trotzdem kaum aus den Händen legen. Thomas Melle berichtet von seiner manisch-depressiven Erkrankung derart eindringlich, dass ich fast meinen konnte, eine Ahnung davon zu spüren, was er erlebte und noch immer erlebt.
    Schonungslos erzählt er von seinem Leben während der drei Schübe, ohne Rücksicht zu nehmen auf die Darstellung seiner Person. Wie die Krankheit sein bisheriges Leben praktisch zertrümmert, bis von seinem ursprünglichen Selbst nur noch Bruchstücke vorhanden sind; wie er sich daraus wieder hervorkämpft und wieder zu Boden geht, um danach erneut vor den Trümmern dessen steht, was ihm wichtig war; wie er ganz unten landet und ihm dies erst ins Bewusstsein dringt, als es fast endgültig zu spät ist. Unglaublich, dass daraus ein Buch wie dieses entstanden ist in einer Sprache, die gleichermaßen die Kraft wie auch die Schwäche dieses Leidens so überaus intensiv darstellt.
    War Bipolarität bisher eine Krankheit, über die ich gelegentlich in der Zeitung etwas gelesen habe und dann entsetzt den Kopf schüttelte ("schon schlimm"), ist sie durch diese Lektüre etwas sehr Konkretes geworden. Allen die mehr über diese Erkrankung wissen wollen als 'nur' sachliche Informationen, empfehle ich dieses Buch wärmstens.
    Ich wünsche Herrn Melle von ganzem Herzen, dass er nie wieder solche Phasen durchleben muss. Und stattdessen den Roman schreibt, 'der das ganze Spektrum abdeckt'. Ich freue mich schon darauf!

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Ich hab es gestern fertig gelesen und mich zeitweise eher dazu durchringen müssen, fand den Schluss dafür recht gut. Mir persönlich war es zuviel Namedropping und insgesamt fand ich es zu lange und die vielen Ortswechsel fand ich etwas mühsam. Trotzdem sind die letzten ca. 15 Seiten so versöhnlich, dass man das Buch dann gerne gelesen hat.

  • Wie kann mich ein so ungeheuerlich beklemmend machendes Buch derart begeistern?

    Ja, das frage ich mich auch. Dieses Buch ist eines der Bücher, die mir im letzten Jahr lange nachgegangen sind.
    Mit welchem hohen Maß an Selbstreflexion Melle seine Krankheit beschreibt!
    Und wie schonungslos er mit sich umgeht mit dem Ziel, sich freizuschreiben.
    Dieses Menschenschicksal hat mich sehr berührt: die Selbstzerstörung, der Verfolgungswahn, Alkohol, Ängste,
    Obdachlosigkeit, Verschuldung - aber immer wieder Freunde, die ihn umsorgt haben, das ist doch tröstlich.

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich hatte anscheinend diesen Fred nicht wahrgenommen... Danke, Xirxe!

    Thomas Melle berichtet von seiner manisch-depressiven Erkrankung derart eindringlich, dass ich fast meinen konnte, eine Ahnung davon zu spüren, was er erlebte und noch immer erlebt.
    Schonungslos erzählt er von seinem Leben während der drei Schübe, ohne Rücksicht zu nehmen auf die Darstellung seiner Person.
    (...)


    War Bipolarität bisher eine Krankheit, über die ich gelegentlich in der Zeitung etwas gelesen habe und dann entsetzt den Kopf schüttelte ("schon schlimm"), ist sie durch diese Lektüre etwas sehr Konkretes geworden. Allen die mehr über diese Erkrankung wissen wollen als 'nur' sachliche Informationen, empfehle ich dieses Buch wärmstens.

    Vor circa hundert Jahren habe ich hier ein Standardwerk zur Bipolarität "rezensiert" (das ohne Echo blieb). Kann ich nur empfehlen, wer in diese Richtung weiter nach Infos und Erfahrungsberichten sucht:
    Kay Redfield Jamison - Meine ruhelose Seele. Die Geschichte einer manischen Depression.

  • Ich habe heute Nacht dieses Buch ausgelesen und bin mehr als betroffen, auch schlichtweg dankbar, dass Melle zu erahnen gibt, was diese Krankheit quasi "von innen her gelebt" bedeutet. Das mag im Umfeld von Manisch-Depresssiven Menschen einen kleinen Einblick geben einerseits, aber wahrscheinlich vielen Betroffenen selbst das Gefühl, mit ihrem Erleben nicht alleine darzustehen.


    Der Autor ist schonungslos mit sich, doch das macht das Buch für uns so wertvoll. Danke!